Für einen schlagkräftigen Katastrophenschutz: Bevölkerungswarnung und Bund-Länder-Kooperation überarbeiten

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sind überzeugt, dass die Bevölkerungswarnung überarbeitet werden muss, um besser an neue Gegebenheiten und Gefahren angepasst zu sein. Damit die Bevölkerung effektiv gewarnt werden kann, müssen vorhandene Strukturen und Mittel überarbeitet werden. Für uns steht fest, dass der Staatshaushalt nicht auf Kosten der Sicherheit der Bevölkerung saniert werden darf. Zudem sollen jeder Bürger und jede Bürgerin gleich gut gewarnt werden, unabhängig vom Wohnort und Bundesland.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen beschließen daher:

  • Wir sind davon überzeugt, dass Sirenen einen wichtigen Teil des Warnmittelmix darstellen. Es reicht nicht, sich nur auf digitale Mittel zu verlassen. Wir begrüßen, dass ein Fördermittelprogramm des Bundes zum Ausbau bzw. zur Sanierung von Sirenen eingerichtet worden ist. Die Jungen Liberalen fordern dieses Programm zu verstetigen sowie eine Aufstockung der Mittel. Sirenen sind besonders nachts und zur Warnung von Bürgern, die weniger auf Warn-Apps zugreifen, hilfreich. Wir sind davon überzeugt, dass Sirenen wieder in der Breite verfügbar sein müssen. Es ist nicht verständlich, dass einige Teile Deutschlands kaum über Sirenen verfügen. Wie gut man gewarnt wird, darf nicht vom Wohnort abhängen. Daher fordern die Jungen Liberalen alle Städte und Kommunen auf, moderne Sirenenanlagen zu installieren, die den jetzigen Empfehlungen des BKK entsprechen (Akkupufferung für mindestens 4 Warn- und Entwarnungszyklen, Anschluss an das TETRA BOS-Netz, …). Wir sind grundsätzlich davon überzeugt, dass Sirenensignale (Warnung, Entwarnung und Tests) sowie das Datum von Tests bundesweit vereinheitlicht werden sollten.
  • Einen weiteren Teil zur Optimierung der Bevölkerungswarnung stellen mobile Lautsprecherfahrzeuge dar. Diese Fahrzeuge sollten nicht nur über Lautsprecher verfügen, sondern auch mit digitalen Anzeigetafeln ausgestattet sein. Künftig soll jede Polizeidirektion über ein Lautsprecherfahrzeug verfügen. Es ist sinnvoller diese Fahrzeuge an die Polizei anzugliedern, denn die Polizei kann diese auch für andere Einsätze, wie beispielsweise Demonstrationen, verwenden.
  • Der bundesweite Warntag soll für alle Bundesländer und Kommunen künftig verpflichtend sein. Jede Kommune soll an diesem Tag seine verfügbaren Warnmittel testen. Dank des Warntages können Schwachstellen im System erkannt werden, wodurch die Bevölkerungswarnung verbessert wird. Zudem ist es wichtig, dass die Bürger stärker miteinbezogen werden. Sensibilisierung und Prävention bleiben immer noch die wichtigsten Maßnahmen zur Abmilderung von Katastrophenfällen. Es gilt die Selbsthilfefähigkeit in der Bevölkerung zu stärken.
  • Warn-Apps und Soziale Medien stellen einen weiteren wichtigen Bestandteil innerhalb der Bevölkerungswarnung da. Die Jungen Liberalen fordern eine bessere Bewerbung dieser Applikationen und Einbeziehung Sozialer Medien in die Warnungen. Außerdem soll geprüft werden, ob die bisher verfügbaren Warn- und Notrufapps (NINA, NORA…) zu einer bundesweit einheitlichen , möglicherweise auch europaweit einheitlichen, Sicherheits-App zusammengefügt werden können. Darüber hinaus sollen Warnungen über Cellbroadcasting europaweit ausgeweitet werden, um zu gewährleisten, dass möglichst viele Menschen auch bei Grenzüberschreitung möglichst leicht erreicht werden.
  • Viele der in Deutschland verwendeten Warnmittel sind auf Strom angewiesen. Daher ist es wichtig, dass alle Warnmittel so konzipiert werden, dass sie möglichst energieeffizient und auch ohne Strom funktionieren.
  • Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Barrierefreiheit. Die Bevölkerungswarnung muss so konzipiert werden, dass alle Menschen, unabhängig möglicher Einschränkungen, effektiv gewarnt werden können. Die Nutzung der Gebärdensprache ist in dieser Hinsicht ein namhaftes Beispiel.
  • Die Jungen Liberale begrüßen ausdrücklich die letzte Reform des BBK zur Errichtung des gemeinsamen Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz (GeKoB). Wir sehen die Kooperation zwischen Bund und Ländern beim Katastrophenschutz als essenziell an. Daher fordern wir ausdrücklich alle Bundesländer dazu auf Personal ins GeKoB zu entsenden, so wie es bei der Innenministerkonferenz vereinbart worden ist. Künftig wollen wir das BBK zu einer nationalen Zentralstelle weiterentwickeln nach dem Vorbild des Bundeskriminalamtes (BKA): In einigen Fällen, wie beispielsweise bei nationalen Katastrophenlagen, sollte der Bund über das BBK-Weisungen an die Bundesländer erteilen dürfen. Einer hierfür benötigten Grundgesetzänderung stehen wir offen gegenüber. Grundsätzlich fordern wir Bund- und Länder dazu auf, einen konstruktiven Dialog über die Verbesserung der Organisation des Katastrophenschutzes zu beginnen.
  • Wir können uns ebenfalls vorstellen der Bundesregierung bei der Bevölkerungswarnung (auch bei nicht militärischen Katastrophenlagen) mehr Kompetenzen zukommen zu lassen, insofern mehr als ein Bundesland von derselben Katastrophensituation bedroht wird. Ein Beispiel hierfür wäre das Elbhochwasser. Bei gleichen Gefahrenlagen wollen wir erreichen, dass alle Bürger gleich gut und gleichermaßen gewarnt werden.
  • Des Weiteren sollte ein einheitliches Cloud-System mit höchsten Sicherheitsstandards errichtet werden, welches Kommunen, Bundesländer und der Bund zusammen nutzen können.

Keine Sanierung kommunaler Haushalte durch Blitzer

Im Jahr 2021 wurden 93.915 Geschwindigkeitsüberschreitungen in Deutschland registriert. In Niedersachsen gibt es momentan insgesamt 527 mobile oder feste Geräte zur Geschwindigkeitsüberwachung, sogenannte Blitzer. Durch Blitzer nehmen der Staat und die kommunalen Institutionen teils mehrere Millionen Euro jährlich ein. Die Einnahmen durch Messgeräte sanken im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr deutlich. Prompt erhöhte das Bundesverkehrsministerium das Bußgeld für Geschwindigkeitsüberschreitungen um 100 Prozent. Wer etwa innerorts 16 bis 20 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt und geblitzt wird, zahlt 70 Euro. Für uns ist klar, dass Bußgelder im Straßenverkehr kein Instrument zur Aufstockung oder zum Ausgleich von kommunalen Haushalten sein dürfen. Vielmehr sehen wir dringenden Handlungsbedarf bei der Verkehrsüberwachung, sowie der finanziellen Verhältnismäßigkeit bei der Ahndung von Verstößen.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern:

  1. Blitzer Apps legalisieren: Wir fordern die restlose Streichung von §23 Abs. 1c StVO, dem Verbot der Nutzung sogenannter Blitzer Apps.
  2. Den Rechtsweg transparent machen: Nicht selten werden Blitzer rechtswidrig aufgestellt. Etwa weil der Abstand zu einem Geschwindigkeitsbegrenzungsschild nicht eingehalten wird oder auch weil die verantwortliche Verwaltung die Installation des Blitzers nicht im Vorhinein mit der örtlichen Polizei abgesprochen hat. Deshalb fordern wir:

    • auf Bußgeldbescheiden nicht nur die Möglichkeit der Anfechtung, sondern explizit auch die Rechtsgrundlage und Notwendigkeit für die Installation des jeweiligen Blitzers hingewiesen wird.

    • der Bearbeitung von Anfechtungen eine hohe Priorität zuzuweisen und im Falle einer rechtswidrigen Installation die unverzügliche Entfernung, sowie die selbstständige Rücküberweisung von Bußgeldern an alle Betroffenen durch die Behörde.

    • Die zuständige Kommune soll auf den Bau neuer Blitzer in ihren öffentlichen Bekanntmachungen hinweisen.

  3. Installation von Blitzern und Voraussetzungen gemäß §45 StVZO

    • Mobile und feste Blitzer dürfen nur nach dem erfolglosen Versuch sämtlicher anderer verkehrsberuhigende Maßnahmen eingesetzt werden.

    • Grundsätzlich sollte die Verwendung von Blitzern immer das letzte Mittel der Wahl für eine (vorübergehende) Verkehrsberuhigung sein. Bauliche Maßnahmen oder neuartige Formen der Verkehrsberuhigung haben grundsätzlich Vorrang. Das dauerhafte Ziel ist deshalb immer die Vermeidung von Blitzern.

    • Feste Blitzer sollen in einem Abstand von zwei Jahren auf ihre Notwendigkeit überprüft und gegebenenfalls entfernt werden. Lässt sich ein Regelungsbedarf nicht mehr belegen, so ist der Blitzer abzubauen und gegebenenfalls durch andere verkehrsberuhigende Maßnahmen zu ersetzen.

    • Mit einem Abstand von mindestens 300 Metern muss für alle Verkehrsteilnehmer sichtbar ein entsprechendes Hinweisschild aufgestellt werden.

  1. Prävention statt Intervention

    • Neben der schlichten Abfrage der Verkehrsregeln, wollen wir in den Fahrschulen einen stärkeren Fokus auf die möglichen Folgen von “Rasen” legen. Unter Lektion 7 “Geschwindigkeit, Abstand und umweltschonende Fahrweise” wollen wir den Schwerpunkt: Folgen von Unfällen infolge der Missachtung von Geschwindigkeitsbegrenzungen ergänzen. Exemplarisch soll hierbei auf die möglichen Folgen eines Unfalls, z.B. in Form von Überlebenschancen oder Fallbeispielen mit persönlichen Schicksalen, eingegangen werden.

    • In Schulen wollen wir  Verkehrssicherheit Seminare zur Sensibilisierung durchführen.

    • Tempolimits jenseits von 130 km/h wollen wir ermöglichen, um neben dem Limit von 130 und dem Wegfall einer Geschwindigkeitsbegrenzung, eine adäquate Verkehrsberuhigung zu erreichen.

    • Auf Landstraßen wollen wir durch die Ersetzung von Ampeln durch Kreisverkehre nach niederländischem Vorbild einen fließenden Verkehr, sowie eine Verkehrsberuhigung durch die wiederkehrende Vergegenwärtigung der eigenen Geschwindigkeit erreichen.

Unnötigen Klimakillern den Anreiz nehmen

Während der Corona-Pandemie hat die Lufthansa 18.000 so genannten „Leerflüge“ durchgeführt. Die so genannte „Slot Verordnung (Start-Landing-Operation- Time)“ bezeichnet die Start- und Landerechte einer Airline. Diese Rechte werden etwa ein Jahr im Voraus vergeben. Durch das stetige Wachstum des Flugverkehrs stoßen zahlreiche Flughäfen an ihre Kapazitätsgrenzen, so dass die Nachfrage das Angebot an Start- und Landemöglichkeiten übersteigt. Die Mehrzahl der Slots wird als so genannte Großvaterrechte vergeben. Danach orientiert sich die Vergabe an der Nutzung in der  Vergangenheit.

Hierbei gibt es keine Möglichkeit diese Slots weiterzuverkaufen oder mit ihnen zu handeln. Primär werden die Slots nach der „use it or lose it“ Regelung vergeben. Wenn eine Airline weniger als 80% der Slots nutzt, werden die Slots an andere Airlines vergeben.

Da während der Pandemie deutlich weniger Nachfrage nach Flügen herrschte mussten viele Airlines, wie unter anderem die Lufthansa, Leerflüge durchführen, um die Slots nicht zu verlieren. Für die Jungen Liberalen Niedersachsen ist klar: Klimakiller, wie Leerflüge dürfen keinerlei finanziellen Anreiz für Unternehmen haben. Die grundsätzliche Vergabe durch die „use it or lose it“ Regelung halten wir für sinnvoll, um auch kleineren Airlines eine faire Partizipation am Wettbewerb zu gewährleisten. Dennoch müssen in Ausnahmefällen, wie einer globalen Pandemie, einer Öl- und Gaskriese etc. Ausnahmeregelungen greifen.

Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen:

  1. Dass die EU-Kommission in Ausnahmesituationen, wie einer globalen Pandemie, einer Öl-,Gas-, oder Wirtschaftskrise die „use it or lose it“ Regelung vorübergehend ganz aufzuheben oder stark einzuschränken.
  2. Die dauerhafte Senkung der Mindestnutzung auf 70%.
  3. Die Änderung der Slot-Verordnung (Verordnung [EWG] Nr. 95/93) dahingehend, dass Leerflüge bei Nutzung der Start- und Landerechte nicht berücksichtigt werden, um den Anreiz für Leerflüge dauerhaft zu eliminieren.
  4. Um die mit den Leerfügen teilweise verbundene Aufrechterhaltung der Pilot:innenlizenzen nicht zu gefährden, fordern wir regulative Anpassungen zu den Pilot:innenlizenzen, sodass hierdurch kein Lizenzverlust entsteht.

Klima-Hebel Baubranche: Mit Stoffkreisläufen zu einer nachhaltigen Baupolitik

Bauwerke und Infrastrukturen entscheiden über die Lebensqualität von Menschen, die Leistungsfähigkeit von Volkswirtschaften und ihre Zukunftsfähigkeit. Die Baubranche zählt zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen in Deutschland und ihre Produkte, wie Gebäude oder Straßen, sind für unseren Alltag unverzichtbar. Die Bauwirtschaft ist einer der wichtigsten Branchen des Landes. Bauen ist kein Massenprodukt!

Auf Baustellen fällt tonnenweise Abfall an, ob beim Erdaushub oder durch Abriss. Daraus ließe sich neues Baumaterial gewinnen. In Europa entfällt mehr als ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs auf den Baubereich. Darüber hinaus werden nur 40% des Bauschutts von Gebäuden aufbereitet oder wiederverwertet.

Die aktuellen Krisen und Entwicklungen der Welt zeigen, wie wichtig ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen in allen Bereichen des Lebens, gerade in Bezug auf die Baubranche sein sollte. Bedingt durch den hohen Materialeinsatz und Energiebedarf während der Bauphase ist auch die Baubranche durch immer weiter steigende Materialpreise, Lieferengpässe und die Inflation stark betroffen. Obwohl gerade im Rohbau auf regionale Produkte (Lieferwege bei Beton und Mauersteinen meist unter 500 km) gesetzt wird, kommt die Bauproduktion durch enorme Energiepreise und Rohstoffknappheit zunehmend ins Stoppen.

Wenngleich dies ein Resultat aus kurzfristigen Ereignissen ist, wird deutlich, wie wichtig der nachhaltige Umgang mit Rohstoffen perspektivisch werden sollte. Zweifelsohne sollte dabei angestrebt werden, mehr recyclebare Materialien zu verwenden, um einerseits langfristig weniger abhängig von weltweiten Lieferketten zu werden und andererseits um Materialien nach Ende eines Gebäudelebenszyklus erneut zu verwenden. Die öffentliche Hand sollte dafür als Vorbild dienen.

Unsere Industrie zeigt, dass selbst synthetische Stoffe recycelt und einer neuen Verwendung zugeführt werden können. So besteht mittlerweile die Möglichkeit, selbst EPS-Dämmstoffe in gewissem Maße einem Stoffkreislauf zuzuführen.

Gelingt es, eine Kreislaufwirtschaft am Bau zu etablieren, lassen sich nicht nur Kosten senken, sondern auch Treibhausgasemissionen reduzieren, da weniger Energie für die Herstellung neuer Materialien aufgewendet werden muss.

Durch neue Geschäftsfelder im Bereich der Kreislaufwirtschaft in der Baubranche, von der Planung bis zur Aufbereitung von Bauschutt zu wiederverwertbarem Material, bietet sich zudem die Möglichkeit, innovative Start-Ups zu etablieren und zu fördern. Als Beispiel hierfür sind Firmen zu sehen, die sich mit dem Thema ‘Building as a bank’ beschäftigen und zum Ziel haben, neue und bestehende Gebäude hinsichtlich nutzbarer Materialien zu Kartographieren. Im Fall eines Abbruchs oder Umbaus kann damit der Anteil nicht verwertbarer Materialien deutlich gesenkt werden. (Außerdem entstehen  zahlreiche neue Möglichkeiten der Immobilienbewertung.)

Um den Weg hin zu einer Kreislaufwirtschaft zu ebnen, fordern wir als Junge Liberale Niedersachsen, bei der Planung und Umsetzung von öffentlichen Bauvorhaben verstärkt auf Nachhaltigkeitsaspekte zu achten.

Die Erfahrungen an öffentlichen Bauvorhaben sollen hier als Vorbild vorangehen. Im Zusammenhang mit der Kreislaufwirtschaft steht dabei im Vordergrund, bereits in der Planung den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks zu berücksichtigen, um spätere Anpassungen oder Nachrüstungen so einfach wie möglich zu gestalten. Wir fordern den verstärkten Einsatz von modernen, recycelbaren Materialien bei der Vergabe öffentlicher Bauvorhaben, um das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit zu verstärken und Zertifizierungen (Blauer-Engel-Siegel, etc.) zu etablieren. Erste Bauvorhaben, wie das ‘The Cradle’ in Düsseldorf zeigen die Machbarkeit solcher Bauvorhaben.

Es ist nun an der Zeit, das Wissen zu festigen, um von den Vorteilen zu profitieren. Ziel sollte es sein, bis 2030 eine Quote recycelbarer Materialien von mindestens 50% zu erreichen. Die Etablierung einer Gebäudedatenbank öffentlicher Gebäude kann zusätzlich dazu beitragen, Kreisläufe zu schließen. Gebäude-Datenbanken dienen dazu, bestehende Gebäude als Rohstoffspeicher zu betrachten. Eine daran angelehnte Immobilienbewertung kann den Anteil recyclebarer Materialien in Marktbewertung  berücksichtigen. Erste Start-ups und Ausgründungen haben in diesem Segment bereits Fuß gefasst (z.B. Madaster, Epea).

Dabei sollte zunehmend auch auf die Entwicklung von Methoden zum Recycling von Kunststoffen gesetzt werden. Bereits heute ist in der Wiederaufbereitung mineralischer Stoffe, wie Betonabbruch und Bodenaushub, eine Quote von etwa 90% erreicht. Dies sollte zum Anreiz dienen, auch andere, nicht mineralische Materialien wieder aufzubereiten.

Wir Junge Liberale fordern daher, dass die öffentliche Hand Vorbildfunktion im Umgang mit Stoffkreisläufen beim Bau und der Modernisierung öffentlicher Gebäude übernehmen soll. Die Kreislaufwirtschaft biete das Potential, vollkommen neue Wertschöpfungsketten zu erschaffen – es bietet sich die Möglichkeit das Wissen und know-how durch Förderung der Forschung in Niedersachsen zu sammeln und in die Welt zu tragen, neue Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen.

Gegen das Meer aus Plastik

Auf dem Meeresgrund der Nordsee werden rund 600.000 Kubikmeter Abfälle vermutet. Dieser Müll, insbesondere herrenlose Fischernetze und Munition aus dem zweiten Weltkrieg stellen eine erhebliche Belastung für die Ökosysteme der beiden Meere dar. Möchten wir die Transformation zur klimaneutralen- und umweltverträglichen Gesellschaft schaffen, müssen wir die Verschmutzung der Gewässer angehen. Als Junge Liberale möchten wir mit Erfindergeist und effektiven Maßnahmen gegen die Verschmutzung von Gewässern kämpfen.

Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen:

  • Die Erprobung sogenannter „schwimmenden Barrieren“ zur Filtrierung des Plastikmülls aus dem Wasser. Stand Oktober 2021 konnte die Anlage “Jenny” der Organisation “The Ocean Cleanup” bereits über 9.000 Kilogramm Plastik aus dem pazifischen Müllstrudel fischen.
  • auch andere Pilotprojekte und Forschung zur Entfernung von Müll aus den Gewässern gilt es politisch zu unterstützen
  • Die Identifizierung besonders gefährlichen Abfalls und seine gezielte Entfernung
  • mehr Dialog mit der Schifffahrtsbranche über eine freiwillige Reduzierung von Müll und wie kooperiert werden kann, um fortlaufend Müll aus den Gewässern zu entfernen
  • eine europäische Strategie zur Bekämpfung der Verschmutzung der Meere. Die EU soll sich hierbei konkrete und ambitionierte Ziele setzen, die es zu erreichen gilt.
  • Hinweisschilder an Stränden (Hinweise auf ökologische und persönliche Konsequenzen), auch mehr Mülleimer an Stränden und in Nähe von Gewässern allgemein sind zu begrüßen

Liquid ist kein Tabak!

Die Jungen Liberalen fordern die Abschaffung des § 2 Absatz 1 Nummer 7 des Tabaksteuergesetz.

Eine Besteuerung von Nikotin kann man vertreten. Eine Besteuerung, die zum Beispiel bei der nikotinlosen Basisflüssigkeit in etwa 900% beträgt, ist strikt abzulehnen. Nach der aktuellen Regelung steigen die Kosten eines durchschnittlichen Dampfers auf mehrere hundert Euro pro Monat.

Die aktuelle Regelung wird in der Produktion und im Handel wie in Italien tausend Arbeitsplätze kosten und keine signifikanten Einnahmen generieren. Zudem wird die Anzahl der Raucher herkömmlicher Tabakwaren steigen.

Qualifikation statt Quote – Zweitstudienquote abschaffen!

Wer sich in Niedersachsen nach einem abgeschlossenen Hochschulstudium neu orientieren oder zusätzlich qualifizieren will, wird schnell mit der sogenannten Zweitstudienquote konfrontiert. Diese regelt, dass lediglich 3% der zulassungsbeschränkten Studienplätze an Zweitstudienbewerber vergeben werden.

Ziel dieser Quote ist es, einen Ausgleich zwischen zwei berechtigten Interessen zu schaffen: Einerseits ist eine zusätzliche Qualifikation der Zweitstudienbewerber vor dem Hintergrund des lebenslangen Lernens wünschenswert. Gleiches gilt auch für eine thematische Umorientierung, weil schwindendes Interesse an einem zuvor gewählten Themengebiet zu beruflicher Unzufriedenheit führt und der Selbstverwirklichung des betroffenen Individuums im Wege steht.

Andererseits haben Erstbewerber auf ein Studium die Chance verdient, überhaupt das erste Mal studieren zu dürfen. Auch volkswirtschaftlich kann argumentiert werden, dass eine höhere Verweildauer im Studium und eine daraus resultierende kürzere Teilnahme am Arbeitsmarkt nicht wünschenswert sind.

Aus diesen Gründen ist das Ziel des Interessenausgleichs grundsätzlich richtig. Allerdings ist eine starre Quote kein geeignetes Instrument, weil sie weder auf die Verteilung der Bewerber noch die Anzahl der Studienplätze Rücksicht nimmt. Im Zweifel führen solche Quoten nicht dazu, dass sich stets die leistungsstärksten Bewerberinnen und Bewerber durchsetzen, sondern verzerren die Bewertung zugunsten eines pauschalen Kriteriums.

Hochschulen sollen selbst Kriterien für die Aufnahme erstellen können. Hierbei muss den Studierenden ein Mitspracherecht eingeräumt werden. Durch den Wettbewerb der Hochschulen soll jedem Interessenten, egal ob für das Erst- oder Zweitstudium, ein gutes Angebot sichergestellt werden.“

Deswegen fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen eine ersatzlose Abschaffung der Zweitstudienquote.

Betroffenenrechte stärken – gesetzliche Informationspflicht bei Funkzellenabfragen auch praktisch umsetzen

Sofern auf Grund einer Straftat von im Einzelfall erheblicher Bedeutung (z.B. Mord und Totschlag, bestimmte Formen von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Bandendiebstahl) ermittelt wird und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht sowie die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre, können Strafermittlungsbehörden mit richterlicher Zustimmung gemäß § 100 g Abs. 3 StPO alle in einer Funkzelle angefallenen Verkehrsdaten zu Ermittlungszwecken abfragen. Die Größe von Funkzellen können hierbei – je nach technischer Ausstattung – zwischen Mikro-Funkzellen mit einem Bereich von wenigen Metern bis hin zu größeren mit mehreren Kilometern Reichweite variieren. Bei solchen Funkzellenabfragen übermitteln die Mobilfunkanbieter sodann die Verkehrs- und Bestandsdaten aller Mobiltelefone, die zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort mit der fraglichen Mobilfunkzelle verbunden waren, an die Staatsanwaltschaft. Die Daten umfassen unter anderem den Zeitpunkt und die Dauer von Anrufen, Informationen über die Mobilfunk- und Internetnutzung sowie die Rufnummer und damit mittelbar auch den Namen und die Anschrift des Mobilfunkteilnehmers. Nach § 101 a Abs. 6 StPO besteht für den Staat grundsätzlich die Pflicht, die Betroffenen einer solchen Funkzellenabfrage im Nachhinein über die Abfrage in Kenntnis zu setzen, damit die Betroffenen über die Möglichkeit verfügen, nachträglich Rechtsschutz nach § 101a Abs. 6 Satz 2 StPO i.V.m. § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu ersuchen. Das Gesetz lässt allerdings zahlreiche Ausnahmen von der Benachrichtigungspflicht zu (vgl. § 101 Abs. 4 bis 6 StPO).

In der Praxis wird diese Ausnahme jedoch dermaßen extensiv ausgelegt, dass sie mittlerweile die Regel geworden ist. Eine Information findet bislang fast nie statt. Die genauen Gründe für eine Unterlassung der Benachrichtigung werden seitens der Staatsanwaltschaften fast nie aktenkundig gemacht.

Wir Jungen Liberalen Niedersachsen kritisieren diese Praxis der Ermittlungsbehörden und fordern die Stärkung der Bürgerrechte, indem die Betroffenen konsequent über solche Funkzellenabfragen informiert werden. Für die Umsetzung dieser Informationspflicht des Staates schlagen wir vor, die Betroffenen im Nachhinein mit einer SMS über die Funkzellenabfrage zu benachrichtigen, sofern die Betroffenen entsprechend des Verfahrens in Berlin ihre Nummer bei einer staatlichen Stelle eingetragen haben. Andernfalls bleibt die Regelung des § 101 Abs. 4-6 StPO bestehen Die SMS soll den Bürger informieren, in welchem Umfang er von der Funkzellenabfrage betroffen ist (Ort und Zeit), Angaben zur zuständigen Strafermittlungsbehörde enthalten und auf eine Internetseite für weitere Informationen verweisen, die die technischen und rechtlichen Grundlagen einer Funkzellenabfrage sowie die Betroffenenrechte und Wege zu deren Geltendmachung ausführt. Die Umsetzung der staatlichen Informationspflicht über SMS kann technisch einfach und automatisiert umgesetzt werden. Außerdem müssen dazu keine weiterführenden personenbezogenen Daten außer der Rufnummer verarbeitet werden. Die Mobilfunkanbieter sollen technisch sicherstellen, dass bei der Weitergabe einer Rufnummer der Nachbesitzer keine solche Information erhält, die sich auf den Vorbesitzer bezieht.

Wir Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, dass sich die niedersächsische Landesregierung im Bund für das Verfahren einsetzt, sodass Bund und Länder gemeinsam eine länderübergreifende Regelung treffen. Hierfür fordern wir, dass in Niedersachsen eine vollständige und unabhängige Evaluation mit dem Abwägen aller Vor- und Nachteile entsprechender Benachrichtigungsmethoden erfolgt; hierbei ließe sich beispielsweise auf dem Bericht des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein aufbauen, welcher für den Schleswig-Holsteinischen Landtag bereits 2017 die „Möglichkeiten für verbesserte Transparenz bei Funkzellenabfragen“ untersuchte (Umdruck 18/7553).

Klasse statt Masse – die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Als JuLis stehen wir für einen schlanken, wehrhaften öffentlich-rechtlichen Rundfunk anstelle eines von der Allgemeinheit finanzierten Rentner-Unterhaltungsprogrammes. Wir stehen als liberale Jugendorganisation für die jüngeren Generationen ein, die sich zunehmend von den Angeboten des ÖRR nicht umfasst sehen. Wir sehen den Reformbedarf der in die Jahre gekommenen Strukturen des Rundfunks und machen konstruktiv Vorschläge, um diese zu verbessern. Dennoch werden diese konstruktiven Vorschläge häufig undifferenziert als das „Anlegen der Axt an einem Bollwerk der Demokratie“ aufgefasst. Dieser Annahme widersprechen wir ausdrücklich. Während die Gewährleistung einer funktionsgerechten Finanzierung des Rundfunks durch die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GG verfassungsrechtlich garantiert wird, steht es dem Gesetzgeber offen, wie er den Rahmen, die Strukturen und den Auftrag des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks novelliert. Hier sind insbesondere die Bundesländer gefragt, durch Staatsverträge diese Aufgabe zu übernehmen und dadurch für Entlastung zu sorgen. Ein möglicher Reformprozess im ÖRR kann dabei nicht nur finanzielle Entlastung jeder und jedes Einzelnen in durch Inflation und steigende Lebenserhaltungskosten bestimmten Zeiten zur Folge haben, sondern durch größere Transparenz und einen klareren Auftrag auch vertrauensstiftend und demokratiefördernd wirken.

Mit diesem Antrag möchten wir neue Denkanstöße setzen und schlagen daher folgende konkrete Maßnahmen vor:

  • Kostenkontrolle: Der ÖRR Deutschlands ist mit 8,4 Mrd. EUR im Jahr 2021 der teuerste Rundfunk der Welt. Während die britische BBC rund 3,8 Mrd. EUR und die französischen france tv und radiofrance kumulativ mit ca. 3,7 Mrd. EUR jährlich zu Buche schlagen, kosten ARD, ZDF und Deutschlandradio mehr als seine britischen und französischen Pendants zusammen. Geboten ist daher eine Überprüfung der Ausgaben des Rundfunks und mehr Kontrolle über sie. Als Lehre aus der Causa Schlesinger ist insbesondere die Stellung der Verwaltungsräte der Landesrundfunkanstalten hervorzuheben, die die wirtschaftliche Betätigung der Rundfunkanstalten kontrollieren sollten. In der Praxis mangelt es den Organen jedoch oft an fachlichem Know-how. Die Verwaltungsräte sollten hierfür zukünftig mit unabhängigen Wirtschaftsprüfern, Finanzexpertinnen o.ä. besetzt werden, die professionell die Ausgaben beaufsichtigen. Auch sollten die Gehälter der Führungskräfte der Rundfunkanstalten zum einen angeglichen werden, beispielsweise an die Besoldung des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten, zum anderen aber auch gekoppelt werden an wirtschaftlichen (Miss-)Erfolg.
  • Mehrfachstrukturen verhindern: Perspektivisch sollte über eine Fusion der Verwaltungen von ARD, ZDF und Deutschlandfunk nachgedacht werden. Wenngleich die Trennung insbesondere von ARD und ZDF auf Programmebene als Ausdruck eines pluralistischen Rundfunks mit guten Argumenten vertretbar ist, so lässt sich eine Trennung der Verwaltungsstrukturen aus ökonomischen wie auch ökologischen Gründen schwer verstehen. Hier würde eine Zusammenlegung ressourcenschonend wirken. Zur Verschlankung des Apparats könnte daneben auch etwa die Anzahl der Landesrundfunkanstalten gesenkt werden. Das bisherige Modell mit neun verschiedenen Landesrundfunkanstalten könnte hier durch ein System mit vier Anstalten, aufgeteilt in Norden, Süden, Westen und Osten abgelöst werden. Dies reduziert ebenfalls Mehrfachstrukturen und senkt die Zahl benötigter Intendantinnen und Verwaltungsräte.
  • Klarer Auftrag: Der aktuelle Medienstaatsvertrag sieht in § 11 RStV vor, dass die Angebote der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen haben. Wir setzen uns dafür ein, den Fokus des ÖRR künftig verstärkt auf Bildung und Information zu legen und die „Beratung“, Kultur und Unterhaltung zurückzufahren. Auch Dokumentationen können unterhaltsam sein und erfüllen zeitgleich den Bildungsauftrag. Im digitalen Zeitalter sollte zudem ein verstärkter Fokus auf On-Demand-Lösungen und Internetpräsenz liegen.
  • Programmdiät: Die aktuelle Zahl der öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme umfasst 21 Fernsehsender und 83 Radiosender, sowie das Content Netwerk Funk Mediengruppe. Rein an der Vielzahl der Radiosender gemessen lassen sich bereits Argumente für eine Verschlankung des Programms in Zeiten von Digitalradio und überregionalem Empfang finden. Ähnliches gilt für die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender. Mehr als die Hälfte der Sendezeit der öffentlichen Fernsehsender ist auf Unterhaltung ausgerichtet. Vor allem Sport- und Filmlizenzen, wie etwa die der Fußball-WM in Katar für alleine 214 Mio. EUR, nehmen einen Großteil des Budgets ein. Hierdurch entsteht unweigerlich eine Konkurrenzsituation zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern. Dies soll zukünftig in Hinblick auf den klarer formulierten Auftrag des ÖRR vermieden werden. Spartensender wie ARD One oder ZDFneo sollten in die Privatwirtschaft überführt und nicht ersetzt werden.
  • Alternative Finanzierungsformen: Die pauschale Erhebung der Rundfunkbeiträge i.H.v. aktuell 18,36 EUR erscheint in Zeiten flexibler Abo-Dienste sowohl preislich als auch strukturell aus der Zeit gefallen. In Frankreich entschied sich Emmanuel Macron für einen umstrittenen Weg der Abschaffung der Rundfunkbeiträge zugunsten einer Finanzierung aus allgemeinen Steuermitteln. Um die Unabhängigkeit des ÖRR von direkter oder indirekter Einflussnahme von Seiten des Staates oder privatwirtschaftlichen Unternehmen zu wahren, lehnen wir ein solches Finanzierungsmodell genauso ab wie die verstärkte Generierung von Einnahmen durch mehr Werbung. Ein anderer Vorschlag könnte hier etwa das „skandinavische“ Modell sein, bei dem sich die Höhe des Beitrags proportional zum Einkommen ergibt. Zusätzlich hierzu wäre auch ein Abo-System sinnvoll, bei dem neben einem günstigen Basismodul erwünschte Zusatzmodule gegen Aufpreis enthalten wären.