3D-Drucken statt wegschmeißen

Die Jungen Liberalen Niedersachen machen sich stark für innovative Konzepte zur Förderung einer Kreislaufwirtschaft als Bestandteil einer Ressourcen schonenden, nachhaltigen Marktwirtschaft.

In diesem Zuge fordern wir, dass Herstellerinnen und Patentinhaber von Produkten, deren Wartung und Instandhaltung sie eigenmächtig und endgültig einstellen oder ohne erkennbare Notwendigkeit für Endverbraucher unverhältnismäßig unwirtschaftlich machen, künftig verpflichtet werden können, die Fertigungszeichnungen von Ersatzteilen zu veröffentlichen. Dies soll insbesondere dann gelten, wenn die betreffenden Teile mittels 3D-Druckverfahren reproduzierbar sind. Davon ausgenommen werden Hersteller und Patentinhaber, die Fertigungszeichnungen von Ersatzteilen gegen Lizenzgebühren zur Verfügung stellen.

Dies hat unweigerlich großen Einfluss auf die Reparabilität von Produkten und leistet so einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. Darüber hinaus kann die Veröffentlichung von Fertigungszeichnungen kleineren Unternehmen und Start-ups die Möglichkeit bieten, sich am Reparatur- und Wartungsmarkt zu beteiligen. Zusätzlich schützt die Veröffentlichung von Fertigungszeichnungen die Verbraucherrechte, indem sie den Verbrauchern die Möglichkeit gibt, defekte Produkte selbst zu reparieren oder reparieren zu lassen. Die Verlängerung der Nutzungsdauer von Produkten durch die Veröffentlichung von Fertigungszeichnungen und die Möglichkeit zur Reparatur von defekten Teilen trägt zudem zu einer erheblichen Reduktion von CO2-Emissionen bei. Im Übrigen bleibt das Patentrecht geschützt und findet Beachtung.

Recycling Helden – Elektrotonnen

Der Klimawandel und die Verknappung von Ressourcen, insbesondere seltener Erden, zählen zu den drängendsten globalen Problemen unserer Zeit. Trotz der seit 2019 geltenden EU-Zielvorgabe von 65% Sammelquote für Elektro- und Elektronikaltgeräte erreichen wir lediglich 44%.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen setzen sich dafür ein, dass bestehende Projekte zur Entsorgung von kleinen und mittleren Elektrogeräten  hinsichtlich ihrer Akzeptanz evaluiert werden.

Im Falle einer erfolgreichen Evaluation, sollte eine Erweiterung des solcher Entsorgungsmöglichkeiten auf weitere Kommunen angestrebt werden. Dies soll dann ggf. durch eine Informationskampagne unterstützt werden.

Die vierte Gewalt stärken – Auskunftsrecht für Journalistinnen und Journalisten gegenüber Behörden und Einrichtungen des Bundes

Die Auskunftsrechte von Journalistinnen und Journalisten leiten sich derzeit aus den Grundrechten und Informationsfreiheitsgesetzen ab. Sie sind aktuell in den jeweiligen Landespressegesetzen geregelt, jedoch finden sich keine expliziten Regelungen auf Bundesebene. Wegen dieser Unbestimmtheit sind Journalistinnen und Journalisten mitunter auf die Kooperativität der anfragten Behörden und Einrichtungen des Bundes angewiesen. Es können sich also Situationen ergeben, in denen das Auskunftsrecht nur unzureichend realisiert wird. Eine präzise Regelung des journalistischen Auskunftsanspruches in einem Bundespressegesetz ist daher notwendig, um die Presserechte zu stärken und die Informationsfreiheit zu gewährleisten.

Wir als Junge Liberale Niedersachsen fordern darum die Einführung eines Bundespressegesetzes, um das Auskunftsrecht von Journalistinnen und Journalisten gegenüber Bundesbehörden und weiteren Einrichtungen des Bundes zu stärken und zu präzisieren. In dem Bundespressegesetz soll ein Zeitrahmen bestimmt werden, in dem Behörden und Einrichtungen des Bundes auf die Anfragen von Journalistinnen und Journalisten antworten müssen. Die Dauer sollte angemessen lang sein, um die jeweilige Anfrage seriös beantworten zu können, aber kurz genug sein, damit die Anfrage nicht zeitlich verzögert werden kann. Alle Anfragen und Antworten zwischen Journalistinnen bzw. Journalisten sowie Bundesbehörden und -einrichtungen müssen auf einer zentralen Online-Plattform veröffentlicht werden. Wenn eine Anfrage abgelehnt wird, soll die Begründung für die Ablehnung ebenfalls öffentlich einsehbar sein. Dies stellt sicher, dass Bundesbehörden rechenschaftspflichtig sind und keine Anfragen ohne triftigen Grund abgelehnt werden können. Ein pauschaler Verweis auf Gründe wie Staatsgeheimnisse soll dabei nicht möglich sein.

Wir sind der Überzeugung, dass eine starke und unabhängige Presse als „vierte Gewalt“ eine wesentliche Tragsäule jeder Demokratie ist. Diese zu stärken, ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass Journalistinnen und Journalisten ihre Arbeit frei und unabhängig ausüben können und dass die öffentliche Meinungsbildung auf einer soliden Informationsgrundlage beruht.

#NoSpy – Bürgerrechte schützen, Spionagesoftware verbieten

Spionagesoftware, die immer mehr von Privatakteuren entwickelt und eingesetzt wird, schafft ein zweites Standbein für Bürgerrechtsverletzungen neben bekannten staatlichen Repressionsmaßnahmen. Daher ist Spionagesoftware aus liberaler Sicht insgesamt kritisch zu sehen und soll nur in rechtlich beschränkten Rahmen und privat gar nicht eingesetzt werden.

Überwachungssoftware im Sinne dieses Antrags ist Software, die explizit entwickelt wird, um andere Menschen zu überwachen, indem entweder verdeckt in die Lebenswelt eingedrungen wird, oder als vertraulich zu behandelnde Daten in einer grundrechtsverletzenden Art und Weise massenhaft analysiert werden. Software die allgemein einsetzbar ist, wird nicht erfasst.

Für diese Software soll ein Verbot der Ein- und Ausfuhr ohne Genehmigung durch die EU-Kommission bestehen. Eine Genehmigung soll nur erteilt werden, wenn die Lieferung an einen Staat erfolgt bei dem kein Zweifel an liberal-demokratischen und rechtsstaatlichen Garantien besteht. Zusätzlich soll eine Whitelist mit Staaten geführt werden, bei denen grundsätzlich eine Genehmigung erteilt wird. Alle Genehmigungen sollen öffentlich gemacht werden. Dazu soll eine Pflicht bestehen, Informationen zu veröffentlichen, die von Anbietern von Sicherheits-Software benutzt werden kann um entsprechende Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

Die EU soll als ganzes dem Wassenaar-Abkommen beitreten und sich dafür einsetzen dass es auch auf Spionagesoftware angewendet wird. Auf Staaten die dem Abkommen noch nicht beigetreten sind, soll weiterhin Druck aufgebaut werden zumindest die Regelungen zur Kontrolle der Spionagesoftware zu etablieren.

Die öffentliche Förderung der IT-Sicherheitsforschung soll auf EU-Ebene gestärkt werden, indem die nationalen Sicherheitsbehörden wie das BSI stärker mit der ENISA zusammenarbeiten und langfristig neue Initiativen auf transnationaler Ebene etabliert werden.

Verstöße gegen ein Verbot des Imports oder Exports von Spionagesoftware sollen strafrechtlich geahndet werden. Dabei ist das Weltrechtsprinzip anzuwenden, insoweit die Bürgerrechte von Deutschen und Unionsbürgern gefährdet werden.

Zusätzlich soll die Sicherheit von IoT-Geräten (Internet der Dinge), welche anfällig für Spionageangriffe sind, verstärkt in den Mittelpunkt politischer Maßnahmen rücken. Gesetzliche Regelungen sollen Hersteller von internetfähigen Geräten verpflichten, klar und transparent die Laufzeit von Sicherheitsupdates für ihre Produkte offenzulegen, um Verbraucher umfassend über die Sicherheitsstandards der jeweiligen Produkte zu informieren.

Betroffenenrechte stärken – gesetzliche Informationspflicht bei Funkzellenabfragen auch praktisch umsetzen

Sofern auf Grund einer Straftat von im Einzelfall erheblicher Bedeutung (z.B. Mord und Totschlag, bestimmte Formen von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Bandendiebstahl) ermittelt wird und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht sowie die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre, können Strafermittlungsbehörden mit richterlicher Zustimmung gemäß § 100 g Abs. 3 StPO alle in einer Funkzelle angefallenen Verkehrsdaten zu Ermittlungszwecken abfragen. Die Größe von Funkzellen können hierbei – je nach technischer Ausstattung – zwischen Mikro-Funkzellen mit einem Bereich von wenigen Metern bis hin zu größeren mit mehreren Kilometern Reichweite variieren. Bei solchen Funkzellenabfragen übermitteln die Mobilfunkanbieter sodann die Verkehrs- und Bestandsdaten aller Mobiltelefone, die zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort mit der fraglichen Mobilfunkzelle verbunden waren, an die Staatsanwaltschaft. Die Daten umfassen unter anderem den Zeitpunkt und die Dauer von Anrufen, Informationen über die Mobilfunk- und Internetnutzung sowie die Rufnummer und damit mittelbar auch den Namen und die Anschrift des Mobilfunkteilnehmers. Nach § 101 a Abs. 6 StPO besteht für den Staat grundsätzlich die Pflicht, die Betroffenen einer solchen Funkzellenabfrage im Nachhinein über die Abfrage in Kenntnis zu setzen, damit die Betroffenen über die Möglichkeit verfügen, nachträglich Rechtsschutz nach § 101a Abs. 6 Satz 2 StPO i.V.m. § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu ersuchen. Das Gesetz lässt allerdings zahlreiche Ausnahmen von der Benachrichtigungspflicht zu (vgl. § 101 Abs. 4 bis 6 StPO).

In der Praxis wird diese Ausnahme jedoch dermaßen extensiv ausgelegt, dass sie mittlerweile die Regel geworden ist. Eine Information findet bislang fast nie statt. Die genauen Gründe für eine Unterlassung der Benachrichtigung werden seitens der Staatsanwaltschaften fast nie aktenkundig gemacht.

Wir Jungen Liberalen Niedersachsen kritisieren diese Praxis der Ermittlungsbehörden und fordern die Stärkung der Bürgerrechte, indem die Betroffenen konsequent über solche Funkzellenabfragen informiert werden. Für die Umsetzung dieser Informationspflicht des Staates schlagen wir vor, die Betroffenen im Nachhinein mit einer SMS über die Funkzellenabfrage zu benachrichtigen, sofern die Betroffenen entsprechend des Verfahrens in Berlin ihre Nummer bei einer staatlichen Stelle eingetragen haben. Andernfalls bleibt die Regelung des § 101 Abs. 4-6 StPO bestehen Die SMS soll den Bürger informieren, in welchem Umfang er von der Funkzellenabfrage betroffen ist (Ort und Zeit), Angaben zur zuständigen Strafermittlungsbehörde enthalten und auf eine Internetseite für weitere Informationen verweisen, die die technischen und rechtlichen Grundlagen einer Funkzellenabfrage sowie die Betroffenenrechte und Wege zu deren Geltendmachung ausführt. Die Umsetzung der staatlichen Informationspflicht über SMS kann technisch einfach und automatisiert umgesetzt werden. Außerdem müssen dazu keine weiterführenden personenbezogenen Daten außer der Rufnummer verarbeitet werden. Die Mobilfunkanbieter sollen technisch sicherstellen, dass bei der Weitergabe einer Rufnummer der Nachbesitzer keine solche Information erhält, die sich auf den Vorbesitzer bezieht.

Wir Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, dass sich die niedersächsische Landesregierung im Bund für das Verfahren einsetzt, sodass Bund und Länder gemeinsam eine länderübergreifende Regelung treffen. Hierfür fordern wir, dass in Niedersachsen eine vollständige und unabhängige Evaluation mit dem Abwägen aller Vor- und Nachteile entsprechender Benachrichtigungsmethoden erfolgt; hierbei ließe sich beispielsweise auf dem Bericht des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein aufbauen, welcher für den Schleswig-Holsteinischen Landtag bereits 2017 die „Möglichkeiten für verbesserte Transparenz bei Funkzellenabfragen“ untersuchte (Umdruck 18/7553).

Soziale Medien schaden – digitale Selbstbestimmung stärken

Die Jungen Liberalen Niedersachsen erkennen die negativen Folgen der sozialen Medien für die Gesundheit von Menschen an und sehen einen dringenden Handlungsbedarf zum Schutz insbesondere für junge Menschen. Neben einer Abhängigkeit von sozialen Medien und damit einhergehend einem sozialen Rückzug junger Heranwachsender können sich auch andere Inhalte wie kritisch zu betrachtende Körper- und Konsumbilder oder Challenges negativ auf die mentale und körperliche Gesundheit von Jugendlichen auswirken. Die Jungen Liberalen Niedersachsen schlagen darum intensivierte Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen als einen Baustein einer Strategie vor, um junge Menschen zu einem selbstbestimmten Umgang mit sozialen Medien zu befähigen. Die Jungen Liberalen Niedersachen sehen dabei die größere Chance darin, Jugendliche durch Bildungs- und Beratungsangebote an einen selbstbestimmten Umgang mit sozialen Medien heranzuführen, als sie durch restriktive gesetzliche Vorgaben bei der Nutzung einzuschränken.

Befähigungsstrategie: Information und Aufklärung

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern eine ganzheitliche wissenschaftliche Erforschung der Chancen und Risiken von sozialen Medien für junge Menschen. Auf der einen Seite sollen positive Effekte untersucht werden, auf der anderen Seite sollen die negativen Folgen sozialer Medien für junge Menschen studiert werden. Dazu zählen unter anderem Social Media-Abhängigkeiten sowie die Wirkung von fragwürdigen Suggestionen. Das Land Niedersachsen soll ein interdisziplinäres Forschungsvorhaben fördern, dessen Erkenntnisse in die Entwicklung einer Befähigungsstrategie für Heranwachsende aufgehen. Die Strategie soll u.a. Präventionsmaßnahmen im Rahmen der Vermittlung von Medienkompetenzen durch Schulen und Einrichtungen der politischen Bildung enthalten. Außerdem soll durch zielgruppengeeignete Kommunikationskampagnen (z.B. in Zusammenarbeit mit Influencerinnen und Influencern) über die Gefahren sozialer Medien aufgeklärt werden. Expertinnen und Experten sollen vielfältige Informationskurse (Veranstaltungen, Workshops) und Beratungsangebote (Anlaufstellen, Jugendhilfe) für Jugendliche durchführen.

Stopp mit dem Überwachungswahn: Auch digitale Kommunikation muss vertraulich sein!

Die Jungen Liberalen Niedersachsen erkennen die Bedeutung vertraulicher Kommunikation für das Miteinander der Menschen in einer demokratischen Gesellschaft an und setzen sich für den Schutz der Privatheit der Bürgerinnen und Bürger ein. Der Staat darf die Vertraulichkeit der Kommunikation grundsätzlich nicht verletzen. Die Jungen Liberalen Niedersachsen stellen fest, dass die digitale Kommunikation und die Privatheit vielfältig, etwa durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht in seinen Ausformungen als Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme und das Fernmeldegeheimnis aus Art. 10 GG verfassungsrechtlich wie auch aus Art. 8 EMRK oder Art. 7 EU-GrCH geschützt sind. Wir setzen uns für eine Neujustierung von Vertraulichkeit und Sicherheit ein, bei der die private Kommunikation der großen Mehrzahl der rechtschaffenen Bürger Vorrang vor den Redaktionsmöglichkeiten auf den Freiheitsmissbrauch weniger Übeltäter genießt. Im Zweifel für die Freiheit!

Eingriffe in die Privatsphäre müssen gut begründet sein

Die Jungen Liberalen Niedersachsen betrachten die zunehmende Überwachung und Durchleuchtung der Bürgerinnen und Bürger mit großer Sorge. Dass neue Überwachungsbefugnisse für den Staat nur dann gerechtfertigt sind, wenn es eine wissenschaftliche Evidenz für die Wirkung einer Maßnahme gibt, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Ein abstrakter Verweis auf vermeintlich positive Effekte für die Sicherheit darf niemals ausreichen. Wir plädieren daher für einen verschärften Prüfungsmaßstab der Evidenzkontrolle: Die Freiheitsrechte dürfen kein Experimentierlabor für den flächendeckenden Einsatz unerprobter Maßnahmen werden. Wir fordern die Durchführung einer Überwachungsgesamtrechnung, die alle Überwachungsbefugnisse des Staates aufführt und hinsichtlich ihrer Wirkung evaluiert. Maßnahmen, die in der Vergangenheit keinen erkennbaren Nutzen für die Sicherheit erwirken konnten, sind ausnahmslos zu streichen.

Zwar sind anlasslose Kontrollen verfassungsrechtlich nicht generell ausgeschlossen, gleichwohl sollte von dieser Möglichkeit äußerst maßvoll und nur im extremen Ausnahmefall Gebrauch gemacht werden. Für uns Junge Liberale gilt: Die Ausübung solcher staatlichen Überwachungskompetenzen sollte möglichst immer nur anlassbezogen, mit Wirkung auf begründet ausgewählte einzelne Personen in eng abgegrenzten Ausnahmefällen und zeitlich beschränkt erfolgen. Grundsätzlich müssen alle Eingriffe in die Privatheit der Kommunikation immer über einen Richtervorbehalt verfügen. Sofern dies in Ausnahmefällen – etwa wegen einer Unaufschiebbarkeit – ausscheidet, muss dies stets unverzüglich nachgeholt werden. Ein gesetzlicher Richtervorbehalt dient dem effektiven Rechtsschutz und darf niemals zu einer bloßen Formalie werden. Behörden müssen den Eingriff in die Privatsphäre so zielgenau wie organisatorisch und technisch möglich umsetzen. Nur solche erhaltenen Informationen dürfen genutzt werden, die unmittelbar mit dem Untersuchungsgegenstand zusammenhängen.

Strafverfolgung und Gefahrenabwehr mit Augenmaß

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich entschieden gegen die Verletzung der Integrität der digitalen Endgeräte von Bürgerinnen und Bürger durch Sicherheitsbehörden aus. Insbesondere darf der Staat keine ihm bekannten IT- Sicherheitslücken zurückhalten oder zu Überwachungszwecken ausnutzen (Recht auf IT- Sicherheit, Verbot von Staatstrojanern). Der Staat darf von Kommunikationsanbietern nicht verlangen, Hintertüren einzubauen oder Zweitschlüssel bereitzustellen, mit denen die Kommunikation eingesehen werden kann (Recht auf Verschlüsselung), oder Unterhaltungen automatisiert zu überwachen (Verbot von Chatkontrollen und Datenscans). Der Staat darf von digitalen Diensten keine Klarnamen- oder Identifizierungspflicht für die Nutzer verlangen (Recht auf Anonymität). Sicherheitsbehörden sollen ihren Aufgaben vielmehr durch die Auswertung von Metadaten und die Nutzung von Login-Fallen nachkommen. Durch das Aufdecken eines Personennetzwerkes, die Vernehmung der Verdächtigen sowie Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen sollen Informationen zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung erhalten werden. Des Weiteren sollen Sicherheitsbehörden personell gestärkt werden und Schwerpunktteams eingerichtet werden. Außerdem muss die föderale Sicherheitsarchitektur so angepasst werden, dass über alle Ebenen wirkungsvoll zusammengearbeitet werden kann.

Nein zur EU-Chatkontrolle!

Die Jungen Liberalen Niedersachsen setzen sich dafür ein, dass digitale Dienste immer auch anonym genutzt werden können und die digitale Kommunikation von Bürgerinnen und Bürgern vertraulich, sicher und verschlüsselt stattfinden kann. Darum lehnen wir die von der EU-Kommission vorgeschlagene Chatkontrolle kategorisch ab! Die Chatkontrolle soll eigentlich zum Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kindesmissbrauchsdarstellungen beitragen. Unter anderem verpflichtet sie Internetdienstleister dazu, Kundendaten auf illegales Material zu scannen und Verstöße an die Sicherheitsbehörden zu melden. Dabei ist die Chatkontrolle fehleranfällig und ihre Wirkung für den beabsichtigten Zweck zweifelhaft. Eine Chatkontrolle bedroht die verschlüsselte digitale Kommunikation und IT-Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Sie stellt damit einen nie dagewesenen Angriff auf die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union dar und ist mit den Werten einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft nicht vereinbar.

IT-Sicherheit der öffentlichen Verwaltungen in Niedersachsen stärken

In der letzten Zeit nahmen Cyberangriffe gegen öffentliche Einrichtungen zu. Besonders häufig waren sogenannte Ransomware-Attacken, vor allem auch gegen kommunale Verwaltungen. Bei solchen Angriffen kompromittieren Cyberkriminelle die IT-Systeme einer Einrichtung und erpressen dann Lösegeld, nach dessen Zahlung die Verbrecher der Einrichtung wieder Zugriff auf ihre Systeme gewähren.

Während das IT-Sicherheitsgesetz (ITSIG) sowie das Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG) die Informationssicherheit für die Einrichtungen des Bundes sowie für kritische Infrastrukturen in vielen Bereichen regelt, bestehen in Niedersachsen für die Landesverwaltung trotz des Niedersächsischen Gesetzes über digitale Verwaltungen und Informationssicherheit (NDIG) und die kommunalen Verwaltungen umfangreiche Regelungslücken. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern daher die Stärkung der Cybersecurity für die öffentlichen Verwaltungen des Landes Niedersachsen sowie der Landkreise, Städte und Gemeinden.

Neue IT-Sicherheitsregelungen für Niedersachsen

Das Land Niedersachsen soll ein neues Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) einrichten, das in ähnlicher Weise zum Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die IT-Sicherheit der Einrichtungen des Landes sicherstellt und zusätzlich die kommunalen Verwaltungen berät und unterstützt. Das LSI soll dabei einheitliche IT-Sicherheitsstandards für die Landes- und kommunalen Verwaltungen entwickeln und festlegen. Wesentliche Maßnahmen sollen regelmäßige unabhängige Prüfungen durch Dritte (IT-Sicherheitsaudits und Penetrationstests) sowie Transparenzberichte über den Zustand und die Umsetzung der IT-Sicherheit der jeweiligen Einrichtungen darstellen. Dafür sind entweder in einem neuen IT-Sicherheitsgesetz oder durch Novellierung des NDIG vergleichbare Regelungen wie in §8 BSIG zu treffen. Bei den kommunalen Verwaltungen soll das LSI beratend und unterstützend bei der Entwicklung von IT-Sicherheitskonzepten helfen und dabei auf die individuellen Begebenheiten in den Städten und Gemeinden eingehen.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, dass die gesetzlichen Regelungen, die es den öffentlichen Verwaltungen verbieten, Lösegeld an Cyberkriminelle auszuzahlen, konkreter gefasst und vor allem deutlicher an Behördenleitungen und Öffentlichkeit kommuniziert werden. Das würde den Einrichtungsleitungen bei der Entscheidungsfindung in einer solchen Gefahrenlage helfen und könnte außerdem dazu beitragen, dass Angriffe gegen öffentliche Einrichtungen für Kriminelle weniger attraktiv erscheinen.

Des Weiteren fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen, die Ausbildung von IT-Sicherheitsfachkräften in Niedersachsen zu stärken. Dabei sollen sowohl die berufliche als auch die hochschulische Ausbildung gefördert werden. Um hochqualifizierte IT-Spezialistinnen und IT-Spezialisten auch für den öffentlichen Dienst gewinnen und längerfristig binden zu können, muss das Land Niedersachsen bei der Vergütung konkurrenzfähig mit der Privatwirtschaft werden. Dazu sind neue Vergütungsregelungen zu entwickeln und in den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder einzubringen.

Außerdem fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen das Land Niedersachsen dazu auf, den Aufbau eines Cyberhilfswerks (CHW) auf Bundesebene in Anlehnung an das Konzept zur Steigerung der Bewältigungskapazitäten in Cyber-Großschadenslagen der AG KRITIS zu unterstützen. Das CHW soll ähnlich wie das Technische Hilfswerk (THW) ermöglichen, dass freiwillige und ehrenamtliche IT-Sicherheitsexpertinnen und -experten in akuten digitalen Gefahrenlagen die Sicherheit und Funktionsfähigkeit öffentlicher Verwaltungen und kritischer Infrastrukturen in Zusammenarbeit mit den Einrichtungsleitungen und Betreibern wieder herstellen können.

Zusätzlich sprechen sich die Jungen Liberalen Niedersachsen dafür aus, dass das Land Niedersachsen zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützt, die die Bürgerinnen und Bürger über IT-Sicherheit in ihrem persönlichen und beruflichen Alltag informieren und aufklären.

Cybersecurity in den Kommunen stärken

Die IT-Sicherheit der Verwaltungen in den Landkreisen, Städten und Gemeinden kann am effektivsten durch eine Stärkung des Personals für diesen Zuständigkeitsbereich erzielt werden. Denn schon mit der regelmäßigen Wartung von IT-Systemen können viele und wesentliche Sicherheitslücken geschlossen werden. Darum sollten die Kommunen mehr Personalstellen für IT-Sicherheit ausweisen und dem Bereich in ihren Verwaltungen eine starke Position einräumen. Die IT-Sicherheitsfachkräfte sollen dann entsprechend dem IT-Grundschutzprofil Basisabsicherung Kommunalverwaltung des BSI sowie weitergehenden Anforderungen des Landesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik Sicherheitskonzepte entwickeln, die ausreichend hohe Mindestsicherheitsstandards in allen Bereichen ihrer Verwaltungen sowie Notfallpläne für Sicherheitsvorfälle vorsehen, und die entsprechenden technischen und organisatorischen Maßnahmen umsetzen. Die IT-Sicherheitsteams sollen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den kommunalen Verwaltungen für typische Cybergefahren sensibilisieren.

Um dem personellen und finanziellen Aufwand gerecht werden zu können, können sich Kommunen übergreifend in kooperativen Zusammenschlüssen organisieren, in denen sowohl Personal und Wissen als auch technische Lösungen geteilt werden könnten.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, dass das Niedersachsen Computer Emergency Response Team (NCERT) auch für kommunale Verwaltungen geöffnet wird, damit das NCERT Kommunen im Cybergefahrenfall unterstützt, um schnell die Funktionsfähigkeit und Sicherheit der Verwaltungen wiederherzustellen. Dazu muss das NCERT personell gestärkt werden. Die Kosten sollen sich Land und Kommunen teilen.

Wer alles glaubt, verliert – Kennzeichnungspflicht für Deepfakes

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) hat ein hohes Wertschöpfungspotenzial und wird unser tägliches Leben nachhaltig verändern. Die rasante Entwicklung stellt unsere Gesellschaft vor neue Herausforderungen, daher liegt es an der Politik einen ganzheitlichen Rahmen für Entwicklungen und Anwendungen von KI zu gestalten. Der Begriff „Deepfake“ steht für verfälschte Video- und Audioinhalte, die mithilfe von KI hergestellt wurden. Durch die kontinuierlich steigende Leistungsfähigkeit und den immer einfach werdenden Gebrauch haben Deepfakes ein hohes Manipulationspotenzial. Die hohe Qualität der KI-Bearbeitung macht es für einen Laien unmöglich, Deepfake- Inhalte zu erkennen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG fällt das Verbreiten oder Äußern unrichtiger Tatsachenbehauptungen nicht unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG). Sobald also aus einem Deepfake-Inhalt (und dessen Kontext) für einen objektiven Betrachter nicht dessen Falschheit hervorgehen kann, kann dieser Inhalt grundsätzlich nicht mehr von der Meinungsfreiheit geschützt werden.

Da bewusst täuschende Inhalte nicht den verfassungsrechtlichen Aufgaben der freien Meinungsbildung dienen, fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen eine generelle Kennzeichnungspflicht von Deepfakes in den Nutzungsbedingungen von Online- Plattformen. Davon ausgenommen werden KI-Bearbeitungen, die zu reinen Qualitätsverbesserung des originalen Inhaltes genutzt werden. Mit einer verpflichtenden Kennzeichnung würden Online-Plattformen einen wichtigen Beitrag zur Medienlandschaft im Social Web leisten. Da davon auszugehen ist, dass trotz Kennzeichnungspflicht noch viele ungekennzeichnete Deepfake-Inhalte mit Manipulationspotenzial im Internet abrufbar sein werden, ist die bewusste Auseinandersetzung mit audiovisuellen Inhalten ein wichtiger Baustein unserer demokratischen Grundordnung.