Wir sehen uns vor Gericht – Justiz- und Wirtschaftsstandort Deutschland stärken

Deutschland als Wirtschaftsstandort steht in einem globalen Wettbewerb, der zunehmend von schnellen und effizienten Gerichtsverfahren geprägt ist. Deutschland droht, in diesem Wettbewerb den Anschluss zu verlieren. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es unerlässlich, dass Deutschland als Justizstandort modernisiert und weiterentwickelt wird.

Um den Justiz- und Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken, fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen:

  1. Eine angemessene (bessere) Personal- und Sachausstattung der Gerichte gewährleisten.
    • Eine deutliche Erhöhung der Finanzmittel, um dem erheblichen Richtermangel begegnen, sowie mehr Justizbeamte einstellen zu können und bessere Ausstattung für die Gerichte zu ermöglichen.
    • Das Richteramt durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen attraktiver machen. Dazu gehören besonders mit Blick auf die Konkurrenz aus der freien Wirtschaft eine angemessene Bezahlung, flexible Arbeitszeiten sowie eine fortgeschrittene Digitalisierung.
  1. Die bundesweit geplante Einführung von Commercial Courts weitergreifen und durchführen.
    • Das Eckpunktepapier des BMJ zur Modernisierung des deutschen Schiedsverfahrensrechts vom 18. April 2023 ist grds. zu begrüßen.
    • Die Commercial Courts dürfen hierbei nicht nur auf Handelssachen i.S.v. § 95 GVG beschränkt sein.
    • Die lingua franca im internationalen Schiedsverfahren ist – sowie auch im internationalen Handel – Englisch. Eine Wahlmöglichkeit der Parteien für Englisch als Verfahrenssprache vorm LG und OLG muss demnach auch zwingend beim BGH ohne Zustimmung des zuständigen Senats möglich sein.
  1. Die Ratifizierung der Singapore Convention on Mediation (2018) durch die EU vorantreiben und das MediationsG nach dem sog. UNCITRAL Mediation Framework überarbeiten.

Wir Schöffen das – Schöffen ins 21. Jahrhundert bringen

In der Justiz gibt es neben den hauptamtlichen Berufsrichterinnen und Berufsrichter auch ehrenamtliche Richterinnen und Richter, die Schöffen und Jugendschöffen, die diese Tätigkeit gleichberechtigt ausüben. Sie sind ein wichtiges Element der deutschen Gerichtsbarkeit und bringen die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger in das Justizsystem ein.

Wir Jungen Liberale machen uns stark für dieses verantwortungsvolle Ehrenamt, welches eine spannende Beteiligungsmöglichkeit am Rechtsstaat darstellt. Während das Schöffenamt für die unbescholtenen Bürgerinnen und Bürger dieses Landes allerdings eine ehrenhafte Aufgabe darstellt, so gibt es insbesondere in rechtsextremen Gruppierungen Bestrebungen, durch gezielte Bewerbungsfluten die Schöffenpositionen für unlautere Ziele zu missbrauchen und die Justiz so zu unterwandern. Wir unterstützen insoweit voll und ganz den Vorstoß des Bundesjustizministeriums, gesetzlich hiergegen vor zu gehen.

Um zusätzlich dazu jedoch die Attraktivität des Schöffendienstes im Allgemeinen zu steigern und den Rechtsstaat zu festigen, fordern wir Jungen Liberalen daher:

  • Die Senkung des Mindestalters für Schöffen und Jugendschöffen nach § 33 Nr. 1 GVG von derzeit 25 Jahre auf 21 Jahre, in Anlehnung an die uneingeschränkte Strafmündigkeit.
  • Die Dauer der Amtsperiode in §§ 36, 40, 42 GVG von derzeit 5 auf 3 Jahre zu senken.
  • Einen optimierten Bewerbungsprozess, bei welchem die Bewerber u.a. verpflichtend begründen müssen, warum sich diese als Schöffen bewerben.
  • Angesichts möglicher Gefahren durch extremistische Unterwanderung eine Überprüfung der Bewerber auf potenziell verfassungsfeindliche Bestrebungen. Die Kommunen sollen dabei angehalten werden, bei stichhaltigen Indizien und Bedenken Anfragen an die jeweiligen Landesämter für Verfassungsschutz oder andere geeignete Institutionen zu stellen.

Keinen Sport mit Kriegsverbrecherstaaten

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) will russischen und belarusischen Sportlerinnen und Sportlern den Zugang zur Teilnahme an internationalen Sportwettbewerben wieder ermöglichen. Infolgedessen werden ukrainische Sportlerinnen und Sportler die internationalen Wettbewerbe boykottieren. Für uns Junge Liberale ist das eine inakzeptable Entscheidung des IOC und muss Konsequenzen nach sich ziehen. Die Bühne die dem Kriegsverbrecherstaat Russland durch die Sportwettbewerbe geboten wird und das Signal des Rückkehrens zur vermeintlichen Normalität im Umgang zu Russland sind für uns nicht zu tolerieren.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern konkret:

  • Die Rücknahme der Wiederzulassung russischer und belarusischer Sportlerinnen und Sportlern zu internationalen Wettbewerben.
  • Den Rücktritt des Präsidenten Thomas Bach, des gesamten IOC Executive Board, des Generaldirektors des IOC, sowie allen weiteren an der Entscheidung beteiligten Personen.
  • Eine Neuevaluation und Priorisierung der Schutzbedürfnisse ukrainischer Sportlerinnen und Sportler im Kontext internationaler Sportwettbewerbe
  • Eine Entschuldigung des IOCs an die ukrainischen Sportlerinnen und Sportler sowie das ukrainische Volk für die Entscheidung der Wiederzulassung russischer und belarusischer Sportler. Russische Athleten die Nachweislich in der Ukraine gekämpft haben sollen lebenslang von Internationalen Wettbewerben ausgeschlossen werden.
  • Ein Boykott der deutschen Sportlerinnen und Sportler an allen unter dem Dach des IOC stattfindenden Sportveranstaltungen sollten russische und belarusische Sportlerinnen und Sportler wieder zugelassen werden.

Flagge zeigen für Europa

Wir Jungen Liberalen erkennen gerade jetzt in dieser Schwierigen Zeit wie wichtig der Zusammenhalt in Europa ist. Und genau um diesen Zusammenhalt öffentlich im Gedächtnis zu behalten und in unserer Gesellschaft weiter zu verankern fordern wir, dass vor jedem öffentlichen Gebäude in Deutschland ganzjährig die Europaflagge geflogen wird.

Epidemie der Einsamkeit bekämpfen

Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl, das entsteht, wenn zwischen gewünschter und realer Zwischenmenschlicher Beziehungen eine Intensitätsdifferenz besteht. Einsamkeit führt nachweislich zu einem erhöhten Risiko psychischen und körperlichen Erkrankungen.

In Deutschland gibt es Millionen Betroffene, die trotz einer zunehmenden digitalen Vernetzung unter chronischer Einsamkeit leiden. Wir begrüßen daher das von Bund geförderte Netzwerk “Kompetenznetz Einsamkeit”, dass eine wissenschaftliche Grundlage- und die Vernetzung von Stakeholdern schafft. Jedoch stehen wir aktuell vor dem Problem der hohen Tabuisierung, was die wissenschaftliche Datenerhebung erschwert. Daher fordern wir Jungen Liberalen die Einführung einer Bewusstseinswoche für die Einsamkeit (Sensibilisierung Kampagne), als Vorbild kann hier die “Loneliness Awareness Week“ aus England dienen. Sobald es ausreichend wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, muss ein langfristiger Aktionsplan mit alters spezifischen Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Einsamkeit gemeinsam von Bund, Ländern und Kommunen entwickelt werden.

Umschulung Light

Der Fachkräftemangel plagt in Deutschland viele Branchen. Wenn man als einzelner Bürger jedoch einen Branchenwechsel vollziehen möchte, dann muss man eine langwierige Umschulung durchlaufen, auch wenn der Beruf, den man dort erlernt große Schnittmengen mit dem bisher ausgeführten Job hat.

Wir Jungen Liberalen fordern also eine verkürzte Umschulungsmöglichkeit. Bei dieser „Umschulung Light“ sollen bisher erlernte Inhalte, die man während des bisherigen Berufes oder in der Berufsschule erlernt hat, angerechnet werden. Die Umschulung beschränkt sich in dem Fall nur auf die Inhalte, die sich zu dem neuen Job unterscheiden. Somit wirkt man zum einen dem Fachkräftemangel entgegen und schafft einen offeneren und mobileren Arbeitsmarkt für den Arbeitnehmer.

Prävention statt Nachsehen – Katastrophenschutz auf Katastrophen vorbereiten

Der anhaltende Klimawandel hat auch in Deutschland in den letzten Jahren für größere Naturkatastrophen gesorgt. Die Fluten im Ahrtal, die Brände in der sächsischen Schweiz, die Dürre des Sommers 2022 in ganz Europa und die Erhöhung des Meeresspiegels sind Anzeichen dafür, welche großen Herausforderungen für den Katastrophenschutz in Zukunft zu erwarten sind. Die Vielfältigkeit dieser Katastrophen, sowie ihre Intensität, sollten ein Weckruf für Niedersachsen sein sich gut dafür zu wappnen. Die 2022 beschlossenen 40 Millionen Euro Extramittel sind fast ausschließlich für die Erneuerung des bereits vorhandenen Fuhrparks und der Ausrüstung gedacht. Wenn wir aber zukunftsgerecht handeln wollen, ist ein Ausbau des Katastrophenschutzes dringend notwendig.

Auf größere Brände in Mooren ist Niedersachsen nicht vorbereitet. Dies lässt sich anhand des Moorbrands 2018 im Emsland erkennen. Der Katastrophenschutz besitzt nämlich keine spezialisierten Fahrzeuge, um in dieser stark verbreiteten Landschaftsform effektiv gegen Brände vorzugehen. Auch besitzt der Katastrophenschutz keine Helikopter o.Ä., um auch größere Areale bei Bränden abzudecken.

Daher fordern wir Jungen Liberalen, dass:

  • nach dem Auslauf der 40 Millionen Euro Förderung in 2 Jahren, der Etat des Katastrophenschutzes angehoben wird auf 25 Millionen Euro.
  • der niedersächsische Katastrophenschutz in Dürreperioden, mit den Kommunen vor Ort, Präventionspläne und Maßnahmen entwickelt. (Anlegen von Löschteichen, Brandschneisen usw.)
  • 3 Helikopter, welche für Brandbekämpfung genutzt werden, für den
    Katastrophenschutz angeschafft werden.

Deutschland sagt Waldbränden den Kampf an!

Aufgrund von Hitzewellen und langen Dürrephasen steigt die Gefahr durch Waldbrände seit Jahren an. Bereits jetzt hat sich 2022 als ein kritisches Waldbrandjahr für unser Land herausgestellt. Brände im Berliner Grunewald, im Harzgebirge, der sächsischen Schweiz oder in Brandenburg (Waldbrandfläche von mehr als 600 Fußballfelder) sind hierfür nur einige Beispiele. Auch bei unseren europäischen Freunden sieht die Lage kaum besser aus. Insbesondere Südwesteuropa hat unter starken Waldbränden gelitten. Es ist an der Zeit, dass die Politik sich verstärkt mit Waldbränden befasst und umfangreiche Maßnahmen trifft. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern deshalb:

  • Auf kommunaler Ebene wollen wir uns dafür einsetzen, dass Feuerwehrleute neben der Standardbekleidung auch leichtere Spezialkleidung für Waldbrände gestellt bekommen. Die klassische HuPF-Bekleidung ist in erster Linie für Gebäudebrände konzipiert und eignet sich weniger für Vegetationsbrände.
  • Die Julis fordern, dass Wald- sowie Vegetationsbrände stärker in den Fokus der Aus- und Fortbildung der Feuerwehrangehörigen gerückt werden. Es gilt zu prüfen, welche bereits im Ausland praktizierten Methoden auch in Deutschland übernommen werden könnten. In Südafrika gibt es beispielsweise Praktiken, Brände mit Handwerkzeugen ohne Wasser einzudämmen. Das Legen von taktischen Feuern, Roll and Pump, Anlegen von Schneisen oder das Erfassen von Wetter- und Geländedaten sollten verstärkt in den Mittelpunkt gestellt werden. Eine Zielgerichtete Ausbildung ermöglicht die Entwicklung robuster Strategien im Einsatz.
  • Um Waldbrände effektiv zu bekämpfen, ist es wichtig Brandausbrüche schnellzeitig zu erkennen. Oftmals kommt es auf die erste halbe Stunde an. Daher unterstützen wir die Anbringung von speziellen Kameras und Rauchmeldern, die der Waldbrandfrüherkennung dienen, ausdrücklich.
  • Auch die materielle Ausrüstung der Feuerwehr ist essenziell im Kampf gegen Waldbrände. Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Feuerwehren stehts mit den besten Geräten und Materialien ausgestattet werden. Dies ist im Übrigen auch eine Frage des Respekts. Konkret brauchen wir mehr leichte Fahrzeuge, die auch für unbefestigte Böden geeignet sind. Denkbar sind ebenfalls Faltbecken für die Wasserentnahme, Drohnen sowie mehr Wärmebildkameras, Löschrucksäcke oder spezielle Masken und Brillen für den Atemschutz, aber auch das Anlegen von Löschteichen, sowie mehr Tanklöschfahrzeuge. Die Anschaffung von speziellen Waldbrandlöschfahrzeugen des Typs CCFM 3000 Niedersachsen und die Aufstellung von vier Modulen zur Waldbrandbekämpfung werten wir als Schritt in die richtige Richtung und als Investition in unser aller Sicherheit.
  • Ein weiterer wichtiger Baustein, um Waldbrände zu verhindern, besteht darin Präventionsmaßnahmen zu fördern. Ein Großteil der Waldbrände wird in letzter Konsequenz oftmals durch menschliches Fehlverhalten ausgelöst. Wir müssen unsere Bürger stärker sensibilisieren und klare Verhaltensregeln definieren.
  • Die Zusammenarbeit und gemeinsame Ausbildung zwischen der Feuerwehr sowie der Forst und Landwirtschaft, aber ggf. auch Waldbesitzern, müssen gestärkt werden.
  • Projekte der Bundesregierung zum Thema Waldbrand sollen erhalten und weiterhin gefördert werden.
  • Die deutschen Wälder sollen robuster gegen Klimawandel und Waldbrände werden. Wir brauchen weniger Monokultur, aber mehr Mischwald und dürreristente Bäume. Eine sinnvolle Mischung von Baumarten und Altersklassen, je nach Standort, sind von hoher Bedeutung. Außerdem müssen wir unsere Wälder besser pflegen, indem wir Zugangswege für die Rettungskräfte freihalten und säubern. In besonders waldbrandgefährdeten Regionen wollen wir prüfen, ob Pufferzonen zwischen Wäldern und besiedelten Gebieten angelegt werden sollten. Waldbrandschutzstreifen und Schutzschneisen müssen ebenfalls in Erwägung gezogen und dort anlegt werden, wo sie nützlich erscheinen. Ein gezielter Waldumbau reduziert das Waldbrandrisiko deutlich. Es muss zudem genau überprüft werden, wie sich Totholz auf Waldbrände ausübt.
  • Wir wollen das Expertenaustauschprogramm der EU für Amtsinhaber einer offiziellen Funktion im Zivil-/Katastrophenschutz ausbauen und verstätigen. Die verfügbaren Plätze müssen erhöht werden und auch für ,,durchschnittliche“ Feuerwehrangehörige zugänglicher werden. Der Wissensaustausch zwischen den Ländern zwischen der EU ist wichtig und muss gefördert werden. Zudem setzten wir uns für den Ausbau von Studienreisen, internationalen Workshops und Expertenrunden für Mitglieder des Zivil- und Katastrophenschutzes ein, die der Erlernung neuer Methoden fördern.
  • Die Julis sprechen sich für eine Verbesserung der Abläufe innerhalb der Amtshilfe aus. Oftmals dauert es zu lange, bis ein Helikopter der Bundeswehr zur Verfügung steht. Wir schlagen die Anschaffung von mindestens zwei Transporthubschaubern für das Technische Hilfswerk (THW) vor, die zur Waldbrandbekämpfung, aber auch für andere Aufgaben innerhalb des Katastrophenschutzes genutzt werden können. Transporthubschrauber können im Vergleich zu den gewöhnlichen Polizeihubschraubern eine deutlich höhere Wassermenge transportieren. Es soll geprüft werden, ob die THW-Piloten ggf. über die Strukturen der Bundeswehr ausgebildet werden können.
  • In Deutschland gibt es aktuell kein einziges Löschflugzeug. Es wird Zeit diesen Zustand bei Seite zu legen. Besonders in schwer zugänglichen Gebieten sind Löschflugzeuge ein ideales Mittel für den Erstangriff. Auf Grund der geografischen Situation in Deutschland sollten besonders umgebaute Agrarflugzeuge, wie der Air Tractor AT-802 F oder der PZL M-18 Dromader in Betracht gezogen werden. Da der Katastrophenschutz Ländersache ist, bietet sich zur Finanzierung eine Bund- Länderkooperation an sowie eine public-private partnership in Form einer gemeinnützigen GmbH (gGmbH). Um Waldbrände effektiv zu bekämpfen, sollten die Vorteile sowohl von Hubschraubern als auch von Löschflugzeugen genutzt werden und sich gegenseitig ergänzen.
  • Wir fordern die Bundesregierung auf, dass Deutschland sich künftig aktiv an der europäischen Löschflugzeug- und Hubschrauberfotte (rescEU) beteiligt

Betroffenenrechte stärken – gesetzliche Informationspflicht bei Funkzellenabfragen auch praktisch umsetzen

Sofern auf Grund einer Straftat von im Einzelfall erheblicher Bedeutung (z.B. Mord und Totschlag, bestimmte Formen von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Bandendiebstahl) ermittelt wird und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht sowie die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre, können Strafermittlungsbehörden mit richterlicher Zustimmung gemäß § 100 g Abs. 3 StPO alle in einer Funkzelle angefallenen Verkehrsdaten zu Ermittlungszwecken abfragen. Die Größe von Funkzellen können hierbei – je nach technischer Ausstattung – zwischen Mikro-Funkzellen mit einem Bereich von wenigen Metern bis hin zu größeren mit mehreren Kilometern Reichweite variieren. Bei solchen Funkzellenabfragen übermitteln die Mobilfunkanbieter sodann die Verkehrs- und Bestandsdaten aller Mobiltelefone, die zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort mit der fraglichen Mobilfunkzelle verbunden waren, an die Staatsanwaltschaft. Die Daten umfassen unter anderem den Zeitpunkt und die Dauer von Anrufen, Informationen über die Mobilfunk- und Internetnutzung sowie die Rufnummer und damit mittelbar auch den Namen und die Anschrift des Mobilfunkteilnehmers. Nach § 101 a Abs. 6 StPO besteht für den Staat grundsätzlich die Pflicht, die Betroffenen einer solchen Funkzellenabfrage im Nachhinein über die Abfrage in Kenntnis zu setzen, damit die Betroffenen über die Möglichkeit verfügen, nachträglich Rechtsschutz nach § 101a Abs. 6 Satz 2 StPO i.V.m. § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu ersuchen. Das Gesetz lässt allerdings zahlreiche Ausnahmen von der Benachrichtigungspflicht zu (vgl. § 101 Abs. 4 bis 6 StPO).

In der Praxis wird diese Ausnahme jedoch dermaßen extensiv ausgelegt, dass sie mittlerweile die Regel geworden ist. Eine Information findet bislang fast nie statt. Die genauen Gründe für eine Unterlassung der Benachrichtigung werden seitens der Staatsanwaltschaften fast nie aktenkundig gemacht.

Wir Jungen Liberalen Niedersachsen kritisieren diese Praxis der Ermittlungsbehörden und fordern die Stärkung der Bürgerrechte, indem die Betroffenen konsequent über solche Funkzellenabfragen informiert werden. Für die Umsetzung dieser Informationspflicht des Staates schlagen wir vor, die Betroffenen im Nachhinein mit einer SMS über die Funkzellenabfrage zu benachrichtigen, sofern die Betroffenen entsprechend des Verfahrens in Berlin ihre Nummer bei einer staatlichen Stelle eingetragen haben. Andernfalls bleibt die Regelung des § 101 Abs. 4-6 StPO bestehen Die SMS soll den Bürger informieren, in welchem Umfang er von der Funkzellenabfrage betroffen ist (Ort und Zeit), Angaben zur zuständigen Strafermittlungsbehörde enthalten und auf eine Internetseite für weitere Informationen verweisen, die die technischen und rechtlichen Grundlagen einer Funkzellenabfrage sowie die Betroffenenrechte und Wege zu deren Geltendmachung ausführt. Die Umsetzung der staatlichen Informationspflicht über SMS kann technisch einfach und automatisiert umgesetzt werden. Außerdem müssen dazu keine weiterführenden personenbezogenen Daten außer der Rufnummer verarbeitet werden. Die Mobilfunkanbieter sollen technisch sicherstellen, dass bei der Weitergabe einer Rufnummer der Nachbesitzer keine solche Information erhält, die sich auf den Vorbesitzer bezieht.

Wir Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, dass sich die niedersächsische Landesregierung im Bund für das Verfahren einsetzt, sodass Bund und Länder gemeinsam eine länderübergreifende Regelung treffen. Hierfür fordern wir, dass in Niedersachsen eine vollständige und unabhängige Evaluation mit dem Abwägen aller Vor- und Nachteile entsprechender Benachrichtigungsmethoden erfolgt; hierbei ließe sich beispielsweise auf dem Bericht des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein aufbauen, welcher für den Schleswig-Holsteinischen Landtag bereits 2017 die „Möglichkeiten für verbesserte Transparenz bei Funkzellenabfragen“ untersuchte (Umdruck 18/7553).