Neue Neue Ostpolitik

Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland bleiben weiterhin angespannt. Während die Fronten im Konflikt in der Ostukraine und um die Krim verhärtet sind und bis heute kaum ein Vorankommen zu vermerken ist, eröffnen sich mit dem Fall um den russischen Oppositionspolitiker und Kremlkritiker Alexei Nawalny, dem umstrittenen Bau der Erdgaspipeline Nord Stream 2 und dem Zulassungsstreit um den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V immer neue Konfliktfelder.

Damit sich die Beziehungen zwischen Deutschland, den anderen Mitgliedstaaten der EU und Russland nicht weiter verschlechtern und die Eskalationsspirale endlich verlassen werden kann, braucht es eine klare und einheitliche europäische Linie in der Russlandpolitik. Aus Sicht der Jungen Liberalen spielen hierbei v.a. folgende Themenfelder eine zentrale Rolle.

Einheitlicher Umgang mit Sputnik V

Der russische Corona-Impfstoff Sputnik V wird von vielen Expertinnen und Experten skeptisch betrachtet. Neben offenen Fragen und einer unzuverlässigen Datenlage mit Blick auf das russische Zulassungsverfahren, sollte dabei auch die Gefahr, dass der Impfstoff als Propaganda- und Machtinstrument des Kremls missbraucht werden kann und wird, berücksichtigt werden.

Angesichts dieser Kritik bedarf es eines einheitlichen europäischen Weges. Eine Spaltung zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten der EU oder gar einzelnen Bundesländern muss unbedingt verhindert werden. Die Bundesregierung wird deshalb dazu aufgefordert sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass Länder wie Ungarn ihren Sonderweg im Umgang mit Sputnik V sofort beenden und mit der Verimpfung wie alle anderen Mitgliedstaaten bis zur Zulassung durch die Europäischen Arzneimittel- Agentur EMA zu warten. Die Landesregierung wird dazu aufgefordert für das Land Niedersachsen keinen Vorvertrag für Sputnik V wie etwa die bayerische Landesregierung abzuschließen.

Für die Zulassung von Sputnik V auf europäischer Ebene müssen dieselben Standards wie für alle anderen Corona-Impfstoffe gelten. Die EU darf sich hierbei allerdings nicht auf die kritisch zu betrachtenden russischen Studien verlassen, sondern muss ggf. eigene Tests und Daten erheben.

Bekenntnis zur Souveränität der Ukraine

Die EU darf die Annexion der Krim und die Einmischung Russlands in den Konflikt in der Ostukraine nicht hinnehmen. Wir bekennen uns unabdinglich zur Souveränität der Ukraine. Hierzu gehört für uns auch der Beitritt der Ukraine zur NATO und der perspektivische Beitritt zur EU.

Nachdem der Ukraine bereits 2018 der Status als Beitrittskandidat zur NATO verliehen wurde, soll der NATO-Beitritt der Ukraine forciert werden. Dieser muss im Falle weiterer Aggressionen Russlands beschleunigt werden. Bis zum tatsächlichen Beitritt der Ukraine zur Nato sollen die militärische, wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit weiter ausgebaut werden.

Dazu gehört für uns auch der potenzielle Beitritt der Ukraine zur EU. Dafür müssen die Gespräche beider Partner intensiviert werden, da wir auf eine langfristige Annäherung der Ukraine, nach dem Abschluss des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Ukraine 2014, zur EU pochen.

Flüssiggas als Alternative zu Nord Stream 2

Um eine drohende Abhängigkeit von russischen Erdgas zu vermeiden, fordern wir die Bundesregierung dazu auf den Bau der umstrittenen Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 umgehend zu stoppen. Während unsere europäischen Partner die geostrategischen Manöver des Kremls beunruhigt verfolgen und eine angemessene Reaktion ihrer Verbündeten hieraus fordern, können wir uns nicht in die Hände des Putin-Regimes begeben.

Stattdessen fordern wir die Landesregierung dazu auf, sich auf Bundesebene für einen Flüssiggas- sowie perspektivisch einen Wasserstoff-Terminal und/oder einen Terminal für synthetische Gase an der niedersächsischen Nordseeküste als Alternative zur Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 einzusetzen. Hierdurch würde Deutschland nicht nur unabhängig von Russland bleiben und die geostrategischen Bedenken seiner europäischen Partner berücksichtigen und ernst nehmen, sondern gleichzeitig der Wirtschaftsstandort Niedersachsen durch den Umschlag zukunftsfähiger und klimafreundlicher Energieträger gestärkt werden.

Weniger schwitzen: Für ein besseres Stadtklima!

Die Jungen Liberalen erkennen den menschengemachten Klimawandel und all seine Folgen kompromisslos an. Großstädte in Niedersachsen spüren bereits die Folgen eines sich verändernden Klimas. Unter dem Begriff Stadtklima wird verstanden, dass die Temperatur innerhalb einer Stadt um mehrere Grad höher als im Umland sein kann. Ein erhöhtes Stadtklima wird ausgelöst durch fehlende Vegetation, dichte Bebauung und anthropogene Emissionen wie Luftschadstoffen und Abwärme. Die Ursachen für jene hohen, teilweise gesundheitsgefährdenden Temperaturen in Niedersachsens Städten lassen sich durch ein Maßnahmenpaket verhindern. Bisher unterscheidet sich das Engagement, das Städte diesem Thema widmen, in großem Maß. Beispiele für bereits bestehende Projekte sind das Ringgleis in Braunschweig, ein alte Bahntrasse, die in einen Radweg umgewandelt wurde. Ein weiteres Beispiel ist die Stadt Buchholz, die Privatpersonen bei besserer Wärmedämmung unterstützt. Die JuLis sind der Auffassung, dass die Landesregierung bisher zu wenig Interesse am wichtigen Thema Stadtklima zeigt.

Die Jungen Liberalen mögen beschließen, sich für folgende Anliegen auf kommunaler Ebene einzusetzen und diese in ihrem Kommunalwahlprogramm zu berücksichtigen:

  • Die Abschaffung der 7-prozentigen Mehrwertsteuer auf ÖPNV-Fahrkarten.
  • Jeder Baum, der im Stadtgebiet gefällt wird und auf öffentlichem Grund steht, soll ersetzt und zusätzlich ein neuer Baum gepflanzt werden. Die neuen Bäume sollen im Stadtgebiet gepflanzt werden und so für mehr Begrünung zu sorgen, denn für uns als JuLis ist wichtig, dass Innenstädte über einen möglichst hohen Grünflächenanteil verfügen. Der Vorgang soll möglichst unbürokratisch ablaufen, damit die Neubepflanzung schnell durchgeführt wird. Kann eine Kommune dieser Forderung nicht nachkommen, sollen CO2-Zertifikate in Höhe der Bindungskraft eines Baumes gekauft werden.
  • Eine Begrünung von öffentlichen Gebäuden und Bushaltestellen nach niederländischem Vorbild sorgt für ein besseres Stadtklima, da vor allem fehlende Vegetation als eine der Ursachen gilt. Außerdem soll bei Neubauten im Stadtgebiet auf dunkle Oberflächen verzichtet werden.
  • Neben der E-Mobilität fordern die JuLis eine Berücksichtigung verschiedener nachhaltiger Kraftstoffe. Trotzdem lehnen wir eine verpflichtende Quote von E-Zapfsäulen oder Wasserstoff-Zapfsäulen ab, da die Autonomie von Unternehmen so in großem Maß angetastet wird und das Angebot nicht staatlich bestimmt werden darf. Stattdessen möchten wir Anreize schaffen, damit Tankstellen Ladeinfrastruktur freiwillig zur Verfügung stellen. Die bisherige Förderrichtlinie „Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge” soll neben E-Zapfsäulen auch auf andere emissionsfreie Kraftstoffe ausgeweitet werden, sodass keine einseitige Förderung einer Technologie stattfindet.
  • Das Land Niedersachsen soll ein Pilotprojekt zur Testung von weißen Straßenoberflächen einführen, da diese erheblich weniger Wärme absorbieren und daher Innenstädte deutlich abkühlen.

Sex sells

Sexuelle Aufklärung findet in jüngeren Generationen vermehrt durch eigene, nicht-kommunikative Aneignung von Inhalten aus dem Internet statt. Die Auseinandersetzung mit sexuellen Inhalten ist dabei nicht immer freiwillig, sondern wird durch Werbung oder Videos in Gruppenchats extern vorgegeben. Zielführend im Umgang mit diesen leicht zugänglichen sexuellen Inhalten ist eine hohe Medienkompetenz und ein früher, jeweils altersgerechter aufgeklärter Umgang mit Sexualität. Netzsperren oder staatliche Pornofilter lehnen wir als ineffizientes Instrument ab.

Vorschulzeit

Die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern soll um sexualpädagogische Inhalte ergänzt werden. Hierbei kann es vor allem darum gehen, wie auf die natürlichen Entdeckungsphasen der Kinder altersgerecht eingegangen werden kann oder für Missbrauchsanzeichen zu sensibilisieren.

Schulen

Der Sexualkundeunterricht beschränkt sich derzeit auf die Aufklärung über Fortpflanzung, Verhütung und teilweise noch Geschlechtskrankheiten. Dieses beschränkte Verständnis von Sexualität wird dem Bild, was Jugendliche medial von Sexualität vermittelt bekommen, nicht gerecht. Inhaltlich soll der Unterricht insofern um die Auseinandersetzung mit verschiedenen sexuellen Identitäten und Orientierungen, consensual education, Aufklärung über die Pornografiebranche und Medienkompetenzen ergänzt werden. Anlässlich der Petition „Schluss mit dem Jungfernhäutchen Mythos“ soll die BZgA ihre Materialien anhand zeitgemäßer wissenschaftlicher Standards formulieren und gestalten.

Durch den Anstieg der Verbreitung von Abbildungen sexuellen Missbrauchs an Kindern durch Jugendliche im Netz sollen Kooperationen mit der Polizei am Vorbild der Schweiz angestrebt werden, bei denen im Rahmen einer Schulstunde die Gefahren der Weiterleitung von Bildern und Videos im Internet und die damit einhergehende Strafbarkeit thematisiert werden.

Wissenschaft

Jugendliche können ungehindert auf pornografische Inhalte im Internet zugreifen. Im Alter von 13 Jahren haben 50% der Jungen und 15% der Mädchen einen Pornofilm gesehen, in einem Alter von 16 sind es 89% und 63%. Die Sexualforschung hat festgestellt, dass eigene sexuelle Grenzen dabei durchaus wahrgenommen werden und die Realität von der Fiktion unterschieden werden kann. Dennoch werden die aktuellen Entwicklungen weitestgehend als problematisch wahrgenommen, zumal lediglich Korrelationen statt Kausalitäten festgestellt und Statistiken durch die Illegalität der Zurverfügungstellung von Pornografie auch nur über Selbstbefragungen aufgestellt werden können. Da angenommen wird, dass ein zu hoher Pornografiekonsum wesentlichen Einfluss für den Verzicht auf zwischenmenschliche Beziehungen oder auch Suchtverhalten haben kann, sind Forschungsvorhaben mit diesen Inhalten zu fördern. Indessen muss auch eine derzeit nicht stattfindende Forschung zu positiven Effekten, wie beispielsweise einer höheren sexuellen Aufklärung und Toleranz, stattfinden.

Pornografie

Die Mainstream-Pornografie verbreitet sexuelle Inhalte, die den Inhalten der gesellschaftlichen sexuellen Aufklärung zuwiderlaufen. Safer Sex, Kommunikation und Konsens, die Darstellung von unterschiedlichen Körperbildern finden nicht statt. Das kann gerade in einer sexuellen Entdeckungsphase für große Unsicherheiten sorgen und unrealistische Vergleichsfaktoren schaffen. Gleichzeitig gibt es in der Pornografiebranche Initiativen zur Produktion von ethischer Pornografie, die diese wesentlichen Elemente der sexuellen Aufklärung in die Darstellung einbindet. Für diese Produktionen soll ein einmaliges Filmförderprogramm beim Deutschen Filminstitut oder der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgelegt werden. Voraussetzung für die Förderung ist, dass die Produktionen zusätzlich zu den genannten Werten eine sexualpädagogische Zielsetzung verfolgen und auch in sexualpädagogischer Betreuung hergestellt werden. Diese pornografischen Inhalte sollen ab 14 Jahren straffrei zugänglich gemacht werden dürfen. Selbiges gilt für ähnliche, privat finanzierte Projekte sofern die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, ergänzt um eine sexualpädagogische Expertise, diese Inhalte ab 14 Jahren freigegeben hat. Die Entscheidung ist begründungspflichtig und öffentlich einsehbar. In der Bundesprüfstelle soll keine religiöse Interessenvertretung mehr sitzen. Diese strafrechtliche Liberalisierung soll auch in die Forschung über jugendliche Sexualität und pornografische Medien einfließen.

Flexicurity – Arbeit neu denken

Flexibilität und Wahlfreiheit stellen einen Gewinn für denjenigen dar, der diese ausüben kann. Dies gilt insbesondere für die Koordination von Arbeit, da diese den Alltag prägt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern soll ermöglicht werden, ihre Erwerbstätigkeit um ihr Leben, nicht ihr Leben um die Erwerbstätigkeit herum zu planen. Arbeitgebern wollen wir die Option geben, rasch auf sich ändernde Rahmenbedingungen zu reagieren. Doch die Flexibilität des einen muss immer mit der Sicherheit für den anderen einhergehen, um zu einem Mehrwert für alle Beteiligten zu gelangen. Zu diesem Flexicurity-Ansatz haben wir Junge Liberale Niedersachsen uns bereits bekannt. Diesem Ansatz wollen wir Leben einhauchen.

Als Kern der Flexibilität für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstehen wir Junge Liberale Niedersachsen Gleitzeitautonomie, also die Aufhebung der arbeitszeitlichen Weisungsbefugnis des Arbeitgebers. Hierauf sollen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die grundsätzlich arbeitszeitunabhängig arbeiten können, einen Rechtsanspruch erhalten. Ein entsprechender Antrag kann vom Arbeitgeber nur abgelehnt werden, wenn er einen sachlichen Grund nachweisen kann. Die Beweislast hierfür liegt bei ihm. Der Rechtsanspruch ist bei einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag nicht durchsetzbar. Nach Ablauf einer zweijährigen Frist entfällt die Einwendung, sodass den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine zweite Chance gewährt wird. Dies sichert die Interessen des Arbeitgebers. Um zu starke einseitige Belastungen infolge von Mehr- oder Minderarbeit zu vermeiden und damit die Unabhängigkeit aller zu gewährleisten, ist grundsätzlich ein Zeitkonto zu führen, auf das Abweichungen von der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit eingezahlt werden. Das Stundensaldo dieses Kontos darf sowohl im negativen wie im positiven Bereich das Fünffache der regelmäßigen Wochenarbeitszeit nicht überschreiten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steht ein Rückkehrrecht aus der Gleitzeitautonomie zu.

Um wirkliche Flexibilität zu gewährleisten, sollen die Einschränkungen durch das Arbeitszeitgesetz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Gleitzeitautonomie gelockert werden. Sie sollen ihre tägliche Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden verlängern dürfen, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten im Durchschnitt acht Stunden nicht überschritten werden.

Außerdem können sie ihre Ruhezeit eigenverantwortlich auf bis zu neun Stunden absenken. Diese Änderung ermöglicht insbesondere Menschen, die durch ihre fa-miliären oder sozialen Verpflichtungen (Erziehung, Pflege eines Angehörigen, etc.) in der Planung ihres Tagesablaufs eingeschränkt sind, eine Vollzeittätigkeit wahrzunehmen. Höchstens einmal innerhalb von 14 Tagen darf die Ruhezeit weiter so gekürzt werden, dass zwei aufeinanderfolgende Ruhezeiten im Durchschnitt neun Stunden nicht unterschreiten.

Gemäß Europäischem Gerichtshof sind alle Arbeitszeiten zu erfassen. Hierfür fordern wir die Pflicht zu einer testatfähigen Dokumentation. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung liegt dabei weiterhin beim Arbeitgeber, der diese aber an die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer delegieren darf. In diesem Fall ist die EU-DSGVO so zu beachten, dass der Arbeitgeber nur im Rahmen berechtigter Interessen Einblick in die erfassten Arbeitszeiten nimmt.

Über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Überstunden sind dabei stets zu vergüten oder durch Freizeit auszugleichen. Auch eine Zwischenlagerung auf einem Zeitkonto ist möglich. Angeordnete Überstunden sind weiterhin mit einem Aufschlag von wenigstens 25% zu versehen. Dieser kann bis zu einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit inklusive Überstunden von 48 Stunden pauschal abgegolten werden. Darüber hinausgehende Überstunden müssen entsprechend beaufschlagt werden.

Parallel dazu sollen Arbeitgeber auch in die Lage versetzt werden, vereinbarte Arbeitszeit nach hinten schieben zu können, indem zunächst ein Freizeitausgleich für spätere Überstunden erfolgt. Für das Volumen des Freizeitausgleichs sind die Rahmenbedingungen des Zeitkontos zu berücksichtigen, um zu starke einseitige Belastungen zu vermeiden.

Nicht nur zeitlich, sondern auch örtlich besteht Bedarf nach flexibler Arbeitsgestaltung. Für 60% der Arbeitstage soll Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern daher ein Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten gewährt werden, wenn die Anforderungen der konkreten Arbeitsstelle ortsunabhängig gleichermaßen erfüllt werden können. Die Wahl, an welchen Wochentage mobil gearbeitet wird, erfolgt im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber.

Für Eltern mit Kindern gilt bis zum Beginn des dritten Lebensjahres die Möglichkeit 100% der Arbeitstage in mobiler Arbeit zu verbringen, außer es wird ein angemessenes Eltern-Kind-Büro zur Verfügung gestellt.

Für die Einrichtung von Eltern-Kind-Büros soll eine Kürzung des zu versteuernden Gewinns in Höhe des damit verbundenen Aufwands nach §9 GewStG  erfolgen.

Ein entsprechender Antrag kann vom Arbeitgeber nur abgelehnt werden, wenn er einen sachlichen Grund nachweisen kann. Die Beweislast hierfür liegt bei ihm. Der Rechtsanspruch ist bei einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag nicht durchsetzbar. Für Eltern ist eine vorsätzliche Pflichtverletzung erforderlich. Nach Ablauf einer zweijährigen Frist entfällt die Einwendung, sodass den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine zweite Chance gewährt wird.

Um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden und allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Arbeitsstelle mobiles Arbeiten zulässt, die Wahrnehmung zu ermöglichen, sollen arbeitsrechtliche Hürden bezüglich der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes für selbständig aufgesuchte Arbeitsorte außerhalb von Gebäuden des Arbeitgebers abgeschafft werden. Ob im eigenen Haushalt, im Zug oder am Strand – mobile Arbeit soll überall möglich sein.

Männer sind keine Patientinnen!

Inwiefern die Geschlechter einer unterschiedlichen medizinischen Versorgung bedürfen, ist wenig untersucht. Gleichzeitig wird vermutet, dass das Geschlecht ebenso wie das Alter auf den Verlauf und die Behandlung von Krankheiten einen Einfluss hat. Bekannt sind Unterschiede beispielsweise beim Herzinfarkt und bei der Osteoporose. Beide Krankheiten werden häufig nur mit einem Geschlecht assoziiert und zeigen andere Symptome beim unterrepräsentierten Geschlecht, was eine spätere Diagnose und unspezifischere Behandlung zur Folge hat. Ziel ist es auf lange Sicht durch eine personalisierte Medizin die bestmögliche Gesundheitsversorgung für das Individuum zu bieten.

Forschung und Lehre

Der Fokus zur Verbesserung der geschlechtsspezifischen medizinischen Versorgung liegt in der Erforschung weiterer Unterschiede. Bisher ist die Charité in Berlin das einzige Uniklinikum in Deutschland, was die geschlechtsspezifischen medizinischen Bedürfnisse erforscht und lehrt. Die Eröffnung weiterer Institute für Geschlechterforschung in der Medizin soll an anderen Universitätskliniken gefördert werden. Nur auf dieser Grundlage können wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden, die im Anschluss in die Lehre zu tragen sind. Unterstützend dazu sind medizinische Forschungsinstitute mit sozialwissenschaftlichen Instituten der Geschlechterforschung zu vernetzen.

Am kanadischen Vorbild sind bei medizinischen Forschungsprojekten zu einzelnen Krankheiten die Datensätze auch auf geschlechtsspezifische Unterschiede zu untersuchen. Da das ohnehin erhobene Daten betrifft, entsteht weder ein relevanter Mehraufwand noch eine zusätzliche Erhebung von Daten. Sollte ein Forschungsprojekt von vornherein nur ein Geschlecht untersuchen, ist diese Auswahl zumindest zu begründen.

Zulassung von Medikamenten

Der Prototyp von Testpersonen bei Zulassungsstudien von Medikamenten ist jung und männlich. Dadurch sind die Verträglichkeit, die Dosis und die Nebenwirkungen bei Frauen und älteren Menschen nicht sicher geklärt. Allerdings würde eine Einbeziehung dieser Personengruppen erhebliche Mehrkosten und ein größeres Gesundheitsrisiko bedeuten. Daher ist an der bisherigen Praxis auf der ersten und zweiten Stufe festzuhalten. Auf der dritten Stufe soll jedenfalls in den Bereichen, in denen geschlechtsspezifische Unterschiede bereits nachgewiesen sind, eine breitere Testung erforderlich sein. Auch sind Patientinnen und Patienten zu sensibilisieren, dass eine geringere Dosierung als in der Packungsbeilage angegeben empfehlenswert sein kann. Zusätzlich sollen das Bundesgesundheitsministerium und das Paul-Ehrlich Institut eine App zur Verfügung stellen über die Patientinnen und Patienten unter Nennung ihres Alters, Geschlechts, der Einnahme anderer Medikamente und Vorerkrankungen Nebenwirkungen angeben können. Um vor Missbräuchen zu schützen, können nur Menschen Angaben machen, die das Medikament tatsächlich verschrieben bekommen und sich durch einen QR-Code auf dem Rezept entsprechend identifiziert haben. Das soll zunächst bei häufig verschriebenen (rezeptpflichtigen) Medikamenten und bei allen neu eingeführten rezeptpflichtigen Medikamenten ausgetestet werden. Die Datensammlung dient nicht als repräsentative Studie, sondern soll bei Auffälligkeiten zur Unterstützung der medizinischen Forschung führen.

Psychische Erkrankungen

Die Diagnose von psychischen Erkrankungen und Störungen wird teilweise durch Geschlechterstereotype beeinträchtigt. So erfolgt die Diagnose von Autismus als Entwicklungsstörung oder ADHS als Verhaltensstörung bei Frauen erheblich später als bei Männern. Andere Fälle finden sich im Bereich der narzisstischen Persönlichkeitsstörung und bipolaren Störung. Erstere wird eher bei Männern, letztere eher bei Frauen diagnostiziert, obwohl sich die Symptome nicht wesentlich unterscheiden. Selbiges gilt für Burn-Outs und Depressionen. Die Verzögerung oder falsche Diagnosen können bei den Betroffenen zu Folgeerkrankungen und (weiteren) Depressionen führen. Es ist in der psychologischen Praxis und Ausbildung daher für den Einfluss von Geschlechterstereotypen zu sensibilisieren. Unterstützend kann für die Entscheidungsfindung mit Algorithmen oder Entscheidungsbäumen gearbeitet werden, die Symptome geschlechtsneutral auswerten. Durch die sensiblen Daten muss es sich dabei um ein datensicheres Angebot der öffentlichen Hand handeln.

Weiterhin fällt es vor allem Männern schwer, psychologische Hilfe anzunehmen. Hierfür gilt es gesellschaftliche Rollenbilder zu überkommen und mit einem liberal-feministischen Leitbild Akzeptanz zu schaffen. Geht es um psychologische Hilfe für ungewollt kinderlose Personen, fällt darüber hinaus auf, dass die Beratungsangebote auf Frauen zugeschnitten sind. Das Hilfsangebot ist auf Angebote für Männer zu erweitern.

Upgrade für die Wissenschaft in Niedersachsen – Hochschule 4.0

Will das Land Niedersachsen im Wettbewerb um die klügsten Köpfe wettbewerbsfähig bleiben und nicht abgehängt werden, muss der Hochschulstandort Niedersachsen endlich sein volles Potenzial ausschöpfen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Digitalisierung in den Hochschulen vernachlässigt wurde. Die Jungen Liberalen Niedersachsen sehen darum riesigen Nachholbedarf, denn die Corona-Pandemie und das Digitalsemester haben lediglich strukturelle Defizite in Forschung, Lehre und Verwaltung aufgedeckt, die vorher schon vorhanden waren. Deshalb setzen wir uns für eine dringend benötigte allumfassende und ambitionierte Digitalisierungsstrategie für die Hochschulen 4.0 am Wissenschaftsstandort Niedersachsen ein. Unsere Hochschulen müssen raus aus der Kreidezeit und endlich im 21. Jahrhundert ankommen!

Die Hochschule der Zukunft ist eine digitale Präsenzeinrichtung

Die Hochschulen der Zukunft sind digital. Lehre und Forschung sollen nach wie vor vorwiegend in Präsenz stattfinden und die persönliche Interaktion zwischen Forschenden, Lehrenden und Lernenden in den Fokus stellen. Insbesondere sollen Lehrveranstaltungen in Präsenz um digitale Angebote erweitert und ergänzt werden, wo es einen tatsächlichen Mehrwert für die Lehrenden und die Studierenden schafft und zu mehr Qualität und Innovation beiträgt. Digitale Hochschulen sind für uns Präsenzuniversitäten in einer digitalen Gesellschaft, Hochschulen sollen nicht zu Fernuniversitäten „um-digitalisiert“ werden. Analoge Konzepte können nicht einfach ins Digitale übertragen werden, andersherum sind digitale Formate nicht zwangsläufig analogen überlegen. Vielmehr muss Digitalisierung ganzheitlich gedacht werden.

Im Mittelpunkt steht der einzelne Lernende

Als liberale Jugendorganisation stellen wir das Individuum in das Zentrum der akademischen Lehre und Forschung. In einer sich immer rasanter verändernden Welt sind Flexibilität und Individualität im Studium ausschlaggebend für einen eigenverantwortlichen Selbstlernprozess der Studierenden – und das muss auch das Studium selbst widerspiegeln. Dabei erachten wir digitale Angebote und Prüfungs- und Studienordnungen mit Freiräumen als hilfreich.

In Anbetracht der Eigenverantwortung der Studierenden messen die Jungen Liberalen Niedersachsen der informationellen Selbstbestimmung und dem Datenschutz eine hohe Wichtigkeit bei. Daher befürworten wir dezentrale Datenspeicherung in Kombination mit Interoperabilität und Open Source-Entwicklungen. Einer digitalen Zukunft der Hochschulen, die von diesen Werten geleitet wird, blicken wir mit Optimismus entgegen.

IT-Infrastruktur und Ausstattung

Für digitale Hochschulen ist eine umfangreiche IT-Grundausstattung in Forschung, Lehre und Verwaltung nötig, die sowohl Hard- als auch Software einschließt. Ein entsprechend hoher Finanzbedarf ergibt sich daher für die Einrichtungen. Das Land Niedersachsen ist in der Pflicht, die Mehrkosten in geeigneter Weise in der Grundfinanzierung zu berücksichtigen. Bund und Länder sollen ergänzend für die Digitalisierung in Studium und Lehre einen Digitalpakt Hochschule verabschieden, der sowohl für technische als auch didaktische Innovationen genutzt werden kann. Hochschulen sollen sich zudem für Sponsoring durch Unternehmen öffnen.

Zur IT-Grundausstattung in den Hochschulen gehören neben Computern für Verwaltung und Forschung auch campusöffentliche Computer für die Studierenden, die anstelle von oder ergänzend zu eigenen Endgeräten genutzt werden können. Für letztere wiederum ist eine umfangreiche Ausstattung der Hochschulgebäude und insbesondere der Vorlesungssäle mit Steckdosen notwendig. Natürlich sollen die Hochschulen auch ein lückenloses, stabiles und zuverlässiges Campus-WLAN für alle Angehörigen anbieten. Hochschulen sollen in geeigneter Weise für Studierende, Lehrende und Mitarbeitende auch Mailing-, Cloud- und Messenger-Dienste, Campuslizenzen für Office-Dienste sowie allgemeine und fachspezifische Programme zur Verfügung stellen. Die digitale Hochschule eröffnet auch Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten und Arbeiten im Homeoffice. Entsprechend entwickelt sie geeignete IT-Sicherheits- und Datenschutzkonzepte.

Die verschiedenen Anforderungen an Hard- und Software sollen in einem Hochschulrechenzentrumgebündelt werden, das vorrangig aus Mitteln der Hochschule finanziert wird. Solche Hochschulrechenzentren können einzelne oder mehrere Hochschulen beliefern. Niedersächsische Hochschulrechenzentren sollen sich austauschen und ihre Dienste gegenseitig für alle niedersächsischen Hochschulangehörigen öffnen.

Hochschulen 4.0 spiegeln den digitalen Wandel auch räumlich wider. In der digitalen Zukunft stehen Interaktion und Kollaboration mehr im Vordergrund, daher werden neben Hörsälen, Seminarräumen und Einzelarbeitsplätzen Gruppenräume oder digital ausgestattete Coworking Spaces immer wichtiger. Hochschulen und ihre Bibliotheken sollen frühzeitig entsprechende Entwicklungen in ihren Bauplänen bedenken und bei der Gebäudeplanung auch didaktisch geschultes Personal hinzuziehen.

Wissensbeschaffung und Medienmanagement

Der Zugang zu Wissen ist elementarer Bestandteil für eine erfolgreiche Lehre und Forschung und damit auch für den Wettbewerb um die besten Ideen. Dementsprechend setzen sich die Jungen Liberalen Niedersachsen für eine Verbesserung der Wissensbeschaffung an allen Hochschulen und diese Chancengerechtigkeit ein.

Derzeit liegt ein recht unkoordiniertes Geflecht aus unterschiedlichen Katalogen und Inhalten vor, das die wissenschaftliche Recherche unnötig erschwert. Wir fordern daher die Vertreterinnen und Vertreter in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) dazu auf, einen gemeinsamen Katalog aller wissenschaftlichen Medien und Publikationen niedersächsischer und deutscher Hochschulen zu erstellen. Dabei soll das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Aufbau und die Erhaltung der notwendigen IT-Infrastruktur finanzieren. In der Bereitstellung von Medien muss weitergehend auch europäisch gedacht werden. Wir fordern daher, dass sich die Bundesregierung für ein europaweites System digitaler Fernleihen unter Kostenbeteiligung der Anfragenden einsetzt. Entgegenstehendes nationales Urheberrecht ist durch eine europäische Richtlinie zum vereinfachten Zugang zu Wissen im Binnenmarkt für Hochschulen eine großzügige Bereichsausnahme für Wissenschaft und Forschung einzuräumen. Die Interessen der Rechteinhaber sind entsprechend finanziell zu berücksichtigen. Das Auffinden von Medien, welche die eigene Hochschule nicht besitzt, darf nicht mehr als einen Klick entfernt sein.

Zudem sollen Hochschulen vermehrt in digitale Medien investieren und Schritt für Schritt Präsenzbestände von Büchern durch Campus- und Heimzugänge um digitale Medien erweitern. Die Finanzmittel für Lizenzen sind den Hochschulen in Niedersachsen durch eine langfristige Mittelplanung durch das Land Niedersachsen unter Kostenbeteiligung des Bundes zur Verfügung zu stellen. Wir fordern zudem die Bundesregierung auf, bestehende Wissenschaftsdatenbanken, die kommerziell geführt werden, unter dem Gesichtspunkt des Kartellrechts zu überprüfen. Wir verlangen darüber hinaus, das Urheberrecht dahingehend anzupassen, dass ein Mindestzugang zu Wissen zum Zweck der Wissenschaft und Forschung gewährleistet wird. Regelungen, die einer Digitalisierung, automatischen Auswertungen und digitalen Fernleihen für den öffentlichen wissenschaftlichen Gebrauch entgegenstehen, sollen aufgehoben bzw. abgeschwächt werden. Zusätzlich soll der Bund die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen als Open Access fördern. Dazu sollen die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Plan S auf EU-Ebene und das Projekt DEAL auf nationaler Ebene finanziell und ideell unterstützt werden.

Digitales Lehren und Lernen

Studierende an Hochschulen müssen sowohl für die gesellschaftliche Teilhabe als auch für ihre berufliche Zukunft vorbereitet werden und daher digitale Kompetenzen erwerben. Um diese Kompetenzen zu vermitteln, sollen digitalisierungsbezogene Inhalte in die Hochschullehre und die akademische Lehrerbildung integriert werden. Relevante Kompetenzen sind dabei nicht nur die sachgemäße Nutzung von Hardware, sondern auch das Lernen mit digitalen Medien, über digitale Medien sowie die Reflexion der Digitalisierung und deren Auswirkung auf die Gesellschaft. Diesem umfassenden Verständnis von digitalisierungsbezogenen Kompetenzen wird im Studium noch kaum Rechnung getragen. Über diese Basiskompetenzen hinaus benötigen Studierende Kompetenzen zu fachspezifischer Technologie und Wissen über den Einfluss der Digitalisierung auf ihr zukünftiges Berufsfeld. Diese Inhalte können die Lehrenden an Hochschulen nur vermitteln, wenn sie regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen und sich über allgemeine wie auch fachspezifische Technologien auf dem Laufenden halten. Digitalisierungsbezogene Kompetenzen sollen verpflichtend und spezifisch in jedem Studiengang vermittelt werden. Die curricularen Veränderungen sollen auf Basis der Strategie zur Bildung in der digitalen Welt der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2016 und Empfehlungen von Expertinnen und Experten zum Curriculum 4.0 und Future Skills durch die Hochschulen umgesetzt werden.

Neben dem Aufbau der digitalisierungsbezogenen Kompetenzen wird der fächer- und seminarübergreifende Einsatz digitaler Medien im Studium in Form pädagogisch sinnvoller Lernsettings angestrebt. Digitale Medien können die tiefere Auseinandersetzung mit Inhalten fördern, wie sie gerade im Studium gefordert wird. Durch Vorlesungsaufzeichnungen, Massive Open Online Courses (MOOCs), Online-Übungen und -Workshops sollen Studierende ihre Lernsettings selbst bestimmen können. Das orts- und zeitsouveräne Lernen ermöglicht die nötige Flexibilität, die vor allem im Sinne der Inklusion mobilitätseingeschränkter oder pflegender bzw. betreuender Studierender benötigt wird. Darüber hinaus profitieren auch berufstätige oder internationale Studierende von einem so digital unterstützten Studium. Wir fordern Bund und Länder auf, den Austausch von Lehrinhalten zwischen Hochschulen zu fördern und dazu eine nationale virtuelle Hochschuleeinzurichten. Die Inhalte sollen für Studierende frei zugänglich gemacht werden. Dozierende in den Hochschulen schaffen Inhalte und stellen sie bereit, die Qualitätssicherung erfolgt im Peer-Review-Verfahren. Das BMBF soll die digitale Infrastruktur aufbauen und erhalten. Hochschulen sollen zusätzliche Finanzmittel erhalten, wenn ihre freien Online-Veranstaltungen überdurchschnittlich oft besucht werden.

Als Konsequenz zu digitalen Seminaren sollen auch digitale Prüfungsformen angeboten werden. E-Klausuren und adaptive Tests sollen dort angeboten werden, wo sie didaktisch sinnvoll sind. In jedem Fall soll es Studierenden bei Hausarbeiten oder Berichten möglich sein, die Leistungen in Form von getippten statt handschriftlichen Dokumenten einzureichen. Außerdem soll auch immer eine digitale Abgabe möglich sein. Wir sehen in diesen Punkten die Hochschulen im Kompetenzrahmen ihrer Selbstverwaltung in der Verantwortung, Zukunft durch die Anpassung von Prüfungs- und Studienordnungen zu gestalten.

Digitale Studienorganisation und Studierendenverwaltung

Zusätzlich zum digitalen Lehren und Lernen spielen auch digitale Studienservices eine wichtige Rolle. Die Digitalisierung der eigenen Studienorganisation und der hochschulischen Studierendenverwaltung bieten großes Potenzial für die Lernenden und für die Prozessoptimierung der Einrichtung.

Alle Hochschulen sollen Lernmanagementsysteme einführen und sukzessive ausweiten, um neben den grundlegenden Funktionen wie Kursanmeldungen, Abrufen von Dokumenten und Dateien oder der Gruppenorganisation auch Möglichkeiten für die digitale Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden sowie unter den Studierenden sowie zum Aufzeichnen und Anschauen von Lehrveranstaltungen anzubieten. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern die Hochschulen auf, eine Campus-App einzuführen, welche über die Funktionalitäten des Lernmanagementsystems hinaus alle digitalen Services der Hochschule und ihrer Partnereinrichtungen wie den Studierendenwerken bündelt (z.B. Online-Lageplan, Raumbuchungen, Termine bei der Studienberatung oder der Studienfinanzierung). Außerdem sollen die Hochschulen eine elektronische Prüfungsverwaltungsplattform einführen, über die An- und Abmeldungen sowie die Leistungsübersicht der Studierenden erfolgen kann. Auch die digitale Prüfungseinsicht soll über eine solche Plattform möglich sein. Wir fordern die Hochschulen auf, Abschlusszeugnisse digital auszustellen, sie mit einer individuellen digitalen Signatur zu versehen und auch digitale Abschlusszeugnisse in ihren Bewerbungsverfahren zu akzeptieren. Wenn Abschlusszeugnisse von allgemein- und berufsbildenden Schulen folgen, können so Bewerbungsverfahren beschleunigt werden.

Außerdem fordern wir einen digitalen europäischen Studierendenausweis als App. Der digitale Ausweis soll Studierenden Lernmobilität innerhalb von Europa ermöglichen, Verwaltungsaufwand reduzieren und papierlose Prozesse etablieren. Ferner soll er Zahlungsmöglichkeit bei universitären Dienstleistern, Zugangskarte zu Hochschulgebäuden sowie auch zum digitalen Transfer von Studieninformationen dienen. Daten sollen dezentral am Hochschulstandort gespeichert werden und durch den Studierenden online für dritte Einrichtungen freigegeben werden können. Neben der App-Lösung sollen Studierende aber auch die alternative Möglichkeit einer Chipkarte als Studienausweis nutzen können. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern die Bundesregierung auf, auf ein EU-weites Programm für eine so beschriebene Ausweitung der European Student Card hinzuwirken oder alternativ eine nationale Ausschreibung für eine solche Studienausweis-App zu starten.

Digital forschen und Digitales erforschen

Neben dem neuen Lehren und Lernen in den Hochschulen der Zukunft soll auch die Forschung digitaler werden. Dabei spielt unter anderem eine nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) eine wesentliche Rolle, die perspektivisch zu einer europäischen Infrastruktur ausgebaut werden soll. Daher soll der Bund die aktuellen Bestrebungen zum Aufbau der NFDI in den Fachcommunities weiterhin unterstützen und verstärkt vorantreiben. Neben finanziellen Zuwendungen durch das BMBF, die in einem wissenschaftsbasierten Verfahren durch die DFG vergeben werden, soll die Bundesregierung innerhalb der EU den Aufbau der europäischen Forschungsdateninfrastruktur (European Research Data Network) forcieren. Die Bundesländer sollen in ihren Zielvereinbarungen mit den Hochschulen die Nutzung und Erweiterung der NFDI durch die Hochschulen benennen und Anreize für Forschende schaffen, um die Infrastruktur in die Breite auszurollen.

Wir fordern die Bundesregierung auf, sich künftig für die Einrichtung einer EU-weiten Projektdatenbankeinzusetzen, in die sich europaweit Forschende wie bspw. Doktoranden mit ihren jeweiligen Projekten eintragen können. Dies soll zum einen Kontaktmöglichkeiten zwischen Forscherinnen und Forscher aus den Nationalstaaten ermöglichen und kann zum anderen auch dazu dienen, Forschungsprojekte voneinander abzugrenzen. Das Anliegen kann in einer Neuauflage des EU-Förderprogramms für Forschung und Innovation Horizon umgesetzt werden.

Darüber hinaus soll nicht nur digitaler, das heißt unter Ausnutzung digitaler Infrastruktur und Methoden, geforscht werden, sondern es soll auch die Digitalisierung als gesellschaftlicher Wandel in all ihren Facetten untersucht werden. Neben der Grundlagenforschung in der Informatik und anwendungsorientierten Entwicklungen in den sogenannten Bindestrich-Informatiken sollen auch ökonomische, soziale und ökologische Auswirkungen der Digitalisierung betrachtet werden. In diesem Sinne sollen die verschiedenen Initiativen auf Bundes- und Länderebene zur Entstehung von Digitalisierungsprofessuren gestärkt werden. Um die fähigsten Kandidatinnen und Kandidaten für die Lehrstühle gewinnen zu können, muss die Flexibilisierung der W-Besoldungs- und Beschäftigungsmodelle durch die Landesregierungen angegangen werden.

Selbstverwaltung in der digitalen Hochschule

Der digitale Wandel zeichnet sich durch schnelle Veränderungen aus, auf die Hochschulen mit ihren feudalen Verwaltungsstrukturen nur schlecht reagieren können. Um das Potenzial der Studierenden als Lernende und Digital Natives zu nutzen, ist es nötig, das Mitspracherecht der Studierenden in allen Belangen der Digitalisierung im Bereich Studium und Lehre zu stärken. Zu diesem Zwecke sollen Institutionen wie ein studentischer Vizepräsident oder ein Student Digital Officer geschaffen werden, die der Hochschulleitung als Ansprechpartner auf Studierendenseite bereitstehen. In Bezug auf den Datenschutz sollen Studierenden unbedingt in alle Prozesse eingebunden werden, in denen Studierendendaten verarbeitet werden. Solche studentischen Datenschutzvertreterinnen und -vertreter sollen mit einem Veto-Recht ausgestattet werden.

Digitale Hochschulen benötigen darüber hinaus eine benannte Ansprechperson im Hochschulpräsidium(z.B. hauptberuflicher Vizepräsident für Infrastrukturen und Digitalisierung), die strategisch für die digitale Transformation der Einrichtung verantwortlich zeichnet. Ergänzend soll ein Chief Information Officer (CIO)als Verantwortlicher für die Digitalisierung an der Hochschule fungieren und dem Hochschulrechenzentrum vorstehen. Bei der Digitalisierung der Hochschulen sollen selbstverständlich auch Strukturen und Prozesse der Verwaltung digitalisiert werden. Dazu gehören neben internen Verwaltungsprozessen wie Reisekostenabrechnungen auch die Durchführung von Online-Wahlen und die Möglichkeit zu virtuellen Gremiensitzungen. Hochschulen sollen im Rahmen ihrer Selbstverwaltungskompetenz entsprechende Ordnungen dahingehend anpassen.

Gegen den Schlussstrich! Für eine Erinnerungskultur, die Nazis weinen lässt!

Über 75 Jahre nach der Schoah, dem grausamen Völkermord der Nationalsozialisten an den europäischen Juden, scheinen Antisemitismus und Rassismus in Deutschland wieder salonfähig zu werden. Aufgrund der wachsenden zeitlichen Distanz kommen weite Teile der Gesellschaft kaum noch in Berührung mit diesem wichtigen Thema, geschweige denn, dass sie sich aktiv mit ihm auseinandersetzen. Häufig ist die Rede von einem Schlussstrich oder einer erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad. Als liberale und offene Gesellschaft dürfen wir dies nicht hinnehmen. Wir wollen keinen Schlussstrich ziehen, sondern der Verantwortung gerecht werden, die sich aus der Geschichte, aber auch aus unseren liberalen Werten ergibt. Wir setzen uns auch zukünftig für eine lebendige Erinnerungskultur und mehr Räume der Begegnung ein. Die Jungen Liberalen fordern deshalb:

  • mindestens einen Besuch in einer KZ-Gedenkstätte für alle Schülerinnen und Schüler während der Sekundarstufe I. Dies soll durch eine angemessene Vor- und Nachbereitung des Besuchs begleitet werden. So sollen die Schülerinnen und Schüler insbesondere hinsichtlich des historischen und politischen Kontexts auf den bevorstehenden Besuch vorbereitet werden, um anschließend das Erlebte und ihre individuellen Erfahrungen hiermit gemeinsam zu reflektieren und kritisch zu diskutieren.
  • angesichts der schwindenden Zahl von Zeitzeugenberichten sollen Schülerinnen und Schüler zu Zweitzeuginnen und -zeugen ausgebildet werden. Im Rahmen von in den Lehrplan integrierten Workshops sollen sie gemeinsam mit Zeitzeuginnen und -zeugen sowie Überlebenden der Schoah ins Gespräch kommen, um mit ihnen und über sie und ihre Einzelschicksale zu lernen, solange dies noch möglich ist.
  • die stärkere Förderung und Einbindung kreativer digitaler Konzepte in den Unterricht, ggf. auch als eigene Schul- oder Klassenprojekte, um auch zukünftigen Generationen die Begegnung und Auseinandersetzung mit Zeitzeuginnen und -zeugen zu ermöglichen. Beispiele hierfür können etwa die Schaffung virtueller Zeitzeuginnen und -zeugen durch augmented reality, oder die Produktion von Social-Media-Content in Zusammenarbeit mit Historikerinnen und Historikern sein. Hierdurch soll eine neue Art der Interaktion geschaffen werden, um Geschichte erlebbar zu machen und neue Zielgruppen anzusprechen.
  • den Ausbau von Partnerschaften und des Schüleraustauschs zwischen niedersächsischen und israelischen Schulen. Das Land Niedersachsen soll den Schulen hierbei vermittelnd zur Seite stehen und den Schüleraustausch finanziell unterstützen. So sollen der internationale Kontakt und die deutsch-israelische Freundschaft gestärkt werden.
  • mehr Möglichkeiten der Begegnung mit jüdischem Leben in Deutschland. Hierzu sollen Kooperationen zwischen Schulen und lokalen jüdischen Organisationen und Gemeinden vorangetrieben und ausgebaut werden. Im Rahmen von Schulprojekten sollen die Schülerinnen und Schüler mehr über das Leben als Jüdin oder Jude, die jüdische Kultur sowie die Geschichte des Judentums und des jüdischen Volkes lernen und nicht zuletzt auch mit Menschen jüdischen Glaubens selbst ins Gespräch kommen. Hierdurch sollen Vorurteile abgebaut und Empathie aufgebaut werden.

Legalize it – Eine liberale Drogenpolitik

Die bisherige Drogenpolitik ist gescheitert. Der Versuch, den Handel und Konsum von Drogen zu verbieten, kostet die Menschheit jährlich tausende Tote. Anstatt der Kriminalisierung der Selbstbestimmung über den eigenen Körper fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen daher:

  • Die Legalisierung des Konsums ausnahmslos aller Drogen für Volljährige
  • Die Legalisierung des Verkaufs von Drogen von staatlich lizensierten Unternehmen
  • Die Legalisierung des lizenfreien Anbaus von Cannabis für den Eigenbedarf lizensierten Unternehmen

Your Body, Your Choice

Für uns ist klar: Selbstbestimmung ist uns in allen Belangen wichtig. Dazu gehört auch der eigenverantwortliche Konsum von Drogen, die über Alkohol, Tabak und Cannabis hinausgehen. Zwar überwiegt der Schaden des Drogenkonsums meistens seinen Nutzen, dennoch ist die Kriminalisierung einer individuellen Entscheidung über den eigenen Körper, die keinem weiteren Individuum schadet, falsch. Daher sollen alle volljährigen Bürger, ohne strafrechtliche Verfolgung, Drogen konsumieren dürfen.

Keine Chance für den Schwarzmarkt

Der illegale Verkauf von Drogen auf dem Schwarzmarkt soll weiter verboten bleiben. Doch um gestreckte Drogen aus dem Verkehr zu ziehen und dem Konsumenten einen garantierten Safer Use zu ermöglichen, sollen Drogen auf Reinheit geprüft und von staatlich lizensierten Unternehmen und Einrichtungen verkauft werden dürfen. Damit der Schwarzmarkt vom lizensierten Markt verdrängt wird, soll keine zusätzliche „Erziehungssteuer“ auf verkaufte Produkte anfallen.

Kontrollierter Konsum

Es müssen Räume für kontrollierten Konsum geschaffen werden, in denen Drogen konsumiert werden können, ohne dass andere Mitbürgerinnen und -bürger gestört werden.

Prävention statt Prohibition

Eine Überlastung des Gesundheitssystems soll verhindert werden. Es muss Apotheken und ähnlichen Einrichtungen erlaubt sein, dem Konsumenten ein Drugchecking der Substanzen anzubieten. Um dem Missbrauch von Drogen in der Bevölkerung weiter vorzubeugen, sollen präventive Maßnahmen und Aufklärung über Drogenkonsum und Missbrauch in der Bevölkerung und insbesondere an Schulen ausgebaut werden. Hierzu sollen die zu erwartenden Einnahmen aus der Mehrwertsteuer 1:1 in Maßnahmen der Drogenprävention investiert werden. Illegaler Verkauf an Drogen Drogenhotspots sollen darüber hinaus verstärkt Streetworker und Beratungsstellen tätig werden, um die möglichen Schäden einer Legalisierung zu kompensieren. Illegaler Verkauf an Drogen von nicht lizensierten Händlern und die Abgabe an unter 18-Jährige muss dementsprechend strikt verfolgt werden.

Verkauf von Drogen

Drogen sollten nicht an Orten angeboten und verkauft werden, wo Minderjährige Zugang haben.

Härtere Drogen sollen nach einer vorheriger Beratung durch einen Fachkundigen in Apotheken erhältlich werden.

Keine Subventionen für Antisemitismus

Die BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) Bewegung verneint das Existenzrecht Israels und fordert eine internationale Isolation dieses Staats. Am 17. Mai 2019 wurde die Resolution „BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen“ im Bundestag verabschiedet, welche feststellt, dass die BDS Bewegung antisemitisch motiviert ist und daher die Förderung der BDS Bewegung durch Bundesmittel verbietet.

Am 10. Dezember 2020, dem ersten Tag des Chanukka Fests, veröffentlichte eine Reihe bedeutender staatlicher Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland die Initiative GG 5.3 Weltoffenheit. In diesem Positionspapier kritisieren die Initiatoren und Unterstützer die Resolution gegen den BDS, da sie die Freiheit von Kunst und Wissenschaft einschränken würde. Dieser Initiative folgte am 17. Dezember 2020 ein offener Brief mit dem Titel Wir können nur ändern, was wir konfrontieren, der von über eintausend Kunstschaffenden und Akademikern unterschrieben wurde, in welchem die Initiative GG 5.3 Weltoffenheit begrüßt wird.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen lehnen jede Form von Antisemitismus ab und bekennen sich zur Resolution gegen den BDS vom 17. Mai 2019.

Wer in den bezahlten Dialog mit Antisemiten gehen möchte, sollte keine Förderung durch den deutschen Steuerzahler erwarten. Daher fordern wir den Niedersächsischen Landtag auf, dem Bundestag zu folgen und eine Resolution gegen den BDS auf Landesebene zu verabschieden. Diese muss beinhalten:

  • Eine eindeutige Ablehnung von jeder Form von Antisemitismus und ein klares Bekenntnis zu konsequentem Handeln gegen jede Form von Antisemitismus. Dies inkludiert insbesondere die Aufforderung an die Landesregierung, weiterhin die Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus zu unterstützen.
  • Die Zusage keiner Organisation, die sich antisemitisch äußert oder das Existenzrecht Israels in Frage stellt, Räumlichkeiten oder Einrichtungen unter Landtagsverwaltung zur Verfügung zu stellen.
  • Die Einstufung der BDS–Bewegung als antisemitische Bewegung.
  • Die Aufforderung an die Landesregierung keine Veranstaltungen der BDS–Bewegung oder Gruppierungen, die deren Ziele aktiv verfolgen, zu unterstützen.
  • Ein Bekenntnis Organisationen, die das Existenz-Recht Israels in Frage stellen nicht durch Landesmittel finanziell zu fördern.
  • Ein Bekenntnis Projekte, die die BDS Bewegung oder ihre Ziele aktiv unterstützt, nicht durch Landesmittel finanziell zu fördern.

Des Weiteren fordern wir die Niedersächsischen Kommunen auf sich diesen Maßnahmen anzuschließen. Dieser Aufforderung soll sich der Niedersächsischen Landtag in seiner Resolution gegen den BDS anschließen.