Reform der Vereinten Nationen

Die Jungen Liberalen erkennen die Bedeutung der Vereinten Nationen als globales Forum, in dem nahezu alle Staaten der Welt vertreten sind, an. Trotz ihrer Schwächen konnten die Vereinten Nationen in den vergangenen Jahrzehnten viel zum Frieden in der Welt und zur Achtung der Menschenrechte beitragen. Dennoch haben sich seit Gründung der Vereinten Nationen auch viele Schwächen aufgetan. Dies ist für uns Junge Liberale kein Grund, die Vereinten Nationen abzuschreiben. Stattdessen fordern wir ehrgeizige Reformen.

1. Stärkung des Internationalen Gerichtshofs

Das Ziel der Vereinten Nationen muss es sein, das Prinzip der Stärke des Rechts gegenüber dem Recht des Stärkeren durchzusetzen. Dazu braucht es unabhängige und unparteiische Gerichte, die in zwischenstaatlichen Streitfällen für alle Parteien verbindliche Urteile treffen. Von besonderer Bedeutung ist deshalb der Internationale Gerichtshof (IGH). Allerdings ist der IGH nur zuständig, über eine Rechtsstreitigkeit zu entscheiden, wenn und soweit die Parteien seine Zuständigkeit anerkennen. Dies beeinträchtigt die Durchsetzungsfähigkeit des Völkerrechts. Deshalb wollen wir die Charta der Vereinten Nationen (UN-Charta) diesbezüglich reformieren. Künftig ist der IGH ohne vorherige Unterwerfungserklärung der Parteien zuständig, wenn er von einem Staat angerufen wird und kann über alle Aspekte einer Rechtsstreitigkeit eine für alle Streitparteien verbindliche Entscheidung treffen. Die Zuständigkeit entfällt nur für Streitigkeiten aus Verträgen, für welche die Zuständigkeit des IGH ausgeschlossen ist und stattdessen ein spezieller Gerichtshof oder Streitschlichtungsmechanismus geschaffen wurde. Zudem sollen auch zwischenstaatliche Organisationen, soweit sie mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind, vor dem IGH klagen und verklagt werden können.

2. Reform des UN-Sicherheitsrats

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist die einzige internationale Institution, die das Völkerrecht mit global verbindlichen Zwangsmaßnahmen durchsetzen kann und so einen entscheidenden Beitrag zum Weltfrieden und zur Achtung der Menschenrechte leisten könnte. Bedauerlicherweise ist der Sicherheitsrat durch das Vetorecht der fünf ständigen Mitglieder häufig handlungsunfähig. Deshalb wollen wir das Vetorecht abschaffen. Solange dies noch nicht mehrheitsfähig ist, setzen wir uns für die Abschwächung des Vetorechts ein. So könnte ein Veto beispielsweise nur eine aufschiebende Wirkung entfalten oder von einer qualifizierten Mehrheit des Sicherheitsrates oder der Generalversammlung überstimmt werden. Die Beschlüsse des Sicherheitsrates müssen vor dem IGH auf ihre Vereinbarkeit mit der UN-Charta überprüft werden können. Zudem muss auch die Zusammensetzung des Sicherheitsrates den aktuellen geopolitischen Realitäten angepasst werden. Insbesondere sollten neben Indien und Japan auch ein afrikanischer und ein lateinamerikanischer Staat einen ständigen Sitz erhalten. Deutschland muss sich dafür einsetzen, den französischen Sitz in einen gemeinsamen Sitz der Europäischen Union umzuwandeln. Da sich Reformen in der Vergangenheit sehr schwierig gestalteten, müssen auch unkonventionelle Vorschläge wie ständige Sitze für bestimmte Ländergruppen oder zusätzliche nichtständige Sitze mit längerer Amtszeit und Wiederwahlmöglichkeit berücksichtigt werden.

3. Stärkung des internationalen Menschenrechtsschutzes

Der Achtung der Menschenrechte muss auf Ebene der Vereinten Nationen stärker berücksichtigt und der Schutz der Menschenrechte verbessert werden. Dazu soll die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEM), die am 10. Dezember 1948 als Resolution der UN-Generalversammlung beschlossen wurde, Teil der UN-Charta werden. Zudem ist ein Internationaler Gerichtshof für Menschenrechte (IGMR) zu schaffen, vor dem natürliche und juristische Personen sowie Staaten und zwischenstaatliche Organisationen, soweit sie mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind, wegen einer Verletzung der Menschenrechte klagen können. Neben der AEM kann der IGMR auch über die Einhaltung weiterer internationaler Menschenrechtskonventionen wachen, sofern dies in der entsprechenden Konvention vorgesehen ist. Dies sollte beispielsweise für den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt), die UN-Frauenrechtskonvention, die UN-Behindertenrechtskonvention, die UN-Kinderrechtskonvention, die Genfer Flüchtlingskonvention, die UN-Rassendiskriminierungskonvention und die UN-Antifolterkonvention der Fall sein.

Bis zur Schaffung des IGMR bleibt der UN-Menschenrechtsrat ein Instrument des internationalen Menschenrechtsschutzes. Der Menschenrechtsrat leidet jedoch darunter, dass es sich bei einem nicht unerheblichen Teil seiner Mitglieder um menschenverachtende Diktaturen handelt, die sich gegenseitig decken, um eine Verurteilung ihrer Verbrechen zu verhindern. Deshalb wollen wir das Wahlverfahren dahingehend reformieren, dass für eine Wahl in den Menschenrechtsrat künftig eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Generalversammlung erforderlich ist. Zudem muss der Menschenrechtsrat seine unangemessene Fokussierung auf den israelisch-palästinensischen Konflikt und die ungerechtfertigte, oftmals antisemitisch motivierte Verurteilung Israels beenden. Es ist unangebracht, dass dieser Konflikt auf jeder Sitzung einen festen Tagesordnungspunkt einnimmt. Scheitern die Reformbemühungen, kann der Menschenrechtsrat seinen Zweck nicht erfüllen. Dann müssen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union geschlossen aus dem Menschenrechtsrat austreten.

Schließlich wollen wir den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) stärken, indem wir Staaten gezielt ermutigen, Mitglied zu werden. Insbesondere muss diesbezüglich ein Dialog mit den Vereinigten Staaten geführt werden, deren Beitritt den IStGH erheblich stärken würde. Versuche, Richterinnen und Richter des IStGH einzuschüchtern, verurteilen wir scharf. Mittelfristig müssen alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen über die UN-Charta verpflichtet werden, dem IStGH beizutreten.

4. Responsibility to Protect (Schutzverantwortung)

Wir bekennen uns zum Prinzip der Schutzverantwortung (Responsibility to Protect), demnach jeden Staat die Verpflichtung trifft, schwere Menschenrechtsverletzungen zu unterbinden. Ist ein Staat nicht in der Lage diese Verpflichtung zu erfüllen oder ist er selbst verantwortlich für schwere Menschenrechtsverletzungen, geht diese Pflicht auf die internationale Gemeinschaft über. Dann sind als ultima ratio humanitäre Interventionen gerechtfertigt, um die Achtung der Menschenrechte sicherzustellen. Das Prinzip der Schutzverantwortung soll in der UN-Charta verankert werden.

5. Club der Demokratien

Wir wollen die Stimme der Demokratien innerhalb der Vereinten Nationen und in der Welt stärken. Dazu wollen wir einen Club der Demokratien als eigene internationale Organisation schaffen. Gemeinsam wollen wir Menschenrechte und Demokratie weltweit stärken.

6. Einbindung des Kosovos, Taiwans und Tibets

Wir Junge Liberale bekräftigen unser Bekenntnis zur Unabhängigkeit des Kosovos, Taiwans und Tibets. Deshalb fordern wir die Einbindung dieser Staaten in internationale Organisationen und insbesondere die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen.