Strong, Healthy and Full of Energy – Power für eine moderne Schule

Die Lebenswelt Schule ist ein maßgeblicher Faktor für Kinder und Jugendliche, um gesund aufzuwachsen. Es wird davon ausgegangen, dass ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Lebensbedingungen, der Gesundheit und dem Bildungserfolg besteht. Allerdings gibt es an deutschen Schulen noch dringenden Nachholbedarf.

Der internationale Blick zeigt: School Nurses wirken. Auch erste Modellprojekte in Deutschland zeigen große Erfolge und positive Entwicklungen. Wir Junge Liberale Niedersachsen fordern deshalb die Einführung einer Ausbildung zur Schulgesundheitskraft und den Einsatz dieser an jeder deutschen Schule. Eine geregelte Finanzierungsgrundlage gibt es in Deutschland bisher nicht. Eine Mischfinanzierung aus verschiedenen Sozialleistungsträgern und dem Bildungsträger wäre denkbar.

Die Aufgaben einer Schulgesundheitskraft wären dabei:

  • Erste Hilfe im Notfall
  • Hilfe bei akuten Erkrankungen und Betreuung bis Schulschluss bzw. Abholung
  • Förderung der Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung
  • pflegerische Unterstützung von chronisch kranken oder behinderten Kindern und Jugendlichen
  • regelmäßige Untersuchungen zur Feststellung und Kontrolle des gesundheitlichen Zustands der Kinder und Jugendlichen
  • Beratungs- und Informationsgespräche sowie Schulungen für Kinder und Jugendliche, Eltern, Lehrer/innen sowie Durchführung präventiver Maßnahmen (wie z.B. Impfprogramme)
  • Unterricht zu Gesundheitsthemen (wie Alkoholkonsum und Rauchen, Sexualität, HIV/AIDS-Prävention, Unfallvermeidung, Ernährung, Bewegung oder auch zu speziellen Erkrankungen)
  • Überwachung von kindgerechten und gesunden Mahlzeiten in der Schule
  • Mitwirkung bei der Gestaltung des Schulhofs und der Gestaltung einer gesunden schulischen Umgebung wie z.B. der Sicherheit auf dem Schulweg, der Unfallvermeidung und bei Maßnahmen gegen Lärm- und Umweltverschmutzung
  • Identifizierung, Unterstützung und Beratung von Schüler/innen, deren Gesundheit gefährdet ist, z.B. Kinder mit Erfahrungen von Missbrauch oder häuslicher Vernachlässigung oder Kinder, die ihre Eltern pflegen und/oder psychisch kranke Eltern haben
  • Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung und bei Bedarf auch Information der Klasse zu den Erkrankungen von Mitschüler/innen
  • Wissensvermittlung zu speziellen Gesundheitsthemen an Schüler/innen und Anleitung zur Umsetzung

Sex sells

Sexuelle Aufklärung findet in jüngeren Generationen vermehrt durch eigene, nicht-kommunikative Aneignung von Inhalten aus dem Internet statt. Die Auseinandersetzung mit sexuellen Inhalten ist dabei nicht immer freiwillig, sondern wird durch Werbung oder Videos in Gruppenchats extern vorgegeben. Zielführend im Umgang mit diesen leicht zugänglichen sexuellen Inhalten ist eine hohe Medienkompetenz und ein früher, jeweils altersgerechter aufgeklärter Umgang mit Sexualität. Netzsperren oder staatliche Pornofilter lehnen wir als ineffizientes Instrument ab.

Vorschulzeit

Die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern soll um sexualpädagogische Inhalte ergänzt werden. Hierbei kann es vor allem darum gehen, wie auf die natürlichen Entdeckungsphasen der Kinder altersgerecht eingegangen werden kann oder für Missbrauchsanzeichen zu sensibilisieren.

Schulen

Der Sexualkundeunterricht beschränkt sich derzeit auf die Aufklärung über Fortpflanzung, Verhütung und teilweise noch Geschlechtskrankheiten. Dieses beschränkte Verständnis von Sexualität wird dem Bild, was Jugendliche medial von Sexualität vermittelt bekommen, nicht gerecht. Inhaltlich soll der Unterricht insofern um die Auseinandersetzung mit verschiedenen sexuellen Identitäten und Orientierungen, consensual education, Aufklärung über die Pornografiebranche und Medienkompetenzen ergänzt werden. Anlässlich der Petition „Schluss mit dem Jungfernhäutchen Mythos“ soll die BZgA ihre Materialien anhand zeitgemäßer wissenschaftlicher Standards formulieren und gestalten.

Durch den Anstieg der Verbreitung von Abbildungen sexuellen Missbrauchs an Kindern durch Jugendliche im Netz sollen Kooperationen mit der Polizei am Vorbild der Schweiz angestrebt werden, bei denen im Rahmen einer Schulstunde die Gefahren der Weiterleitung von Bildern und Videos im Internet und die damit einhergehende Strafbarkeit thematisiert werden.

Wissenschaft

Jugendliche können ungehindert auf pornografische Inhalte im Internet zugreifen. Im Alter von 13 Jahren haben 50% der Jungen und 15% der Mädchen einen Pornofilm gesehen, in einem Alter von 16 sind es 89% und 63%. Die Sexualforschung hat festgestellt, dass eigene sexuelle Grenzen dabei durchaus wahrgenommen werden und die Realität von der Fiktion unterschieden werden kann. Dennoch werden die aktuellen Entwicklungen weitestgehend als problematisch wahrgenommen, zumal lediglich Korrelationen statt Kausalitäten festgestellt und Statistiken durch die Illegalität der Zurverfügungstellung von Pornografie auch nur über Selbstbefragungen aufgestellt werden können. Da angenommen wird, dass ein zu hoher Pornografiekonsum wesentlichen Einfluss für den Verzicht auf zwischenmenschliche Beziehungen oder auch Suchtverhalten haben kann, sind Forschungsvorhaben mit diesen Inhalten zu fördern. Indessen muss auch eine derzeit nicht stattfindende Forschung zu positiven Effekten, wie beispielsweise einer höheren sexuellen Aufklärung und Toleranz, stattfinden.

Pornografie

Die Mainstream-Pornografie verbreitet sexuelle Inhalte, die den Inhalten der gesellschaftlichen sexuellen Aufklärung zuwiderlaufen. Safer Sex, Kommunikation und Konsens, die Darstellung von unterschiedlichen Körperbildern finden nicht statt. Das kann gerade in einer sexuellen Entdeckungsphase für große Unsicherheiten sorgen und unrealistische Vergleichsfaktoren schaffen. Gleichzeitig gibt es in der Pornografiebranche Initiativen zur Produktion von ethischer Pornografie, die diese wesentlichen Elemente der sexuellen Aufklärung in die Darstellung einbindet. Für diese Produktionen soll ein einmaliges Filmförderprogramm beim Deutschen Filminstitut oder der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgelegt werden. Voraussetzung für die Förderung ist, dass die Produktionen zusätzlich zu den genannten Werten eine sexualpädagogische Zielsetzung verfolgen und auch in sexualpädagogischer Betreuung hergestellt werden. Diese pornografischen Inhalte sollen ab 14 Jahren straffrei zugänglich gemacht werden dürfen. Selbiges gilt für ähnliche, privat finanzierte Projekte sofern die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, ergänzt um eine sexualpädagogische Expertise, diese Inhalte ab 14 Jahren freigegeben hat. Die Entscheidung ist begründungspflichtig und öffentlich einsehbar. In der Bundesprüfstelle soll keine religiöse Interessenvertretung mehr sitzen. Diese strafrechtliche Liberalisierung soll auch in die Forschung über jugendliche Sexualität und pornografische Medien einfließen.

Flexicurity – Arbeit neu denken

Flexibilität und Wahlfreiheit stellen einen Gewinn für denjenigen dar, der diese ausüben kann. Dies gilt insbesondere für die Koordination von Arbeit, da diese den Alltag prägt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern soll ermöglicht werden, ihre Erwerbstätigkeit um ihr Leben, nicht ihr Leben um die Erwerbstätigkeit herum zu planen. Arbeitgebern wollen wir die Option geben, rasch auf sich ändernde Rahmenbedingungen zu reagieren. Doch die Flexibilität des einen muss immer mit der Sicherheit für den anderen einhergehen, um zu einem Mehrwert für alle Beteiligten zu gelangen. Zu diesem Flexicurity-Ansatz haben wir Junge Liberale Niedersachsen uns bereits bekannt. Diesem Ansatz wollen wir Leben einhauchen.

Als Kern der Flexibilität für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstehen wir Junge Liberale Niedersachsen Gleitzeitautonomie, also die Aufhebung der arbeitszeitlichen Weisungsbefugnis des Arbeitgebers. Hierauf sollen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die grundsätzlich arbeitszeitunabhängig arbeiten können, einen Rechtsanspruch erhalten. Ein entsprechender Antrag kann vom Arbeitgeber nur abgelehnt werden, wenn er einen sachlichen Grund nachweisen kann. Die Beweislast hierfür liegt bei ihm. Der Rechtsanspruch ist bei einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag nicht durchsetzbar. Nach Ablauf einer zweijährigen Frist entfällt die Einwendung, sodass den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine zweite Chance gewährt wird. Dies sichert die Interessen des Arbeitgebers. Um zu starke einseitige Belastungen infolge von Mehr- oder Minderarbeit zu vermeiden und damit die Unabhängigkeit aller zu gewährleisten, ist grundsätzlich ein Zeitkonto zu führen, auf das Abweichungen von der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit eingezahlt werden. Das Stundensaldo dieses Kontos darf sowohl im negativen wie im positiven Bereich das Fünffache der regelmäßigen Wochenarbeitszeit nicht überschreiten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steht ein Rückkehrrecht aus der Gleitzeitautonomie zu.

Um wirkliche Flexibilität zu gewährleisten, sollen die Einschränkungen durch das Arbeitszeitgesetz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Gleitzeitautonomie gelockert werden. Sie sollen ihre tägliche Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden verlängern dürfen, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten im Durchschnitt acht Stunden nicht überschritten werden.

Außerdem können sie ihre Ruhezeit eigenverantwortlich auf bis zu neun Stunden absenken. Diese Änderung ermöglicht insbesondere Menschen, die durch ihre fa-miliären oder sozialen Verpflichtungen (Erziehung, Pflege eines Angehörigen, etc.) in der Planung ihres Tagesablaufs eingeschränkt sind, eine Vollzeittätigkeit wahrzunehmen. Höchstens einmal innerhalb von 14 Tagen darf die Ruhezeit weiter so gekürzt werden, dass zwei aufeinanderfolgende Ruhezeiten im Durchschnitt neun Stunden nicht unterschreiten.

Gemäß Europäischem Gerichtshof sind alle Arbeitszeiten zu erfassen. Hierfür fordern wir die Pflicht zu einer testatfähigen Dokumentation. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung liegt dabei weiterhin beim Arbeitgeber, der diese aber an die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer delegieren darf. In diesem Fall ist die EU-DSGVO so zu beachten, dass der Arbeitgeber nur im Rahmen berechtigter Interessen Einblick in die erfassten Arbeitszeiten nimmt.

Über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Überstunden sind dabei stets zu vergüten oder durch Freizeit auszugleichen. Auch eine Zwischenlagerung auf einem Zeitkonto ist möglich. Angeordnete Überstunden sind weiterhin mit einem Aufschlag von wenigstens 25% zu versehen. Dieser kann bis zu einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit inklusive Überstunden von 48 Stunden pauschal abgegolten werden. Darüber hinausgehende Überstunden müssen entsprechend beaufschlagt werden.

Parallel dazu sollen Arbeitgeber auch in die Lage versetzt werden, vereinbarte Arbeitszeit nach hinten schieben zu können, indem zunächst ein Freizeitausgleich für spätere Überstunden erfolgt. Für das Volumen des Freizeitausgleichs sind die Rahmenbedingungen des Zeitkontos zu berücksichtigen, um zu starke einseitige Belastungen zu vermeiden.

Nicht nur zeitlich, sondern auch örtlich besteht Bedarf nach flexibler Arbeitsgestaltung. Für 60% der Arbeitstage soll Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern daher ein Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten gewährt werden, wenn die Anforderungen der konkreten Arbeitsstelle ortsunabhängig gleichermaßen erfüllt werden können. Die Wahl, an welchen Wochentage mobil gearbeitet wird, erfolgt im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber.

Für Eltern mit Kindern gilt bis zum Beginn des dritten Lebensjahres die Möglichkeit 100% der Arbeitstage in mobiler Arbeit zu verbringen, außer es wird ein angemessenes Eltern-Kind-Büro zur Verfügung gestellt.

Für die Einrichtung von Eltern-Kind-Büros soll eine Kürzung des zu versteuernden Gewinns in Höhe des damit verbundenen Aufwands nach §9 GewStG  erfolgen.

Ein entsprechender Antrag kann vom Arbeitgeber nur abgelehnt werden, wenn er einen sachlichen Grund nachweisen kann. Die Beweislast hierfür liegt bei ihm. Der Rechtsanspruch ist bei einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag nicht durchsetzbar. Für Eltern ist eine vorsätzliche Pflichtverletzung erforderlich. Nach Ablauf einer zweijährigen Frist entfällt die Einwendung, sodass den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine zweite Chance gewährt wird.

Um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden und allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Arbeitsstelle mobiles Arbeiten zulässt, die Wahrnehmung zu ermöglichen, sollen arbeitsrechtliche Hürden bezüglich der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes für selbständig aufgesuchte Arbeitsorte außerhalb von Gebäuden des Arbeitgebers abgeschafft werden. Ob im eigenen Haushalt, im Zug oder am Strand – mobile Arbeit soll überall möglich sein.

Wohneigentum fördern – ein Freibetrag für das Eigenheim

Die Jungen Liberalen unterstützen den Kauf eines Eigenheimes. Dafür wollen wir einen Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro einführen. In einer zweiten Tarifzone von 500.001 bis 1.000.000 Euro soll fortan ein erhöhter Grenzsteuersatz von 7% gelten, der dazu dient, den Freibetrag für hohe Erwerbssummen abzuschmelzen. Ab 1.000.001 EUR soll der alte Grenzsteuersatz von 3,5 % gelten. Der Freibetrag soll für den Erwerb durch natürliche Personen gelten.

Bei der Bebauung eines bisher unbebauten Grundstücks fallen auf die bereits umsatzsteuerbelasteten Baukosten noch Grunderwerbssteuern an. Diese Doppelbesteuerung wollen wir abschaffen.

Share Deals, also die gezielte Gestaltung einer Grundstücksübereignung durch die Veräußerung von Geschäftsanteilen, müssen verhindert werden, sofern sie überwiegend zur Umgehung der Grunderwerbsteuer dienen.

Männer sind keine Patientinnen!

Inwiefern die Geschlechter einer unterschiedlichen medizinischen Versorgung bedürfen, ist wenig untersucht. Gleichzeitig wird vermutet, dass das Geschlecht ebenso wie das Alter auf den Verlauf und die Behandlung von Krankheiten einen Einfluss hat. Bekannt sind Unterschiede beispielsweise beim Herzinfarkt und bei der Osteoporose. Beide Krankheiten werden häufig nur mit einem Geschlecht assoziiert und zeigen andere Symptome beim unterrepräsentierten Geschlecht, was eine spätere Diagnose und unspezifischere Behandlung zur Folge hat. Ziel ist es auf lange Sicht durch eine personalisierte Medizin die bestmögliche Gesundheitsversorgung für das Individuum zu bieten.

Forschung und Lehre

Der Fokus zur Verbesserung der geschlechtsspezifischen medizinischen Versorgung liegt in der Erforschung weiterer Unterschiede. Bisher ist die Charité in Berlin das einzige Uniklinikum in Deutschland, was die geschlechtsspezifischen medizinischen Bedürfnisse erforscht und lehrt. Die Eröffnung weiterer Institute für Geschlechterforschung in der Medizin soll an anderen Universitätskliniken gefördert werden. Nur auf dieser Grundlage können wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden, die im Anschluss in die Lehre zu tragen sind. Unterstützend dazu sind medizinische Forschungsinstitute mit sozialwissenschaftlichen Instituten der Geschlechterforschung zu vernetzen.

Am kanadischen Vorbild sind bei medizinischen Forschungsprojekten zu einzelnen Krankheiten die Datensätze auch auf geschlechtsspezifische Unterschiede zu untersuchen. Da das ohnehin erhobene Daten betrifft, entsteht weder ein relevanter Mehraufwand noch eine zusätzliche Erhebung von Daten. Sollte ein Forschungsprojekt von vornherein nur ein Geschlecht untersuchen, ist diese Auswahl zumindest zu begründen.

Zulassung von Medikamenten

Der Prototyp von Testpersonen bei Zulassungsstudien von Medikamenten ist jung und männlich. Dadurch sind die Verträglichkeit, die Dosis und die Nebenwirkungen bei Frauen und älteren Menschen nicht sicher geklärt. Allerdings würde eine Einbeziehung dieser Personengruppen erhebliche Mehrkosten und ein größeres Gesundheitsrisiko bedeuten. Daher ist an der bisherigen Praxis auf der ersten und zweiten Stufe festzuhalten. Auf der dritten Stufe soll jedenfalls in den Bereichen, in denen geschlechtsspezifische Unterschiede bereits nachgewiesen sind, eine breitere Testung erforderlich sein. Auch sind Patientinnen und Patienten zu sensibilisieren, dass eine geringere Dosierung als in der Packungsbeilage angegeben empfehlenswert sein kann. Zusätzlich sollen das Bundesgesundheitsministerium und das Paul-Ehrlich Institut eine App zur Verfügung stellen über die Patientinnen und Patienten unter Nennung ihres Alters, Geschlechts, der Einnahme anderer Medikamente und Vorerkrankungen Nebenwirkungen angeben können. Um vor Missbräuchen zu schützen, können nur Menschen Angaben machen, die das Medikament tatsächlich verschrieben bekommen und sich durch einen QR-Code auf dem Rezept entsprechend identifiziert haben. Das soll zunächst bei häufig verschriebenen (rezeptpflichtigen) Medikamenten und bei allen neu eingeführten rezeptpflichtigen Medikamenten ausgetestet werden. Die Datensammlung dient nicht als repräsentative Studie, sondern soll bei Auffälligkeiten zur Unterstützung der medizinischen Forschung führen.

Psychische Erkrankungen

Die Diagnose von psychischen Erkrankungen und Störungen wird teilweise durch Geschlechterstereotype beeinträchtigt. So erfolgt die Diagnose von Autismus als Entwicklungsstörung oder ADHS als Verhaltensstörung bei Frauen erheblich später als bei Männern. Andere Fälle finden sich im Bereich der narzisstischen Persönlichkeitsstörung und bipolaren Störung. Erstere wird eher bei Männern, letztere eher bei Frauen diagnostiziert, obwohl sich die Symptome nicht wesentlich unterscheiden. Selbiges gilt für Burn-Outs und Depressionen. Die Verzögerung oder falsche Diagnosen können bei den Betroffenen zu Folgeerkrankungen und (weiteren) Depressionen führen. Es ist in der psychologischen Praxis und Ausbildung daher für den Einfluss von Geschlechterstereotypen zu sensibilisieren. Unterstützend kann für die Entscheidungsfindung mit Algorithmen oder Entscheidungsbäumen gearbeitet werden, die Symptome geschlechtsneutral auswerten. Durch die sensiblen Daten muss es sich dabei um ein datensicheres Angebot der öffentlichen Hand handeln.

Weiterhin fällt es vor allem Männern schwer, psychologische Hilfe anzunehmen. Hierfür gilt es gesellschaftliche Rollenbilder zu überkommen und mit einem liberal-feministischen Leitbild Akzeptanz zu schaffen. Geht es um psychologische Hilfe für ungewollt kinderlose Personen, fällt darüber hinaus auf, dass die Beratungsangebote auf Frauen zugeschnitten sind. Das Hilfsangebot ist auf Angebote für Männer zu erweitern.

Fortschritt für den ÖPNV – Volle Fahrt voraus!

Die Jungen Liberalen setzen sich dafür ein, das momentane ÖPNV-System zukunftsfähig zu machen. Wir wollen eine Reform der bestehenden personenbezogenen Subventionen, die Erhaltung der gebietsbedingten Förderungen und eine Umrüstung, um digitale Zahlungsmöglichkeiten flächendeckend zu ermöglichen.

Wir fordern eine Unterstützung über sogenannte 1€-Tickets für Rentner, Freiwilligendienstler, Ehrenämtler, in Ausbildung befindliche und Geringverdiener.

Zudem fordern wir, dass Schüler der Unter-, Mittel- & Oberstufe, Studenten und Freiwilligendienstler kostenlos Bus und Bahn fahren dürfen.

Alles sollte in der vom regionalen Verkehrsverbund ausgegebenen Region eines jeweiligen Ländertickets erfolgen.

Die Kosten für die personenbezogenen Subventionen sollten vom Land getragen werden, außer wenn eine andere Stelle bestehende Subventionen bereits leistet. Angehörige der Bundeswehr sollten durch den Bund gefördert werden. Bei der Subventionierung von Studenten sollten wie bislang die Studierendenschaften und -werke mitwirken. Für Schüler sollte wie bisher der Schulträger zuständig sein. Um Passagierströme zwischen Bundesländern auszugleichen, sollen die Länder untereinander entsprechende Ausgleichszahlungen leisten, um die Universalität eines 1-Euro-Tarifs zu gewährleisten.

Im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ist der digitale Ausbau von Zahlungsmöglichkeiten wichtiger denn je. Auch die Unternehmen im Sektor des ÖPNV sollten nun vorangehen und die Möglichkeit der Kartenzahlung einer Fahrt durch NFC-Chip ermöglichen.
Daher fordern die Jungen Liberalen weiter noch die Subventionierung der ÖPNV-Anbieter beim Ankauf eines NFC-Fähigen Bezahlsystems, sowie die Bereitstellung eines länderübergreifenden Systems durch die Zusammenarbeit der Bundesländer. Das  “Ein- und Auschecken” im jeweiligen Tarif mit einem NFC-Chip sollte in Bussen und Bahnen möglich sein. Dieser sollte über eine von den Ländern finanzierte Smartphone-App laufen und den jeweiligen Tarif durch die Identifikationsnummer eines NFC-Chips mit einem Account verknüpfen. Der jeweilige Betrag sollte dann mit der auf der App ausgewählten Zahlungsmethode des Accounts abgebucht werden. Personen, die keinen Account erstellt haben, können über eine wiederaufladbare Prepaid-Karte zahlen. Diese gibt es in verschiedenen Varianten und bei einer Erstaufladung wird der zugehörige Tarif geprüft. Bei der Verwendung einer herkömmlichen Bankkarte mit NFC-Chip, an die kein Tarif gebunden ist, wird der Standard-Tarif abgebucht. Dieser kann bei Vorlage der Unterlagen an der Geschäftsstelle eines ÖPNV-Anbieters bis zu einem Monat rückerstattet werden. Die Kosten hierfür werden vom Land übernommen. Jeder Anbieter hat die Möglichkeit über ein extern gestelltes Portal Kundendaten einzutragen, zu editieren oder abzurufen, wenn es nötig ist.

Dennoch sollen aber im 1-Euro-Tarif weiterhin Papier-Tickets verfügbar sein, die man auch mit Bargeld erwerben kann. Diese Papier-Tickets sollen dann an einen Fahrausweis gebunden sein, der die Berechtigung zum Erwerb und der Verwendung ausweist. Der Geltungsbereich dieser Maßnahmen soll bundesweit gelten und grundsätzlich allen Deutschen, EU-Bürgern und Menschen mit dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland entsprechend offen stehen, wenn die obigen Voraussetzungen erfüllt werden.

Ein weiterer Schritt zur besten Bildung: Kooperationen zwischen Bibliotheken und Grundschulen

Grundschulen sollten in Form von Kooperationen mit den vor Ort bestehenden Bibliotheken zusammenarbeiten, um Kindern den Zugang zur außerschulischen Bildung zu erleichtern.

Wir fordern, dass jedes Grundschulkind einen kostenlosen Bibliotheksausweis bekommt und die Klassen eine Bibliotheksbegehung durchführen, um den Kindern diesen Ort zu zeigen und ihnen somit die erste Hürde zu nehmen, überhaupt jemals in die Bibliothek zu gehen oder sich dort vor Ort alleine orientieren zu müssen.

Des weiteren könnten die Kooperationen ausgebaut werden, indem Schulklassen interne Lesewettbewerbe ausrichten und so die Kinder motivieren, ihre Lesefähigkeit zu verbessern und sich generell mehr mit Büchern auseinander zu setzen. Diese Bücher könnten dann von der Bibliothek gestellt werden beziehungsweise deren Räumlichkeiten von den Kindern genutzt werden, um ungestört zu lesen.

Legalize it – Eine liberale Drogenpolitik

Die bisherige Drogenpolitik ist gescheitert. Der Versuch, den Handel und Konsum von Drogen zu verbieten, kostet die Menschheit jährlich tausende Tote. Anstatt der Kriminalisierung der Selbstbestimmung über den eigenen Körper fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen daher:

  • Die Legalisierung des Konsums ausnahmslos aller Drogen für Volljährige
  • Die Legalisierung des Verkaufs von Drogen von staatlich lizensierten Unternehmen
  • Die Legalisierung des lizenfreien Anbaus von Cannabis für den Eigenbedarf lizensierten Unternehmen

Your Body, Your Choice

Für uns ist klar: Selbstbestimmung ist uns in allen Belangen wichtig. Dazu gehört auch der eigenverantwortliche Konsum von Drogen, die über Alkohol, Tabak und Cannabis hinausgehen. Zwar überwiegt der Schaden des Drogenkonsums meistens seinen Nutzen, dennoch ist die Kriminalisierung einer individuellen Entscheidung über den eigenen Körper, die keinem weiteren Individuum schadet, falsch. Daher sollen alle volljährigen Bürger, ohne strafrechtliche Verfolgung, Drogen konsumieren dürfen.

Keine Chance für den Schwarzmarkt

Der illegale Verkauf von Drogen auf dem Schwarzmarkt soll weiter verboten bleiben. Doch um gestreckte Drogen aus dem Verkehr zu ziehen und dem Konsumenten einen garantierten Safer Use zu ermöglichen, sollen Drogen auf Reinheit geprüft und von staatlich lizensierten Unternehmen und Einrichtungen verkauft werden dürfen. Damit der Schwarzmarkt vom lizensierten Markt verdrängt wird, soll keine zusätzliche „Erziehungssteuer“ auf verkaufte Produkte anfallen.

Kontrollierter Konsum

Es müssen Räume für kontrollierten Konsum geschaffen werden, in denen Drogen konsumiert werden können, ohne dass andere Mitbürgerinnen und -bürger gestört werden.

Prävention statt Prohibition

Eine Überlastung des Gesundheitssystems soll verhindert werden. Es muss Apotheken und ähnlichen Einrichtungen erlaubt sein, dem Konsumenten ein Drugchecking der Substanzen anzubieten. Um dem Missbrauch von Drogen in der Bevölkerung weiter vorzubeugen, sollen präventive Maßnahmen und Aufklärung über Drogenkonsum und Missbrauch in der Bevölkerung und insbesondere an Schulen ausgebaut werden. Hierzu sollen die zu erwartenden Einnahmen aus der Mehrwertsteuer 1:1 in Maßnahmen der Drogenprävention investiert werden. Illegaler Verkauf an Drogen Drogenhotspots sollen darüber hinaus verstärkt Streetworker und Beratungsstellen tätig werden, um die möglichen Schäden einer Legalisierung zu kompensieren. Illegaler Verkauf an Drogen von nicht lizensierten Händlern und die Abgabe an unter 18-Jährige muss dementsprechend strikt verfolgt werden.

Verkauf von Drogen

Drogen sollten nicht an Orten angeboten und verkauft werden, wo Minderjährige Zugang haben.

Härtere Drogen sollen nach einer vorheriger Beratung durch einen Fachkundigen in Apotheken erhältlich werden.

Perspektiven der Prostitution

Prostitution ist ein stark vorurteilsbehaftetes und gleichzeitig fest verankertes Gewerbe, das immer wieder Gegenstand von kontroversen politischen Debatten ist. Seit dem letzten Jahr werden Forderungen nach einem Sexkaufverbot in Form des „Nordischen Modells“ lauter, vordergründig um illegale Strukturen aufzubrechen.

Wir, Junge Liberale Niedersachsen, wissen indessen: Ein Sexkaufverbot trifft mit der freiwillig und offen ausgeübten Prostitution die Falschen. Diejenigen, die schwere Menschenrechtsverletzungen begehen und fördern, lassen sich schon heute nicht von strafbewährten Verboten abhalten. Wie auch in vielen anderen Bereichen gilt hier im Gegenteil: Je offener und transparenter ein Bereich ist, desto effektiver können illegale Bestrebungen von der legalen Ausübung abgegrenzt, aufgedeckt und bekämpft werden.

Um dem Komplex “Prostitution” ethisch gerecht zu werden und passgenaue Maßnahmen vorschlagen zu können, muss das Anbieten sexueller Dienstleistungen strikt in drei Bereiche getrennt werden: Die freiwillige Prostitution, die Armutsprostitution und die Zwangsprostitution.

1. Freiwillige Prostitution:

Das freiwillige Anbieten sexueller Dienstleitungen ist in einer weltoffenen, sexpositiven Gesellschaft zu enttabuisieren. Die seit 1927 in Deutschland legale und seit 2002 nicht mehr sittenwidrige freiwillige Prostitution ist durch eine Beibehaltung des Prostitutionsgesetzes (ProstG) aufrecht zu erhalten. Hingegen wurde mit dem 2017 in Kraft getretenen Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) die Tätigkeit unnötig verkompliziert.

a) Anmeldepflicht

Das wesentliche Instrument des Prostitutionsschutzgesetzes ist die Anmeldepflicht, ohne die keiner legalen Prostitution mehr nachgegangen werden kann. Sie wird durch die Angabe von vielen personenbezogenen Daten und zwei Lichtbildern als stigmatisierend wahrgenommen. Erschwerend kommt die nach zwei Jahren, bzw. nach einem Jahr für unter 21-Jährige, erforderliche Bestätigung hinzu, weiterhin als Prostituierte arbeiten zu wollen. So sind seit der Einführung nur 40.000 Prostituierte von schätzungsweise 400.000 bis 800.000 Prostituierten in Deutschland dieser Pflicht trotz Bußgeldbewährung nachgekommen.

Diese Anmeldepflicht soll auf das bereits jetzt verpflichtende, einmalige Informations- und Beratungsgespräch (§ 7 ProstSchG) reduziert werden, ohne dass personenbezogene Daten, Bilder oder Ausweisdokumente abgegeben werden müssen. Die städtischen, teilweise privaten Beratungsstellen dürfen diese Beratung mit den Inhalten aus § 7 ProstSchG ebenfalls anbieten. Die davon unabhängige Erlaubnispflicht für den Betrieb eines Prostitutionsgewerbes (§ 12ff. ProstSchG) bleibt bestehen.

b) Gesundheitliche Beratung

Die Pflicht zur jährlichen gesundheitlichen Beratung für über 21-Jährige, bzw. halbjährlich für unter 21-Jährige Prostituierte (§ 10 ProstSchG), soll in ein freiwilliges, kostenfreies Angebot umgewandelt werden. Die Beratung enthält „insbesondere Fragen der Krankheitsverhütung, der Empfängnisregelung, der Schwangerschaft und den Risiken über Drogen- und Alkoholmissbrauch“ – Informationen, die als Aufklärungsinhalte der allgemeinen Schulbildung, noch dazu für Menschen, die im sexuellen Dienstleistungsbereich arbeiten, bereits hinreichend bekannt sind und auch keinen regelmäßigen Änderungen unterliegen. Die Beratung wird von Prostituierten daher eher als verdeckte Kontrolle denn als Hilfestellung wahrgenommen. Im Übrigen bietet die Beratung in Prostitutionsstätten auf Verlangen der zuständigen Behörde nach § 24 Abs. 3 ProstSchG einen ausreichenden Kontrollmechanismus.

c) Betriebliche Mindestanforderungen

Die Mindestanforderungen für den Betrieb einer Prostitutionsstätte (§ 18 ProstSchG) wie ein eigenes Notrufsystem oder Pausenräume sind für kleine Zusammenschlüsse von Prostituierten nur schwer zu erfüllen und vor allem nicht passgenau. Das drängt viele in die unsichere Tätigkeit alleine oder in größere, weniger vertraute Verhältnisse. Die Anforderungen aus § 18 Abs. 2 Nr. 1, 2, 5, 6, 7 ProstSchG sind für Kleinstbetriebe in Wohnungen (zwei bis fünf Prostituierte) daher aufzuheben.

d) Strafrecht

Wer wiederholt in einem Sperrbezirk der Prostitution nachgeht macht sich gemäß § 184f StGB der „verbotenen Prostitution“ strafbar. Nach § 184g StGB macht sich der jugendgefährdenden Prostitution strafbar, wer in der Nähe einer Schule oder einem ähnlichen Ort oder einem Haus, in dem eine Person unter 18 Jahren wohnt, der Prostitution nachgeht. Beide Normen behandeln Konstellationen, die das Recht Einzelner auf sexuelle Selbstbestimmung nicht gefährden und bereits durch Sperrbezirksverordnungen und Ordnungswidrigkeiten ausreichend geahndet werden. Dazu trifft es nur die einzelne und damit unauffällige Tätigkeit, da jedes Angebot eines Betriebs ab zwei Personen einer behördlichen Erlaubnispflicht unterliegt. §§ 184f, 184g StGB sollen daher abgeschafft werden.

e) Beratungen

Anstelle den Behördenapparat durch Anmelde- und Informationspflichten auszubauen, sollen die städtischen Beratungszentren deutlich besser finanziert und personell wie räumlich besser ausgestattet werden. Sie sollen außerdem bei digitalen Beratungsangeboten verstärkt unterstützt werden.

f) Steuerrecht

Das sogenannte „Düsseldorfer Verfahren“ ist ein Besteuerungsverfahren, das sich an Prostituierte richtet. Das Düsseldorfer Verfahren ersetzt die ordnungsgemäße Versteuerung von Einnahmen durch eine regionalabhängige Tagespauschale. Prostituierte sollten bundesweit die Option haben freiwillig an diesen Verfahren teilzunehmen. Daher soll für dieses bereits jetzt praktizierte Verfahren eine bundeseinheitliche Rechtsgrundlage geschaffen werden. Beim Finanzamt ist es weiterhin möglich eine Anmeldung mit der Steueridentifikationsnummer vorzunehmen.

g) Erlaubnis

Teilweise wird die Erlaubnis für den Betrieb eines Bordells befristet. Diese Frist soll für die Dauer der Berufsverbote während der Corona-Pandemie gehemmt werden. Auch beim Erlöschen der Erlaubnis nach § 22 ProstSchG nach einem Jahr Ausübungspause soll der Zeitraum der Berufsverbote herausgerechnet werden.

2. Armutsprostitution

Die Entscheidung für einen bestimmten Beruf aus Armutsgründen ist auch in vielen anderen Branchen leider keine Seltenheit. Die empfundene Stigmatisierung durch die Anmeldepflicht trifft sie besonders hart.

a) Ausstiegshilfe

Die Betroffenen dürfen in keiner Weise verurteilt werden, sondern haben Anspruch auf besondere Schutz- und Umstiegsangebote. Die Ausstiegshilfe soll bei dem Ausbau der Beratungsstellen vermehrt in den Blick genommen werden. Auch wird eine Kooperation mit dem JobCenter und den Beratungsstellen angestrebt.

b) Übernachtungsverbot

Da es auf dem Wohnungsmarkt bei einer beruflichen Tätigkeit mit erotischen und sexuellen Dienstleistungen, vor allem bei geringem Einkommen, besonders schwierig ist, eine Wohnung zu bekommen, haben sich Parallelstrukturen gebildet, die Prostituierten überteuerte Unterkünfte anbieten. Um dem entgegenzuwirken ist das Übernachtungsverbot in Bordellen für Prostituierte bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze aufzuheben.

c) Zuhälterei

Die Ausbeutung oder die Überwachung einer Person, die der Prostitution nachgeht zum eigenen Vermögensvorteil ist in Deutschland nur strafbar, wenn die Beziehung zu der Person über den Einzelfall hinausgeht. Da auch schon die einzelne Ausbeutung und Überwachung einer Person, die der Prostitution nachgeht zum eigenen Vermögensvorteil eine erhebliche Grenzüberschreitung darstellt, fordern wir, die Strafbarkeit nach § 181a StGB auch auf Einzelfälle auszuweiten.

3. Zwangsprostitution

Die Zwangsprostitution geht häufig mit Menschenhandel einher. Zwangsprostituierte werden Opfer eines schweren Verbrechens, das ein hohes psychisches und physisches Leiden verursacht. Sie verdienen besonderen gemeinschaftlichen und staatlichen Schutz.

a) Strafrecht

Wer wissentlich eine Prostituierte ausnutzt, die Opfer einer Zwangsprostitution oder eines Menschenhandels ist, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft (§ 232a StGB). Wer sich strafbar macht, indem er gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen vornimmt, wird demgegenüber mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Diese Abwertung des Schutzbedarfs von Opfern der Zwangsprostitution oder des Menschenhandels ist nicht hinnehmbar. Die Freiheitsstrafe in § 232a StGB ist daher mindestens auf sechs Monate anzuheben. Es soll darüber hinaus ausreichen, dass die ausnutzende Person vorsätzlich hinsichtlich der Zwangsprostitution oder des Menschenhandels handelt. Eine besondere Kenntnis der Ausnutzungslage soll nicht mehr erforderlich sein (objektive Strafbarkeitsbedingung).

b) Beratungsstellen

In jeder Gemeinde mit über 100.000 Einwohner:innen soll ein runder Tisch nach dem Dortmunder Modell initiiert werden. Hier kommen Finanzämter, die Polizei, die Beratungsstellen, Bordelle und Prostituierte zusammen. Ziel des Gremiums ist es, die Situation von Menschen in der Prostitution nachhaltig zu verbessern, sie vor Ausbeutung zu schützen und deren rechtliche und soziale Situation zu verbessern – er kommt also allen drei, der hier unterschiedenen Formen der Prostitution zugute. Weiterhin sollen die Beratungsstellen am Vorbild der Dortmunder Mitternachtsmission inhaltlich breit aufgestellt sein, damit die Hürden für Opfer gesenkt werden sich an eine Beratungsstelle zu wenden. Das umfasst auch eine stärkere Bewerbung der Beratungsstellen auf unterschiedlichen Sprachen sowie geschulte Dolmetscherinnen und Dolmetscher. In den Beratungsstellen oder in Kooperation mit Flüchtlingsunterkünften sollen Sprachkurse vermehrt angeboten werden können.

c) Internationales

Wir setzen uns für eine:n Beauftragte:n der Europäischen Union in Menschenhandelsfragen ein, sodass mit Unterstützung eines behördlichen Unterbaus gegen Menschenhandel innerhalb der und in die Europäische Union strategisch vorgegangen werden kann. Auch soll der internationale Informationsfluss zwischen nationalen Sicherheitsbehörden hinsichtlich des Menschenhandels entschieden ausgebaut werden.

d) Aufenthaltsrecht

Opfer von Menschenhandel muss eine Bleibeperspektive gegeben werden, wenn sie sich Behörden anvertrauen sollen. Daher sollen Betroffene schon bei der Glaubhaftmachung eines Menschenhandels einen Anspruch auf eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4a

AufenthG haben. Die Entscheidung darf nicht mehr davon abhängig gemacht werden, ob die Person bereit ist als Zeug:in auszusagen und ob die Anwesenheit für das Strafverfahren erforderlich ist. Außerdem gehen mit dem Menschenhandel oft andere Straftaten sexueller Ausbeutung einher, die teilweise leichter zu belegen ist. Tritt neben die Vermutung eines Menschenhandels die Glaubhaftmachung eines Delikts gegen die sexuelle Selbstbestimmung, entsteht ebenfalls Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4a AufenthG. Selbiges gilt bei Ausbeutung bei illegaler Beschäftigung. Mit der Aufenthaltserlaubnis soll eine Arbeitserlaubnis einhergehen.

e) Lola App

Das Angebot der Lola App bietet eine hürdelose Möglichkeit für Sexworkerinnen und Sexworkern in verschiedenster Hinsicht und auf unterschiedlichen Sprachen zu informieren und beraten zu lassen. Es bietet daher auch das Potential, dass Opfer von Zwangsprostitution sich unbemerkt Hilfe suchen können. Das Angebot beschränkt sich derzeit auf NRW und soll daher bundesweit ausgeweitet werden. Weiterhin sollen die dort aufgeführten Beratungsstellen über diese App miteinander verbunden werden. Da Prostituierte häufig den Arbeitsort wechseln, können sie so entweder in Kontakt mit ihrer alten Beratungsstelle bleiben oder aber in der neuen Beratungsstelle an die alte Beratung anknüpfen. Um hohe Datenschutzstandards gewährleisten zu können, soll die App Open Source sein.