Emissionshandel endlich etablieren – der Umwelt einen Preis geben!

In Zeiten der Bedrohung unseres Planeten durch den menschengemachten Klimawandel ist es wichtig, diesen zu bekämpfen und so die Erde für viele weitere Generationen lebenswert zu erhalten. Dabei ist der Klimaschutz nicht nur nationale, sondern auch europäische und internationale Aufgabe. Mit dem Klimaabkommen von Paris ist ein guter Anfang gemacht, jedoch fehlt oft der tatsächliche, finanzielle Anreiz zum Klimaschutz. Der Europäische Emissionshandel EU ETS (European Union Emissions Trading System) ist trotz der dritten Handelsperiode noch nicht ausreichend, um echte Anreize Emissionen einzusparen zu schaffen. Deswegen setzen sich die Jungen Liberalen für die Etablierung des internationalen Emissionshandels ein und fordern eine Reform des bestehenden EU ETS.

Für die dritte Handelsperiode (2013 bis 2020) befinden sich 15,6 Milliarden Zertifikate im Umlauf, wobei ein Zertifikat für eine Tonne emittiertes Treibhausgas steht. Diese 15,6 Milliarden werden abnehmend auf die Jahre verteilt. Im EU ETS wird durch ein Cap, einer Deckelung der ausgegeben Zertifikate, reguliert, wie viel Treibhausgase die EU ausstößt. Hierbei wird durch die jährliche Anpassung der Cap über den linearen Reduktionsfaktor (LRF) ein sinkendes Niveau erreicht. Dieser LRF ist allerdings zu gering.

Wir plädieren für einen Fortbestand des Caps, jedoch muss dieser durch eine neue Berechnung und Erfassung der Emissionen der EU neu definiert werden. Die Zertifikatmenge muss zu Beginn der Handelsperiode den Emissionsausstoß der Europäischen Union deckeln und nicht den Stand der jetzigen Zertifikatsmenge wiederspiegeln. Der dann in Kraft tretende LRF muss, um effektiv auf das Klima Auswirkungen zu zeigen, größer als 3% sein. Bisher liegt der LRF bei maximal 2,2%. Dadurch streben wir auch eine Veränderung der Martkstabilitätsreserve (MSR) an. Die MSR soll zukünftig nur noch die Menge an Zertifikaten enthalten, die in einem Jahr durch den LRF abgebaut werden. Eine Ansammlung großer Reserven wie bisher vorgesehen ist nicht zielführend. Jedoch ist der Erhalt der MSR wichtig, um Zeiten großer industrieller Auslastung oder hohen Zuwanderungsraten abzufedern.

Um langfristig gesehen den Anreiz zu schaffen, eine 100%-ige Deckung der Emissionen durch Zertifikate zu erreichen, müssen schrittweise die erfassten Emittenten, d.h. alle emissionsausstoßenden Fertigungs- und Transportzweige ergänzt werden. Heute liegt die Quote der Erfassung von Emissionen im EU ETS nur bei 45%. Dabei ist besonders der Einbezug des Schiffverkehrs zu beachten und mit hoher Priorität zu sehen, um eine größere Abdeckung zu erreichen. Durch eine 100%-ige Zertifikatsdeckung kann auch die Energie- und KFZ-Steuer ersetzt werden, da durch die Zertifikatspflicht der Emittent die Treibhausgasemissionen erfasst und bepreist werden. Hierzu müssen Emissionen anders bewertet werden. Als neue Berechnungsgrundlage muss der Energieträger (Kohle, Benzin, Kerosin, Öl etc.), der z.B. bei der Energiegewinnung Emissionen erzeugt wird, und nicht wie bisher die Verwendung des Rohstoffs ausschlaggebend sein. Für den Individualverkehr müssen die Zertifikate direkt von den Produzenten oder Herstellern der Brennstoffe erworben werden. Diese geben dann die Kosten an die Verbraucher weiter. Eine Ausnahme von der Emissions-Zertifikatspflicht soll es nur im Innovationssektor, also Forschungseinrichtungen, der Raumfahrt und für Start-Ups geben. Weiterhin soll es für in die EU umsiedelnde emittierende Unternehmen eine Schonfrist geben, die gemessen an der Gesamtemission des Unternehmens ausgerechnet wird und maximal 5 Jahre betragen darf.

Um einen Handel sinnvoll zu gestalten, muss auf Schenkungen jeglicher Art verzichtet werden, sodass Zertifikate ausschließlich von der EU versteigert werden und anschließend von den Unternehmen frei gehandelt werden. Der EU ETS soll sich dynamisch und an technischen Neuerungen angelehnt verändern. So besteht auch weiterhin die Möglichkeit durch Offsetting Zertifikate zu generieren, grundsätzlich jedoch ohne dabei die Cap zu verschieben. Offsetting ist die Möglichkeit durch aktive CO2 Bindung oder Entfernung (z.B. durch Asphalt, Waldprojekte, Klimaschutzprojekte, CO2 Bindungsanlagen) die Menge an CO2, manchmal erst langfristig, zu verringern. Zunächst bleibt die Cap unverändert und nicht ausgegebene Zertifikate werden durch Offsetting-Zertifikate ersetzt. Sind alle Zertifikate ausgegeben, so sollte es trotzdem möglich sein, dass Unternehmen Offsetting-Zertifikate erhalten, da diese eine zuverlässige Einnahmequelle sein sollten. Der Netto-Gesamtausstoß würde dadurch nicht steigen, da diese zusätzlichen Zertifikate nur mit einer Emissionsbindung einhergehen können. Langfristig soll bei Erreichen von weltweiter CO2-Neutralität ein Ausstoßen von CO2 nur noch durch den Erwerb von mittels Offsetting generierten Zertifikaten möglich sein.

Klimaschutz muss stets internationale Aufgabe sein. Nationale Alleingänge bzw. Enthaltungen gefährden den Gesamterfolg der bisher bestehenden Systeme. Deshalb setzen sich die Jungen Liberalen für die internationale Etablierung eines Emissionszertifikatssystems ein.

Wir wollen zunächst, für den Erfolg des Emissionshandelssystems zwingend notwendige, Obergrenzen an ausgegebenen Zertifikaten auf nationaler Ebene (bzw. im EWR auf europäischer Ebene) einführen, dabei aber als langfristiges Ziel vor Augen haben, die Obergrenzen an ausgegebenen Zertifikaten auf internationaler Ebene zu beschließen. Dabei ist uns wichtig, dass umfassender Handel im Rahmen eines offenen und freien Marktes möglich ist.

Da die Etablierung bzw. der Ausbau eines Emissionshandelssystems mit erheblichem finanziellen und organisatorischem Aufwand verbunden ist, soll für die Bewältigung dieser und weiteren, in direktem Zusammenhang mit der Einführung des Systems stehenden Aufgaben, eine internationale Koordinierungsstelle geschaffen werden. Diese Stelle muss zur Erfüllung ihrer Aufgaben ausreichend finanziell ausgestattet sein, der finanzielle Bedarf wird durch Mittel aus der Zertifikatsversteigerung gedeckt.

Die restlichen Mittel sollen dezentral auf die Mitgliedstaaten des internationalen ETS verteilt werden und von diesen in Umweltschutz, Erforschung klimafreundlicher Technologien und Anpassungsmaßnahmen zur Minderung der Klimaschäden (z.B. der Bau von Dämmen) investiert werden. Der Verteilungsschlüssel sollte dabei Entwicklungsländer und Länder mit hohen Emissionsmengen mit höheren Mitteln besehen. Über die korrekte Verwendung der Mittel muss international gewacht werden und bei Verstößen haben Strafzahlungen zu erfolgen.

Uns ist bewusst, dass der Klimaschutz meist für Unternehmen eher mit Kosten, ohne direkten bzw. konkreten ökonomischen Nutzen verbunden ist. Dementsprechend scheint auf den ersten Blick die Mitwirkung am internationalen Emissionshandel für viele Nationen unattraktiv. Um den Erfolg bzw. den Nutzen des Systems nicht zu gefährden, sehen wir uns gezwungen, Anreize für die Mitwirkung von Nationen zu liefern. Insbesondere manche Schwellen- und Entwicklungsländer emittieren stetig erhöhte Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre. Wir erkennen an, dass dies im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklung teilweise nicht bzw. nur schwierig vermeidbar ist und diese Staaten bislang relativ wenig Emissionen produziert haben. Dies wollen wir entsprechend berücksichtigen, dennoch ist eine Totalverweigerung der Mitwirkung dieser Staaten am System des Emissionshandels nicht akzeptabel. Deshalb setzen wir uns dafür ein, diesen sich verweigernden Staaten Mittel zur Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen bzw. im Extremfall vollständig zu entziehen. Wir wollen uns dafür einsetzen, Mittel zur Entwicklungszusammenarbeit nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern in Form von projektorientierter Hilfe, ggf. in Form der Vergabe von Zertifikaten des Emissionshandelssystems, umzusetzen. Dabei darf allerdings die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder durch das Emissionshandelssystem nicht übermäßig beeinträchtigt werden, dies muss in diesem Rahmen stets berücksichtigt werden. Um Staaten, die nicht auf Entwicklungszusammenarbeit angewiesen sind, zur Zusammenarbeit im Rahmen des Emissionshandels zu bewegen, wollen wir uns dafür einsetzen, den Beitritt zu (Frei-)Handelsabkommen von der Mitwirkung am Emissionshandel abhängig zu machen. Dies soll als zusätzlicher Motivator dienen.

“Um Himmels Willen” – Diskriminierung im kirchlichen Arbeitsrecht stoppen!

Auch heutzutage genießen die katholische und die evangelische Kirche in unserer Gesellschaft immer noch Sonderrechte. Hierfür darf jedoch in einem weltanschaulich und religiös neutralen Staat kein Raum mehr sein. Ein prominentes Beispiel für eine solche herausstehende Rolle der größten Glaubensgemeinschaften Deutschlands ist das kirchliche Arbeitsrecht, das für Glaubensgemeinschaften und deren zugeordnete religiöse Vereine gilt. Dieses benachteiligt jedoch Beschäftigte dieser Institutionen und ist im liberalen Sinne nicht tragbar. Die Kirchen, sowie ihre angeschlossenen Organisationen, wie z.B. die Caritas oder die Diakonie gelten in Deutschland als zweitgrößter Arbeitgeber mit über 2 Millionen Beschäftigten. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirche darf allerdings kein Freibrief für nicht-verfassungsgemäßes Handeln sein.

Kirchliche Arbeitgeber stellen bei gleicher Eignung bevorzugt Arbeitnehmer ein, die der Konfession der Arbeitgeber entsprechen (katholisch/ evangelisch). Dies birgt jedoch Möglichkeiten der Diskriminierung gegen Bewerber, die nicht der eigenen Konfession entsprechen. Dies würden bei keinem anderen Arbeitgeber geduldet. Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen, dass die Konfession von Bewerbern im Bewerbungs- und Einstellungsprozess kein Grund für eine Einstellungszu- bzw. absage sein darf.

Die Frage, ob kirchenrechtlich Beschäftigte in ihrem (außerdienstlichen) Verhalten mit den Grundsätzen der Kirchen übereinstimmen, darf erst recht in der heutigen Zeit kein Maßstab für die Einleitung und Durchführung sich gegen den Beschäftigten richtende arbeitsrechtliche Maßnahmen (z.B. Abmahnung, Kündigung) sein. Auch müssen Einstellungsentscheidungen ohne Diskriminierung von Bewerbern durch kirchliche Glaubensvorstellungen getroffen werden. Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen konkret, dass:

  • die sexuelle Orientierung und das nicht direkt mit der Arbeit in Zusammenhang stehende sexuelle Verhalten von (potentiellen) Mitarbeitern
  • außerdienstliche Meinungsäußerungen (z.B. die Befürwortung von Schwangerschaftsabbrüchen) durch (potentielle) Mitarbeiter
  • private Lebensentscheidungen (potentieller) Mitarbeiter (z.B. Heirat, Scheidung, Wiederheirat)
  • die Zugehörigkeit bzw. der Aus- oder Eintritt in eine Glaubensgemeinschaft

nicht als Grund für die Einleitung bzw. Durchführung arbeitsrechtlicher Maßnahmen gegen (potentiell) unter den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts Beschäftigten geltend gemacht werden dürfen.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen erkennen an, dass für bestimmte Verwendungsbereiche innerhalb der Kirche (z.B. bei Mitarbeitern mit pastoralen oder katechetischen Aufgaben) bezüglich der o.g. Punkte Ausnahmen getroffen werden dürfen. Bei allen anderen Mitarbeitern, die unter den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechtes beschäftigt sind, sind diesbezügliche Ausnahmen jedoch in der Regel nicht zulässig und müssen im Einzelfall besonders begründet werden.

Auch für die Einstellung bzw. Weiterbeschäftigung innerhalb der kirchenarbeitsrechtlichen Organisation zwingend als notwendig dargestellten Selbstverpflichtungen bezüglich besonderer Loyalitätspflichten des Beschäftigten ggü. der Kirche sind als unzulässig zu erklären. Aus ihnen dürfen sich keine arbeitsrechtlichen Ansprüche zum Nachteil des Beschäftigten ableiten. Desweitern setzen sich die Jungen Liberalen Niedersachsen dafür ein, dass die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) uneingeschränkt in allen kirchlichen Betrieben Geltung finden sollen.

Beschäftigte, die in kirchlichen Arbeitsverhältnissen stehen, haben kein Recht auf Arbeitskampfmaßnahmen, wie z.B. Streik, sondern sind auf ein Prozedere angewiesen, dass sich „der dritte Weg“ nennt. Dieser besteht aus von Arbeitnehmern und Arbeitgebern besetzte Gremien, die u.a. die Arbeitsbedingungen aushandeln. Jedoch besteht kein Grund dafür, dass die Kirche dahingehend privilegiert ist, dass ihre Angestellten kein Recht auf Streik haben. Demzufolge fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen, dass den unter den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts Beschäftigten das Streikrecht zuerkannt wird.

Leben retten – Stammzellspende fördern!

Gut ein Drittel der an Leukämie erkrankten Menschen, die eine Stammzellspende benötigen, finden im eigenen Verwandtenkreis einen passenden Spender. Ein Großteil der Patienten jedoch ist auf einen Fremdspender angewiesen. In Deutschland existieren – wie in vielen anderen Ländern auch – Knochenmarkspenderdateien, die sich der Aufgabe der Vermittlung einer solchen Stammzellspende verschrieben haben. Hierzulande ist die größte und bekannteste dieser Dateien die Deutsche Knochenmarkspenderdatei – kurz: DKMS. Die Jungen Liberalen erkennen die großartige Arbeit dieser Organisationen an und haben sich dem Ziel verschrieben, diese zu fördern. Insbesondere wollen wir die Registrierung von potenziellen Stammzellspendern bei Knochenmarkspenderdateien fördern, den Ablauf einer Spende für den Spendenden und den Empfangenden vereinfachen und die Finanzierung der Knochenmarkspenderdateien sicherstellen.

Die Jungen Liberalen fordern daher:

  • die Einführung einer sog. „Mandated Choice“-Regelung für die Neuregistrierung von potentiellen Stammzellspendern

Konkret soll bei der Beantragung eines Personalausweises bzw. Reisepasses der Bürger gefragt werden, ob er sich bei der DKMS registrieren möchte oder nicht. Im Falle einer Zusage und mit Erlaubnis des Betroffenen soll die Behörde Name und Adressdaten des Antragsstellers an die DKMS weitergeben dürfen, die sich dann mit der Zusendung eines Registrierungskits an die betroffene Person wenden kann.

  • ferner soll das Thema „Stammzellspende“ im Unterricht einer der beiden letzten Klassen-/ bzw. Kursstufen der Schullaufbahn eines Schülers behandelt und erläutert werden

Ab der Vollendung des 17. Lebensjahres ist eine Registrierung bei der DKMS möglich, ab der Vollendung des 18. Lebensjahres kann der Betroffene für eine Stammzellspende vermittelt werden. Um diese Möglichkeit in den Fokus junger Menschen zu richten, sollen der Sinn einer Registrierung und der Ablauf einer tatsächlichen Spende im Schulunterricht thematisch behandelt werden. So soll die Anzahl derjenigen, die sich schon frühzeitig im Leben dafür entscheiden, potenzieller Stammzellspender zu sein, deutlich erhöht werden.

  • für den tatsächlichen Fall einer Stammzellspende soll es für den Spender einen Rechtsanspruch auf Freistellung durch den Arbeitgeber geben

Zwar ist die Erfahrung gemacht worden, dass die meisten Arbeitgeber sehr positiv darauf reagieren, dass Angestellte Stammzellen spenden und eine Freistellung von der Arbeit meistens gewährleisten, nichtsdestotrotz setzen sich die Jungen Liberalen für ein Recht auf Freistellung von der Arbeit ein, um diesen altruistischen Akt möglichst unkompliziert für die Spendenden zu gestalten. Wir sehen eine Freistellung für den Tag der Stammzellspende als selbstverständlich an und nicht als etwas, für dass der Arbeitnehmer als Bittsteller bei seinem Arbeitgeber auftreten muss.

Die meisten Knochenmarkspenderdateien, wie auch die DKMS, finanzieren sich über Spendengelder durch Unterstützer. Sollten die finanziellen Mittel der Dateien jedoch zu irgendeinem Zeitpunkt nicht ausreichen, um die laufende Arbeit aufrecht erhalten zu können, fordern die Jungen Liberalen, dass in diesem Fall eine finanzielle Förderung durch Bundes- und Landesmittel möglich sein soll.

Sitzungsvertretung durch Referendare in Jugendgerichtssachen wiedereinführen

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern die Streichung von § 36 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 JGG, um Rechtsreferendaren das Recht zur Sitzungsvertretung in Jugendgerichtssachen zurückzugeben.

Bauen im Außenbereich vereinfachen

Die Jungen Liberalen fordern das Bauen im Außenbereich, d.h. außerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen, zu vereinfachen und den Gemeinden mehr Selbstbestimmung bei der Entwicklung ihres Gemeindegebiets einzuräumen. Neben den aktuell zulässigen Bauvorhaben (z.B. landwirtschaftliche Betriebe, Versorgunginfrastruktur für Elektrizität, Gas usw. oder Biogasanlagen), sollen nach dem Willen der Gemeinde auch solche Vorhaben zulässig sein, die bspw. dem Wohnen dienen.

Hierzu wollen wir § 35 BauGB dahingehend ergänzen, dass die Gemeinden ermächtigt werden per Satzung zusätzliche Bauvorhaben zu bestimmen, die im Außenbereich, neben den in § 35 Abs. 1 BauGB genannten, zulässig sind. Dabei darf von dem Gebot der Nicht-Zersiedelung in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB abgewichen werden. Alle weiteren Vorschriften über das Bauen im Außenbereich bleiben unberührt.

Allerdings dürfen Bestand und Nutzung bestehender Bauten im Außenbereich, die von § 35 Abs. 1 BauGB erfasst sind, nicht beeinträchtig werden. Besteht ein absehbarer Bedarf an entsprechenden Bauten, gilt es diesen gegenüber anderen Bauvorhaben zu priorisieren.

Zwischen Regenwürmern und Planierraupen – Für ein konstruktives Miteinander bei Bauvorhaben

In der Wahrnehmung zahlreicher Vertreter der Baubranche stellen die europäischen und nationalen Umweltauflagen enorme Hindernisse im Infrastrukturausbau und somit für den Wirtschaftsstandort Deutschland dar. Umweltverbände hingegen stehen dieser Ansicht von Bauunternehmen kritisch gegenüber und befürworten tendenziell eine Verschärfung der Umweltauflagen.

Für die Jungen Liberalen steht fest, dass der Schutz der lokalen Flora und Fauna sowie der Klimaschutz elementare Zukunftsthemen sind. Zudem sehen wir einen enormen Verbesserungsbedarf beim Ausbau der Infrastruktur im Bereich der Verkehrs- und Baupolitik. Daher liegt den Jungen Liberalen die Gestaltung eines konstruktiven Miteinanders von umweltpolitischen Aspekten und Bauvorhaben in besonderem Maße am Herzen.

Die Jungen Liberalen fordern daher:

Ausschreibungsvorgaben neu denken

Das bisherige Bauvergabeverfahren obliegt keinen allgemeinen Vorgaben in der Auswahl der Kriterien von Seiten des Auftragnehmers. Dies führt zum einen zu einer Überdominanz des finanziellen Aspekts und organisiertem Preisdumping zu Gunsten des Bauzuschlags.  Zudem werden technologische und umweltschutzorientierte Themen in der jetzigen Ausschreibungsmethodik klar vernachlässigt. In Zukunft soll ein bundesweites Expertengremium von Vertretern der Politik, der Baubranche, Umweltverbänden und Wissenschaftlern über eine prozentuale Maximalhöhe des Kriteriums „Preis“ und über Mindesthöhen der Kriterien „Referenzen“ und „technische und ökologisch-innovative Aspekte“ entscheiden.

Dabei soll sichergestellt werden, dass dadurch keine Hürde für junge Betriebe entsteht, die keine Referenzen aufweisen können. Diese Umstände müssen berücksichtigt und die gleichen Voraussetzungen geboten werden wie etablierten Unternehmen.

Beispiel einer möglichen Ausgestaltung könnte eine Maximalbewertung des Preises mit 60% sowie einer Mindestbewertung des Referenzwertes mit 30% und des innovativen Faktors mit 10% vorsehen. Diese Aufteilung lässt eine individuelle Aufteilung der Kriterien projektbezogen zu und würdigt zudem ökologisch-innovative Ideen und erfolgreiches Projektmanagement der Vergangenheit.

Bonus-Malus-Verfahren einsetzen

Im Bauvergabeverfahren soll     häufiger das im Public-Private-Partnership gängige Bonus-Malus-Verfahren eingesetzt werden, nach dem Leistungen, die besser und schneller erreicht werden als vereinbart, honoriert werden, während zuvor definierte Kürzungen erfolgen, wenn Ziele nicht wie vereinbart eingehalten werden. Dadurch werden Anreize geschaffen, ein Projekt schneller zu realisieren, ohne dass es dabei zu Qualitätseinbußen kommt. Die bereits bestehende Zwei-Jahres-Grenze für die Haftung und die Beweislastumkehr bei Bauschäden soll beibehalten werden.

Runde Tische

Im Vorfeld des Planfeststellungsverfahrens oder nach der Beendigung dieses sehen es die Jungen Liberalen als förderlich an, häufiger in Form von „Runden Tischen“ mit allen Betroffenen zusammenzukommen. Dabei sollen Bürgerbündnisse, Umweltverbände, Politik und Unternehmen vertreten sein. Hier sollen unter anderem Missverständnisse über das Projekt ausgeräumt und die unterschiedlichen Standpunkte der Akteure ausgetauscht werden. Die Größe und Häufigkeit der Runden Tische sollen sich dabei an dem jeweiligen Projektvolumen bemessen.

Kompensationsmaßnahmen

Kompensationsmaßnahmen für Bauprojekte dienen in erster Linie dem Ausgleich lokaler Umweltschäden und dem Erhalt regionaler Ökosysteme. Allerdings sollen Ausgleichsmaßnahmen grundsätzlich nicht mehr an nationalen Grenzen halt machen. Wo Infrastrukturprojekte die Grenzen überschreiten, sollen auch die dazugehörigen Kompensationsmaßnahmen international gedacht werden. Zudem sollen Maßnahmen zum Ausgleich von Projekten mit besonderen global klimatischen Auswirkungen auch auf europäischer Ebene durchgeführt werden.

Freier Zugang zu Tibet – Unterstützung des “Reciprocal Access to Tibet Act” der USA

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern eine Unterstützung des „Reciprocal Access to Tibet Act“ der USA durch die Bundesregierung und die Schaffung einer vergleichbaren Regelung auf nationaler Ebene sowie das Einwirken der Bundesrepublik Deutschland auf andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, eine vergleichbare Regelung zu schaffen.

Die Menschenrechtslage in Tibet ist stark angespannt. Rechte wie die Meinungsfreiheit und die freie Religionsausübung sind nicht gewährleistet. Berichte von willkürlichen Verhaftungen, unfairen Gerichtsverfahren, unwürdigen Haftbedingungen und Folter sind in Tibet seit Jahren an der Tagesordnung. Aktivisten und Menschenrechtsverteidiger werden auf Grundlage vager und weit gefasster Anklagen wie “Untergrabung der staatlichen Ordnung” oder “Streitsucht und Unruhestiftung” von chinesischen Behörden strafrechtlich verfolgt, inhaftiert und schuldig gesprochen.

Um diese Umstände der Weltöffentlichkeit deutlich zu machen, bedarf es eines freien Zugangs zu der autonomen Region Tibet und den angrenzenden tibetischen Siedlungsgebieten. Dieser Zugang wird von den chinesischen Behörden jedoch (absichtlich) nicht gewährt. Eine volle Reisefreiheit wird grundsätzlich weder Diplomaten noch Journalisten oder NGO-Mitarbeitern zugesprochen. Eine Einreise in die autonome Region Tibet ist aktuell nur im Rahmen von speziellen Touren möglich, die vom chinesischen Staat strikt organisiert und kontrolliert werden, um so die wahre Menschenrechtslage der Tibeter zu verschleiern. Auch der Zugang zu solchen Touren ist nicht sichergestellt, so wird Mitarbeitern von NGOs, Journalisten oder Deutschen mit tibetischem Migrationshintergrund regelmäßig die Einreise nach Tibet verweigert.

Um diesen Zuständen entgegenzutreten, hat die USA den „Reciprocal Access to Tibet Act“ verabschiedet (H.R.1872). Dieser sieht vor, dass die Behörden der Vereinigten Staaten unter anderem denjenigen chinesischen Funktionären die Einreise in die USA verweigern, die US-Diplomaten, Journalisten oder NGO-Mitarbeitern den Zugang nach Tibet verwehren. Dieses Gesetz, dass auf dem Grundgedanken der diplomatischen Gegenseitigkeit beruht, ist in gleicher Form in Deutschland einzuführen. Es dient dabei vor allem als Zeichen an die Volksrepublik China, dass das Fortbestehen des Status Quo in der Tibetfrage und eine damit einhergehende Verschlechterung der Menschenrechte von Deutschland nicht akzeptiert wird.

Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen konkret, dass:

  • allen international anerkannten NGOs Zugang zu Tibet gewährt wird und diese in ihrer Arbeit nicht gestört werden dürfen. Dabei sollen als NGOs insbesondere auch solche gelten, die nach nationalem chinesischem Verständnis nicht, international jedoch anerkannt werden.
  • Vertretern der Presse unbegrenzt Zugang zu Tibet zu gewähren ist. Eine staatliche Zensur, Beeinflussung oder einschüchternde Überwachung der Presse muss unterlassen werden.
  • diplomatischen Mitarbeitern der Auslandsvertretung der Bundesrepublik Deutschland und anderer Staaten der Europäischen Union unbegrenzter Zugang zu Tibet zu gewähren ist.
  • jeder Funktionär, der für die Zugangsverweigerung verantwortlich ist, die Einreise nach Deutschland im Sinn der diplomatischen Gegenseitigkeit verweigert werden soll. Dabei sind nur Mitarbeiter und Funktionäre der chinesischen Behörden betroffen. Mitarbeitern der chinesischen Presse, chinesischen NGOs oder chinesische Privatpersonen sollen von dieser Regelung nicht betroffen sein.
  • das Außenministerium jährlich einen Bericht über die Zugangsmöglichkeiten für die oben genannten Gruppen nach Tibet zu erstellen hat und in diesem diejenigen Personen benennt, die für die Zutrittsverweigerung verantwortlich sind.
  • Deutschland sich für eine Umsetzung vergleichbarer Gesetze in der gesamten Europäischen Union engagiert.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen erkennen die militärische Besetzung Tibets durch die Chinesen im Jahr 1950 nicht an. Demnach ist das historische Tibet in seinen Grenzen vor 1950 ein völkerrechtswidrig annektiertes Gebiet. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern den Außenminister dazu auf, genau zu prüfen, ob diplomatische Beziehungen zur Tibetischen Exilregierung aufgenommen werden können. Zudem soll sich die Bundesregierung in den Organen der Europäischen Union für eine einheitliche Behandlung der „Tibetfrage“ nach den oben aufgestellten Forderungen einsetzten.

Zeugnisse auch Digital Ausstellen!

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, dass Schülerinnen und Schülern, Studierenden und Auszubildenden ihre Abschlusszeugnisse zukünftig auch in digitaler Form, inklusive einer individuellen digitalen Signatur der ausstellenden Institution, bereitgestellt werden. Ziel ist es, dadurch Bewerbungsverfahren insgesamt zu vereinfachen und zu entbürokratisieren – und damit den weiteren Karriereweg junger Menschen zu ebnen.

Wer krank ist, ist auch prüfungsunfähig!

Im Krankheitsfall und bei Nichtteilnahme an einer Prüfung fordern viele Fakultäten neben der normalen Krankschreibung durch den Arzt in Form der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zusätzlich eine sogenannte Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung. Eine solche gibt genauen Aufschluss z.B. über die Krankheitssymptome und stellt somit einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die Privatsphäre der Studierenden sowie in die Schweigepflicht des zuständigen Arztes dar.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern deshalb die ersatzlose Abschaffung solcher Prüfungsunfähigkeitsbescheinigungen an allen Universitäten und Hochschulen in Niedersachsen. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss im Krankheitsfall genügen, um die Nichtteilnahme an einer Prüfung zu begründen. Die Jungen Liberalen Niedersachsen setzen sich weiterhin dafür ein, dass im Regelfall eine digitale Einreichung von Attesten ausreicht. Einzig im Rahmen eines (Widerspruchs-)Verfahrens bei Nicht-Anerkennung sollte das Einreichen von Originalen notwendig sein. Das Einreichen von Originalattesten ist dann zu quittieren.