Mettiquette

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, dass das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse über die Hepatitis-E-Infektionen von Schlachtschweinen einholt. Sollte der Anteil der infizierten Schweine tatsächlich erheblich sein, wie so oft behauptet, fordern die Jungen Liberalen serologische Routinetests in Schweineställen einzusetzen. Das Fleisch (potentiell) infizierter Schweine muss nicht zwangsläufig vom Markt genommen werden, sondern sollte mit entsprechendem Zubereitungshinweis gekennzeichnet werden (“Nicht zum rohen Verzehr geeignet”).

Zollfrei durch Europa saufen

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern die Abschaffung des Art. 36 AEUV.

Modernes Militär – Bundeswehr neu ausrichten

Misswirtschaft und Fehlkalkulation haben der Reputation der Bundeswehr geschadet und die Wehrfähigkeit geschwächt. Gescheiterte Rüstungsprojekte wie der A400M, die “Euro Hawk”-Drohne und der Eurofighter zeigen, dass moderne Strukturen dringend erforderlich sind.

Gleichzeitig fehlt der Bundeswehr bei ihren Auslandseinsätzen die moralische Legitimation, da ein großer Teil der deutschen Bevölkerung Kampfeinsätze im Ausland ablehnt. Aus diesem Grund wird die Bundeswehr bereits heute verstärkt für humanitäre Einsätze und Schlachtfeldräumung eingesetzt und hat auf diesen Bereichen deshalb bereits große Kompetenz gesammelt.

In Anbetracht von nur bedingt einsatzbereiten Truppenteilen auf der einen Seite und im Einsatz durch besondere Kompetenz auffallende Truppenteile auf der anderen Seite fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen:

  • Die Bundeswehr soll ihre Spezialisierung auf humanitäre Einsätze (Brunnen bohren, Sanitätsdienste, Lazarette, Trümmerbeseitigung, Sicherheitsdienste, Polizeiaufbau, Kampftaucher, Kampfretter, usw.) und Schlachtfeldräumung (Minen, ABC, Trümmer, usw.) verbriefen und sich im Fall eines Auslandseinsatzes auf diese Aufgaben konzentrieren. Dadurch entlasten wir Bündnispartner, die Expertise auf anderen Gebieten der Kriegsführung haben. Dabei soll die Bundeswehr weiterhin wehrfähig bleiben und effektiven Selbstschutz betreiben können. Die internationalen Verpflichtungen, die Deutschland das Militär betreffend geschlossen hat, bleiben unberührt.
  • Der Einfluss der Soldatengewerkschaft DBwV (Deutscher Bundeswehrverband) ist umfassend auszuweiten. Gewählte Vertreter der Soldaten, deren Leben von funktionierender und ausreichender Bewaffnung sowie innovativer Neuausrüstung abhängt, sollen als ein effektives Kontrollorgan wirken und dort eingreifen, wo die Politik (wie in den benannten Fällen der Waffenbeschaffung und -entwicklung) versagt.

Unterarmstützen für Zwillen legalisieren

Die Jungen Liberalen fordern die Legalisierung von Schleudern (Zwillen) mit Unterarmstützen.

GEMA nach Hause – Wettbewerb statt GEMA-Monopol

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, § 3 Abs. 1 Nr. 3 des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes ersatzlos zu streichen, um mehr Wettbewerb bei Dienstleistungen, die die Wahrnehmung von urheberrechten sichern sollen, zu erzeugen. Somit soll das bestehende Monopol der GEMA gebrochen werden.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern außerdem, die Beweislast umzukehren, damit nicht mehr der Rechtenutzer nachweisen muss, welche Lizenzen er genutzt hat, sondern im Zweifel der Rechteinhaber oder der ihn vertretende Dienstleister die grundsätzliche Nachweispflicht trägt.

Selbstbestimmungsrecht der Völker

Die Jungen Liberalen Niedersachsen erkennen das Selbstbestimmungsrecht der Völker als wichtigen Grundsatz des Völkerrechts an. Jedes Volk, nach eigenem Verständnis definiert durch gemeinsame Sprache, gemeinsame Geschichte, gemeinsame Traditionen, gemeinsame Werte, gemeinsame Kultur oder gemeinsame Religion, hat das kollektive Recht, frei und eigenständig seine Angelegenheiten zu organiseren. Die Wahrnehmung dieses Rechts ist nicht zwingend an einen souveränen Staat gebunden, sondern kann auch durch Autonomie- oder Minderheitenrechte gewährleistet sein.

Die Grundlage, auf der der freie Wille eines Volkes ermittelt wird, ist stets die Demokratie. Entscheidungen über Unabhängigkeit oder Autonomie müssen in allgemeinen, freien, geheimen und gleichen Referenden nach den Wahlgrundsätzen der OECD erfolgen. Militärischer oder anderer Druck, insbesondere durch fremde Staaten, darf das Referendum nicht beeinflussen. Ein Referendum sollte mit ausreichender Vorbereitungszeit organisiert sein, um einen Austausch der Argumente zu ermöglichen. Der Wille der Mehrheit ist bei einem rechtmäßig ablaufenden Referendum stets zu respektieren.

In vielen Fällen stehen Forderungen nach dem Selbstbestimmungsrecht der Völker im Widerspruch zur territorialen Integrität, das die Jungen Liberalen Niedersachsen als wichtigsten Grundsatz der deutschen Außenpolitik anerkennen. Sezessionsbestrebungen in existierenden Staaten können nur zu einem akzeptablen Ergebnis führen, wenn sich benachteiligt fühlende Volksgruppen und die entsprechenden Zentralregierungen auf ein gemeinsames Verfahren einigen. In Vermittlungsgesprächen zeigt die deutsche Außenpolitik Autonomie, Föderalismus und Minderheitenrechte als Alternativen zu einem Unabhängigkeitsreferendum auf, und mahnt für letzteres ein Verfahren nach dem Vorbild des schottischen Referendums von 2013 nach den oben beschriebenen Grundsätzen an.

Wenn Sezessionsbestrebungen eskalieren und Gesprächspartner Verhandlungen scheitern lassen, setzt sich deutsche Außenpolitik für friedliche und einvernehmliche Lösungen ohne den Einsatz von Waffengewalt ein. Einmischungen fremder Staaten sind auf jeden Fall zu unterbinden. Deutschland respektiert die territoriale Integrität bestehender Staaten und wird in Absprache mit den NATO-Bündnispartnern einseitigen Abspaltungen ohne vorherigen Versuch der Einigung mit dem De-jure-Staat die Anerkennung grundsätzlich versagen. Stabilisieren sich aber De-facto-Regime über einen langen Zeitraum und ist eine Einigung mit dem De-jure-Staat nicht mehr herzustellen, kann eine solches funktionierendes staatliches System nicht einfach ignoriert werden, sondern muss in die internationale Staatengemeinschaft eingebunden werden.

Schluss mit den Parolen. Für ein Steuersystem, das dem Bürger gerecht wird.

Liberale glauben daran, dass jedem Menschen das zusteht, was er selbst erwirtschaftet und dass jeder Mensch auch sein eigenes Geld am Besten für sich ausgeben kann. Der Staat hat im liberalen Verständnis die Aufgabe, die Freiheit jedes Bürgers zu schützen und muss sich daher über Steuern finanzieren. Steuern sind eine Notwendigkeit und sollten daher so niedrig wie nur möglich sein.

Viele Menschen empfinden das Steuersystem jedoch als ungerecht. Während der Staat den Bürgern in immer mehr Lebensbereichen in die Tasche greift, lassen entlastende Maßnahmen, beispielsweise zum Abbau der kalten Progression, auf sich warten. Alle Parteien haben in diesem Politikfeld viel Vertrauen verspielt. Hauptaugenmerk liberaler Steuer- und Finanzpolitik bleibt der Abbau der Staatsverschuldung sowie die Schaffung eines Steuersystems, das es dem Bürger, den Unternehmen und den Kommunen leicht macht. Die Steuereinnahmen sind so hoch wie nie zuvor. Politik muss endlich lernen, mit dem Geld auszukommen, was die Bürgerinnen und Bürger dem Staat zur Verfügung stellen.

I. Ein Steuersystem, das dem Bürger gerecht wird

Die Vorstellung, durch Steuerpolitik werde immer nur von oben nach unten verteilt, ist falsch. Die meisten Steuervergünstigungen werden umso mehr genutzt, je höher das Einkommen ist. Ziel liberaler Steuerpolitik ist also die Schaffung eines transparenten Steuersystems und die gerechte Steuerdifferenzierung – sowohl von oben nach unten als auch von unten nach oben. Steuersenkungen sind nur bei entsprechenden Spielräumen möglich und müssen allen gesellschaftlichen Schichten gleichermaßen dienen. Eine liberale Politik muss dafür sorgen, dass Ausgaben gesenkt und damit diese Spielräume geschaffen werden.

Steuererklärung

Die Abgabe einer Steuererklärung muss vollkommen papierlos möglich sein. Die Verfahren der Steuererhebung sind deutlich zu vereinfachen. Die Belege sollen deshalb zukünftig auch eingescannt digital versendet werden können. Das Finanzamt erhält die Möglichkeit, Bescheide rechtssicher digital zu versenden. Das ELSTER-Programm, mit dem Steuererklärungen offiziell versandt werden können, muss einer umfassenden Modernisierung unterzogen werden. Insbesondere muss es offene Schnittstellen für alle Betriebssysteme geben, auf die konkurrierende Programme zugreifen können. Zudem ist das Verfahren der Steuerveranlagung generell einer umfassenden Prüfung zur Entbürokratisierung zu unterziehen.

Linear-progressives Steuersystem

Die Jungen Liberalen Niedersachsen bekennen sich zum aktuellen, linear-progressiven Steuersystem. Die gegenwärtige Unterscheidung zwischen Steuersätzen von 15% (Körperschaftsteuer) und bis 42% sowie 45% (progressive Einkommensteuer) bleibt erhalten.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich ferner für den Reformvorschlag des Deutschen Steuerzahlerinstituts aus. Der Tarifvorschlag beinhaltet einen jährlich anzupassenden Grundfreibetrag von aktuell 8.354 Euro, einen Eingangssteuersatz von 14 Prozent sowie einen dann linear-progressiv ansteigenden Grenzsteuersatz, der im Grundtarif einen 42-prozentigen Spitzensteuersatz bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60.000 Euro erreicht. Ab einem zu versteuernden Einkommen von 250.731 Euro fällt ein Steuersatz von 45 % an. Zudem sollte bereits kurzfristig eine Anpassungsregelung geschaffen werden, damit die Eckwerte des Lohn- und Einkommensteuertarifs mit der nominalen Einkommensentwicklung Schritt halten.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen setzen sich mithin für die Abschaffung der größten Ungerechtigkeit im deutschen Steuersystem ein – die kalte Progression. Es kann nicht sein, dass nur der Staat von den Lohnerhöhungen profitiert – und das insbesondere im Bereich der kleinen und mittleren Einkommen. Die Steuerbelastung für Unternehmen darf das durchschnittliche Besteuerungsniveau der entwickelten Industrieländer nicht übersteigen, sonst ist die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gefährdet.

Das liberale Bürgergeld

Das liberale Bürgergeld fördert die Aufnahme eigener Arbeit und ermöglicht ein selbstbestimmtes Leben. Alle steuerfinanzierten Sozialleistungen werden im Bürgergeld zusammengefasst. Die Bündelung der Berechnung und Auszahlung in nur noch einem Amt bringt einen erheblichen Abbau von Bürokratie und mehr Transparenz mit sich. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wird gefördert, weil hinzuverdientes Einkommen großzügiger als im gegenwärtigen System angerechnet wird. Darüber hinaus wird erspartes Vermögen im Vergleich zu Hartz IV zu einem erheblich größeren Teil verschont. Mit dem liberalen Bürgergeld wird den Menschen geholfen, die Hilfe von der Gesellschaft benötigen. Es stärkt die Schwachen, berücksichtigt individuelle Lebensumstände und schafft den Menschen die Möglichkeit, soviel eigene Verantwortung wie möglich zu übernehmen. Es macht die Menschen nicht zu Bittstellern.

Vermögenssteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich gegen die Wiedereinführung der Vermögenssteuer aus. Vermögenssubstanzsteuern sind nach Ansicht der Jungen Liberalen ungerecht und führen zu einer Doppelbesteuerung. Vielmehr sollten sich Steuern auf Erträge beziehen. Eine gerechte Bewertung von Geldvermögen einerseits und Sachvermögen andererseits ist kaum möglich, in jedem Fall aber sehr aufwendig. Die Werte von Immobilien und besonders von Unternehmen sind schwer zu ermitteln. Vermögenssubstanzsteuern sind im Steuerwettbewerb besonders abschreckend und würden zu einer Abwanderung von Vermögenden und Kapital führen.

Gewerbe- und Grund(erwerb)steuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern den Ersatz der Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer und einen kommunalen Zuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer mit eigenem Hebesatz. Die Gewerbesteuer ist stark konjunkturabhängig und hat starke Aufkommensdisparitäten in den Kommunen; sie trägt zu keinerlei Planungssicherheit bei. Gleichzeitig bleibt der Steuerwettbewerb durch den durch die Kommune festgelegten Hebesatz erhalten.
Bis zur Abschaffung der Gewerbesteuer ist die Unterscheidung von Gewerbetreibenden und Freiberuflern abzuschaffen. Alle nicht-abhängig Beschäftigten sollen ab einem gewissen Jahresumsatz verpflichtet sein, eine Steuerbilanz aufzustellen. Die Grundsteuern A und die Grundsteuer B sollen in moderater Höhe erhalten bleiben. Der Grundbesitzer beteiligt sich damit unter anderem an dem stetigen infrastrukturellen Zugang zu den Grundstücken, den die Kommune sicherstellt.Die Grunderwerbsteuer verteuert den privaten Erwerb einer eigenen Immobilie immens. Die Hoheit über den Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer liegt bei den Bundesländern, was dazu führt, dass die Landesregierungen an dieser Schraube sehr schnell drehen, wenn sie mehr Einnahmen generieren wollen. Die Jungen Liberalen fordern die Landesregierung deshalb auf, auf jede Erhöhung dieses Steuersatzes zu verzichten und die Grunderwerbsteuer mittelfristig zu einer kommunalen Steuer zu machen.

II. Steuerflucht und Steuerhinterziehung

Die Diskussionen der jüngsten Vergangenheit haben immer wieder die Frage nach der Steuerehrlichkeit von natürlichen und juristischen Personen aufgeworfen. Steuerbetrug und Steuerhinterziehung sind Straftaten, die dem Gemeinwohl schaden. Auf diese Delikte gilt es also rechtsstaatliche Antworten zu finden. Aber es gilt ferner auch Steuerschlupflöcher zu schließen, sodass nicht mehr nur der Ehrliche zahlt und der Findige sich aus der Affäre ziehen kann.

Ausstattung der Steuerverwaltung

Die Finanzverwaltung soll durch die Vereinfachung der Steuergesetze nach und nach entschlackt werden. Neueinstellungen sollen vorrangig in den Bereichen Betriebsprüfung und Steuerfahndung erfolgen. Steuern, die ein sogenanntes “praktisches Vollzugsdefizit” aufweisen, sind gesetzgeberisch abzuschaffen.

Strafbefreiende Selbstanzeige

Die strafbefreiende Selbstanzeige soll für Personen, die Steuern hinterzogen haben, erhalten bleiben. Kernelement des deutschen Strafrechts ist neben der Bestrafung vor allem auch die Resozialisierung. Eine Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige würde die Aufklärung von Steuerstraftaten und die damit verbundenen Steuernach- und Strafzahlungen erheblich erschweren.

In diesem Zusammenhang betonen die Jungen Liberalen ferner die Wichtigkeit der Integrität der Steuerverwaltung und die Wahrung des Steuergeheimnisses.

Steuer-CDs:

Darüber hinaus dürfen Bund und Länder nach Auffassung der Jungen Liberalen in keinem Fall sogenannte “Steuersünder-CDs” aufkaufen. Ein Rechtsstaat darf niemals den Rechtsbruch in anderen Ländern fördern.

Steueroasen

Die Jungen Liberalen unterstützen die internationalen Bemühungen der OECD und der europäischen Union zur Bekämpfung von Steueroasen. Das beste Mittel um Steueroasen auszutrocknen ist eine Verbesserung der Transparenz und der Kommunikation zwischen den verschiedenen Ländern. Gleichzeitig müssen Anreize für Unternehmen im Inland geschaffen werden, um die Abwanderung in Steueroasen unrentabel zu machen. In Europa sollten keine Abkommen gegen Steuerflucht mehr von den Nationalstaaten bilateral getroffen werden.

Vielmehr sollte die europäische Union eine gemeinsame Linie zur Bekämpfung von Steueroasen in Europa durchsetzen. Die Kommission muss ferner mit dem Mandat ausgestattet werden, Abkommen mit nichteuropäischen Ländern im Namen aller Mitgliedsländer zu führen.

Um die Steuerflucht natürlicher Personen zu vermeiden, muss die Pflicht Steuern zu entrichten (nach amerikanischem Vorbild) an die Staatsbürgerschaft gebunden werden. Jeder deutsche Staatsbürger muss somit sein Einkommen nach deutschem Recht versteuern – egal wo er es erwirtschaftet. Die Gefahr der Doppelbesteuerung soll durch die Möglichkeit, die im Ausland gezahlten Steuern in voller Höhe von den zu Hause anfallenden Abgaben abzuziehen, vermieden werden. Bei Steuerpflichtigen mit doppelter Staatsbürgerschaft sollen Abkommen die Doppelbesteuerung vermeiden.

Gewinnverlagerung

Die Jungen Liberalen sehen die Praxis von Unternehmen kritisch, in einem Land mit hohen Steuern ihren Gewinn zu erwirtschaften und in einem Staat mit niedrigen Steuern den Hauptsitz zu haben, um dadurch einer Besteuerung zu entgehen.

Die Jungen Liberalen fordern hierbei eine gesamteuropäische Lösung und begrüßen die Bestrebungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie der EU-Kommission Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidung und Gewinnverlagerung durch multinationale Unternehmen durchzusetzen.

Besonders vielversprechend erscheint dabei nach Auffassung der Jungen Liberalen der Vorschlag des Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), wonach Quellensteuern auf Zinszahlungen und Lizenzgebühren erhoben werden, sodass die derzeitigen Strukturen zur Steuergestaltung angegriffen, aber Investitionsentscheidungen nicht verzerrt werden.

III. Erbschaft und Schenkung

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer besteuert den Vermögenszuwachs aufgrund eines Erbanfalls oder einer Schenkung. Auf der einen Seite steht hinter diesem Vermögenszuwachs beim Erben oder dem Beschenkten keine eigene Leistung, was eine Besteuerung grundsätzlich rechtfertigt. Auf der anderen Seite wurde das Vermögen beim Erblasser bzw. beim Schenkenden durch bereits versteuerte Einkommen angehäuft, so dass es hier zu einer erneuten Besteuerung kommt. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fodern daher die Weiterentwicklung der Erbschaft- und Schenkungsteuer und insbesondere der Erhebung dieser Steuer.

Die Erbschaft unter Ehegatten soll künftig nicht mehr steuerbar sein, weil Vermögen nicht an die nächste Generation weitergegeben wird. Ferner werden die Steuerbefreiungen reduziert. Kinder und testamentarisch benannte Personen können 400.000 Euro steuerfrei erben, alle anderen Erben 50.000 Euro. Die Erbschaftsteuer wird auf einen einheitlichen Steuersatz von 10 % festgesetzt und die Steuerklassen abgeschafft.

Die Erhebung der Steuer erfolgt künftig unter Berücksichtigung der aus dem zugefallenen Vermögen erzielten Erträge und Veräußerungserlöse.

Kann das zugefallene Vermögen wirtschaftlich genutzt werden und bringt es Erträge, so ist die Steuer über einen Zeitraum von 10 – 25 Jahren (je nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit) durch eine höhere Belastung auf diese Erträge zu zahlen. Kommt es vor Ablauf dieser Frist zu einer Veräußerung bzw. Verwertung des Vermögens, so sind die bis dahin bezahlten Beträge auf die dann fällige Steuer anzurechnen. Nach Ablauf der Frist, soweit dadurch die volle Steuer gezahlt worden ist, entfällt eine Besteuerung bei Veräußerung bzw. Verwertung.

Kann das zugefallene Vermögen nicht wirtschaftlich genutzt werden bzw. bringt es keine Erträge ein, bspw. ein wertvolles Gemälde oder ein verlustbringendes Unternehmen, fällt in diesem Zeitraum keine Steuer an. Bei einer Veräußerung bzw. Verwertung des Vermögens wird die Steuer jedoch zu diesem Zeitpunkt fällig, hierfür gilt keine zeitliche Frist.

IV. Sondersteuern und steuerliche Abzugsfähigkeit

Umsatzsteuer

Ständige Erweiterungen und Veränderungen an der Einzelnorm zur Mehrwertsteuerermäßigung haben zu einem undurchschaubaren Geflecht von ermäßigten Produkten geführt, deren Berechtigung dazu fraglich erscheint. So werden beispielsweise Schnittblumen und Bienen ermäßigt besteuert, Mineralwasser aber nicht. Tierarzneimittel sind mit 7% besteuert, Humanarznei mit 19%. Rollstühle werden niedrig besteuert, Ersatzteile hierfür voll.

Das eigentliche Ziel der Ermäßigung, die Last für lebensnotwendige Waren gering zu halten, ist mit den derzeitigen Regelungen verfehlt; die Verhältnismäßigkeit ist oft nicht gewahrt. Da
teilweise nur einzelne Produkte einer Gruppe ermäßigt besteuert werden, ist der faire Wettbewerb nicht gewährleistet.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern daher im Zuge der generellen Vereinfachung des Steuersystems, den Umsatzsteuersatz aufkommensneutral in einheitlicher Höhe festzusetzen und auf die bestehende Differenzierung zwischen regulärem und ermäßigtem Umsatzsteuersatz zu verzichten. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer soll nicht erfolgen.

Ehegattensplitting

== Familiensplitting ==
Das Ehegattensplitting ist zugunsten eines Familiensplittings nach französischem Vorbild abzuschaffen: Das Einkommen der Eltern wird – genau wie beim Ehegattensplitting – gemeinsam besteuert, aber auch die Anzahl der Kinder fließt in die Steuerberechnung mit ein. Die Eltern erhalten jeweils einen Faktor von eins, die Kinder jeweils einen Faktor von 0,5. Mit Hilfe dieses Familienquotienten wird das Jahreseinkommen entsprechend geteilt und nur dieser Betrag versteuert. Das Familiensplitting greift ab dem ersten Kind.

So wird durch das Familiensplitting die Erziehung von Kindern subventioniert, nicht aber die Alleinverdiener-Ehe.

Kirchensteuer

Die Erhebung von Beiträgen durch Bekenntnisgemeinschaften gehört nach Auffassung der Jungen Liberalen Niedersachsen zum Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften.
Allerdings ist die derzeitige Erhebung der Kirchensteuer auf Grund der damit verbundenen Offenlegungspflicht des Arbeitnehmers über seine Religionszugehörigkeit gegenüber dem Arbeitgeber unter anderem mit datenschutzrechtlichen Problemen verbunden. Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich daher dafür aus, dass die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen zukünftig von den Bekenntnisgemeinschaften selbst erfolgt. Die Erhebung von Beiträgen für Glaubensgemeinschaften vom Staat stellt keine hoheitliche Aufgabe dar, so dass die Kirchensteuer mit einer Grundgesetzänderung abgeschafft werden soll. Die Beiträge an Bekenntnisgemeinschaften werden damit mit Beitragszahlungen an Vereinen gleichgestellt.

Sozialversicherung und Steuern

Die Lohnzusatzkosten sollen nach Auffassung der Jungen Liberalen stetig unter 40% gehalten werden. Ein Anstieg der Lohnnebenkosten belastet Arbeitnehmer- und Arbeitgeber, verringert die Kaufkraft und schwächt die Stellung der deutschen Wirtschaft im internationalen Wettbewerb.

Solidaritätszuschlag

Wenn der Zweck für eine Steuer entfällt, darf selbige nicht aufrecht erhalten werden. Aus einer Sondersteuer darf keine Dauerbelastung werden. Deshalb setzen sich die Jungen Liberalen für die Abschaffung des Solidaritätszuschlages zum 01.01.2019 ein. Im Jahr 2019 endet der Solidarpakt II und damit auch die Sonderbelastungen für den Bundeshaushalt. Damit entfällt jede Rechtfertigung für eine Beibehaltung des Solidaritätszuschlages. Die Jungen Liberalen Niedersachsen lehnen zudem die Erhöhung anderer Steuern, insbesondere eine Erhöhung der Lohnkosten, als Ausgleich für den Wegfall des Solidaritätszuschlags ab.

Kapitalertragsteuer:

== I) Steuerabzug beim Zufluss (Kapitalertragsteuer) ==

Bei der Auszahlung von laufenden Kapitalerträgen (Zinsen, Dividenden etc.) durch ein Finanzinstitut sind/ist 25% Kapitalertragsteuer von den Erträgen einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Bei Erträgen bis zu 801 € im Jahr wird keine Steuer einbehalten (Sparerpauschbetrag). Zur Ermittlung der Steuerschuld sind alle Kapitalerträge, sowie Verluste, als Gesamtkonstrukt zu betrachten. Deshalb sollen auch Verluste aus Aktienverkäufen, mit Erträgen aus Zinsen oder Dividenden, verrechnet werden können.

Die Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen sollen generell erst am Ende des Jahres in der Einkommensteuer-Erklärung angegeben und versteuert werden. Zusätzliche Abgaben wie Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag sollen in diesem Zusammenhang entfallen.

== II) Besteuerung von Kapitalerträgen in der Einkommensteuer-Erklärung ==

Kapitalerträge sind in der Steuererklärung anzugeben und nach dem individuellen Steuersatz zu besteuern. Die einbehaltene Steuer wird dabei auf die zu zahlende Steuer angerechnet. Wenn Werbungskosten zu den Erträgen (z.B. Finanzierungszinsen) angefallen sind, können diese berücksichtigt werden; mindestens aber der Sparerpauschbetrag von 801 €.

== III) Spekulationsfrist ==

Die Veräußerung von Anteilen (Aktien etc.) ist nur steuerpflichtig, wenn diese innerhalb eines Jahres vor dem Verkauf angeschafft wurden (Spekulationsfrist).

Die Jungen Liberalen treten hierbei für eine europaweite Harmonisierung der Kapitalertragsteuer ein.

Börsenumsatzsteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich entschieden gegen die Wiedereinführung einer Börsenumsatzsteuer auf alle Umsätze im Wertpapierhandel aus. Sie stellt eine zusätzliche Belastung des Finanzstandortes Deutschland dar, erhöht die Transaktionskosten und erschwert in Zeiten niedriger Zinsen privaten Aktienbesitz.

Finanztransaktionssteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich gegen eine Finanztransaktionssteuer aus. Sie zieht private Kleinanleger zur Finanzierung von Kosten heran, für deren Entstehung sie keine Verantwortung tragen. Zudem schadet diese Steuer den Finanzplätzen in Europa gegenüber der internationalen Konkurrenz.

Zweitwohnungssteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich für die flächendeckende Abschaffung der Zweitwohnungssteuer in Deutschland aus. Für Kommunen, die die Zweitwohnungssteuer abschaffen, dürfen keine Nachteile im kommunalen Finanzausgleich entstehen.

Degressive Abschreibung

Die Degressive Abschreibung ist nach Auffassung der Jungen Liberalen Niedersachsen wieder einzuführen. Während die Mietpreisbremse die Probleme auf dem Immobilienmarkt verschärft, kann die degressive Abschreibung den vielerorts stagnierenden Wohnungsbau wieder beleben – und zwar sowohl für öffentliche, als auch für private Investitionen. Auch für andere Wirtschaftsbereiche sind positive Effekte zu erwarten, da das schneller freiwerdende Kapital eher wieder für Investitionen zur Verfügung steht.

Steuerrechtliche Bewertung von Bildungsausgaben

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, dass Aufwendungen für die Berufsausbildung generell steuerlich abzugsfähig sind. Die steuerliche Bemessungsgrundlage wird durch das objektive Nettoprinzip bestimmt (§ 2 Abs.2 EstG) und zeigt somit auf, dass nur die realisierte Erhöhung des Reinvermögens bzw. Geldvermögens der Besteuerung unterliegt.
Ausbildungskosten, besonders Kosten des Erststudiums dürfen nicht als Kosten der Lebensführung angesehen werden, sondern als vorweggenommene Werbungskosten und müssen deshalb abzugsfähig sein.

Entlastung für Alleinerziehende

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, alleinerziehende Mütter und Väter stärken zu entlasten. Zunächst muss dies vor allem durch eine Anhebung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) realisiert werden. In diesem Zusammenhang fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen die Regelung innerhalb des Ausbildungszeitraums der Kinder zu korrigieren, wonach eine volljährige Person, die mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung der oder des Steuerpflichtigen gemeldet ist, auch eine Wirtschaftsgemeinschaft mit dem oder der Steuerpflichtigen bildet und der bisherige Freibetrag dadurch wegfällt.

Erhöhung der Einkommensgrenzen für Schüler

Die Jungen Liberalen Niedersachsen setzen sich für eine Erhöhung der Einkommensgrenze für Schülerinnen und Schüler aus ALG II-Bedarfsgemeinschaften ein. § 1 Abs. 4 ALG II-V soll dahingehend ergänzt werden, dass die Berechnung nach § 11b Abs. 3 SGB II bei geringfügigen Beschäftigungen (z.B. 450 Euro-Job) nicht gilt. Aktuell ist es Schülerinnen und Schülern aus ALG II-Bedarfsgemeinschaften nach § 1 Abs. 4 ALG II-V erlaubt bis zu 1200 Euro aus Erwerbstätigkeiten zu verdienen, die in den Schulferien für höchstens vier Wochen je Kalenderjahr ausgeübt werden. In den restlichen 11 Monaten eines Kalenderjahres ist es Schülerinnen und Schülern aus ALG II-Bedarfsgemeinschaften nach § 11b Abs. 3 SGB II erlaubt 100 Euro monatlich plus 20 Prozent des darüber hinausgehenden Betrages abschlagsfrei zu behalten, da der restliche Betrag als Einkommen der Eltern angerechnet wird. Bei einem 450 Euro-Job wären dies 170 Euro monatlich abschlagsfrei, wobei die Schülerinnen und Schüler für 450 Euro gearbeitet hätten.
Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich daher in diesem Zusammenhang für eine Zuverdienstregelung aus, die sich analog zum BaFöG verhält.

Kulturförderabgabe

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich gegen die Einführung einer kommunalen “Kulturförderabgabe” auf Hotelübernachtungen aus.

Vergnügungsteuer, Tabaksteuer, Alkopopsteuergesetz und Schaumweinsteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich für die Abschaffung jeglicher Vergnügungsteuern, für eine Abschaffung der Tabaksteuer, der Schaumweinsteuer und für die Abschaffung des Alkopopsteuergesetzes aus. Ferner lehnen wir jede Besteuerung von E-Zigaretten und deren Zubehör über die Tabaksteuer ab.

Pferdesteuer und Hundesteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich gegen die Einführung einer Pferdesteuer aus. Sie würde das Ehrenamt schwächen und steht im Widerspruch zur weitestgehenden Steuerbefreiung von Vereinen. Darüber hinaus sehen die Jungen Liberalen Lenkungssteuern besonders kritisch. Die Hundesteuer soll deshalb flächendeckend abgeschafft werden. Ferner lehnen wir bis zur Abschaffung eine unterschiedliche Besteuerung von “gefährlichen” (Kampfhunden) und nicht-gefährlichen Hunden ab.

EU-Steuern

Die Europäische Union ist ein Erfolgsmodell, welches Frieden und Wohlstand gemehrt und Spannungen und Vorbehalte zwischen den Völkern auf unserem Kontinent abgebaut hat. Dieses Erfolgsmodell darf nicht durch eine europäische Steuerkompetenz gefährdet werden. Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich deshalb gegen eine eigene Steuerbasis für die Europäische Union aus. Eine sogenannte “EU-Steuer” würde dem Subsidiaritätsprinzip zuwiderlaufen.

Wählen ab 16!

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern für die Europa-, Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen die einheitliche Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre.

Junge Menschen treffen bereits mit 16 Jahren wichtige Lebensentscheidungen – zum Beispiel bei der Wahl der Berufsausbildung oder bei der Wahl der Schwerpunkte für die allgemeine Hochschulreife. Zu Pflichten gehören daher auch für Jugendliche gewisse Rechte – und das Wahlrecht sollte hierzu zählen.

Demokratie braucht frühe Partizipation, Mitbestimmung, Sensibilisierung für politische Themen und die Repräsentation einer möglichst großen Bevölkerungsgruppe. Gleichzeitig führt der demographische Wandel zu einer stetigen Verschiebung von Wählergruppen und Themen zugunsten der älteren Generation. Das einheitliche aktive Wahlrecht ab 16 Jahren würde daher einen wichtigen Beitrag zur Generationengerechtigkeit leisten. Das passive Wahlrecht soll weiterhin mit der Volljährigkeit erlangt werden.

Sexualisierte Gewalt

Sexualisierte Gewalt ist ein immenses gesellschaftliches Problem, das sich durch alle sozialen Schichten zieht und bei Weitem nicht nur wenige Ausnahmen darstellt. Sexualisierte Gewalt stellt einen Angriff auf die Würde eines jeden Opfers dar und jeder kann davon betroffen sein. Das öffentliche Bewusstsein in Bezug auf sexualisierte Gewalt ist nach wie vor oftmals noch nicht vorurteilsfrei und mit Fehleinschätzungen verbunden. Staat und Gesellschaft sind gleichermaßen gefragt dem Einhalt zu gebieten: Sowohl der Kampf gegen Gewalttaten, insbesondere durch Prävention, als auch durch ein hochqualitatives Hilfs- und Unterstützungsangebot für Gewaltbetroffene sind elementare Ansatzpunkte.

Sexualisierte Gewalt ist nachfolgend i. S. v. 13. Abschnitt StGB “Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung” (§174 – 184g) zu verstehen. Um gesellschaftlicher Bagatellisierung und Tabuisierung entgegen zu wirken muss die Aufklärung ausgeweitet werden, daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen:

* Aufklärung der Öffentlichkeit über sexualisierte Gewalt und Vergewaltigungsmythen durch Integration in den Lehrplan an Schulen und entsprechende Aufklärungs-Kampagnen des Staates bzw. seiner Einrichtungen. Insbesondere sollte auch Augenmerk darauf gelegt werden über Formen sexueller Belästigung aufzuklären.
* Eine dem Alter entsprechende Aufklärung im Sexualkundeunterricht für eine selbstbestimmte Sexualität und einen toleranten, selbstbewussten Umgang mit Sexualität – auch entsprechend organisierte und verifizierte Institutionen wie beispielsweise Profamilia oder Projekte wie beispielsweise „Mit Sicherheit verliebt“ können diese Aufgabe übernehmen.

Insbesondere die Polizei als exekutives Vollzugsorgan des Staates ist mit Fällen sexualisierter Gewalt betraut. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern sowohl den Bund als auch die Länder auf, folgende Maßnahmen umzusetzen:

* Fortbildung aller Polizisten, die aufgabenfeldbedingt mit Opfern sexualisierter Gewalt in Berührung kommen (könnten) in puncto
– Bandbreite der Betroffenen, um der Angst der Betroffenen vor weiterer Diskriminierung oder Bagatellisierung entgegenzuwirken
– Psychosoziale Notfallversorgung insbesondere im Hinblick auf dem Umgang mit Traumata
* Hilfe für die Helfer: die gesicherte Finanzierung von psychosozialer (Notfall-) Versorgung wie Einsatzkräftenachsorge sowie das Bekanntmachen dieser Möglichkeiten um Sekundärtraumata entgegenzuwirken.
* Regelmäßige Supervision aller Polizisten, die mit sexualisierter Gewalt in Berührung gekommen sind.
* Eine bessere finanzielle Ausstattung für die Präventionsarbeit der Polizei. Hierzu zählt auch, genügend finanzielle Mittel für die spezielle Ausbildung von Polizisten, die in der Präventionsarbeit arbeiten sollen, bereit zu stellen.

Immer noch wird nur ein Bruchteil der Sexualdelikte angezeigt – im Falle einer Anzeige kommt es auch nur bei einem Bruchteil zur Verurteilung. Dennoch kann bei Opfern ein Wunsch nach medizinischer Nachsorge bzw. Versorgung sowie Spurensicherung bestehen, ohne dass eine Anzeigebereitschaft besteht, denn ein Verfahren bedeutet für das Opfer oftmals eine hohe Belastung. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass ein beachtlicher Teil der sexualisierten Gewalttaten im häuslichen oder privaten Umfeld stattfindet, weswegen sich die Opfer häufig erst nach Jahren zu einer Anzeige entschließen können. Hier gilt es die Möglichkeiten für Betroffene auszubauen, deswegen fordern wir:

* Die flächendeckende Einführung der Anonymen Spurensicherung als vorgelagerte Maßnahme für ein eventuell späteres Ermittlungsverfahren. Es ist ein Rechtsanspruch auf kostenlose anonyme Spurensicherung vorzusehen.
* Bundesweit standardisierte Verfahrensweisen bei Vorstellung im medizinischen Versorgungssystem: Eine Abweisung von Opfern sexualisierter Gewalt, wie sie vor einiger Zeit in Köln bekannt wurde, ist nicht hinnehmbar.
* Finanzierung staatlicher und angemessene finanzielle Unterstützung nicht- oder teilstaatlicher Institutionen wie Beratungs-,Hilfe- und Anlaufstellen wie z.B. Opferberatungsstellen, Männer- und Frauenhäuser, Hilfetelefon usw.
* Das Hilfetelefon des BFSFJ ist dahingehend umzubenennen und umzugestalten, dass es neben “Gewalt gegen Frauen” auch für “sexualisierte Gewalt” offen ist.
* Bundeseinheitliche Qualitätskriterien für die psychosoziale Prozessbetreuung
Rechtsanspruch auf den kostenfreien Zugang für Betroffene sexualisierter Straftaten zu psychosozialer Prozessbetreuung
* finanzielle Planungssicherheit für die Anbieter der psychosozialen Prozessbetreuung, insbesondere Finanzierung notwendiger Fortbildungsmaßnahmen
* Einführung des Zeugnisverweigerungsrechts für Fachkräfte, die im Rahmen der psychosozialen Prozessbetreuung wirken

Im Kontext von Sexualdelikten wird oftmals nur an Frauen und Kinder gedacht. Forschungsergebnisse zeigen, dass aber weitaus mehr Personengruppen von sexualisierter Gewalt betroffen sind – hier werden teils spezielle Maßnahmen benötigt um der Personengruppe gerecht zu werden.

Deswegen fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen:

* Eine umfassende gesellschaftliche Aufklärung über sexualisierte Gewalttaten an Männern, Homosexuellen, Bisexuellen, Transgendern, Intersexuellen, Gefängnisinsassen und Menschen mit Behinderungen.
* Die Erweiterung des Gewaltschutzgesetzes, sodass auch Betroffenen, die wegen geistiger oder körperlicher Behinderung oder Pflegebedarf in Einrichtungen untergebracht sind, dort Schutz gewährt werden kann.
* Die Förderung von zielgruppenspezifischer Aufklärung in entsprechenden Institutionen, die die Menschen zu einem selbstbewussten Umgang mit Sexualität befähigt.

Um sexuellen Gewalttaten rechtlich auch effektiv Einhalt zu gebieten, fordern wir:

* Die Zulässigkeit einer Nebenklage im Prozess gegen minderjährige Straftäter im Kontext mit sexuellen Tatbeständen auch bei Vergehen, nicht wie bisher ausschließlich bei Verbrechen. Dadurch würden Geschädigten wichtige Rechte eingeräumt werden können. Dies soll durch eine Ergänzung in § 80 III JGG nach Satz 1 geschehen, die lautet: Bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist ein Anschluss an die öffentliche Klage als Nebenkläger auch bei Vergehen zulässig.
* Nein bedeutet auch Nein: der Paragraph „Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung“ (§177, StGB) muss weiterhin dahingehend überarbeitet werden, indem am Ende des 1. Absatzes des § 177 StGB eingefügt wird: Ebenso wird bestraft, wer wissentlich gegen den Willen einer Person sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder von ihr an sich vornehmen lässt. Der Grundsatz In dubio pro reo bleibt dabei unangetastet.
* Schnellstmöglich muss zumindest in § 177 Abs. 1 Nr. 2 eine Änderung vorgenommen werden, sofern noch keine grundsätzliche Reformierung stattgefunden hat. Momentan gilt als Tatbestand nur eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben. Dies muss ergänzt werden mit Gefahr für Leib oder Leben von Menschen und Tieren, zu denen das Opfer eine stark ausgeprägte emotionale Bindung hat, oder wenn eine existenzielle Bedrohung zu Grunde liegt, wie beispielsweise Verlust der Wohnung, des Arbeitsplatzes oder des Aufenthaltstitels.
* Die Strafmaße müssen überprüft und ggf. überarbeitet werden. In diesem Zusammenhang würden wir es ebenfalls begrüßen, wenn bei schweren Fällen (wie vor allem § 177, Absatz 4) in § 79 StGB eine Ausnahme vorgesehen wird, sodass eine längere Verjährungsfrist gilt. Dies gilt sowohl für sexuelle Gewalttaten als auch für Falschbeschuldigungen.