Lernfreiheit stärken – Lerntypen gerecht werden

Eine der Hauptaufgaben von Hochschulen besteht in der Wissensvermittlung von Inhalten an Studierende. Diese erfolgt entweder durch Vorlesungen oder durch Seminare, die in Ihrer Gestaltung stark von den Präferenzen der Professoren oder Professorinnen oder den Dozierenden anhängig sind. Anwesenheitspflichten oder ein Verzicht auf die Ausgabe von Lernmaterial an die Studierenden sind gängige Methoden, die in vielen Fällen nur den Interessen der Dozierenden gerecht werden.

Menschen lernen auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Einige veranschaulichen sich ihren Lernstoff gerne, um sich ihn sich besser einzuprägen, andere müssen darüber sprechen. Während des Studiums wird diesen verschiedenen Lerntypen allerdings selten Rechnung getragen. Vorlesungen werden häufig in der Art der Frontalvorlesung gehalten, die durch eine einseitige Wissensvermittlung durch die Dozierende geprägt ist, während die Studierenden den vermittelten Stoff nur bedingt aufnehmen. Gerade bei der Wissensvermittlung sollte allerdings der Vielfalt an Lerntypen Rechnung getragen und die Interessen der Studierenden in den Vordergrund gerückt werden, anstatt den Dozenten jegliche Freiheit über die Gestaltung der Lehrveranstaltungen zu geben. Nur so kann garantiert werden, dass der Bildungsstandort Deutschland auch international konkurrieren kann. Um die Lernfreiheit der Studierenden zu stärken fordern wir deshalb:

Reduzierung von Anwesenheitspflichten

Die derzeitige Praxis der Anwesenheitspflicht in Vorlesungen, die belegt werden müssen, ist häufig übermäßig restriktiv und beeinträchtigt die Flexibilität der Studierenden. Wir fordern, dass Anwesenheitspflichten bei Vorlesungen abgeschafft und bei Seminaren auf ein absolutes Minimum reduziert werden. So soll zukünftig nur noch in Seminaren mit sehr begrenzter Teilnehmerzahl und bei Vorliegen einer Warteliste eine Anwesenheitspflicht möglich sein. Die Studierenden sollten das Recht haben, selbst zu entscheiden, ob sie an Veranstaltungen teilnehmen oder die Inhalte eigenständig erarbeiten möchten. Neben der Flexibilität für die Studierenden gibt diese Regelung gerade bei Vorlesungen auch den Professoren und Professorinnen einen Anreiz, die Vorlesung so attraktiv zu gestalten, dass die Studierenden freiwillig die Vorlesung besuchen und fördert somit ebenfalls die Qualität der Lehre. Bei Studiengängen mit besonders praxisrelevanten Inhalten wie Fremdsprachen, sportpraktischen Kursen oder Laborkursen sollte die Anwesenheitspflicht bei entsprechender Begründung möglich bleiben.

Pflicht zur Bereitstellung von Livestreams und Aufzeichnungen

Um den Studierenden größtmögliche Zugänglichkeit zu Lehrinhalten sowie mehr Flexibilität bei der Gestaltung Ihres Studiums zu bieten, sollen Dozierende dazu verpflichtet werden, ihre Vorlesungen als Livestream anzubieten, wenn der Hörsaal die Bedingungen dafür bereitstellt. Darüber hinaus sollen die Vorlesungen aufgezeichnet und den Studierenden zugänglich gemacht werden. Diese Aufzeichnungen sollten in einer Vorlesungsdatenbank gespeichert werden, um den Studierenden die Möglichkeit zu geben, die Inhalte in ihrem eigenen Tempo zu wiederholen und zu vertiefen. So können Studierende außerdem Zugang zu Lehrinhalten bekommen, die zwar nicht Teil Ihres Lehrplanes sind, aber trotzdem ihr geweckt haben. Zudem ist es erforderlich, dass die vorhandenen Hörsäle so ausgebaut werden, dass ein Livestream und eine Aufzeichnung jederzeit möglich sind.

Kostenlose Ausgabe von Vorlesungszusammenfassungen

Vorlesungszusammenfassungen, wie beispielsweise Folien oder Schemata,  dienen den Studierenden zur besseren Vor- und Nachbereitung der Lehrinhalte, sowie allgemein der Klausurvorbereitung. Dafür müssen diese aber existieren und auch kostenfrei an die Studierenden abgegeben werden. Die teilweise durchgeführte Praxis, dass Dozenten teilweise keine Unterlagen für die private Nachbereitung bereitstellen oder lediglich ein Skript in einem CopyShop ausdrucken lassen, sodass die Studierenden nur dann Lernmaterialien erhalten, wenn sie sie dort kaufen, lehnen wir strikt ab. Wir fordern daher, dass Vorlesungszusammenfassungen nicht nur für jede Vorlesung bereitgestellt werden, sondern auch kostenfrei sind.

Digitale Abgabe von Studienleistungen

In der heutigen digitalen Welt ist es unerlässlich, den Studierenden die Möglichkeit zu geben, Studienleistungen digital abzugeben. Wir fordern daher, dass die Hochschulen die technischen Voraussetzungen für eine reibungslose und sichere digitale Abgabe schaffen. Dies erleichtert den Studierenden nicht nur den Arbeitsprozess, sondern ermöglicht auch eine effiziente, zeitgemäße und umweltschonende Bearbeitung von Aufgaben und Projekten. Bei der Abgabe sind alle datenschutzrechtlichen Vorgaben strikt zu beachten.

Schnelle Bewertung von Studienleistungen

Eine zügige Bewertung von Studienleistungen ist von großer Bedeutung für die Gestaltung des Studiums. Es kann nicht sein, dass nach der Abgabe einer Studienleistung die Bewertung erst so spät vorliegt, dass man sich für den nächsten Durchgang anmelden muss oder teilweise sogar bereits mit der erneuten Bearbeitung begonnen hat. Eine schnelle Bewertung ermöglicht den Studierenden weiterhin, ihre Stärken und Schwächen zu erkennen und ihre Lernstrategien entsprechend anzupassen. Wir fordern daher, dass die Bewertung von Studienleistungen spätestens bis zum Ende des folgenden Semesters erfolgen muss. Dozierende sollten ihre Korrektur- und Bewertungsverfahren so organisieren, dass sie den Studierenden zeitnah eine Rückmeldung geben können.

Antrag auf schnellere Korrektur in besonderen Fällen

Es gibt Situationen, in denen eine schnelle Korrektur von Studienleistungen von besonderer Relevanz ist. Wir fordern, dass den Studierenden die Möglichkeit gegeben wird, einen Antrag auf schnellere Korrektur zu stellen, wenn das Vorliegen einer Benotung Voraussetzung für die Anmeldung einer anderen Leistung ist, sowie wenn von dem Bestehen der Leistung die Fortsetzung des Studiums abhängt und bei einer normalen Korrektur mit einer Verlängerung des Studiums um ein Semester zu erwarten ist. Durch diesen Antrag erhalten Studierende in besonderen Fällen eine bevorzugte Korrektur ihrer Leistungen, um ihnen eine zeitnahe Weiterverarbeitung ihrer Ergebnisse zu ermöglichen.

Wieder gut zu Recht kommen – Reform der juristischen Ausbildung

Das Studium der Rechtswissenschaften gilt als eines der schwierigsten in Deutschland. Neben der stetig wachsenden Stoffmenge bringt aber auch die besondere Prüfungsform im Gewand des Staatsexamens besondere Herausforderungen mit sich, die nicht nur den ohnehin schon hohen Schwierigkeitsgrad noch weiter erhöhen, sondern auch zu einer allgemeinen Unzufriedenheit und einem schlechten Mental-Health-Status der Studierenden führen.

Seit geraumer Zeit werden nun die verschiedensten Möglichkeiten diskutiert, wie man das Studium reformieren und somit nicht nur die Attraktivität des Studiums, sondern auch die Lebensqualität sowie den Zustand der psychischen Gesundheit unter den Studierenden fördern könnte. Doch wie auch die Mühlen der Justiz langsam mahlen, lassen sich die auf den Weg gebrachten Reformen bislang nur in Diskussionen wiederzukennen. Anzeichen für eine schnelle Umsetzung fehlen leider.

Dieser Zustand führt verständlicherweise bei vielen Studierenden zu Frustration und Unverständnis über die Untätigkeit bei der Umgestaltung und Vereinheitlichung des Studienganges zu Zwecken der Vergleichbarkeit. Eine neu durchgeführte Studie zeigt deutlich, dass ein Großteil der Studierenden viele der derzeit diskutierten Reformideen befürwortet und einige der Ideen auch bei einer Vielzahl der Dozierenden Anklang findet.

Um eine lang notwendige Reform endlich auf den Weg bringen zu können, fordern wir deshalb die zügige Umsetzung der folgenden Reformidee:

Einführung eines vollständig integrierten Bachelors

Das Studium endet mit dem ersten Staatsexamen. Dort müssen neben der Schwerpunktbereichsprüfung meist innerhalb von zwei Wochen je nach Bundesland bis zu acht fünfstündige Klausuren geschrieben werden. Die im Studium erbrachten Leistungen zählen dann nur als Voraussetzung, um zum Staatsexamen zugelassen zu werden. Bei einer Regelstudienzeit von zehn Semestern führt dies zu einer Drucksituation, bei der die Zukunft allein von diesen Klausuren abhängt und bei Nichtbestehen die letzten fünf Jahre keinen Abschluss zur Folge haben. Da das Jurastudium bereits jetzt mehr Aufwand und Arbeit erfordert als ein durchschnittlicher Bachelorstudiengang, fordern wir die Einführung eines vollständig integrierten Bachelors, der ohne Mehraufwand oder zusätzliche Lehrveranstaltungen erwerbbar sein muss. Voraussetzung für den Erwerb des Bachelors muss allerdings das Bestehen des universitären Teils des Examens sein, sodass die Studierenden gezeigt haben, dass sie wissenschaftliches Arbeiten beherrschen. Laut der vierten bundesweiten Absolvent:innenbefragung des Bundesverbandes rechtswissenschaftlicher Fachschaften begrüßen dies auch 83 % der Studierenden.

Einführung des E-Examens

In der Berufswelt, als auch bei Gericht ist es schon lange Alltag Schriftsätze, Korrespondenz oder Urteile mit dem Computer zu schreiben. Seit dem 1. Januar 2022 gilt für die Einreichung bei Gericht sogar eine Pflicht zu Nutzung des „beA“ (besonderes elektronisches Anwältepostfach). Auch im Studium ist die elektronische Anfertigung von Hausarbeiten in den meisten Fällen Pflicht und während Corona mussten viele Klausuren ebenfalls digital verfasst werden. Anhand der kaum noch vorhandenen Anwendungsfälle und damit einer kaum noch vorhandenen Bedeutung von handschriftlich angefertigten Arbeiten ist es längst überfällig, das Examen ebenfalls digital unter Aufsicht anfertigen zu können. Hierdurch würde man das Studium nicht nur realitätsnäher gestalten, sondern vielmehr auch bestehende Unterschiede im Schriftbild ausgleichen und somit ebenfalls den Aspekt der Chancengerechtigkeit stärken. Bekannte Problematiken wie Sehnenscheidenentzündungen nach dem Examen würde damit ebenfalls Einhalt geboten werden. Auch die Korrektur der Arbeiten würde damit wesentlich vereinfacht werden. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen sind die Einsparungen an Papier und damit verbunden die positiven Auswirkungen auf die Umwelt. Durch die Einführung des E-Examens darf es allerdings nicht dazu kommen, dass Prüfungsstandorte wegfallen.

Gegen eine Streichung der Ruhetage

Eine geplante Streichung der Ruhetage lehnen wir konsequent ab. Ruhetage bilden derzeit im ersten Examen einen freien Tag in der Woche, an dem keine Klausur geschrieben wird. Sie sind in der stressvollen Zeit des Studiums zwingend notwendig, damit die Studierenden neben den Klausuren auch Zeit für körperliche als auch psychische Entspannung haben. Nur so ist  zwischen den Klausuren Zeit zu finden, um wieder zur Ruhe zu kommen und erneut Kraft tanken zu können. Die in der Vergangenheit anzutreffenden Bestrebungen der Vereinheitlichung der Klausurtermine zwischen den einzelnen Bundesländern ist unter dem Aspekt der Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwar durchaus verständlich und auch von unserer Seite gewünscht. Sie darf allerdings nicht zu einer Mehrbelastung der Studierenden führen. Vielmehr wäre eine bundeseinheitliche Ausweitung bzw. Einführung von Ruhetagen wünschenswert. Einer Streichung von Ruhetagen aus finanziellen Gründen stellen wir uns klar entgegen.

Einführung der Unabhängigkeit der Zweitkorrektur und Streichung der Lösungsskizzen

Bei der Korrektur von Klausuren sollte immer nur die jeweilige Leistung im Mittelpunkt der Bewertung stehen. Zwar ist es unmöglich, die Leistung nicht im Kontext der vorherigen zu sehen. Allerdings sollte der sogenannte „Ankereffekt“ so wenig wie möglich eintreten. Der Ankereffekt ist ein Begriff aus der Kognitionspsychologie und beschreibt das Phänomen, bei dem Menschen bei bewusst getroffenen Wahlen von vorhandenen Umgebungsinformationen beeinflusst werden, ohne dass sie sich dessen bewusst sind. Eine Auswertung von 3.696 Examensklausuren des JPA Berlin/Brandenburg durch Prof. Dr. Roland Schimmel und Prof. Dr. Jörn Griebel zeigte allerdings deutlich, dass es in der Realität deutliche Anzeichen für den Ankereffekt gibt. Sie stellten fest, dass die Bewertung der Zweitkorrektur bei nur ca. 1 % aller Klausuren um nicht mehr als einen Punkt von der Erstkorrektur abgewichen ist. Wir fordern deshalb, dass die Zweitkorrektur ohne Kenntnisnahme von den Ergebnissen der ersten Korrektur durchgeführt werden muss sowohl beim Examen als auch bei Remonstrationen im Grundstudium . Nur so kann eine objektive und gerechte Bewertung garantiert werden. Auch würde so eine erhöhte Transparenz und Objektivität der Ergebnisse geschaffen und dadurch ebenfalls das Vertrauen in die Justizprüfungssysteme gestärkt werden. Um eine Beeinflussung der Korrektur gänzlich ausschließen zu können, sollen auch die Lösungsskizzen abgeschafft werden. Es sollen vereinfachte Lösungswege zur Verfügung gestellt werden, in dem die zu prüfenden Ansprüche aufgelistet werden.

Möglichst paritätische Besetzung der Prüfungskommission bei mündlichen Prüfungen

Studien haben gezeigt, dass Frauen bei mündlichen Prüfungen der juristischen Staatsexamina im Vergleich zu Männern benachteiligt sind. Insbesondere wenn ausschließlich männliche Prüfer in der Prüfungskommission sitzen, verstärkt sich dieser Geschlechterunterschied noch weiter. Um eine möglicherweise unbewusste Diskriminierung zu verhindern, fordern wir daher, dass die Prüfungskommissionen möglichst paritätisch zusammengesetzt sein sollen. Sobald auch nur eine Frau in der Kommission sitzt, verschwindet der Geschlechterunterschied bei den Prüfungsergebnissen. Eine paritätische Besetzung würde dazu beitragen, gleiche Chancen und faire Bedingungen für alle Prüflinge zu gewährleisten.

Eine Erweiterung des Prüfungsstoffes nur unter Streichung von Bestehenden

Die Menge an Wissen, die Studierende im ersten Examen abrufen können müssen, wächst stetig. Mittlerweile müssten Studierende allein im Zivilrecht rund 1.566 Probleme und die dazugehörigen Streitstände sowohl kennen als auch anwenden können. Diese Stoffmenge führt dazu, dass sich viele Studierende bei der Examensvorbereitung lediglich auf das Auswendiglernen fokussieren und dabei den viel wichtigeren Aspekt des Systemverständnisses meist außer Acht lassen. Ebenso erscheint die Menge des zu lernenden Stoffes als so unüberwindbar, dass hierdurch der Druck auf die Studierenden erneut erhöht wird, was sich schlecht auf die psychische Gesundheit auswirkt. Wir fordern deshalb eine Neuaufnahme von Lehrstoff nur unter Streichung von Altem. Künftig soll der Fokus vor allem darauf gelegt werden, dass das Systemverständnis abgefragt wird und nicht möglichst viele Streitstände auswendig gekonnt werden müssen.

Einführung eines Gnadenversuches

Die erste juristische Prüfung kann regulär nur zweimal abgelegt werden. Bei Vorlage von bestimmten Voraussetzungen ist weiterhin ein sogenannter Freiversuch möglich. Die Anmeldung ist für diese Klausuren verbindlich und kann nach Erhalt der Anmeldebescheinigung kaum wieder rückgängig gemacht werden, auch wenn besondere persönliche Umstände vorliegen. Im zweiten Staatsexamen ist es hingegen möglich einen weiteren sogenannten Gnadenversuch zu erhalten, wenn besondere Umstände das Ablegen der Prüfungen maßgeblich erschwert haben. Wir fordern diese Ausnahmeregelungen auch im ersten Staatsexamen anzuwenden. Besondere persönliche Umstände, wie beispielsweise der Verlust der eigenen Eltern oder die Pflege eines nahen Angehörigen darf nicht zu einem Nachteil der Studierenden führen.

Bundeseinheitliche Anzahl von Klausuren beibehalten – Keine neuen Klausuren einführen

Beim Examen hängt der psychische Druck insbesondere an der Anzahl der zu schreibenden Klausuren. Derzeit müssen in der ersten staatlichen Prüfung zumeist sechs Klausuren geschrieben werden. Nur in Berlin/Brandenburg müssen bislang insgesamt sieben Klausuren abgeleistet werden. Im Februar 2024 tritt die neue Justizausbildungsverordnung in Schleswig-Holstein in Kraft, wodurch dort ebenfalls eine weitere Klausur im Strafrecht eingeführt wird. Die Einführung von neuen Klausuren im ersten Staatsexamen sehen wir kritisch entgegen und fordern, dass die Anzahl der zu schreibenden Klausuren bei sechs beibehalten wird. Aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit der Leistung fordern wir weiterhin, dass die Anzahl der zu schreibenden Klausuren in Berlin/Brandenburg und Schleswig-Holstein wieder auf sechs reduziert wird. Zugleich wäre eine einheitliche Aufteilung dieser sechs Klausuren auf die verschiedenen Rechtsgebiete wünschenswert.

Einführung der Möglichkeit des Abschichtens

In Niedersachsen gibt es bislang noch die Möglichkeiten die Klausuren im ersten Examen nicht innerhalb eines Durchganges schreiben zu müssen, sondern diese auf zwei Durchgänge aufteilen zu können. Wir fordern diese Möglichkeit nicht nur unter bestimmten Umständen als zulässig zu betrachten, sondern den Studierenden durchgehend die Möglichkeit zu geben, die Klausuren an zwei verschiedenen Durchgängen schreiben zu können. So können Studierende frei wählen, ob Sie alle Klausuren schnell „hinter sich bringen“ wollen oder den Schwerpunkt bei der Vorbereitung auf zwei Durchgänge verteilen und sich so besser auf die dann abzuleistenden Gebiete konzentrieren zu können.

Universitäres Repetitorium ausbauen

Um sich auf das Staatsexamen vorbereiten zu können, ist es gängige Praxis, ein sogenanntes Repetitorium zu besuchen, indem einem der bislang gelehrte Stoff noch einmal in Gänze und auf Examensniveau vermittelt wird. Ein Großteil dieser Repetitorien wird privatwirtschaftlich organisiert, was durchschnittliche Preise von um die EUR 200,00 pro Monat zur Folge hat. Damit der Erfolg im Examen allerdings nicht von der finanziellen Situation der Studierenden abhängt, fordern wir den Ausbau der universitären Repetitorien, sodass auch Studierende hieran teilnehmen können, wenn sie sich ein privat geführtes nicht leisten können.

Regelmäßiges Monitoring des Reformbedarfs

Angesichts der stetigen Entwicklung gesellschaftlicher, technologischer und rechtlicher Herausforderungen und der sich gleichzeitigen, wenn auch nur schleppend voranschreitenden Reformbemühungen, ist es von zentraler Bedeutung, dass Inhalte des Studiums der Rechtswissenschaften fortlaufend auf seine Aktualität und Relevanz überprüft werden. Daher fordern wir die Einführung eines regelmäßigen Monitorings des Reformbedarfs. So würde ermöglicht, potenzielle Lücken im Lehrplan zeitnah zu erkennen und anzupassen und so den Studierenden eine fundierte Ausbildung zu gewährleisten, die den Anforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft gerecht wird. Dabei sollen Studierendenvertretungen und die jeweiligen (Studien-)Dekane aktiv eingebunden werden, um ein breites Meinungsbild einzufangen und zielgerichtete Reformen zu initiieren.

Denkbar wäre, das zuständige Ministerium (Niedersächsisches Justizministerium) zu verpflichten, in einem regelmäßigen Turnus von zwei Jahren, einen Bericht über die Reformbedürftigkeit der juristischen Ausbildung unter Einbeziehung von Stellungnahmen der Studierendenvertretungen der juristischen Fakultäten oder deren Dachverbänden sowie der Dekane und Studiendekane zu verfassen. Dieser Bericht ist anschließend dem Landtag zu präsentieren und zu veröffentlichen.

Gegen die Streichung der Arbeitsgemeinschaften

Seit geraumer Zeit werden an einigen deutschen Universitäten die Arbeitsgemeinschaften nach Abschluss der Zwischenprüfungen abgeschafft. Die Arbeitsgemeinschaften sind neben den Vorlesungen ein elementarerer Bestandteil des Lernprozesses während des Studiums. Ihre Streichung erschwert den ohnehin sehr umfangreichen Lernstoff nur noch weiter. Deshalb setzen wir uns für die Beibehaltung der Arbeitsgemeinschaften an den niedersächsischen Universitäten ein. Die Finanzierung der AGs soll daher eine besonders hohe Priorität genießen.

Finanzielle Entlastung für Studierende

Die finanzielle Lage der Studierenden wurde in den letzten Jahren, zunächst durch weniger Jobs aufgrund der Coronapandemie, dann durch die stark steigende Inflation und hohe Energiekosten, häufig schwieriger. Kurzfristige Hilfen sind zwar willkommen, bilden allerdings keine langfristige Lösung. Ebenso sind verschiedene Kriterien für die Rahmenbedingungen eines Studiums willkürlich gewählt und von starren Altersgrenzen geprägt.

Eine umfangreiche finanzielle Entlastung, sowie eine Anpassung der Rahmenbedingungen an ausschlaggebende Kriterien ist daher notwendig.

25 and out – Familienversicherung und Kindergeld anpassen

Mit dem Erreichen des 25. Lebensjahres kommen auf Studierende auf einen Schlag stark erhöhte Kosten zu, ohne dass es dafür zwingende oder ausschlaggebende Gründe gibt. Eine Mitgliedschaft in der familiären Krankenversicherung ist ab diesem Zeitpunkt regulär nicht mehr möglich und auch das Kindergeld wird nur bis zu diesem Zeitpunkt gezahlt.

Für uns Junge Liberale bilden gerechte Aufstiegschancen die Grundlage einer guten Zukunft. Es kann daher nicht sein, dass in diesen beiden Fällen schlicht auf starre Altersgrenzen gesetzt wird und andere Kriterien kaum eine Rolle spielen. Wir fordern deshalb die Abschaffung dieser starren Altersgrenzen. Bis zur Einführung des elternunabhängigen Bafögs sollen, auch für ein übersichtliches und einheitliches System, die Regelungen für den BAföG-Bezug, exklusive der familiären Verhältnisse, analog gelten, solange es sich um ein Vollzeitstudium handelt.

Durch die analoge Anwendung dieser Regelungen würden wichtige Kriterien wie eine Schwangerschaft, die Erziehung der eigenen Kinder, Gremientätigkeiten als gewählte Vertreter der Studierendenschaft, das Nichtbestehen einer Prüfung oder Auslandssemester berücksichtigt werden und nicht zu einer finanziellen Belastung werden.

Auch für das Kindergeld gilt derzeit eine nahezu starre Altersgrenze bis zum 25. Lebensjahr. Hier fordern wir ebenfalls, bis zur Einführung des elternunabhängigen BaföGs, die Regeln für den BaföG-Bezug, exklusive der familiären Verhältnisse, analog anzuwenden, allerdings nur solange, wie ein tatsächlicher Anspruch auf Unterhalt gegen die Eltern besteht.

Studienkredite

Aufgrund der fehlenden Elternunabhängigkeit des Bafögs müssen viele Studierende derzeit noch einen Kredit der KfW in Anspruch nehmen. Die KfW ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und sollte mit Bildung keinen Profit machen. Auch wenn die Zinssätze derzeit niedriger sind als marktübliche, fordern wir die generelle Abschaffung von Zinsen bei Studien- sowie Bildungskrediten, solange die monatliche Auszahlungshöhe den Förderungshöchstsatz von BaföG nicht um mehr als 30% überschreitet. Bei Krediten für Studiengebühren, beispielsweise für Masterstudiengänge, ist eine Obergrenze von 10.000,00€ ebenfalls nicht mit einem Zinssatz zu versehen. Außerdem fordern wir für in Zukunft abgeschlossene KfW- Studienkredite, die die oben genannten Kriterien nicht erfüllen, Studierenden bei Vertragsabschluss die Möglichkeit einer Festsetzung des Zinssatzes in der Auszahlungsphase anzubieten, damit die Zinsen in Krisenzeiten nicht zu einer finanziellen Mehrbelastung werden.

Unser Ziel bleibt hierbei weiterhin allen Studierenden, unabhängig vom Elternhaus, den Zugang zu BaföG zu ermöglichen und Studienkredite weitestgehend überflüssig zu machen.

Beibehaltung der Langzeitstudiengebühren

Im Koalitionsvertrag der Rot-Grünen Regierung in Niedersachsen hat man sich auf die Abschaffung der Langzeitstudiengebühren geeinigt.

Wir Jungen Liberalen sehen den Aspekt der Chancengerechtigkeit als einen der wichtigsten Aspekte im Bereich der Bildung. Durch Sie wird jedem ein sozialer Aufstieg ermöglicht und damit der Weg in ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben eröffnet. Bildung darf somit nicht vom Elternhaus und den damit verbundenen finanziellen Mitteln abhängen. Eine generelle Abschaffung der Langzeitstudiengebühren lehnen wir allerdings ab. Langzeitstudiengebühren werden erst dann erhoben, wenn das Studienguthaben „aufgebraucht“ ist. Dieses setzt sich aus der Regelstudienzeit plus sechs weiteren Semestern zusammen. Hierbei werden jedoch Semester/Trimester nicht angerechnet, in denen besondere Umstände wie etwa die Erziehung der eigenen Kinder oder die Pflege eines nahen Angehörigen im Sinne des § 12 Abs. 3 NHG vorliegt. Diese bereits vorhandenen Regelungen beinhalten unserer Meinung nach bereits jetzt genügend Spielraum, um den individuellen Umständen der Studierenden gerecht zu werden, auch wenn wir anerkennen, dass diese Ausnahmeregelungen nicht abschließend alle besonderen Umstände regeln. Für uns ist eine Ausweitung dieser Ausnahmeregelungen jedoch der bessere Weg, als die generelle Abschaffung der Langzeitstudiengebühren und dem damit verbundenen, zumutbaren und notwendigen Anreiz, sein Studium zu beenden.

Die Einnahmen aus den Langzeitstudiengebühren sollen weiterhin vor allem dazu genutzt werden den Studierenden, die die Regelstudienzeit überschritten haben, Angebote zu machen, die einen zügigen Studienabschluss zu unterstützen. Somit kommt das Geld unmittelbar wieder den Studierenden zu gute.

Upgrade für die Wissenschaft in Niedersachsen – Hochschule 4.0

Will das Land Niedersachsen im Wettbewerb um die klügsten Köpfe wettbewerbsfähig bleiben und nicht abgehängt werden, muss der Hochschulstandort Niedersachsen endlich sein volles Potenzial ausschöpfen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Digitalisierung in den Hochschulen vernachlässigt wurde. Die Jungen Liberalen Niedersachsen sehen darum riesigen Nachholbedarf, denn die Corona-Pandemie und das Digitalsemester haben lediglich strukturelle Defizite in Forschung, Lehre und Verwaltung aufgedeckt, die vorher schon vorhanden waren. Deshalb setzen wir uns für eine dringend benötigte allumfassende und ambitionierte Digitalisierungsstrategie für die Hochschulen 4.0 am Wissenschaftsstandort Niedersachsen ein. Unsere Hochschulen müssen raus aus der Kreidezeit und endlich im 21. Jahrhundert ankommen!

Die Hochschule der Zukunft ist eine digitale Präsenzeinrichtung

Die Hochschulen der Zukunft sind digital. Lehre und Forschung sollen nach wie vor vorwiegend in Präsenz stattfinden und die persönliche Interaktion zwischen Forschenden, Lehrenden und Lernenden in den Fokus stellen. Insbesondere sollen Lehrveranstaltungen in Präsenz um digitale Angebote erweitert und ergänzt werden, wo es einen tatsächlichen Mehrwert für die Lehrenden und die Studierenden schafft und zu mehr Qualität und Innovation beiträgt. Digitale Hochschulen sind für uns Präsenzuniversitäten in einer digitalen Gesellschaft, Hochschulen sollen nicht zu Fernuniversitäten „um-digitalisiert“ werden. Analoge Konzepte können nicht einfach ins Digitale übertragen werden, andersherum sind digitale Formate nicht zwangsläufig analogen überlegen. Vielmehr muss Digitalisierung ganzheitlich gedacht werden.

Im Mittelpunkt steht der einzelne Lernende

Als liberale Jugendorganisation stellen wir das Individuum in das Zentrum der akademischen Lehre und Forschung. In einer sich immer rasanter verändernden Welt sind Flexibilität und Individualität im Studium ausschlaggebend für einen eigenverantwortlichen Selbstlernprozess der Studierenden – und das muss auch das Studium selbst widerspiegeln. Dabei erachten wir digitale Angebote und Prüfungs- und Studienordnungen mit Freiräumen als hilfreich.

In Anbetracht der Eigenverantwortung der Studierenden messen die Jungen Liberalen Niedersachsen der informationellen Selbstbestimmung und dem Datenschutz eine hohe Wichtigkeit bei. Daher befürworten wir dezentrale Datenspeicherung in Kombination mit Interoperabilität und Open Source-Entwicklungen. Einer digitalen Zukunft der Hochschulen, die von diesen Werten geleitet wird, blicken wir mit Optimismus entgegen.

IT-Infrastruktur und Ausstattung

Für digitale Hochschulen ist eine umfangreiche IT-Grundausstattung in Forschung, Lehre und Verwaltung nötig, die sowohl Hard- als auch Software einschließt. Ein entsprechend hoher Finanzbedarf ergibt sich daher für die Einrichtungen. Das Land Niedersachsen ist in der Pflicht, die Mehrkosten in geeigneter Weise in der Grundfinanzierung zu berücksichtigen. Bund und Länder sollen ergänzend für die Digitalisierung in Studium und Lehre einen Digitalpakt Hochschule verabschieden, der sowohl für technische als auch didaktische Innovationen genutzt werden kann. Hochschulen sollen sich zudem für Sponsoring durch Unternehmen öffnen.

Zur IT-Grundausstattung in den Hochschulen gehören neben Computern für Verwaltung und Forschung auch campusöffentliche Computer für die Studierenden, die anstelle von oder ergänzend zu eigenen Endgeräten genutzt werden können. Für letztere wiederum ist eine umfangreiche Ausstattung der Hochschulgebäude und insbesondere der Vorlesungssäle mit Steckdosen notwendig. Natürlich sollen die Hochschulen auch ein lückenloses, stabiles und zuverlässiges Campus-WLAN für alle Angehörigen anbieten. Hochschulen sollen in geeigneter Weise für Studierende, Lehrende und Mitarbeitende auch Mailing-, Cloud- und Messenger-Dienste, Campuslizenzen für Office-Dienste sowie allgemeine und fachspezifische Programme zur Verfügung stellen. Die digitale Hochschule eröffnet auch Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten und Arbeiten im Homeoffice. Entsprechend entwickelt sie geeignete IT-Sicherheits- und Datenschutzkonzepte.

Die verschiedenen Anforderungen an Hard- und Software sollen in einem Hochschulrechenzentrumgebündelt werden, das vorrangig aus Mitteln der Hochschule finanziert wird. Solche Hochschulrechenzentren können einzelne oder mehrere Hochschulen beliefern. Niedersächsische Hochschulrechenzentren sollen sich austauschen und ihre Dienste gegenseitig für alle niedersächsischen Hochschulangehörigen öffnen.

Hochschulen 4.0 spiegeln den digitalen Wandel auch räumlich wider. In der digitalen Zukunft stehen Interaktion und Kollaboration mehr im Vordergrund, daher werden neben Hörsälen, Seminarräumen und Einzelarbeitsplätzen Gruppenräume oder digital ausgestattete Coworking Spaces immer wichtiger. Hochschulen und ihre Bibliotheken sollen frühzeitig entsprechende Entwicklungen in ihren Bauplänen bedenken und bei der Gebäudeplanung auch didaktisch geschultes Personal hinzuziehen.

Wissensbeschaffung und Medienmanagement

Der Zugang zu Wissen ist elementarer Bestandteil für eine erfolgreiche Lehre und Forschung und damit auch für den Wettbewerb um die besten Ideen. Dementsprechend setzen sich die Jungen Liberalen Niedersachsen für eine Verbesserung der Wissensbeschaffung an allen Hochschulen und diese Chancengerechtigkeit ein.

Derzeit liegt ein recht unkoordiniertes Geflecht aus unterschiedlichen Katalogen und Inhalten vor, das die wissenschaftliche Recherche unnötig erschwert. Wir fordern daher die Vertreterinnen und Vertreter in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) dazu auf, einen gemeinsamen Katalog aller wissenschaftlichen Medien und Publikationen niedersächsischer und deutscher Hochschulen zu erstellen. Dabei soll das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Aufbau und die Erhaltung der notwendigen IT-Infrastruktur finanzieren. In der Bereitstellung von Medien muss weitergehend auch europäisch gedacht werden. Wir fordern daher, dass sich die Bundesregierung für ein europaweites System digitaler Fernleihen unter Kostenbeteiligung der Anfragenden einsetzt. Entgegenstehendes nationales Urheberrecht ist durch eine europäische Richtlinie zum vereinfachten Zugang zu Wissen im Binnenmarkt für Hochschulen eine großzügige Bereichsausnahme für Wissenschaft und Forschung einzuräumen. Die Interessen der Rechteinhaber sind entsprechend finanziell zu berücksichtigen. Das Auffinden von Medien, welche die eigene Hochschule nicht besitzt, darf nicht mehr als einen Klick entfernt sein.

Zudem sollen Hochschulen vermehrt in digitale Medien investieren und Schritt für Schritt Präsenzbestände von Büchern durch Campus- und Heimzugänge um digitale Medien erweitern. Die Finanzmittel für Lizenzen sind den Hochschulen in Niedersachsen durch eine langfristige Mittelplanung durch das Land Niedersachsen unter Kostenbeteiligung des Bundes zur Verfügung zu stellen. Wir fordern zudem die Bundesregierung auf, bestehende Wissenschaftsdatenbanken, die kommerziell geführt werden, unter dem Gesichtspunkt des Kartellrechts zu überprüfen. Wir verlangen darüber hinaus, das Urheberrecht dahingehend anzupassen, dass ein Mindestzugang zu Wissen zum Zweck der Wissenschaft und Forschung gewährleistet wird. Regelungen, die einer Digitalisierung, automatischen Auswertungen und digitalen Fernleihen für den öffentlichen wissenschaftlichen Gebrauch entgegenstehen, sollen aufgehoben bzw. abgeschwächt werden. Zusätzlich soll der Bund die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen als Open Access fördern. Dazu sollen die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Plan S auf EU-Ebene und das Projekt DEAL auf nationaler Ebene finanziell und ideell unterstützt werden.

Digitales Lehren und Lernen

Studierende an Hochschulen müssen sowohl für die gesellschaftliche Teilhabe als auch für ihre berufliche Zukunft vorbereitet werden und daher digitale Kompetenzen erwerben. Um diese Kompetenzen zu vermitteln, sollen digitalisierungsbezogene Inhalte in die Hochschullehre und die akademische Lehrerbildung integriert werden. Relevante Kompetenzen sind dabei nicht nur die sachgemäße Nutzung von Hardware, sondern auch das Lernen mit digitalen Medien, über digitale Medien sowie die Reflexion der Digitalisierung und deren Auswirkung auf die Gesellschaft. Diesem umfassenden Verständnis von digitalisierungsbezogenen Kompetenzen wird im Studium noch kaum Rechnung getragen. Über diese Basiskompetenzen hinaus benötigen Studierende Kompetenzen zu fachspezifischer Technologie und Wissen über den Einfluss der Digitalisierung auf ihr zukünftiges Berufsfeld. Diese Inhalte können die Lehrenden an Hochschulen nur vermitteln, wenn sie regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen und sich über allgemeine wie auch fachspezifische Technologien auf dem Laufenden halten. Digitalisierungsbezogene Kompetenzen sollen verpflichtend und spezifisch in jedem Studiengang vermittelt werden. Die curricularen Veränderungen sollen auf Basis der Strategie zur Bildung in der digitalen Welt der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2016 und Empfehlungen von Expertinnen und Experten zum Curriculum 4.0 und Future Skills durch die Hochschulen umgesetzt werden.

Neben dem Aufbau der digitalisierungsbezogenen Kompetenzen wird der fächer- und seminarübergreifende Einsatz digitaler Medien im Studium in Form pädagogisch sinnvoller Lernsettings angestrebt. Digitale Medien können die tiefere Auseinandersetzung mit Inhalten fördern, wie sie gerade im Studium gefordert wird. Durch Vorlesungsaufzeichnungen, Massive Open Online Courses (MOOCs), Online-Übungen und -Workshops sollen Studierende ihre Lernsettings selbst bestimmen können. Das orts- und zeitsouveräne Lernen ermöglicht die nötige Flexibilität, die vor allem im Sinne der Inklusion mobilitätseingeschränkter oder pflegender bzw. betreuender Studierender benötigt wird. Darüber hinaus profitieren auch berufstätige oder internationale Studierende von einem so digital unterstützten Studium. Wir fordern Bund und Länder auf, den Austausch von Lehrinhalten zwischen Hochschulen zu fördern und dazu eine nationale virtuelle Hochschuleeinzurichten. Die Inhalte sollen für Studierende frei zugänglich gemacht werden. Dozierende in den Hochschulen schaffen Inhalte und stellen sie bereit, die Qualitätssicherung erfolgt im Peer-Review-Verfahren. Das BMBF soll die digitale Infrastruktur aufbauen und erhalten. Hochschulen sollen zusätzliche Finanzmittel erhalten, wenn ihre freien Online-Veranstaltungen überdurchschnittlich oft besucht werden.

Als Konsequenz zu digitalen Seminaren sollen auch digitale Prüfungsformen angeboten werden. E-Klausuren und adaptive Tests sollen dort angeboten werden, wo sie didaktisch sinnvoll sind. In jedem Fall soll es Studierenden bei Hausarbeiten oder Berichten möglich sein, die Leistungen in Form von getippten statt handschriftlichen Dokumenten einzureichen. Außerdem soll auch immer eine digitale Abgabe möglich sein. Wir sehen in diesen Punkten die Hochschulen im Kompetenzrahmen ihrer Selbstverwaltung in der Verantwortung, Zukunft durch die Anpassung von Prüfungs- und Studienordnungen zu gestalten.

Digitale Studienorganisation und Studierendenverwaltung

Zusätzlich zum digitalen Lehren und Lernen spielen auch digitale Studienservices eine wichtige Rolle. Die Digitalisierung der eigenen Studienorganisation und der hochschulischen Studierendenverwaltung bieten großes Potenzial für die Lernenden und für die Prozessoptimierung der Einrichtung.

Alle Hochschulen sollen Lernmanagementsysteme einführen und sukzessive ausweiten, um neben den grundlegenden Funktionen wie Kursanmeldungen, Abrufen von Dokumenten und Dateien oder der Gruppenorganisation auch Möglichkeiten für die digitale Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden sowie unter den Studierenden sowie zum Aufzeichnen und Anschauen von Lehrveranstaltungen anzubieten. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern die Hochschulen auf, eine Campus-App einzuführen, welche über die Funktionalitäten des Lernmanagementsystems hinaus alle digitalen Services der Hochschule und ihrer Partnereinrichtungen wie den Studierendenwerken bündelt (z.B. Online-Lageplan, Raumbuchungen, Termine bei der Studienberatung oder der Studienfinanzierung). Außerdem sollen die Hochschulen eine elektronische Prüfungsverwaltungsplattform einführen, über die An- und Abmeldungen sowie die Leistungsübersicht der Studierenden erfolgen kann. Auch die digitale Prüfungseinsicht soll über eine solche Plattform möglich sein. Wir fordern die Hochschulen auf, Abschlusszeugnisse digital auszustellen, sie mit einer individuellen digitalen Signatur zu versehen und auch digitale Abschlusszeugnisse in ihren Bewerbungsverfahren zu akzeptieren. Wenn Abschlusszeugnisse von allgemein- und berufsbildenden Schulen folgen, können so Bewerbungsverfahren beschleunigt werden.

Außerdem fordern wir einen digitalen europäischen Studierendenausweis als App. Der digitale Ausweis soll Studierenden Lernmobilität innerhalb von Europa ermöglichen, Verwaltungsaufwand reduzieren und papierlose Prozesse etablieren. Ferner soll er Zahlungsmöglichkeit bei universitären Dienstleistern, Zugangskarte zu Hochschulgebäuden sowie auch zum digitalen Transfer von Studieninformationen dienen. Daten sollen dezentral am Hochschulstandort gespeichert werden und durch den Studierenden online für dritte Einrichtungen freigegeben werden können. Neben der App-Lösung sollen Studierende aber auch die alternative Möglichkeit einer Chipkarte als Studienausweis nutzen können. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern die Bundesregierung auf, auf ein EU-weites Programm für eine so beschriebene Ausweitung der European Student Card hinzuwirken oder alternativ eine nationale Ausschreibung für eine solche Studienausweis-App zu starten.

Digital forschen und Digitales erforschen

Neben dem neuen Lehren und Lernen in den Hochschulen der Zukunft soll auch die Forschung digitaler werden. Dabei spielt unter anderem eine nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) eine wesentliche Rolle, die perspektivisch zu einer europäischen Infrastruktur ausgebaut werden soll. Daher soll der Bund die aktuellen Bestrebungen zum Aufbau der NFDI in den Fachcommunities weiterhin unterstützen und verstärkt vorantreiben. Neben finanziellen Zuwendungen durch das BMBF, die in einem wissenschaftsbasierten Verfahren durch die DFG vergeben werden, soll die Bundesregierung innerhalb der EU den Aufbau der europäischen Forschungsdateninfrastruktur (European Research Data Network) forcieren. Die Bundesländer sollen in ihren Zielvereinbarungen mit den Hochschulen die Nutzung und Erweiterung der NFDI durch die Hochschulen benennen und Anreize für Forschende schaffen, um die Infrastruktur in die Breite auszurollen.

Wir fordern die Bundesregierung auf, sich künftig für die Einrichtung einer EU-weiten Projektdatenbankeinzusetzen, in die sich europaweit Forschende wie bspw. Doktoranden mit ihren jeweiligen Projekten eintragen können. Dies soll zum einen Kontaktmöglichkeiten zwischen Forscherinnen und Forscher aus den Nationalstaaten ermöglichen und kann zum anderen auch dazu dienen, Forschungsprojekte voneinander abzugrenzen. Das Anliegen kann in einer Neuauflage des EU-Förderprogramms für Forschung und Innovation Horizon umgesetzt werden.

Darüber hinaus soll nicht nur digitaler, das heißt unter Ausnutzung digitaler Infrastruktur und Methoden, geforscht werden, sondern es soll auch die Digitalisierung als gesellschaftlicher Wandel in all ihren Facetten untersucht werden. Neben der Grundlagenforschung in der Informatik und anwendungsorientierten Entwicklungen in den sogenannten Bindestrich-Informatiken sollen auch ökonomische, soziale und ökologische Auswirkungen der Digitalisierung betrachtet werden. In diesem Sinne sollen die verschiedenen Initiativen auf Bundes- und Länderebene zur Entstehung von Digitalisierungsprofessuren gestärkt werden. Um die fähigsten Kandidatinnen und Kandidaten für die Lehrstühle gewinnen zu können, muss die Flexibilisierung der W-Besoldungs- und Beschäftigungsmodelle durch die Landesregierungen angegangen werden.

Selbstverwaltung in der digitalen Hochschule

Der digitale Wandel zeichnet sich durch schnelle Veränderungen aus, auf die Hochschulen mit ihren feudalen Verwaltungsstrukturen nur schlecht reagieren können. Um das Potenzial der Studierenden als Lernende und Digital Natives zu nutzen, ist es nötig, das Mitspracherecht der Studierenden in allen Belangen der Digitalisierung im Bereich Studium und Lehre zu stärken. Zu diesem Zwecke sollen Institutionen wie ein studentischer Vizepräsident oder ein Student Digital Officer geschaffen werden, die der Hochschulleitung als Ansprechpartner auf Studierendenseite bereitstehen. In Bezug auf den Datenschutz sollen Studierenden unbedingt in alle Prozesse eingebunden werden, in denen Studierendendaten verarbeitet werden. Solche studentischen Datenschutzvertreterinnen und -vertreter sollen mit einem Veto-Recht ausgestattet werden.

Digitale Hochschulen benötigen darüber hinaus eine benannte Ansprechperson im Hochschulpräsidium(z.B. hauptberuflicher Vizepräsident für Infrastrukturen und Digitalisierung), die strategisch für die digitale Transformation der Einrichtung verantwortlich zeichnet. Ergänzend soll ein Chief Information Officer (CIO)als Verantwortlicher für die Digitalisierung an der Hochschule fungieren und dem Hochschulrechenzentrum vorstehen. Bei der Digitalisierung der Hochschulen sollen selbstverständlich auch Strukturen und Prozesse der Verwaltung digitalisiert werden. Dazu gehören neben internen Verwaltungsprozessen wie Reisekostenabrechnungen auch die Durchführung von Online-Wahlen und die Möglichkeit zu virtuellen Gremiensitzungen. Hochschulen sollen im Rahmen ihrer Selbstverwaltungskompetenz entsprechende Ordnungen dahingehend anpassen.

Soziale Infrastruktur für Studierende sicherstellen

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sind sich bewusst, dass zu einer guten Hochschulbildung neben der institutionellen Finanzierung von Lehre, Studium und Forschung auch die Bereitstellung von sozialer Infrastruktur für die Studierenden notwendig ist. In Zeiten von Wohnungsmangel und immer höher steigenden Mieten gilt dies insbesondere für die Bereitstellung von ausreichendem und bezahlbarem Wohnraum für Studierende. Weitere wichtige Aspekte sind die gastronomische Versorgung der Studierenden sowie soziale und Beratungsangebote für Studierende. Für die Befriedigung der Bedürfnisse Wohnen und Essen sehen die Jungen Liberalen Niedersachsen sowohl öffentliche als auch private Anbieter als geeignet an.

Daher sprechen wir uns dafür aus, dass die Studierendenwerke in Niedersachsen besser mit öffentlichen Mitteln ausgestattet werden, damit diese den Studierenden Essen, Wohnraum und soziale Services zu angemessenen Preisen anbieten können.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen solidarisieren sich daher mit dem Bündnis SOS Studiwerk und fordern die Niedersächsische Landesregierung dazu auf, die Zuschüsse an die Studierendenwerke sofort um 25% und dann jährlich um 3% zu erhöhen. Weiterhin muss dringend ein Sofortprogramm zur Behebung des massiven Sanierungsstaus und für den Neubau von Wohnheimen in Höhe von 150 Mio. Euro gestartet werden. Entsprechende Mittel sind im Landeshaushalt vorzusehen. Das Land Niedersachsen soll seiner sozialen Verantwortung gegenüber den Studierenden gerecht werden und die Studierendenwerke endlich ausreichend finanziell ausstatten. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern die Fraktion der Freien Demokraten im Niedersächsischen Landtag dazu auf, darauf hinzuwirken und sich insbesondere in den Haushaltsberatungen für höhere Zuwendungen an die Studierendenwerke einzusetzen. Bei gleichbleibender Finanzkraft der Studierendenwerke soll der Anteil des Semesterbeitrags an der Finanzierung der Studierendenwerke dabei möglichst weit verringert werden.

Daneben setzen sich die Jungen Liberalen Niedersachsen für die Etablierung eines sogenannten Student-Meal-Systems nach slowenischem Vorbild an möglichst vielen niedersächsischen Hochschulen ein. Kernstück dabei ist die Umstellung der Angebotsstruktur für studentisches Essen. Das bisherige Primat der Einrichtungen des Studierendenwerks, der hoch defizitären Mensen und Cafeterien, soll zu Gunsten privater Restaurants, Imbisse und Lieferdienste im Umfeld der Universität aufgehoben werden. Nach Aufnahme in das System sollen die Anbieter speziell für Studierende kostengünstige und teilweise subventionierte Essen anbieten. Die Mensen des Studierendenwerkes sollen ihren Betrieb als ein Anbieter innerhalb des Systems unverändert fortsetzen. Durch den damit entstehenden Wettbewerb erwarten wir eine Entlastung der zum Teil überfüllten Mensen und günstigere Preise für Angebote, die bisher nicht durch das Studierendenwerk abgedeckt werden. Auch die Abdeckung an kleineren Standorten der Hochschule ohne Angebot des jeweiligen Studierendenwerks kann damit gewährleistet werden.

Bisher ist die Mitgliedschaft in der Studierendenschaft und im Studierendenwerk ein Zwang. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern daher die Möglichkeit, aus dieser Zwangsmitgliedschaft austreten zu können, sollten Studierende die Angebote und Partizipationsmöglichkeiten nicht in Anspruch nehmen wollen. Hierzu soll eine entsprechende Änderung des § 20 Abs. 2 NHG erfolgen.