Zwischen Eigenverantwortung und Solidarität gehört kein aber! – Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen

Die Jungen Liberalen bekennen sich zu einem föderalen und solidarischem Deutschland. Die föderale Struktur der Bundesrepublik verhindert nicht nur Machtkonzentration und schafft mehr Bürgernähe, sondern der entstandene Wettbewerb hat eine einzigartige gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Dynamik geschaffen. Gleichzeitig fühlen sich viele Menschen in strukturschwachen Regionen abgehängt. Das Versprechen des Grundgesetzes, annähernd gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu schaffen, wurde nicht erfüllt. Die bisherigen Finanzausgleichssysteme haben ihre Ziele nicht erreichen können. Die Jungen Liberalen erkennen daher die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen an.

Deutschland braucht finanzstarke Länder und Kommunen, welche die Herausforderungen vor Ort meistern und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die dezentrale Struktur der Bundesrepublik wiederzurückgewinnen können. Länder und Kommunen dürfen dabei weder von der Gnade des Bundes abhängig sein, noch darf mangelnde Solidarität der Gebietskörperschaften untereinander dazu führen, dass ganze Regionen und ihre Bevölkerung auf der Strecke bleiben und von der positiven volkswirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt werden. Eine Reform der föderalen Finanzbeziehungen muss in diesem Spannungsverhältnis einen guten Kompromiss zwischen Eigenverantwortung und Wettbewerb auf der einen Seite und der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse auf der anderen Seite, sicherstellen.

I. Der Bund

Der Bund erhält künftig die Einnahmen aus den Steuern vom Umsatz, abzüglich des an die EU zu entrichtenden Betrags, vollständig. Diesbezügliche Gesetze bedürfen nicht mehr der Zustimmung des Bundesrates.

Die Gesetzgebungskompetenz und die Einnahmen der Kfz-Steuer, der Verbrauchsteuern und der Verkehrsteuern, mit Ausnahme der Grunderwerbsteuer, der Spielbankabgabe, der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sowie der kommunalen Steuern und Abgaben, verbleiben bzw. gehen auf den Bund über. Gesetze, welche besagte Steuern zum Gegenstand haben, bedürfen keiner Zustimmung des Bundesrates. Gleiches gilt bis zu seiner vollständigen Abschaffung für den Solidaritätszuschlag.

II. Die Länder

Mit Zustimmung des Bundesrates erlässt der Bundestag weiterhin die Gesetze über die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer, ohne jedoch Steuersätze zu bestimmen oder Einnahmen aus diesen Steuern zu erlangen. Dies schließt die Gewerbesteuerumlage mit ein, welche künftig ausschließlich den Ländern zusteht, die auch über ihre Höhe entscheiden.

Die Steuersätze der Einkommensteuer bestimmen fortan die Länder. Sie dürfen dabei den vom Bund festzulegenden Grundfreibetrag sowie andere bundesrechtlich begründete Freibeträge, Freigrenzen und Pauschbeträge nicht unterschreiten. An die Berechnungsgrundlage des Bundes für das zu versteuernde Einkommen und Vorschriften zur Verhinderung von Doppelbesteuerung sind sie gebunden. Zusätzlich kann der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates Mindest- und Höchststeuersätze festlegen. Bis zu einer entsprechenden Änderung des Grundgesetzes, hat der Bund die Länder zur Erhebung von Hebesätzen zu ermächtigen und die Einkommensteuer entsprechend abzusenken.

Die Gesetzgebungskompetenz für die abzuschaffende Erbschafts- und Schenkungsteuer, die Vermögensteuer(deren Einführung wir ablehnen), die Grunderwerbsteuer und die Grundsteuer geht auf die Länder über, ohne dass diese im Falle der beiden Letzteren die Steuersätze bestimmen oder ihnen die Einnahmen zustehen. Der Bundestag kann mit Zustimmung des Bundesrates die Bemessungsgrundlagen unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG harmonisieren.

III. Die Kommunen

Neben der Gewerbesteuer erhalten die Kommunen iRd. Einkommensteuer einen eigenen Steuersatz, der sich auf den Steuersatz des jeweiligen Landes addiert. Die Länder können Mindest- und Höchstgrenzen für diese Steuersätze sowie für die Hebesätze der Gewerbesteuer, bestimmen.

Die Einnahmen aus der Einkommensteuer von Personen mit mehreren Wohnsitzen sind zwischen den betroffenen Ländern bzw. Kommunen gerecht zu zerlegen. Damit entfällt jede Notwendigkeit für die Zweitwohnungsteuer, die folglich abzuschaffen ist. Die hierzu erforderlichen gesetzlichen Regelungen trifft der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates.

Im Rahmen der Grundsteuer sollen die Kommunen fortan nicht nur die Steuersätze, sondern auch Freibeträge und Begünstigungen zugunsten ökologischer und sozialer Flächennutzung bestimmen können. Außerdem erhalten die Kommunen die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer und können hierfür den Steuersatz sowie Freibeträge bestimmen.

IV. Die Strukturentwicklungsfonds

Grundsätzlich kann jede Gebietskörperschaft, die mittels eigener Steuern erlangten Einnahmen für sich behalten und damit nach eigenem Ermessen haushalten. Dies ermöglicht Eigenverantwortung und schafft Wettbewerb. Dieser Grundsatz muss jedoch eine Ausnahme finden, um Solidarität zwischen den Gebietskörperschaften und annähernd gleichwertige Lebensverhältnisse im gesamtem Bundesgebiet zu schaffen. Dazu muss jede Gebietskörperschaft, d.h. jede Kommune und jedes Bundesland, einen gleichen prozentualen Anteil ihres Bruttonationaleinkommens in einen Strukturentwicklungsfonds einzahlen. Die Kommunen zahlen in einen landesweiten, die Länder in einen bundesweiten Fonds ein. Der bundesweite Strukturentwicklungsfonds der Länder soll mittels Staatsvertrag geschaffen und von den Ländern verwaltet werden. Sie bestimmen, welche Projekte in welchen Regionen unter welchen Bedingungen gefördert werden und wie hoch die prozentuale Abgabe ausfallen soll. Die Kommunen können analog dazu landesweite Strukturentwicklungsfonds mittels öffentlich-rechtlichem Vertrag gründen.

Effizienz und Effektivität des Länder-Fonds werden fortwährend durch den Bundesrechnungshof, die der kommunalen Fonds durch den jeweils zuständigen Landesrechnungshof überprüft. Dadurch bleiben die Kosten für Bürokratie und Verwaltung niedrig.

Damit nicht einzelne Bundesländer eine Blockadehaltung in den Verhandlungen einnehmen können, ist das Grundgesetz, um einen Auftrag an die Länder zur Schaffung eines entsprechenden Fonds zu ergänzen. Sollten die Länder dennoch keine Einigung erzielen, kann der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates in engen verfassungsrechtlichen Grenzen entsprechende Regelungen aufstellen, die jedoch nur solange gültig sind, wie die Länder keinen Vertrag schließen. Mindestens alle zehn Jahre ist der Vertrag neu zu verhandeln. Wird hierbei keine Einigung erzielt, kann der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates notwendige Änderungen bestimmen, bis eine Einigung erzielt wird. Auf Landesebene lässt sich mit den Kommunen analog verfahren, dies ist jedoch nicht im Grundgesetz, sondern in den jeweiligen Landesverfassungen zu regeln.

Mit diesem neuem Finanzausgleichssystem entfallen auch die Konsolidierungshilfen, die Regionalisierungsmittel (ÖPNV) und die Bundesergänzungszuweisungen. Der Bund hat jedoch einen etwaigen Zuwachs an Steuereinnahmen infolge dieser Reform bedingungsfrei in den Strukturentwicklungsfonds der Länder einzuzahlen.

V. Die Körperschaftsteuer

Eine Körperschaftsteuer wird nur noch erhoben, wenn die zu zahlende Gewerbesteuer einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Deutschland unter einer vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates festzulegenden Mindestbesteuerung liegt, die anhand einer einzuführenden EU-weiten Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage zu berechnen ist. Die Höhe der zur zahlenden Körperschaftsteuer bemisst sich dann nach der Differenz zwischen der Mindestbesteuerung und den tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuern. Die hierzu notwendigen Gesetze werden vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates erlassen. Die Einnahmen fließen an die Länder.

Der entstehende Einnahmeausfall ist einerseits dadurch auszugleichen, dass die Kommunen die Gewerbesteuer anheben, welche künftig vollständig auf die Einkommensteuer angerechnet wird und andererseits durch die Abschaffung der Abgeltungsteuer. Einkünfte aus Kapital werden dann mit dem jeweiligen persönlichen Einkommensteuersatz besteuert. Die Gewerbesteuer ist für natürliche Personen um eine Obergrenze in Höhe der zu zahlenden Einkommensteuer zu ergänzen.