Die freiheitlich demokratische Grundordnung ist nicht verhandelbar

Die freiheitlich demokratische Grundordnung ist nicht nur der Eckpfeiler unserer liberalen und demokratischen Gesellschaft, sondern auch ein wichtiger Ankerpunkt im politischen Selbstverständnis der Jungen Liberalen und der Freien Demokratischen Partei. Vor allem ist sie aber ein Gut, das von einem Demokraten und Liberalen niemals zur Disposition gestellt werden darf.
Dieses Selbstverständnis darf nicht einfach zugunsten überparteilicher Bündnisse geopfert werden. Aus diesem Grund verpflichten sich die Jungen Liberalen Niedersachsen dazu, in Zukunft nur noch dann an überparteilichen Bündnissen teilzunehmen, wenn sich das Bündnis in seiner Gänze im Rahmen einer Selbstverständniserklärung zu den Werten der FDGO bekennt.
Diese Erklärung kann entfallen, wenn alle beteiligten Parteien und Organisationen von sich aus in ihren eigenen programmatischen Aufstellungen festgehalten haben, dass sie sich zur FDGO bekennen.
Sollte keines dieser beiden Kriterien erfüllt sein, sehen sich die Jungen Liberalen Niedersachsen nicht in der Lage, an der Bündnisarbeit teilzunehmen.

Eine Ausnahme von dieser Regelung ist nur dann möglich, wenn sich der erweiterte Landesvorstand mit einer qualifizierten Mehrheit (2/3 Mehrheit) dafür ausspricht.

Integration – Diversity is Our Strength

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Wir Junge Liberale sehen die Vielfalt der Menschen und Kulturen in unserem Land nicht als Bedrohung, sondern als Chance und Bereicherung für Gesellschaft und Wirtschaft. Wir wollen ein vielfältiges, buntes und weltoffenes Deutschland. Doch wir sind uns der Herausforderung, die die Integration von Migrantinnen und Migranten darstellt, bewusst. Integration ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen geschieht, sondern Zeit in Anspruch nimmt. Integration bedeutet nicht Assimilation in eine wie auch immer geartete Leitkultur. Integration bedeutet, dass die notwendigen Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben aller Bürgerinnen und Bürger erfüllt sind. Diese Voraussetzungen sind die Achtung von Recht und Gesetz, insbesondere der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, die Beherrschung der deutschen Sprache und das Streben nach Eigenverantwortung, also der Wunsch eines jeden seinen eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Wir sind uns bewusst, dass nach dieser Definition auch viele Deutsche nicht als integriert gelten können. Abseits von den vorgenannten Bedingungen soll jeder nach seiner Façon selig werden und sich nicht gesellschaftlichen Zwängen oder Vorstellungen einer „Mehrheitsgesellschaft“ unterordnen müssen. Integration stellt deshalb auch Anforderungen an die Gesellschaft, in die integriert wird. Sie muss Toleranz und Akzeptanz für Diversität aufbringen und Haltung zeigen gegen Rassismus, Diskriminierung und Intoleranz.

Für eine Willkommenskultur.

Der Integrationsprozess beginnt mit der Ankunft in Deutschland. Gleich zu Beginn werden die ersten Weichen gestellt. Hier müssen wir unsere Erwartungen klar artikulieren und gleichzeitig respekt- und würdevoll mit allen Neuankömmlingen umgehen.

Wir wollen jedem Neuankömmling, so er dies wünscht, gleich zu Beginn einen Ansprechpartner – quasi einen Paten – an die Seite stellen, an den er oder sie sich bei Problemen, Fragen oder Schwierigkeiten wenden kann. Familien sollen statt eines Paten pro Familienmitglied eine Patenfamilie bekommen. Die Paten sollen als erster Anknüpfungs- und Verbindungspunkt zu unserer Gesellschaft dienen und eine echte Vertrauensperson auf Augenhöhe sein. Bei den Paten soll es sich um Ehrenamtliche handeln. Ihre Zuteilung hat über die Kommunen zu erfolgen, entstehende Verfahrenskosten muss der Bund tragen.

Besonderer Fürsorge bedürfen unbegleitete minderjährige und heranwachsende (unter 22) Flüchtlinge. Hier muss zunächst alles Mögliche unternommen werden, um einen Nachzug der Familie zu ermöglichen. Ist dies nicht möglich oder nimmt der Nachzug voraussichtlich viel Zeit in Anspruch, so ist die Betreuung in Pflegefamilien die nächstbeste Lösung. Die Kosten der Pflegefamilien hat der Bund zu tragen. Erst wenn sich keine Pflegefamilie findet sollen die Betroffenen ins Kinder- bzw. Jugendheim kommen. Entscheidend ist, das Minderjährige und Heranwachsende ein vergleichbares Maß an Fürsorge erfahren, individuelle Unterschiede aber trotzdem Berücksichtigung finden.

Jeder Neuankömmling muss umgehend an einem Deutschkurs teilnehmen können, der ihn auf das Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen bringt. Dazu wollen wir mit Schulen, Universitäten und gemeinnützigen Organisationen (z.B. Goethe-Institut) zusammenarbeiten. Daneben muss auf digitale Lernmöglichkeiten wie Duolingo hingewiesen werden.

Neben Sprachkursen müssen Integrationskurse angeboten werden. Darin müssen Neuankömmlingen die Grundlagen des Lebens in Deutschland vermittelt werden. Dazu gehört die Funktionsweise unserer Demokratie, unsere humanistischen Werte und ihre Ursprünge, unsere Geschichte, insbesondere auch die Shoah, der Nationalsozialismus und die DDR-Diktatur, aber auch grundlegende Dinge wie der Abschluss einer Versicherung, das Abgeben einer Steuererklärung, die Kommunikation mit Behörden, die Orientierung auf dem Arbeitsmarkt und die Funktionsweise unseres Bildungssystems. Keinesfalls dürfen wir eine falsche Scheu vor schwierigen Themen, wie der Gleichberechtigung von Mann und Frau, Homosexualität, Judentum, dem Existenzrecht Israels und Religionskritik, haben.

Die Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen ist verpflichtend für alle Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie deren über den Familiennachzug hinzuziehende Familienangehörige, die mindestens 14 Jahre alt sind. Dabei ist für 14 bis 21-Jährige ein altersgerechtes Angebot zu schaffen. Für alle übrigen Migrantinnen und Migranten ist die Teilnahme freiwillig, kann allerdings von der zuständigen Ausländerbehörde, falls diese es zum Zwecke der Integration für notwendig erachtet, verpflichtend angeordnet werden.

Bildung ermöglicht Aufstieg.

Der Bildungsbericht 2016 zeigt, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund immer noch geringere Bildungschancen haben als ohne. Er zeigt aber auch, dass Chancenungleichheit überwiegend im sozioökonomischen Status der Eltern begründet liegt und da dieser bei Einwanderern und ihren Nachkommen statistisch gesehen niedriger ist, die Benachteiligung dieser Gruppe in der Summe stärker ins Gewicht fällt. Daraus folgt, dass wir neben den speziellen Anforderungen, die Migration an das Bildungssystem stellt, die Durchlässigkeit des Bildungssystems insgesamt verbessern müssen. Daher fordern wir:

  • In Kindertagesstätten müssen jährliche Sprachstandserhebungen stattfinden und darauf basierend Fördermaßnahmen für alle Kinder mit sprachlichen Defiziten durchgeführt werden. Der Zugang zu Kitas für Familien mit geringem Einkommen muss flächendeckend gegeben sein. Ein Jahr vor der Einschulung müssen auch Kinder, die keinen Kindergarten besuchen, an einer Sprachstandserhebung teilnehmen und im Falle von Defiziten an einer verpflichtenden Sprachförderung teilnehmen.
  • Schulen mit einem hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status müssen ein German Dream Concept aufstellen, das konkrete Fördermaßnahmen beinhaltet, um Kinder und Jugendliche mit Schwierigkeiten in der Schule individuell zu fördern. Dafür erhalten sie zusätzliche Finanzmittel, mit denen sie eigenverantwortlich Förderprogramme auflegen können. Nach fünf Jahren muss von der Landesregierung eine umfassende Evaluierung durchgeführt werden.
  • Vorbilder sind wichtig, um Perspektiven aufzuzeigen und zu motivieren. Unternehmer mit Migrationshintergrund sollen daher im Rahmen von Veranstaltungen zur beruflichen Orientierung in Schulen stärker eingebunden werden.
  • Die MeTwo-Debatte hat gezeigt, dass Rassismus auch vor Schulen nicht Halt macht. Daher muss die Lehrerausbildung verstärkt interkulturelle Kompetenzen vermitteln und das Thema Rassismus im Unterricht stärker behandelt werden. Insbesondere Vertrauenslehrer sind für das Thema zu sensibilisieren und müssen für Schülerinnen und Schüler ansprechbar sein, die sich diskriminiert fühlen und bei der Klärung von diskriminierenden Vorfällen unterstützten.
  • Die Angebote für muttersprachlichen Unterricht müssen ausgebaut werden. Schulkooperation sowie die Zusammenarbeit von Schulen und Universitäten stellen hierzu eine Möglichkeit dar.
  • Die Jungen Liberalen bekennen sich zu lebenslangem Lernen. Um Menschen – ob alt oder jung -, die mehr lernen möchten, dies zu ermöglichen, soll die Einrichtung sogenannter Massive Open Online Courses (deutsch offener Massen-Online-Kurs), kurz MOOC, stärker gefördert und aktiver darüber informiert werden.
  • Solange bekenntnisorientierter Religionsunterricht ordentliches Schulfach an öffentlichen Schulen ist, muss auch islamischer Religionsunterricht angeboten werden. Dafür benötigen wir jedoch zunächst die entsprechenden Lehrkräfte. Dies wiederum setzt voraus, dass Islamische Theologie an Universitäten in Deutschland studiert werden kann. Dabei darf es keine Kooperation mit DITIB oder anderen konservativen Islamverbänden, wie sie vornehmlich im Zentralrat der Muslime vorzufinden sind, geben. Wir wollen stattdessen mit liberalen Islamverbänden wie Muslimisches Forum Deutschland, Liberal-Islamischer Bund und der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee zusammenarbeiten.
  • In vielen Ländern aus denen Geflüchtete kommen ist Antisemitismus Staatsdoktrin, was zur weiten Verbreitung von antisemitischen Einstellungen führt. Daher muss das Thema in der Schule auch abseits des Nationalsozialismus behandelt werden. Unter Antisemitismus verstehen wir auch die Dämonisierung Israels und die Ablehnung seines Existenzrechts. Um breit kursierenden Unwahrheiten über den Nahostkonflikt entgegenzutreten, muss auch dieser Teil des ordentlichen Lehrplans werden.
  • Der Bundestag hat im Jahr 2016 in einer Resolution den Völkermord an den Armeniern, Aramäern, Assyrern, Chaldäern und Pontosgriechen offiziell anerkannt. Vor dem Hintergrund der Mitschuld des Deutschen Reiches als Verbündeter des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg und der fortwährenden Leugnung des Völkermords durch die türkische Regierung, ist es notwendig diesen in die Lehrpläne zu integrieren. Deutschland darf jedoch seine eigenen Verbrechen nicht verleugnen und muss deshalb auch den Völkermord an den Herero und Nama offiziell anerkennen, alles andere wäre heuchlerisch.

Arbeit ist der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben.

Es muss unser Kernanliegen sein, Einwanderer so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dazu müssen wir fördern und fordern, aber auch zahlreiche überflüssige Hemmnisse abbauen. Konkret fordern wir:

  • Wir fordern einen sofortigen und unbürokratischen Zugang zum Arbeitsmarkt für alle Migrantinnen und Migranten. Jeder, der sich in Deutschland legal – ganz gleich zu welchem Zweck – aufhält, soll berechtigt sein einer nichtselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Vorrangprüfung wollen wir abschaffen. Wer erwerbstätig ist, darf nur aus Gründen der öffentlichen Sicherheit ausgewiesen werden. Auch die Ablehnung eines Asylantrags darf kein Ausweisungsgrund sein. Vielmehr muss bei längerfristiger Erwerbstätigkeit der Weg für einen zunächst befristeten und anschließend unbefristeten Aufenthaltstitel (Niederlassungserlaubnis) offenstehen.
  • Die Bundesagentur für Arbeit muss von Beginn an eingebunden werden und jedem Einwanderer eine individuelle Beratung über Erwerbsmöglichkeiten, Weiterbildungen und die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen geben. Dies muss ein langfristiger Prozess sein. Es darf nicht nur darum gehen jedem einen beliebigen Arbeitsplatz zu verschaffen – wenngleich dies zu Beginn häufig die einzige Perspektive sein wird – sondern vielmehr müssen Einwanderer über mehrere Jahre hinweg betreut werden und Unterstützung erhalten, wenn es darum geht ihren Traum zu verwirklichen. Dasselbe muss natürlich auch für deutsche Staatsangehörige gelten.
  • Ein großes Hindernis stellen Berufszulassungsbeschränkungen dar. Wir erkennen an, dass solche Beschränkungen teilweise z.B. im medizinischen Bereich notwendig sind. Dort wo sie es nicht sind, wollen wir sie hingegen abschaffen. So soll der Meister zukünftig lediglich ein Qualitätsnachweis, aber keine notwendige Voraussetzung für eine Selbstständigkeit im Handwerk sein.

Für eine liberale und weltoffene Gesellschaft.

Das Bekenntnis ein Einwanderungsland zu sein genügt nicht. Es muss sich auch in der rechtlichen und tatsächlichen Realität wiederspiegeln, dass wir Einwanderung begrüßen und sich in Deutschland jeder frei entfalten kann. Daher fordern wir:

  • Die Jungen Liberalen fordern ein kommunales Wahlrecht auch für Nicht-EU-Ausländer, die seit mindestens fünf Jahren ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik haben. Wer in Deutschland lebt, sollte die Politik in seiner nächsten Umgebung mitbestimmen können.
  • Wir kritisieren die Aussetzung und Einschränkung des Familiennachzugs scharf und wollen sie wieder rückgängig machen. Der familiäre Zusammenhalt stellt einen unverzichtbaren Pfeiler der Integration dar, denn niemand kann sich heimisch fühlen, wenn die eigene Familie tausende Kilometer entfernt und möglicherweise in Lebensgefahr schwebt.
  • Die Jungen Liberalen sehen die Wahl der Kleidung als einen Teil der freien Persönlichkeitsentfaltung an. Allerdings sprechen wir uns kultur- und religionsunabhängig für ein Verbot von Verhüllungen dort aus, wo eine Identifikation der einzelnen Person notwendig ist. Da dies am besten durch das Gesicht eines Menschen geschehen kann, muss dieses in öffentlichen Gebäuden und Institutionen immer sichtbar bleiben. Darüber hinaus darf die Wahl der Kleidung niemals durch Zwang Dritter erfolgen. Hier muss gegebenenfalls wegen Nötigung ermittelt werden. Schüler müssen ihre Kleidung im Unterricht so anpassen, dass sie jederzeit am Unterricht teilnehmen können. Dies gilt auch für den Sport- und Schwimmunterricht.
  • Die Jungen Liberalen wollen multiple Staatsangehörigkeiten uneingeschränkt ermöglichen. Es ist für das subjektive Zugehörigkeitsgefühl häufig schädlich, sich in einer Entweder-Oder-Entscheidung zu nur einem Land bekennen zu müssen, wenn man sich mit zwei oder mehr Ländern identifiziert. Ein Anspruch auf Einbürgerung soll künftig bereits nach vier statt acht Jahren entstehen können. Die Einbürgerungskultur in Deutschland braucht ein Update, denn schätzungsweise erfüllen schon jetzt bis zu 75 Prozent der in Deutschland lebenden Ausländer die Einbürgerungsvoraussetzungen. Daher müssen nicht die Voraussetzungen zur Einbürgerung gesenkt, sondern stärker durch aktive Informationspolitik und Aufklärung auf die Einbürgerungsmöglichkeit hingewiesen werden. Denn das stärkste und nachhaltigste Bekenntnis zu unserer Werteordnung ist die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft.
  • Menschen mit Migrationshintergrund sind in Parteien und Parlamenten vielfach unterrepräsentiert. Die Jungen Liberalen fordern die FDP auf, in der Mitgliederwerbung gezielt auch Migranten anzusprechen und Kontakte zu interkulturellen Verbänden aufzubauen und zu intensivieren – sehen hier aber auch insbesondere im eigenen Verband Nachholbedarf.

Der liberale Rechtsstaat.

Wer sich nicht an unsere Gesetze hält, der muss mit allen Konsequenzen des Rechtsstaats rechnen. Dazu brauchen wir keine Gesetzesverschärfungen, sondern deren konsequente Anwendung. Dies erfordert eine gute personelle und materielle Ausstattung der Sicherheitsbehörden. Daher fordern wir:

  • Das Aufenthaltsgesetz bietet bereits heute ausreichend Möglichkeiten um Gefährder und Straftäter abzuschieben. Die Sicherheitsbehörden sind gehalten den Rechtsrahmen voll auszuschöpfen und insbesondere bei schweren und politisch motivierten Straftaten die Möglichkeit einer Ausweisung zu prüfen.
  • In der Praxis scheitern Abschiebungen häufig an mangelnder Kooperation der zur Aufnahme verpflichteten Länder. Die Europäische Union muss mit diesen Staaten schnellstmöglich Rückführungsabkommen aushandeln und diese notfalls auch mit Kürzungen der Entwicklungszusammenarbeit durchsetzen, im Gegenzug aber auch Entgegenkommen einzelner Staaten belohnen.
  • Im Zuge der Flüchtlingskrise wurde entgegen der EU-Verordnung Nr. 603/2013 (EURODAC-VO) häufig keine ordnungsgemäße Registrierung von Flüchtlingen vorgenommen, so auch im Fall Anis Amri. Die EU-Kommission muss in solchen Fällen künftig die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens prüfen und die Bundesrepublik muss private Träger bei Missachtung der Verordnung mit Bußgeldern belegen.
  • Die Forderung nach einer tatsächlichen Gleichstellung von Männern und Frauen richtet sich an alle in Deutschland lebenden Kulturkreise. Dort, wo Rechte von Frauen verletzt werden, beispielsweise bei Zwangsehen oder anderen Formen von Entmündigung, muss der Staat eingreifen. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch qualifizierte Beratungsangebote für Frauen und eine Betreuung bei Verfolgung und Bedrohung, um Fälle von Diskriminierung ans Tageslicht zu bringen. Der nachhaltigste Ansatz zur Bekämpfung von Diskriminierung ist es, schon in der Schule gezielter über die eigenen Rechte aufzuklären.
  • Der Staat respektiert eine weitgehende innere Autonomie der Bekenntnisgemeinschaften im Rahmen der für alle geltenden Gesetze. Eine staatliche Unterstützung durch den Status der Gemeinnützigkeit, sowie die Finanzierung der Theologie, des Religionsunterrichts, der Anstalts- und Militärseelsorge ist denjenigen Bekenntnisgemeinschaften verwehrt, denen richterlich attestiert wurde, dass sie verfassungsfeindlich sind. Ebenso können Personen, deren Verfassungsfeindlichkeit richterlich beschieden worden ist, keine Funktionen im staatlichen Raum (Universitäten, Bekenntnislehrer, Seelsorger) ausüben.

Pflege reformieren – mit sinnvollen Lösungen dem Fachkräftemangel begegnen

Präambel

Pflegeberufe zählen in Deutschland nicht nur zu den wichtigsten, sondern auch zu den anspruchsvollsten Berufen. Wir Junge Liberale setzen uns dafür ein, diese Umstände politisch wie gesellschaftlich anzuerkennen und würdigen jede/n, die/der sich dafür entscheidet, einen Pflegeberuf zu ergreifen.

Wir sind der Meinung, dass der Pflege deutschlandweit nicht die Aufmerksamkeit zukommt, die sie verdient. Die Möglichkeit, zum Pflegefall zu werden, besteht für jeden Menschen oder einen seiner nahen Angehörigen und angesichts unserer alternden Bevölkerung wird die Anzahl Pflegebedürftiger weiterhin steigen, während die entsprechenden Arbeitsressourcen durch den demografischen Wandel knapper werden.

In diesem Zusammenhang begrüßen Wir Junge Liberale das neue Pflegesofortprogramm des Bundesgesundheitsministeriums dahingehend, dass es die Debatte um den Pflegenotstand in Deutschland neu angestoßen hat, setzen uns aber für sinnvolle Lösungen anstelle von Symbolpolitik ein.

Der Kern der Probleme in der Pflege liegt ganz klar im Fachkräftemangel. Der Pflegeberuf gilt in Deutschland vielen als unattraktiv, was daran liegt, dass er es in den meisten Fällen schlichtweg ist. Nicht nur eine mitunter unangemessen niedrige Bezahlung und (familien-) unfreundliche Arbeitszeiten schrecken Menschen ab, die in Erwägung ziehen, beruflich in den Pflegebereich zu gehen. Die allgemeinen Arbeitsbedingungen sind durch die chronische Unterbesetzung von übermäßigem Arbeitsaufwand, enormem Zeitdruck und hoher Stressbelastung gekennzeichnet. Als Folge leiden immer mehr Pflegekräfte an Burn-out und ähnlichen Erscheinungen oder steigen sogar aus dem Beruf aus, was die Situation noch weiter verschärft. Um hier echte Verbesserungen zu schaffen, braucht es grundlegende Veränderungen.

Eine unbesetzte Stelle ist keine Stelle

Unzureichend erscheint dabei aber die Schaffung 13.000 neuer Stellen in der Pflege, wenn bereits heute in Deutschland 35.000 Stellen unbesetzt sind.

Auch Personaluntergrenzen werden die Pflegesituation nicht verbessern, wenn der Arbeitsmarkt leergefegt ist. Zum Zwecke der Patientensicherheit und Motivation, mehr Personal einzusetzen, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen mit einer Kürzung der Mittel zu drohen, wenn sie nicht genug Stellen besetzen können, erscheint in diesem Zusammenhang als eine unzureichende Maßnahme, die die falschen bestraft und das Problem des Fachkräftemangels nicht lösen wird.

Entlastung durch Digitalisierung

Wir begrüßen die geplanten Investitionen in Digitalisierung, wie zum Beispiel den Ausbau der Telemedizin. Auch die damit verbundenen Pläne zur Entbürokratisierung finden wir gut, da damit eine Entlastung der Fachkräfte in der Pflege und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einhergehen. Wir fordern eine schnelle und effektive Umsetzung.

Pflegenachwuchs fördern – Ausbildung erleichtern

Um mehr Pflegekräfte zu gewinnen, müssen wir auch überprüfen, wo die Bedingungen der Ausbildung verbessert werden können. Dazu fordern wir eine Abschaffung der Schulkosten für alle Auszubildenden, dies schließt auch die Ausbildung zur Pflegehilfskraft ein.

Die mit der Ausbildungsreform ab 2020 greifende generalistische Ausbildung mit Spezialisierungsmöglichkeit im dritten Jahr begrüßen wir, da wir hier eine Anpassung an veränderte Bedingungen in der Pflege sehen und die noch steigenden Anforderungen an fachübergreifende Kompetenzen berücksichtigt werden.

Wir möchten zudem die Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung zur Pflegefachkraft senken, sodass ein guter Hauptschulabschluss zukünftig ausreicht, sofern der Bewerber die entsprechenden persönlichen Fähigkeiten mitbringt.

Auch wollen wir Ausbilder auffordern, vermehrt an allen Schulen zu werben und junge Menschen auf den Pflegeberuf aufmerksam zu machen.

An Gymnasien muss zudem vermittelt werden, dass es durch diverse Pflegestudiengänge auch akademische Wege in eine Karriere in der Pflege gibt.

Zuwanderung als Chance

Im Kampf gegen den Fachkräftemangel müssen auch Zugewanderte eine Rolle spielen. Dabei sollen eigentlich abgelehnte AsylbewerberInnen, die bereits eine anerkennbare Qualifikation in einem Pflegeberuf haben, grundsätzlich nicht abgeschoben, sondern in der Pflege eingesetzt werden, wo sie dringend gebraucht werden. Voraussetzung dafür sind allerdings Sprachkenntnisse auf Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Liegen diese nicht vor, müssen die ausländischen Fachkräfte umgehend entsprechend gefördert werden.

Eine Aufnahme von Aufenthaltsgenehmigungen speziell für Pflegeberufe ins Einwanderungsgesetz lehnen wir jedoch ab, da wir glauben, dass ein effektives neues Einwanderungsgesetz Sachverhalte wie diesen umfassend für alle Fachkräfte sinnvoll aufnehmen kann und sollte.

AsylbewerberInnen, die Interesse bekunden, eine Ausbildung in einem Pflegeberuf in Deutschland zu beginnen, sollten in ihrem Wunsch unterstützt und schnell vermittelt werden. Ohne dabei grundsätzlich einen Missbrauch des Asylsystems zu unterstellen, gelten hierbei allerdings die Motivation und menschlichen Fähigkeiten eingehend zu prüfen, um sicher zu stellen, dass das persönliche Interesse der Bewerber der Arbeit an sich mindestens ebenso wie einer Aufenthaltsgenehmigung gilt.

Unterstützung von allen Seiten

Auch Anreize für Teilzeitkräfte zu schaffen, wenige Stunden in der Woche mehr zu arbeiten, begrüßen wir. Ein erster Schritt ist hier ein ausgebautes Betreuungsangebot für Kinder, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Zudem kann eine höhere Vergütung der zusätzlichen Stunden hier ein Instrument sein.

Schließlich kann nicht nur die Mobilisierung von Fachkräften kann in der Pflegesituation Belastungen abbauen. Auch das ehrenamtliche Engagement kann eine Entlastung im Berufsalltag der Pflegekräfte bedeuten und verdient hohe Anerkennung. Wir junge Liberale schätzen dies und möchten an dieser Stelle jeden würdigen, der ohne finanzielle Gegenleistung als Stütze den Pflegekräften beiseite steht. Dabei ist natürlich stets der gesetzliche Rahmen einzuhalten und die Sicherheit der Pflegebedürftigen nicht dadurch zu gefährden, dass Ehrenamtliche angesicht der Überlastung der qualifizierten Kräfte unbefugte Arbeiten dieser übernehmen.

Mut zu neuen Lösungen

Wir begrüßen die Aktion Konzertierte Pflege der Bundesregierung und hoffen, dass die beteiligten Akteure und Arbeitsgruppen zu weiteren Lösungen kommen werden. In diesem Zusammenhang wünschen wir uns eine gute Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation nach außen. Gleichermaßen erwarten wir von allen Bürgerinnen und Bürgern, dass sie die Entwicklungen in der Gesundheitspolitik ebenso kritisch wie respektvoll begleiten und sich nicht durch Stimmungsmache zu fehlerhaften Pauschalisierungen hinreißen lassen. Die Aufgabe, Lösungen für die Pflegesituation zu finden ist keine leichte und erfordert eine ganzheitliche Betrachtungsweise, die auch unkonventionelle Ideen zulassen muss.