Die FDP im neuen Jahrzehnt

Mit dem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag im Jahr 2013 begann in der FDP ein beispielloser Reformprozess. Die Freien Demokraten gaben sich ein neues Leitbild, setzten mit den Themen Bildung, Digitalisierung und Wirtschaft eigene Akzente und strahlten als einzige politische Kraft Mut, Gestaltungswillen und Optimismus aus. Schließlich gelang 2017 mit 10,7 % der Wiedereinzug in den Bundestag. Doch seitdem sank die FDP in den Umfragen kontinuierlich ab. Insbesondere die Absage an die Jamaika-Koalition im Bund und an eine Ampel in Niedersachsen wirken bis heute nach. Die Wahlniederlagen in Brandenburg und Sachsen sowie das schlechte Ergebnis bei der Europawahl offenbaren parteiinterne Schwachstellen und den weiterhin bestehenden Reformbedarf. Wir Jungen Liberalen stehen für ein kritisch-konstruktives Verhältnis zur FDP. Wir wollen die Freien Demokraten weiter voranbringen und fordern deshalb notwendige Reformen ein.

Das Leitbild der FDP darf nicht beliebig sein. 

Die FDP hat in den vergangenen Wahlkämpfen ihr Leitbild häufig missachtet. Gerade in der Klimapolitik entstand oftmals der falsche Eindruck, die FDP wolle auf die Bremse treten und erkläre lediglich, was alles nicht funktioniere. Der Umgang mit Fridays for Future war ängstlich und abweisend. Anstatt junge Menschen ernst zu nehmen, Lösungen aufzuzeigen und berechtigte Kritik zu äußern, wurde ihnen die Fähigkeit abgesprochen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Schließlich haben sich die Freien Demokraten mancherorts mit einer Zweitstimmenkampagne unter Wert verkauft und mit voreiligen Koalitionsaussagen ihren möglichen Gestaltungsspielraum schon vor der Wahl verengt.

Wir fordern die FDP daher auf, ihr eigenes Leitbild im Bundesverband sowie in den Landesverbänden und Fraktionen zu achten. In ihrer Kommunikation muss sich die FDP auf eigene Forderungen konzentrieren, statt auf die Abarbeitung am politischen Gegner und die gesamte Bandbreite des Liberalismus darstellen. Wir wollen einen Liberalismus, in dem sich von der Investmentbankerin bis zum Punk jede und jeder repräsentiert fühlt. Dies soll mit der Erstellung einer Corporate Language durch die Bundespartei vereinfacht werden. Zusätzlich muss sich das Leitbild auch stetig weiterentwickeln. Hierzu sind in regelmäßigen Abständen regionale Strategiekonferenzen unter Beteiligung der Vorfeldorganisationen einzuberufen.

Die FDP muss diverser werden. 

Die FDP muss in ihrem Auftreten, ihren Positionen und ihrem Personal die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln. Gerade Frauen, aber auch Menschen mit Migrationshintergrund sind in der FDP unterrepräsentiert. Wir fordern die Freien Demokraten auf, mit einer zielgerichteten Ansprache und eigenen (Netzwerk-)Veranstaltungen diese Gruppen stärker in den Fokus zu rücken. In der Programmatik der FDP müssen Gleichberechtigung und Antidiskriminierung einen viel größeren Stellenwert einnehmen. Bestehende Kontakte zu Verbänden, welche die Interessen von Migrantinnen und Migranten sowie Menschen mit Migrationshintergrund vertreten, sind zu intensivieren und neue aufzubauen. Die vom Bundesparteitag beschlossenen Zielvorgaben zur Repräsentanz weiblicher Mitglieder sind transparent und im Sinne qualitativer Vorgaben umzusetzen. Quoten oder vergleichbare Maßnahmen, die bestimmte Gruppen bevorzugen oder benachteiligen, lehnen wir ab. Alle Veranstaltungen der FDP müssen barrierefrei sein.

Die FDP braucht Alleinstellungsmerkmale.

Das Alleinstellungsmerkmal der FDP im deutschen Parteiensystem ist die einmalige Kombination aus gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Freiheit als Maxime der Politik. Leider spiegelt sich diese Einzigartigkeit zu selten in den konkreten Forderungen der FDP wieder. Hier sind alle Fraktionen, Vorstände und Fachausschüsse gefordert, innovative Konzepte zu entwickeln und dabei die Expertise und Erfahrung der Mitglieder miteinzubeziehen. Auch in der niedersächsischen FDP erkennen wir diesbezüglich Reformbedarf. Die Landesfachausschüsse (LFA) müssen zur Denkfabrik des Landesverbandes werden. Referentengespräche könnten beispielsweise durch interaktive Workshops ergänzt werden, in denen eigene Lösungen entwickelt und quer gedacht wird. Vor allem in der Landespolitik sehen wir die Notwendigkeit, dass die Freien Demokraten programmatische Alleinstellungsmerkmale entwickeln, die den kommenden Landtagswahlkampf der FDP tragen.

Die FDP braucht einen moderne Außendarstellung.

Die FDP wird in der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen, wie sie wirklich ist. Wir sehen die FDP als progressive und moderne Partei, die sympathisch für ihre Programmatik eintritt. Diese Richtschnur muss sich auf allen Ebenen in Pressemitteilungen, den Auftritten von Abgeordneten und Funktionsträgern sowie in den sozialen Medien widerspiegeln. Eine Abkehr von dieser Kommunikationsmaxime sollte parteiintern zunehmend aufgearbeitet werden.

Die FDP braucht frischen Wind. 

Der Anspruch der FDP muss es sein, die modernste und innovativste Partei Deutschlands zu sein. Diesem Anspruch kann die FDP nur gerecht werden, wenn sie sich fortwährend erneuert – programmatisch, aber auch personell. Dieser Bereich wurde im bisherigen Reformprozess der FDP weitestgehend ausgespart. Deshalb setzen wir uns in der FDP Niedersachsen für Instrumente ein, die die personelle Erneuerung begünstigen. Amtszeiten von mehreren Jahrzehnten können nicht die Regel sein. Keinem Menschen tut es gut, wenn er fast ein Vierteljahrhundert derselben Tätigkeit nachgeht.

Bei Listenaufstellungen zu Landes- und Bundestagswahlen beanspruchen wir mindestens einen Jungen Liberalen unter den ersten sieben Plätzen zu stellen. Auch auf den folgenden Listenplätzen fordern wir eine angemessene Repräsentanz der Jungen Liberalen ein. Wir wollen als Junge Liberale eine politische Kraft sein, die fortwährend zur Erneuerung der FDP Niedersachsen beiträgt. Doch wir dürfen nicht die Einzigen sein. Auch andere Newcomer müssen realistische Chancen bei der Vergabe von Listenplätzen erhalten. Deshalb schließen wir auch eine Begrenzung der Amtszeit von hauptamtlichen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern sowie von Mitgliedern des Landesvorstands im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung nicht aus. Mehr Vielfalt in den Parlamenten und Vorständen darf nicht nur über einen Konkurrenzkampf zwischen jungen, weiblichen und neuen Kandidaten erzielt werden. Um eine möglichst breite personelle Präsenz in Regierungszeiten zu ermöglichen, setzen wir uns ferner für eine Trennung von Ministeramt und Abgeordnetenmandat ein. Zudem muss auch die Ehrenamtlichkeit einen angemessenen Platz im geschäftsführenden Landesvorstand und im gewählten Landesvorstand der FDP haben.

Wir meinen: Wenn wir unser Land erneuern wollen, müssen wir uns auch selbst erneuern.

Auf in die Ökosoziale Marktwirtschaft!

Die menschgemachte globale Erderwärmung erhöht bereits heute die Frequenz und Intensität von Wetterextremen wie Dürren, Stürmen und Überschwemmungen. Die Eismasse der Antarktis sowie des grönländischen Eisschildes nimmt kontinuierlich ab und infolgedessen erhöht sich der Meeresspiegel. Auf den Weltmeeren führt der Temperaturanstieg zu Korallenbleichen, während in den Gebirgen die Gletscher schmelzen und sich an Land die Wüstenbildung beschleunigt. In Zukunft könnten viele Metropolen und Inselstaaten unterhalb des Meeresspiegels liegen, ganze Klassen des Tierreiches aussterben und derzeit noch ungenau kalkulierbare Phänomene wie das Auftauen der Permafrostböden oder der Zerfall von Methanhydrat zu gefährlichen Kettenreaktionen führen. Die globale Erderwärmung ist eine Herausforderung für die gesamte Menschheit und das Ökosystem, von dem wir abhängig sind. Er beschränkt die Freiheit jedes einzelnen Menschen, der lebt oder noch geboren werden wird.

Alle Menschen sind frei und deshalb findet die Freiheit des Einzelnen ihre Grenzen dort, wo die Freiheit der anderen beginnt. Daraus folgt, dass der Ausstoß von Treibhausgasen als Ursache der globalen Erderwärmung ein Eingriff in die Freiheit jedes einzelnen Menschen ist. Deshalb kann ein konsequent gedachter Liberalismus eigentlich nur zu einer Schlussfolgerung kommen: Der Ausstoß von Treibhausgasen ist unverzüglich zu verbieten oder alternativ auszugleichen, nicht durch eine CO2-Steuer, sondern indem dieselbe Menge Treibhausgas, die emittiert wurde, der Atmosphäre wieder entzogen wird. Allerdings wäre dieser, bei isolierter Betrachtung der Folgen des Klimawandels richtige Schritt, wiederum ein Eingriff in die Freiheit jedes einzelnen Menschen. Dabei geht es nicht nur um Schnitzel oder Sportwagen, sondern um die Grundlagen unserer Zivilisation: ein gut gedeckter Tisch, fließend Wasser und eine hochwertige Gesundheitsversorgung. Als Liberale bewegen wir uns in der Klimapolitik daher in einem Spannungsfeld zwischen Freiheit und Freiheit – und wir sind ehrgeizig genug, um beides zu wollen!

Wir wollen die globale Erwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzen und den Wohlstand unserer Zivilisation nicht nur bewahren, sondern auf dem gesamten Globus vervielfachen. Man mag uns für verrückt erklären, doch wir sind überzeugt von der Kreativität und Gestaltungskraft des Menschen, die ihn aus der Steinzeit ins Zeitalter künstlicher Intelligenz geführt hat. In Zeiten wie diesen brauchen wir Mut, Willensstärke und Offenheit statt Panik, Angst und Verzweiflung. Wir brauchen keinen Systemwechsel, sondern die konsequente Anwendung liberaler Prinzipien, d.h. die Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft zur Ökosozialen Marktwirtschaft.

I. Ein generationengerechtes Treibhauslimit 

Wir wollen die Treibhausgasemissionen zügig drosseln und spätestens bis zum Jahr 2050 weltweit – in der Europäischen Union spätestens bis 2040 – Klimaneutralität erreichen. Für den Fall, dass auf europäischer Ebene keine Einigung erzielt wird, wollen wir mit einer Koalition der Willigen voranschreiten und von der verstärkten Zusammenarbeit gemäß Art. 20 EUV Gebrauch machen.

Deshalb fordern wir ein Gesamtlimit für alle Treibhausgase, welche in der Europäische Union noch emittiert werden dürfen, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Dieses Gesamtlimit muss auf einzelne Jahreslimits heruntergebrochen werden, die kontinuierlich sinken und schließlich im Jahr 2040 null erreichen. Alle emittierenden Sektoren (Energie, Industrie, Verkehr und Gebäude) müssen von diesem Limit erfasst sein. Dazu wollen wir den EU-Emissionshandel (EU ETS) reformieren, d.h. insbesondere auf die Sektoren Verkehr und Gebäude ausweiten. Bis zu einer europaweiten Umsetzung dieser Maßnahme, setzen wir uns für eine einseitige Ausdehnung des EU ETS auf besagte Sektoren in Deutschland ein.

Innerhalb der jährlich sinkenden Treibhauslimits müssen je nach Sektor die Emittenten von Treibhausgasen (Energie & Industrie) oder die Hersteller bzw. Importeure klimaschädlicher Brennstoffe (Verkehr & Gebäude) Emissionsrechte (Zertifikate) ersteigern und können mit diesen frei Handeln. Eine kostenlose Zuteilung von Zertifikaten darf es nicht mehr geben. Emittenten, die für ihre Emissionen keine Zertifikate vorlegen, müssen empfindlich sanktioniert werden, in letzter Konsequenz mit einer Einstellung des Betriebs. Überschüssige Zertifikate eines Jahres werden in die Marktstabilitätsreserve (MSR) überführt und können bei einem plötzlichen Anstieg des Zertifikatebedarfs zur Versteigerung freigegeben werden. Nach drei Jahren verfallen Zertifikate in der MSR.

Wir wollen Klimaschutz nicht missbrauchen, um die Staatskasse zu füllen. Sämtliche Einnahmen aus der Versteigerung von Zertifikaten sollen deshalb die Bürgerinnen und Bürger an anderer Stelle entlasten und in die Erforschung klimafreundlicher Technologien investiert werden. Konkret fordern wir daher die Abschaffung der Energiesteuer, der Stromsteuer und der Luftverkehrabgabe. Dies darf jedoch nicht zu dem Irrglauben führen, dass Klimaschutz kostenlos sei. Doch dürfen diese Kosten nicht höher, aber auch keinesfalls niedriger sein, als für einen effektiven Klimaschutz erforderlich. Die Kostentragungspflicht muss dabei stets den Verursacher treffen.

Ein europaweites Treibhauslimit kann nur der Anfang sein. Wir wollen ein Zusatzprotokoll zum Pariser Klimaabkommen vereinbaren, das ein globales Treibhauslimit bestimmt und dieses auf die einzelnen Staaten verteilt. Diese nationalen Limits sind für die Vertragsstaaten verbindlich. In nationalen Klimaaktionsplänen ist darzulegen, wie das jeweilige Limit eingehalten und spätestens bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden soll. Bei Überschreitung des nationalen Treibhauslimits erfolgen Sanktionen. Wir regen andere Staaten an, dem Beispiel des EU ETS zu folgen und eigene Emissionshandelssysteme zu schaffen, die mit dem EU ETS verknüpft werden können. So wollen wir einen globalen Emissionshandel etablieren.

1. Energie

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz wollen wir mitsamt der EEG- und der KWK-Umlage für Anlagen, die neu an das Netz angeschlossen werden, abschaffen, . Stattdessen wollen wir ein Quotenmodell nach schwedischem Vorbild einführen. Dabei wird ein jährlich steigender Mindestanteil an Ökostrom bestimmt, der in das Stromnetz eingespeist werden muss. Die Energielieferanten müssen dies mit Grünstromzertifikaten nachweisen. Strom aus Speicherkraftwerken gilt als Ökostrom entsprechend der Menge an Ökostrom, die für den Betrieb des Kraftwerks bezogen wurde. Bei Nichterfüllung der Quote werden Strafzahlungen fällig. Dadurch wird künstlich eine Nachfrage nach erneuerbaren Energien erzeugt, innerhalb derselben entsteht jedoch ein Wettbewerb. Dadurch wollen wir den Anteil an erneuerbaren Energien im Strommix bis spätestens 2040 auf 100 % anheben. Dieses Quotensystem wollen wir mit vergleichbaren Systemen anderer Länder koppeln und schließlich in der gesamten EU einführen.

Die Installation von Photovoltaikanlagen auf Dächern wollen wir fördern, indem wir die Anschaffungs- und Installationskosten auch für Privatpersonen steuerlich absetzbar machen. Der Bau von Windkraft- und Biogasanlagen soll gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sein, soweit kein Wald gerodet wird. Diese Maßnahmen sind bis 2050 zu befristeten.

Wir lehnen den teuren Plan der Bundesregierung für den Kohleausstieg entschieden ab. Bereits eine geringfügige Erhöhung des linearen Reduktionsfaktors im Rahmen des EU ETS ließe Kohlestrom unrentabel werden. Ein Kohleausstieg erfolgt dann schon lange vor 2038 ganz von allein und ohne teure Subventionen, die besser in Klimaschutz investiert werden sollten. Neue Genehmigungen für den Bau von Kohlekraftwerken und den Abbau von Kohle in Deutschland wollen wir nicht erteilen. Aus ehemaligen Braunkohlerevieren wollen wir Sonderwirtschaftszonen machen und Flächen sowohl für Renaturierung als auch Industrie und Gewerbe bereitstellen. Den Beschäftigten der Kohlebranche muss mit umfangreichen Um- und Weiterbildungsmaßnahmen eine neue berufliche Perspektive eröffnet werden.

Die Energiewende wird nur gelingen, wenn wir ausreichend Speicherkapazitäten schaffen, um überschüssigen Strom aus Wind- und Solarenergie zu speichern und bei Bedarf wieder ins Netz zu speisen. Solche Speicherkraftwerke (bspw. Pumpspeicherkraftwerke) sind derzeit unwirtschaftlich, da sie wie Letztverbraucher iSv. § 3 Nr. 25 EnWG behandelt werden und dementsprechend Netzentgelte zahlen müssen. Wir wollen Speicherkraftwerke wie Kraftwerke behandeln und somit von den Netzentgelten befreien.

Neben bestehenden Speichertechnologien setzen wir auch auf neue Methoden wie Power to Gas. Damit kann überschüssiger Ökostrom durch Elektrolyse in gasförmigem Zustand zwischengespeichert und bei Bedarf durch Gaskraftwerke wieder in das Netz eingespeist werden. Hierzu ist der Erhalt des deutschen und europäischen Gaspipelinenetzes unabdingbar. Der Transport von Gas ist, besonders über längere Distanzen, deutlich effizienter als der Transport in verstromter Form. Auch die Speicherung in Lithium-Ionen-Akkumulatoren (Batterien) ist möglich, doch bedarf es hierfür neuartiger Recyclingmethoden, um dies nachhaltig zu gestalten. Deshalb wollen wir in Niedersachsen eine Forschungseinrichtung für Batterien gründen, die eng mit den örtlichen Universitäten und der Automobilindustrie zusammenarbeitet.

Der Netzausbau scheitert vielerorts daran, dass Anwohnerinnen und Anwohner oberirdische Hochstromleitungen ablehnen, so auch bei der längst überfälligen Nord-Süd-Trasse. Wir fordern daher die Netze soweit möglich entlang bestehender Infrastruktur wie Autobahnen oder Bahntrassen zu bauen. Rechtliche Hürden diesbezüglich sind abzubauen. Dort, wo ein Querung von Wohnbebauung unvermeidbar ist, wollen wir Kommunen die Option eröffnen, die Leitungen auf Kosten der betroffenen Kommune unterirdisch zu verlegen.

Vielerorts werden aktuell Stromregelungen eingebaut um Lastspitzen auszuregeln. Damit wird besonders in intensiv genutzten Netzabschnitten die Leistung begrenzt. Das trifft besonders die Ladeinfrastruktur in Wohngebieten. Daher fordern wir, dass diese Begrenzungregelungen nur eine Übergangsregelung sein dürfen. Stattdessen muss auch der innerstädtische Netzausbau vorangetrieben werden. Dieser hat dabei in kritischen und belastungsintensiven Bereichen alle Anforderungen der Versorgungsredundanz zu erfüllen.

Der Energiemarkt ist einer der am schlechtesten entwickelten Binnenmärkte in der EU. Zur Etablierung eines gemeinsamen Marktes müssen mutige Maßnahmen zur Harmonisierung der verschiedenen Märkte ergriffen werden. Künftig sollen Energiekonzerne bei der Verweigerung der Durchleitung anderer Anbieter durch die eigenen Netze in der Pflicht sein nachzuweisen, dass tatsächlich eine Überlastung der Netze besteht. Durchleitungsgebühren dürfen fortan nur dem Selbstkostenpreis entsprechen. Neben rechtlichen Hürden müssen auch tatsächliche überwunden werden. Das Stromnetz in der EU muss ausgebaut werden. Wir wollen ein europäisches Supergrid schaffen, das die Auswirkungen der fluktuierenden Stromerzeugung durch Wind- und Solarenergie abfedert und Europa mit Nordafrika und dem Nahen Osten verbindet. Die Union für den Mittelmeerraum wollen wir vertiefen und so einen trans-mediterranen Energiemarkt schaffen, der die EU für Solarstrom aus der Sahara öffnet.

Damit die Stabilität des Supergrids sichergestellt ist fordern wir die Schaffung einer der geographischen Region entsprechenden Supergrid-Netzagentur. Diese muss mit den jeweiligen nationalen Agenturen im engen Austausch stehen, um Stabilitätskriterien krisensicher festzulegen. Dabei muss eine Reserveanhebung der Summe der nationalen Stabilitätskriterien eine Mindestanforderung sein. Eine Abtrennung von energieintensiven Industriezweigen zur Netzstabilisierung soll dabei nur im äußersten Notfall angeordnet werden dürfen, wobei eine Entschädigung an die Betroffenen zu entrichten ist.

2. Gebäude 

In Deutschland verursachen Gebäude ca. 30 % der CO2-Emissionen. Dabei ließen sich viele dieser Emissionen vermeiden. Neue Gebäude müssen stets so errichtet werden, dass der Heizbedarf minimiert wird, ohne dass die hierzu notwendigen Kosten außer Verhältnis zu den erzielten Emissionseinsparungen stehen. Die Dämmvorschriften für Gebäude wollen wir dahingehend überprüfen. Jeder künftigen Reform muss eine transparente und unvoreingenommene Kosten-Nutzen-Analyse vorangehen.

Bei bestehenden Gebäude wollen wir die Anreize für energetische Sanierungen erhöhen. Energieberatungen und energetische Sanierungen müssen vollständig steuerlich absetzbar sein und Letztere mit günstigen Krediten durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau gefördert werden. Aus energetischen Sanierungen dürfen auch weiterhin keine direkten Mehrkosten für Mieterinnen und Mieter entstehen. Für Menschen mit niedrigerem Einkommen wollen wir einen Fonds schaffen, der energetische Sanierungen zusätzlich fördert. Mit diesen Maßnahmen wollen wir auch den Umstieg von Öl- auf Gasheizungen oder Fernwärme fördern. In Neubauten wollen wir Ölheizungen ab 2021 verbieten. Fernwärme wollen wir attraktiver machen, indem wir die maximale Vertragslaufzeit auf 24 Monate begrenzen, sofern die notwendige Lieferinfrastruktur bereits besteht.

Das Bauen mit Holz wollen wir vereinfachen, indem wir die dahingehenden Änderungen der Musterbauordnung in die Niedersächsische Bauordnung übertragen.

3. Verkehr

Die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor sind in den vergangenen Jahren nur unzureichend gesunken. Deshalb ist es höchste Zeit eine ökologische Mobilitätswende einzuleiten, nicht mit Zwang, sondern mit einer Verbesserung nachhaltiger Angebote. Dabei gilt es die Vereinbarkeit der verschiedensten Mobilitätsträger sicherzustellen. Auch der VW-Käfer soll in 50 Jahren noch als Oldtimer auf der Straße fahren dürfen genauso wie das autonome Wasserstofffahrzeug.

Ökologische Nachhaltigkeit ist Auftrag und Verpflichtung zugleich. Deshalb wollen wir analog zur unentgeltlichen Schülerbeförderung für die Sekundarstufe I, auch den Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe II, d.h. auch Auszubildenden, unabhängig vom Wohnort die unentgeltliche Nutzung des ÖPNV ermöglichen. Diese Regelung gilt auch für Bezieher von Transfer- und Sozialleistungen. Ferner setzen wir uns zugunsten von Studierenden für eine Ausweitung des landesweiten Semestertickets auf den ÖPNV ein. Konkret fordern wir, dass nach Ablauf des aktuellen Vertrages zwischen den Studierendenschaften und der Deutschen Bahn im Jahr 2021 bei den Neuverhandlungen auch die Bus-, U-Bahn- und Straßenbahnstrecken der anderen Universitätsstandorte in Niedersachsen einbezogen werden.

Mit einer stärkeren ÖPNV-Förderung des Landes, wollen wir den Kommunen mehr Möglichkeiten zur Entwicklung regionaler Mobilitätskonzepte geben. Beim Ausbau der Streckennetze und Anbindungen liegt unser Fokus dabei auf Stadt und Land gleichermaßen. Wir sehen hier auch das Potenzial autonom fahrender Busse. Alte stillgelegte Bahnstrecken wollen wir reaktivieren und auch für alternative Mobilitätssysteme öffnen.

Schließlich setzen wir uns für eine insektenfreundliche Begrünung von Bushaltestellen und öffentlichen Gebäuden und Plätzen ein.

Um die Vernetzung der verschiedensten Verkehrsträgern so gut wie möglich zu gestalten, setzen wir uns für zentrale Park & Ride-Plätze in allen Kommunen ein. Neben einer ausreichenden Anzahl an Fahrradstellplätzen sind an Bahnhöfen auch kostengünstige Pkw-Parkplätze auszuweisen.

Wer statt dem Auto auf das Fahrrad zurückgreift tut nicht nur der Umwelt, sondern auch seiner persönlichen Gesundheit etwas Gutes. Deshalb wollen wir die Attraktivität des Fahrrads steigern. Dafür muss Fahrradfahren sicherer werden. Deshalb wollen wir den Neubau und die Sanierung von Radwegen zu 50 % aus Landesmitteln fördern, ohne dass eine Mindestinvestition vorliegen muss. Für Radwege ab einer Breite von fünf Metern sollen sogar ein Zuschuss in Höhe von 60 % anfallen. Förderanträge können digital eingereicht werden und sind nach spätestens sechs Monaten zu bescheiden. Innerhalb geschlossener Ortschaften sind Radwege baulich von der Straße zu trennen, sofern dies nach den örtlichen Gegebenheiten möglich und erforderlich ist; ob durch Kantensteine oder Poller, bleibt der Kommune überlassen. Wie in Berlin sollen innerhalb von Städten sichere Radwege grün und gefährlicher rot markiert werden, um sowohl Rad- als auch Autofahrer zu warnen. Straßensanierungen wollen wir stets zum Anlass nehmen die Fahrradfreundlichkeit zu überprüfen und z.B. durch Haltestangen an Ampeln zu erhöhen. Überlandradwege wollen wir mit LED-Laternen ausstatten, die von Bewegungsmeldern aktiviert werden.

Bahnhöfe sind leider häufig ein Kriminalitätshotspot. Wer sein gerne Fahrrad für die letzte Meile benutzen will, ist sich daher häufig nicht sicher, ob sich sein Fahrrad bei der Rückkehr noch an Ort und Stelle befindet. Deshalb setzten wir uns für Fahrradparkhäuser in ausreichender Größe an jedem Bahnhof ein, sofern dies erforderlich und sinnvoll ist. An anderen Verkehrsknotenpunkten fordern wir die Kommunen auf, feste Fahrradständer zu errichten.

Die Welt der individuellen Mobilität wird sich in den kommenden Jahrzehnten drastisch verändern. Kraftfahrzeuge als Vehikel der Freiheit stellen dabei einen integralen Bestandteil der ökologische Mobilitätswende dar. Daher fordern wir die Abschaffung der Umsatzsteuer für E- und Wasserstoffautos sowie den Wegfall derselben bei E-Fuels und Biokraftstoffen. Diese Maßnahmen sind bis 2050 zu befristeten.

Für Kraftfahrzeuge mit diesen neuen Antriebstechniken, benötigen wir eine flächendeckende Ladeinfrastruktur für Wasserstoff und E-Mobilität. Deshalb soll jede Tankstelle zum Bau von mindestens einer Wasserstoffzapfsäule und zwei E-Ladestationen verpflichtet werden. E-Autos müssen verpflichtet werden, Informationen über Ladezustand, Ladeleistungsanfrage und Ladezyklen an die Ladesäule zu liefern. Dies ist für das Stromnetz und die Energieversorger wichtig. So lässt sich besser entscheiden, welche Ladesäule, welchen Anteil der möglichen Leistung, erhält. Mit einem digitalen Tankstellenregisterwollen wir das Auffinden von Ladestationen und Wasserstofftankstellen erleichtern. Das Register soll Belegung sowie Ladegeschwindigkeit darstellen und per App jederzeit in Echtzeit abrufbar sein. Initiativen von Kommunen, E- und Wasserstoffautos kostenlos parken zu lassen, begrüßen wir. E-Ladestationen sollen für Privathaushalte bis 2050 steuerlich absetzbar sein. Schließlich soll auf jedem zehnten öffentlichen Parkplätzen eine E-Ladestation stehen.

Deutschlands Fahrzeuge werden intelligenter. Mit immer umfassenderen Hilfsmitteln, wie z.B. Einparkhilfen, Stop-&-Go-Funktionen oder Spurwechselassistenten, wird das Autofahren enorm erleichtert. Autonomes Fahren wird in den kommenden Jahren eine noch größere Rolle übernehmen. Hier muss die Gesetzeslage auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Wir fordern deshalb eine Harmonisierung der europäischen Rechtslage für automatisiertes und autonomes Fahren. Die Zusammenarbeit mit einem Ethikkomitee halten wir hier für essenziell. Dank besserer Fahrweisen durch Autonomie erhoffen wir uns auch Emissionseinsparungen. LKW können dann ihren gegenseitigen Windschatten besser ausnutzen und werden so effizienter. Unfälle oder Staus können nahezu komplett vermieden werden. Trotz der hohen Erwartungen bleiben wir realistisch. Vor allem in Grenzsituationen wie starkem Regen, Nebel oder Schneefall braucht es zurzeit immer noch einen Menschen am Steuer.

Ständiges Bremsen, Wiederanfahren und Beschleunigen erhöht den Spritverbrauch und damit den CO2-Ausstoß. Wir setzen uns daher für intelligente Ampelsysteme ein, die einen konstanten Verkehrsfluss ermöglichen.

Carsharing reduziert die Anzahl der Autos in den Städten und auf den Straßen und damit auch klimaschädliche Emissionen. Vor allem in Großstädten kann ein breites Angebot von Carsharing-Optionen zu einer freiwilligen Abschaffung des eigenen Autos führen. Daher wollen wir bestehende rechtliche Hürden beseitigen und das Taxigewerbe liberalisieren.

Der Schienenverkehr in Deutschland ist in einem katastrophalem Zustand. Es ist kein Wunder, dass hohe Preise, niedrige Geschwindigkeiten, regelmäßige Zugausfälle und Verspätungen die Menschen in Auto und Flugzeug treiben. Nur eine konsequente Wettbewerbspolitik und nicht staatliche Planwirtschaft, kann diese Probleme lösen. Deshalb fordern wir, die Deutsche Bahn AG in Betrieb (v.a. DB Fernverkehr AG, DB Regio AG und DB Cargo AG) und Netz (v.a. DB Netz AG) aufzuspalten. Den Betrieb wollen wir vollständig privatisieren, während das Netz als eigene Aktiengesellschaft in teilstaatlicher Hand verbleiben soll, d.h. private Investoren können sich mit bis zu 49 % beteiligen. Die einzelnen Bahnhöfe der DB Station&Service AG wollen wir den Kommunen übereignen, welche auch die Möglichkeit haben, diese zu privatisieren.

Die Trassenpreise sollen grundsätzlich die tatsächlichen Kosten für Betrieb, Instandhaltung und den Bau neuer Trassen sowie die anstehende Elektrifizierung des bestehenden Streckennetzes decken. Dort, wo eine Elektrifizierung nicht rentabel ist, müssen alternative klimaneutrale Antriebstechniken wie Wasserstoff oder E-Fuels zum Zug kommen. Der Staat muss hier rechtzeitig über den Bedarf informieren. Die Entwicklung dieser Technologien fällt jedoch in die Verantwortung der Eisenbahnunternehmen.

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) muss sicherstellen, dass im Schienenverkehr gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen. Kein Eisenbahnunternehmen darf vom Staat oder einem Netz- oder Bahnhofsbetreiber bevorzugt oder benachteiligt werden. Falls notwendig kann die BNetzA die privatisierten Unternehmen aufgrund ihrer früheren Monopolstellung als Universaldienstleister in die Pflicht nehmen, bestimmte nicht rentable Strecken zu bedienen.

Eine echte Alternative zu Kurzstreckenflügen kann die Bahn nur werden, wenn auch die Geschwindigkeiten deutlich erhöht werden. Dazu müssen die europäischen Standards für Schnellfahrstrecken und -züge weiter vereinheitlicht und bis 2030 vollständig harmonisiert werden. Der Streckenneubau muss entbürokratisiert und in der Raumplanung bevorzugt werden. Getrennte Strecken für Schnellzüge und Güterverkehr müssen möglich sein und soweit zweckmäßig geschaffen werden. Die Magnetschwebebahn (Transrapid) wollen wir wiederbeleben und auch dem Hyperloop stehen wir offen gegenüber. Auch hier gilt es, einheitliche EU-Standards für die Zulassung zu schaffen. Die für 2023 geplante Überarbeitung der Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) wollen wir nutzen, um die Zielgeschwindigkeit für Schnellfahrstrecken auf 360 km/h und die Mindestgeschwindigkeit auf 300 km/h bzw. auf 230 km/h für besondere geographische Gegebenheiten anzuheben sowie Transrapid und Hyperloop miteinzubeziehen. Mittelfristig streben wir an, alle deutschen Großstädte mit über 200.000 Einwohnerinnen und Einwohnern über Schnellfahrstrecken zu verbinden.

Ein weiterer Wettbewerbsnachteil der Bahn gegenüber dem Flugverkehr besteht in der fehlenden Anschlussgarantie beim Wechsel des Verkehrsmittels, also bspw. von Zug auf Fernbus. Deshalb wollen wir die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 dahingehend anpassen, dass Eisenbahnunternehmen in voller Höhe für den Schaden eines verpassten Anschlusses infolge einer Zugverspätung oder eines Zugausfalls haften müssen.

Letztlich müssen die Eisenbahnunternehmen vor allem eigene Maßnahmen ergreifen, um die Attraktivität zu steigern. Die Etablierung von getrennten Familien- und Ruheabteilen ist dabei eine Möglichkeit, genau wie die flächendeckende Versorgung mit WLAN und Steckdosen.

Wir Jungen Liberalen setzen uns auch im Flugverkehr für Nachhaltigkeit ein. Dank Flugzeugen können heutzutage selbst große Distanzen in relativ kurzer Zeit überwunden werden. Damit trägt das Fliegen in hohem Maße zur Völkerverständigung bei. Flugverbote lehnen wir daher ab. Stattdessen wollen wir die Luftfahrtindustrie vollständig ins EU ETS integrieren, d.h. 2040 muss der Verbrauch von konventionellen klimaschädlichen Kraftstoffen bei netto null liegen. Zu diesem Zwecke wollen wir in Niedersachsen eine Produktionsstätte für synthetisch erzeugtes Kerosin aufbauen. Ein entsprechendes Forschungsprogramm der Universität Bremen, welches CO2 aus der Atmosphäre zieht und es mit Strom zu Kerosin umwandelt, ist zu unterstützen. Massenproduktion auf freien, küstennahen Flächen in Niedersachsen schafft nebenbei noch Arbeitsplätze und stärkt die Attraktivität von großstatdfernen Kommunen. Die Nähe zu OffShore Windparks lässt diese Kraftstoffe nicht nur klimaneutral werden sondern bedeutet auch einen großen Standortvorteil in Bezug auf die Distanz zwischen Energieproduktion und Umwandlung. Für innereuropäische Flüge gilt der EU ETS bereits. Wir wollen aber auch den internationalen Luftverkehr miteinbeziehen. Airlines, die in Europa abheben bzw. landen wollen, müssen sowohl für Hin- und Rückflug Emissionszertifikate erwerben. Sie können sich für den Hinflug jedoch die Differenz zwischen den Kosten der Zertifikate und eventuellen Steuern und Abgaben auf Treibhausgase in ihrem Herkunftsstaat erstatten lassen.

Dasselbe Prinzip wollen wir auch im Schiffsverkehr anwenden, d.h. jedes Schiff, das in einem europäischen Hafen anlegen will, muss für seine Emissionen auf der zurückgelegten Strecke Emissionszertifikate erwerben. Der Nachweis erfolgt über das Fahrtenbuch. Analog zur Luftfahrt wird die Differenz zu außereuropäischen Treibhausabgaben und -steuern erstattet.

4. Landwirtschaft

Im Jahr 2017 hatte die Landwirtschaft in Deutschland einen Anteil von 7,1 % an den Treibhausgasemissionen. Diese Emissionen sind überwiegend auf natürliche Verdauungs- und Ausscheidungsprozesse von Nutztieren sowie auf die veränderte Bodennutzung zurückzuführen. Einsparungen gestalten sich deshalb schwierig, sind aber möglich.

Neben einer Steigerung der Effizienz bietet auch eine bedarfsgerechtere Verteilung von Lebensmitteln eine Möglichkeit, Emissionen einzusparen. Denn, wenn auf weniger Fläche ein höherer Ertrag erzielt wird, können auf frei werdenden Flächen neue Wälder und Moore entstehen oder wiederhergestellt werden, die CO2 binden. Zumindest aber kann der zukünftige Bedarf an neuen Agrarflächen begrenzt werden. Deshalb fordern wir die Legalisierung gentechnisch veränderter Pflanzen. Vorurteilen gegenüber Gentechnik wollen wir mit Bildung und Aufklärung begegnen. Grüne und auch andere Formen der Gentechnik müssen im Lehrplan für Biologie fest verankert sein.

Eine weitere Möglichkeit, um die Effizienz auf dem Acker zu steigern, ist der exakte Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln. Der Reduktion der Erntemenge pro Fläche, die beim Verzicht auf Pflanzenschutzmittel ensteht, hat den doppelt negativen Effekt, dass auf der begrenzten Fläche mit begrenzten Ressourcen weniger erzeugt wird. Deswegen werden neue innovative Mittel benötigt, die den Verlust von Erntemenmengen minimieren. Zum nötigen Erhalt der Bodenstruktur mit Bindung von CO2 muss auch das Totalherbizig Glyphosat eine längere Zulassung erhalten.

Produzierte Lebensmittel müssen auch effizienter verwendet werden. Deshalb wollen wir Lebensmittelverschwendung begrenzen, indem wir die EU-Vermarktungsnormen für Obst und Gemüse abschaffen. Das Spenden von Lebensmitteln, einschließlich solcher die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, wollen durch eine Erleichterung der Haftung nach dem Vorbild der italienischen „Good Samaritan Law” fördern.

Die Jungen Liberalen sehen großes Potential in der energetischen Nutzung von biologischen Reststoffen und möchten auf Grund dessen die regionale Nutzung attraktiver machen. Maßnahmen dazu sind zum Beispiel der Vereinfachung von Bauvorschriften für Gaserzeugungsanlagen und Mikrogasnetze. Darüber hinaus muss eine freie Vermarktung den Erzeuger ermöglicht werden. Im Fall von ökonomischen Hürden bei der Umsetzung von Resstoffen in Energierzeugnisse ist eine Entlohnung über das ETS zu prüfen.

Emissionen können auch durch eine Umstellung der Futtermittel reduziert werden. Tiermehl stellt eine klimafreundliche Alternative zu Soja dar, ist in der EU infolge des BSE-Skandals jedoch verboten. Dabei lässt sich Tiermehl vollkommen risikofrei als Futtermittel verwenden, wenn etwaige Krankheitserreger durch Erhitzung unter hohem Druck abgetötet, die Verfütterung an Pflanzenfresser verboten bleibt und ausschließlich Tiermehl aus Schlachtabfällen gesunder Tiere verwendet wird. Neben Tiermehl stellt auch Insektenmehl eine klimafreundliche Alternative dar. Auch hier setzen wir uns deshalb für eine Zulassung als Futtermittel für Nutztiere auf EU-Ebene ein. Die Klimabilanz von Insektenmehl fällt insbesondere positiv aus, wenn die Insekten – wie im natürlichen Kreislauf des Lebens – mit Exkrementen gefüttert werden. Pilotprojekte in Kenia liefern hier positive Ergebnisse. Deshalb fordern wir die EU-Kommission auf, diese Möglichkeit zu prüfen und, falls keine gesundheitlichen Bedenken bestehen, zuzulassen.

Technischen Innovationen und alternativen Lebensmitteln stehen wir offen gegenüber. Deshalb wollen wir die Entwicklung von In-vitro-Fleisch fördern und dieses bei Marktreife zügig zulassen und wie herkömmliches Fleisch lediglich mit einer Umsatzsteuer von 7 % besteuern. Auch die Umsatzsteuer für Speiseinsekten wollen wir auf 7 % senken.

Der Verzehr von Insekten (Entomophagie) stellt mit einem hohen Proteinanteil, ungesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Mikronährstoffen, wie z.B. Kupfer, Eisen, Magnesium, Mangan, Phosphor, Selen und Zink ein reichhaltiges Nahrungsmittel in der Ernährung des Menschen dar. Es hat auch den Vorteil einer umweltfreundlicheren Produktion im Vergleich zur gleichen Grammzahl an z.B. Rindfleisch durch weniger Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch und Platz. Während gegrillte Käfer und schokolierte Heuschrecken in vielen Ländern schon Alltag sind, gibt es auch hierzulande erste Insekten-Produkte in Supermärkten und Restaurants. Bei der Insektenzucht fehlen noch Erkenntnisse und Regelungen seitens der Veterinärämter – vor allem für die Haltung, Tötung und Zulassung verarbeitender Betriebe in Deutschland. Das stellt das größte Problem im Handel von Insekten dar in Deutschland.

Somit ist Forschung erforderlich, um kosteneffektive, energieeffiziente und mikrobiell sichere Zucht-, Ernte- und Nachernteprozesstechnologien sowie Hygienemaßnahmen zu entwickeln und zu automatisieren, um Lebens- und Futtermittelsicherheit zu gewährleisten und sichere Insektenprodukte zu einem vernünftigem Preis in industriellem Großmaßstab, besonders im Vergleich zu Fleischprodukten, herzustellen. Diese wollen wir fördern, um die Möglichkeit zu bieten, Insekten in den Speiseplan aufzunehmen.

Eine höhere Besteuerung von Fleisch lehnen wir dagegen ab. Allerdings wollen wir die Tierschutzstandards europaweit anheben und vereinheitlichen. Hierbei ist der Dialog zwischen Politik und Agrarwirtschaft zwingend notwendig, um die Praxistauglichkeit der Vorschriften zu gewährleisten. Ferner setzen wir auf eine bessere Aufklärung. Gerade Kinder und Jugendliche müssen über eine gesunde und ausgewogene Ernährung informiert werden. Die beste Prävention, um ernährungsassoziierte Krankheiten wie Diabetes Mellitus Typ II, Adipositas oder Hypertonie vorzubeugen, die auch Vorstufe vieler weiterer Krankheiten sind, ist die bereits im Kindesalter eingreifende Ernährungsbildung. Dazu wollen wir nicht nur Ernährungswissenschaften in den Biologieunterricht integrieren, sondern auch als eigenständiges Wahlfach anbieten, das auch Praxisinhalte, wie die richtige Zubereitung der Nahrung vermittelt.

5. Freihandel und Entwicklungszusammenarbeit 

Die Freihandelsabkommen (FTA) zwischen der EU und Mercosur sowie der EU und Kanada (CETA) wollen wir ratifizieren. Denn Freihandel und Klimaschutz müssen nicht im Widerspruch zueinander stehen. Vielmehr kann das Gegenteil der Fall sein, denn Freihandel ermöglicht die effizienteste Allokation von Ressourcen und damit auch die effizienteste Reduktion von Treibhausgasen. Einzige Voraussetzung hierfür ist, dass die Treibhausgasemissionen beider Handelspartner Berücksichtigung finden. In der EU wird dies durch den Emissionshandel garantiert, am besten wäre daher ein globaler Emissionshandel. Solange sich dieser nicht verwirklichen lässt, wollen wir in künftig zu verhandelnden Freihandelsabkommen (FTA) bilaterale Verpflichtungen auf Treibhauslimits vereinbaren, welche dem 1,5-Grad-Ziel genügen. Eine Verletzung dieser Verpflichtungen muss einen effektiven Sanktionsmechanismus in Gang setzen, der notfalls auch Handelserleichterungen aus dem FTA vorübergehend außer Kraft setzt. Falls eine Vertragspartei aus einem internationalen Klima- oder Waldschutzabkommen aussteigt, muss eine ,Guillotine-Klausel greifen. Bei bestehenden FTAs soll entsprechendes über Zusatzprotokolle vereinbart werden, gegebenenfalls in Kombination mit zusätzlichen Handelserleichterungen.

Die Entwicklungszusammenarbeit soll sich an den Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen orientieren. Allerdings müssen die SDG auf multilateraler Ebene hinsichtlich ihrer Realisierbarkeit für Entwicklungsländer überprüft werden. Neben Umweltaspekten müssen schließlich auch soziale und wirtschaftliche Aspekte angemessen berücksichtigt und miteinander abgewogen werden. Die Priorität muss dennoch darin bestehen, eine möglichst nachhaltige Entwicklung von Beginn an sicherzustellen.

6. Klimanotstand 

Wer einen Notstand ausruft, muss auch dementsprechend handeln. Eine symbolische Verwendung des Begriffs lehnen wir ab. Der Klimanotstand soll das politische Handeln vollständig auf den Klimaschutz ausrichten. Zwar ist Klimaschutz unbestreitbar bedeutend, doch auch soziale Projekte, der Bau von Kitas oder die Sanierung maroder Schulgebäude sind dies. Eine Vernachlässigung dieser Bereiche schadet lediglich der gesellschaftlichen Akzeptanz der Klimapolitik. Deshalb lehnen wir das Ausrufen eines Klimanotstands ab.

II. Negative Emissionen

Die Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius ist nicht allein durch eine Reduktion der Treibhausgasemissionen möglich. Der Weltklimarat hat festgestellt, dass hierfür insgesamt 810 Gigatonnen CO2 der Atmosphäre wieder entzogen werden müssen.

Deshalb wollen wir Anreize schaffen, Kohlenstoffdioxid und andere Treibhausgase mit natürlichen und technischen Methoden der Atmosphäre zu entziehen. Für jede Tonne CO2-Äquivalent, das der Atmosphäre entzogen wird, erhält die/der Entziehende kostenlose Emissionszertifikate aus der bestehenden Gesamtmenge an Zertifikaten. Der Treibhauslimit erhöht sich somit nicht. An welchem Ort auf der Erde das Treibhausgas gebunden wird, spielt keine Rolle. Dies soll nicht gelten, wenn der Entzug von CO2 ausschließlich Teil eines nachhaltigen Wirtschaftsprozesses auf bereits bestehenden Flächen ist, wie in der Forstwirtschaft.

1. Natürliche CO2-Speicher

Der überwiegende Teil des CO2, das wir in die Atmosphäre ausstoßen, wird von natürlichen CO2-Speichern gebunden. Neben Wäldern gehören dazu auch Moore und Seegraswiesen. Der Schutz dieser Biotope und ihre Vergrößerung sind daher notwendige Instrumente des Klimaschutzes.

Deutschlands Waldbestände sind nach einem kontinuierlichen Abwärtstrend seit Beginn des 20. Jahrhunderts wieder angestiegen. Dies ist vor allem auf schnellwachsende Bäume wie Fichte oder Kiefer zurückzuführen. Allerdings sind solche Monokulturen deutlich anfälliger für Schädlinge und Wetterextreme als die in unseren Breitengraden natürlich vorkommenden Mischwälder. Deshalb fordern wir eine sukzessive Transformation hin zu Mischwäldern. Hierbei ist der Staat gefordert, in seinen eigenen Wälder mit gutem Beispiel voranzugehen.

Auch Waldschutz muss global betrieben werden. Wir fordern daher die Schaffung einer Internationalen Konvention für Aufforstung sowie den Schutz der Wälder, Moore und Seegraswiesen. Deren Vertragsstaaten müssen sich verpflichten, jede Waldrodung mit der Aufforstung einer gleichwertigen Fläche zu kompensieren. Zudem ist eine Internationale Aufforstungskommission zu schaffen, die ein globales Flächenkataster für aufforstbare Flächen, die nicht landwirtschaftlich genutzt oder besiedelt sind, erstellt und regelmäßig aktualisiert. Naturschutzverbänden und Unternehmen wird so die Aufforstung erleichtert. Gleichzeitig müssen die Vertragsstaaten verpflichtet sein, unter Berücksichtigung ihrer zukünftigen Bevölkerungsentwicklung bis spätestens 2050 alle aufforstbaren Flächen auch tatsächlich aufzuforsten. Wie sie dies umsetzen, bleibt ihnen überlassen. Staaten mit besonders hohem Aufforstungspotential im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl müssen dabei von Staaten mit niedrigem Potential unterstützt werden. Mit Mooren und Seegraswiesen ist entsprechend verfahren.

Eine Möglichkeit um große Mengen von CO2 natürlich zu binden bietet die Landwirtschaft. Die Jungen Liberalen unterstützen die Forschungsansätze zur Züchtung von Mais und Weizenpflanzen, die CO2 im Wurzelbereich speichern und erst sehr langsam wieder freigeben. Um die organische CO2-Bindung in den wichtigsten weltweiten Agrarpflanzen möglich zu machen soll die Forschung dieser Thematik finanziell unterstützt werden. Bei Marktfähigkeit dieser Pflanzen soll eine gebündelte Aufnahme in das ETS als Zertifikat-Emittent geprüft werden.

Agrarprodukte aus Ländern, in denen regelmäßig illegale Waldrodungen stattfinden, müssen mit einen Herkunftsnachweis versehen sein. Dadurch soll erkennbar sein, ob ein Produkt von einer gerodeten Fläche stammt oder nicht. Die Verpflichtung zur Beweisführung trifft den Importeur. Falschangaben müssen empfindlich sanktioniert und die Einfuhr von Produkten, die illegal gerodeten Flächen entstammen, verboten werden. Vor dem Hintergrund der Ermordungen von Förstern in Rumänien, sollen solche gefährdete Forstbereiche zukünftig ggf. durch internationale Unterstützung unter besonderen Schutz gestellt werden.

Die Gewinnung von Palmöl ist in Südostasien maßgeblich für die Rodung des Regenwaldes verantwortlich, doch bisherige Alternativen wie Raps- oder Kokosnussöl haben eine noch schlechtere Klimabilanz. Wir wollen deshalb in die Erforschung potenzieller klimafreundlicher Alternativen wie Algenöle, Hefe-Öle, Bio-Tenside und Insektenbutter investieren.

Ein großer Wal bindet in seinem Leben nicht nur durchschnittlich 33 Tonnen CO2, sondern seine Ausscheidungen beflügeln auch das Wachstum von Plankton, welches ebenfalls große Mengen an CO2 absorbiert. Eine Erholung der Walbestände leistet daher einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Deshalb wollen wir das Internationale Übereinkommen zur Regelung des Walfangs überarbeiten. Der Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken muss streng kontrolliert werden. Entsprechende Sondergenehmigungen dürfen ausschließlich von der Internationalen Walfangkommission erteilt werden. In neuen FTAs muss die EU die Verpflichtung zur Achtung des Walfangübereinkommens integrieren.

2. Technische CO2-Speicher

Direct Air Capture (DAC) ist eine der neuesten Technologien, die uns im Kampf gegen den Klimawandel zur Verfügung steht. DAC entzieht der Luft CO2 und verwandelt es in Pellets, die sich entweder weiterverarbeiten oder unterirdisch lagern lassen. Aus dem gesammelten und verarbeiteten CO2 können emissionsneutrale Roh- und Kraftstoffe hergestellt werden. Wir fordern daher steuerliche Anreize für Investitionen in DAC-Technologien zu schaffen. So können Emittenten ihren CO2-Fußabdruck verringern oder gar ausgleichen.

Kraftwerke und Industrieanlagen können sogar negative Emissionen erzeugen – mit BECCS-Technologien. Hier wird in industriellen Prozessen Biomasse verbrannt, welche während ihrer Wachstumsphase CO2 speichert. Das bei der Verbrennung ausgestoßene CO2 wird gespeichert und wiederverwertet.

DAC-Anlagen sind industrielle Großprojekte und in Innenstädten schwer umsetzbar. Damit die Entnahme von CO2 auch in Städten möglich wird, brauchen wir DAC-Anlagen in kleineren Formaten, wie zum Beispiel Algensäulen. Die darin enthaltenen Mikroalgen verfügen über ein enormes Potential CO2 zu binden und damit zu neutralisieren.

3. Geologische CO2-Speicher

Genauso wichtig wie die Entnahme von CO2 aus der Luft, ist die anschließende geologische Speicherung, denn nur so kann absorbiertes, aber nicht weiterverwendetes CO2, dauerhaft unschädlich gemacht werden. Bei der geologischen Speicherung wird CO2 in gasdichten Bodenformationen eingeschlossen. Hierzu braucht es Lagerstätten für eine vorübergehende oder endgültige Lagerung. In Betracht kommen beispielsweise leere Gesteinsformationen an Land sowie auch unter dem Meeresgrund. Konkret wollen wir deshalb die Nutzung von leeren Öl- und Erdgasfeldern in der Nordsee ermöglichen.

4. Geoengineering 

Wir Jungen Liberalen stehen neuen Technologien grundsätzlich offen gegenüber, sind aber nicht blind für mögliche Risiken. Im Kampf gegen den Klimawandel schließen wir daher auch Geoengineering, d.h. die zielgerichtete Beeinflussung des Klimas, nicht von vornherein aus. Als vielversprechend könnte sich z.B. das Anregen von Algenwachstum durch gezielte Düngung der Weltmeere mit Eisensulfat herausstellen. Wir sprechen uns daher für eine verstärkte Erforschung solcher Technologien aus. Vor einem Einsatz müssen mögliche Risiken jedoch erforscht und abschätzbar sein. Zudem bedürfen großflächige Anwendungen von Geoengineering stets die Zustimmung der internationalen Gemeinschaft.

III. Klimaschutz durch Innovation

Die Hoffnung auf zukünftige Innovationen darf kein Grund sein, nicht schon heute alles zu unternehmen, um die globale Erderwärmung zügig zu stoppen. Doch haben neue Technologien das Potential Klimaschutz noch effektiver und noch effizienter zu gestalten. Deshalb fordern wir die Gründung einer Europäischen Agentur für Sprunginnovationen, die sich vor allem auf die Erforschung von Schlüsseltechnologien wie CO2-Speicher, Kernfusion oder Supraleiter konzentriert, welche im Kampf gegen die globale Erwärmung entscheidend werden könnten. Die Agentur soll unabhängig und ohne Denkverbote in alle Richtungen forschen und mit Universitäten, Unternehmen und Forschungseinrichtungen anderer Länder kooperieren können. Sie ist mit umfangreichen Mitteln aus dem EU-Haushalt auszustatten, wobei wir uns dafür einsetzen, dass Deutschland zusätzliche Mittel bereitstellt. Stellt die Agentur rechtliche Hürden fest, so kann sie einen Bericht mit Handlungsempfehlungen erstellen, über den das Europäische Parlament beraten muss.

Innovation beginnt in der Schule. Die Schülerinnen und Schüler, welche heute zurecht demonstrieren, müssen die Ingenieure, Naturwissenschaftler und Unternehmer der Zukunft sein, die neue Lösungen im Kampf gegen die globale Erderwärmung entwickeln. Deshalb müssen der Klimawandel und seine Auswirkungen sowie potenzielle Bekämpfungsstrategien in das Curriculum der natur- und geisteswissenschaftlichen Fächer integriert werden. Außerdem sollen Schulen beim Aufbau von Arbeitsgemeinschaften mit ökologischem Hintergrund unterstützt werden.

Schließlich zählen wir auch auf ökologischen Startups, um neue Ideen zu entwickeln und in der Praxis umzusetzen. Deshalb fordern wir ein niedersächsisches Förderprogramm, das diesen Startups Risikokapital nach dem Vorbild des israelischen Yozma-Programms bereitstellt.

Make Europe, Not War

Die Europäische Union ist das erfolgreichste Freiheits- und Friedensprojekt der Welt. Innerhalb einer Generation wurden aus erbitterten Feinden erst Partner, dann Freunde. Diese Leistung ist in der Menschheitsgeschichte einmalig. 68 Jahre nach Gründung der Montanunion leistet die EU für ihre halbe Milliarde Bürgerinnen und Bürger weit mehr als nur den Frieden zu wahren. Sie hat mit dem Binnenmarkt einen der lebhaftesten und dynamischsten Wirtschaftsräume der Welt geschaffen. Jede EU-Bürgerin und jeder EU-Bürger kann innerhalb der EU  frei reisen, handeln, leben und lieben. Unsere gemeinsamen Werte verbinden uns und entfalten ihre Anziehungskraft bis weit über die Europäische Union hinaus.

Doch Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind keine Selbstverständlichkeiten. Dies veranschaulicht nicht nur unsere eigene Geschichte, sondern auch unser außen- und innenpolitisches Umfeld. Für sie wurde hart gerungen und sie müssen immer wieder aufs Neue erkämpft werden. Dies wird uns nur gemeinsam als Europäerinnen und Europäern gelingen.

Unsere Vision – Ein Europäischer Bundesstaat

Unser Ziel ist es einen Europäischen Bundesstaat zu schaffen. Dieser soll föderal, transparent und tolerant sein.  Dies ist der erklärte Gegenentwurf zu nationaler Abschottung einerseits und einem zentralistischen Superstaat andererseits. Denn Europas Stärke liegt in seiner Vielfalt. Der erste Schritt zum Europäischen Bundesstaat muss in der  Einberufung eines Europäischen Verfassungskonvents liegen, indem  eine Verfassung für die Europäische Union ausgearbeitet wird. Diese wird in einem europaweiten Referendum den Bürgerinnen und Bürgern Europas zur Abstimmung vorgelegt.

Wir setzen auf europäische Lösungen in den Bereichen Handels-, Binnenmarkt-, Außen-, Sicherheits-, Verteidigungs-, Verkehrs-, Energie-, Klima-, Umwelt-, Einwanderungs- und Asylpolitik. Politikbereiche, die hingegen auf niedrigerer Ebene besser gelöst werden können, wie etwa die Sozial-, Steuer-, Gesundheits- und Familienpolitik, sollen dort verbleiben. Darin sehen wir keinen Widerspruch, sondern einen Ausdruck von Subsidiarität.

Wir sind überzeugt, Europa geht auch leichter, transparenter und demokratischer als dies heute der Fall ist. Wir wollen ein starkes Europäisches Parlament mit eigenem Initiativrecht und gewählt über Europäische Wahllisten. Aus der EU-Kommission wollen wir eine echte Regierung mit maximal 18 Ministern machen, die unabhängig von sachfremden Kriterien wie Nationalität von einem Europäischen Kanzler ernannt werden. Dieser soll vom EU-Parlament gewählt und nicht wie der Kommissionspräsident von den Staats- und Regierungschefs vorgeschlagen werden. Der Ministerrat soll ebenfalls ein Initiativrecht erhalten, um die Mitgliedstaaten aktiv in die Gestaltung europäischer Politik einzubinden. Seine Sitzungen müssen live ins Internet gestreamt werden.

Europa ist unsere Zukunft und deshalb müssen wir jungen Menschen eine Stimme geben und sie mitentscheiden lassen. Daher fordern wir die europaweite Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre für die Wahlen zum Europäischen Parlament.

Freie Bahn für Europa

Wir setzen uns dafür ein, dass junge Menschen, die nicht selber über die erforderlichen finanziellen Ressourcen verfügen, von der Europäischen Union ein beitragsfreies Interrailticket erhalten können, um das grenzenlose Europa selbst erleben zu können.

Europa ist ein Kontinent der Jugend

Wir wollen junge Menschen für Europa begeistern und ihnen eine Perspektive bieten, dadurch dass die EU-Mitgliedschaft in ihrem Alltag einen echten Unterschied macht. Deshalb fordern wir eine neue Grundfreiheit – die Bildungsfreizügigkeit! Alle Europäerinnen und Europäer sollen in der gesamten EU zur Schule gehen, eine Ausbildung absolvieren und studieren können.

Schon Schülerinnen und Schüler sollen von der EU profitieren. Mit einem gemeinsamen Referenzrahmen für Schulnoten und Lehrinhalte können Schulwechsel in einen anderen Mitgliedstaat vereinfacht werden. Auslandsaufenthalte müssen für jeden unabhängig von seiner finanziellen Situation erschwinglich sein. Deshalb wollen wir im Rahmen von Erasmus+ allen Schülerinnen und Schülern ermöglichen mindestens sechs Monate ihrer Schulzeit im europäischen Auslandzu verbringen.

Für junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz soll ein Online-Portal geschaffen werden, das über alle in Europa vorhandenen Ausbildungsberufe informiert und direkt mögliche Ausbildungsplätze vermittelt. Daneben sollen Auszubildenden auf der Plattform Austauschprogramme gerade auch in kleineren und mittleren Betrieben angeboten werden. Wir wollen die europäischen Ausbildungs- und Schulsysteme besser koordinieren und dafür ein dem Bologna-Prozess vergleichbares Verfahren in Gang setzen. Analog zum Erasmus-Studienaufenthalt soll für Ausbildungen mit blockweisen Berufsschulphasen die Option geschaffen werden, auch einen Teil der Schulphase an einer Partnerschule im Ausland zu absolvieren.

Für Studierende fordern wir die Schaffung eines flächendeckenden europäischen Hochschulnetzwerkes. Bestehende Universitäten können bspw. in Grenzregionen zu „Europäischen Schwerpunktuniversitäten”werden, deren Trägerschaft national oder multinational sein kann. Diese sollen sich neben dem Angebot auch europabezogener Studiengänge dadurch auszeichnen, dass sie mithilfe von Massive Open Online Courses, Fernstudiengänge und Weiterbildungen für alle europäischen Bürgerinnen und Bürger möglich machen. Darüber hinaus wollen wir die Semester- und Prüfungszeiten in der EU angleichen und die gegenseitige Anerkennung von Kursen im Rahmen des ECTS verbessern, sodass die im Auslandssemester belegten Kurse einfacher auf das Studium angerechnet werden können. Hierzu wollen wir unverbindliche Standards für Studienprogramme und -kurse festlegen.

Wir wollen ein Europa der Jugend und nicht der Jugendarbeitslosigkeit. Deshalb soll Europa auch Berufsanfängern mehr Chancen geben. Dazu wollen wir die nationalen Arbeitsagenturen besser koordinieren, sodass die Suche nach Arbeit im EU-Ausland vereinfacht wird. Deshalb wollen wir ein Europäische Forum für Arbeit schaffen, das nationale Agenturen koordiniert, Pilotprojekte finanziert und als Forum für den Austausch von best practices fungiert. Ferner wollen wir protektionistische Hürden, die Unionsbürgerinnen und -bürgern die Arbeitsaufnahme oder Verrichtung von Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat erschweren oder gar unmöglich machen, abbauen. Dies gilt auch für den deutschen Meisterzwang.

Junge Gründerinnen und Gründer wollen wir mit einem Europäischen Venture Capital Programm nach Vorbild des israelischen Yozma-Programms unterstützen. Private Investments in StartUps sollen so durch Venture Capital Fonds verdoppelt und bei Erfolg später zurückgezahlt werden. Daneben wollen wir ein Europäisches Gründerstipendium schaffen, um den Lebensunterhalt von Gründenden abzusichern und sie fachlich und ideell zu fördern.

Die Youth Employment Initiative, die junge Arbeitslose in den Arbeitsmarkt eingliedern soll, wollen wir reformieren. Aktuell können große Teile der Mittel nicht abgerufen werden, da es an Kofinanzierung durch die Mitgliedstaaten mangelt. Hier wollen wir ansetzen und den Anteil an EU-Finanzierung von 50% auf 80% anheben, sodass die Mitgliedstaaten nur noch 20% zur Finanzierung eines Projekts aufbringen müssen.

Ein starkes Niedersachsen in Europa

Wir wollen ein Europa der Subsidiarität, in dem der Standort Niedersachsen ein eigenständiges Profil entwickelt.

Der Industrie verdankt Niedersachsen zahlreiche Arbeitsplätze und technische Innovationen. Damit unser Bundesland auch künftig zu den führenden Industriestandorten Europas zählt, brauchen wir eine neue Herangehensweise an den Immissionsschutz, die dem Klimaschutz Rechnung trägt ohne gegen die Industrie zu arbeiten. Vorgaben der EU müssen daher klar und ambitioniert, aber auch realitätsnah sein. Die aktuellen Stickoxid-Grenzwerte sind hingegen völlig übertrieben und gefährden die Umwelt. Schon eine einzige Kerze genügt, um den Grenzwert für den Straßenverkehr in geschlossenen Räumen zu überschreiten. Überdies droht durch die vermehrte Nutzung von Benzinautos ein erhöhter CO2-Ausstoß, was den Klimawandel weiter befeuern würde. Daher fordern wir eine zügige Anpassung der Grenzwerte. Doch die niedersächsische Industrie wird sich auch wandeln müssen. Der Umstieg auf CO2-neutrale Antriebstechniken (Elektromobilität, Brennstoffzelle oder regenerative Kraftstoffe) muss deutlich beschleunigt werden. Dazu bedarf es Technologieoffenheit und einer Ausweitung des Emissionshandels auf Kraftstofferzeuger.

Natur- und Umweltschutz darf nicht an Ländergrenzen halt machen, denn der Klimawandel tut dies auch nicht. Im Rahmen einer europäischen Klima- und Umweltpolitik wollen wir, dass auch Niedersachsen seinen Beitrag leistet. Mit über sechshundert Kilometer langen Deichanlagen an der Küste und den Nordseeinseln werden auch uns die Folgen der Erderwärmung treffen. Wir fordern, dass die an Niedersachsen fließenden EU-Mittel aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) langfristig hauptsächlich für den Natur- und Ressourcenschutz, die Renaturierung von Flächen und Gewässern sowie Klimaanpassungs- und Vorsorgemaßnahmen eingesetzt werden. Projekte wie „Klimaschutz durch Moorentwicklung“ wollen wir fortsetzen und die „Förderrichtlinie Landschaftswerte“ fortschreiben. Kulturland – also Anbau und Weideflächen – wollen wir dagegen nicht um jeden Preis schützen, denn natürliche Wälder und Wiesen haben im Zusammenwirken von Biodiversität und der Speicherung von CO2 einen großen Mehrwert für die Umwelt.

Niedersachsen ist durch Landwirtschaft geprägt. Diese Stärke wollen wir erhalten. Dazu setzen wir auf Unternehmertum, Innovation und die Dynamik des freien Marktes, statt auf Subventionen, Überregulierung und Bürokratie. Deshalb wollen wir die Agrarsubventionen schrittweise verringern und innerhalb von 15 Jahren vollständig abschaffen. Die Umwelt- und Bürokratieauflagen, die an die Agrarsubventionen gebunden sind, müssen dementsprechend mit abgeschafft werden. Die Europäische Union soll in diesem Zusammenhang verstärkt auf WTO-Ebene auf die anderen großen Agrar-Exporteure einwirken, um auch sie von der Abschaffung der Subventionen zu überzeugen. In der Übergangsphase muss es für die Betriebe Unterstützung geben – dazu gehört, dass die staatliche Agrarforschung gerade unter dem Gesichtspunkt der zu erwartenden Klimaveränderungen deutlich verstärkt wird und Möglichkeiten des digital farmings effektiv genutzt werden. Darüber hinaus wollen wir, dass die Betriebe z.b. durch Um- und Entschuldungsprogramme oder Hilfe bei Ernteausfallversicherung gestärkt werden. Bei den Umstrukturierungen müssen die Landwirte im Bereich der Bürokratie deutlich entlastet werden. Ebenso muss die EU sicherstellen, dass die festgelegten Standards für alle Mitglieder bindend sind und ein Unterbietungswettbewerb – z.B. bei den Tierschutzstandards – unterbunden wird.

Der Wandel von Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft betrifft auch Niedersachsen. Mit seinen zahlreichen Universitäten und Hochschulen hat Niedersachsen die Voraussetzungen, um in diesem Wandel mitzuhalten, allerdings gibt es auch Herausforderungen. Um diesen zu begegnen fordern wir eine stärkere Vernetzung mit den höheren Bildungseinrichtungen innerhalb der EU, bspw. nach dem Vorbild des U4-Netzwerkes der Universitäten Göttingen, Groningen, Gent und Uppsala. In einem Europa der Innovation wollen wir den Standort Niedersachsen in der Forschung etablieren und multidisziplinäre Spitzenforschung weiterhin ermöglichen. In der Wirtschaft wollen wir auf Kreativität, Innovation und Nachhaltigkeit setzen. Dazu wollen wir die EU-Innovationsförderung nutzen und auf öffentlich-private Partnerschaften zurückgreifen, bspw. wenn es um emissionsarme Antriebstechnologien oder um neue Behandlungsmethoden von Erkrankungen geht. Gemeinsam mit der Privatwirtschaft, der EU und Niedersachsen können Lösungen für aktuelle Herausforderungen gefunden werden.

Wir wollen nicht länger hinnehmen, dass die besten Ausbildungsstätten für Informatiker außerhalb Europas liegen. Wir wollen in Niedersachsen eine Europäische Ausbildungsstätte schaffen, in der die besten IT-Spezialisten der Welt ausgebildet werden. Eine Universität, die nicht dem Namen und Titel wegen, an althergebrachten Formaten, Räumlichkeiten und Konzepten von universitärer Wissensvermittlung hängt, sondern sich als Innovationsprojekt für die gesamte Hochschullandschaft in Europa empfindet. Eine Universität, die nicht noch ihre „third mission“ mühsam mit Leben füllen muss, sondern in ihrer Gründungs-DNA trägt und die völlig neue universitäre Beteiligungsformen für Ausgründungen von Startups ermöglicht.

Niedersachsen liegt im Herzen Europas. Wir teilen uns eine 180 kilometerlange Grenze mit den Niederlanden. Diese Grenze soll Niederländer und Niedersachsen nicht voneinander trennen, sondern uns miteinander verbinden und die niederländisch-niedersächsische Freundschaft stärken, indem sie zu einem Ort des kulturellen, sportlichen und politischen Austauschs und der gemeinsamen Wertschöpfung wird. Bereits heute werden über das INTERREG-Programm der Europäischen Union grenzüberschreitende Projekte gefördert. Leider beschränkt sich dies nur auf Personen aus der unmittelbaren Grenzregion. Deshalb wollen wir die Förderkriterien lockern und künftig gemeinsame Projekte in ganz Niedersachsen und den gesamten Niederlanden fördern. Ein besonderer Augenmerk muss dabei auf der Förderung von Jugendprojekten und Jugendorganisationen liegen.

Lass uns gemeinsam Geschichte schreiben!

Die kommende Europawahl ist eine Schicksalswahl. Am 26. Mai 2019 geht es nicht um die Frage “Ja oder Nein zu Europa”, es geht darum, in was für einem Europa Du leben möchtest: Einem Europa der Abschottung, der Mutlosigkeit und des Hasses oder in einem weltoffenen, mutigen und liberalen Europa. Dafür kämpfen wir, die Jungen Liberalen Niedersachsen! Mach mit und warte nicht bis andere Deine Zukunft verbauen, nimm Deine Zukunft selbst in Hand und lass uns gemeinsam Geschichte schreiben!

GEH WÄHLEN! AM 26. MAI 2019: FREIE DEMOKRATEN (FDP)

Sozialer Aufstieg – Für eine Gesellschaft, in der jeder alles werden kann

I. Präambel

In einer liberalen Gesellschaft sollte jeder alles erreichen können – wenn er nur will. Faktisch erleben wir aber, dass die soziale Herkunft die Chancen auf Bildung, Verdienst und Möglichkeiten der freien Lebensentfaltung, immer noch zu stark beeinflusst. Damit wird in Deutschland nicht nur Potenzial verschenkt, das vor dem Hintergrund der Automatisierung der Wirtschaft dringend benötigt wird. Es wird auch unserem Anspruch an einen liberalen Staat nicht gerecht, in dem die Voraussetzungen für jeden geschaffen werden sollten, sich über Leistung seinen Status zu erarbeiten, unabhängig von Herkunft oder Bildungsstand der Eltern. Für uns als Junge Liberale ist dabei klar: Chancengerechtigkeit ist nicht gleich Ergebnisgleichheit. Es geht darum, dass jeder in unserer Gesellschaft die gleichen Startchancen hat.

Menschen, die den sozialen Aufstieg wagen, sehen sich einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber, die sie auf ihrem Weg begleiten. Hierbei spielt die Sozialisation in der Familie häufig eine große Rolle. Es fehlt an Vorbildern, an Bezugsformen und an Sicherheit im Umgang in anderen Milieus. In erfolgreichen Aufstiegsbiographien findet sich das Motiv des Dranges zur individuellen Weiterentwicklung und eine generelle Unzufriedenheit mit der eigenen Situation wieder. Umso weiter der Aufstieg auf der “sozialen Leiter” voranschreitet, umso mehr entfernten sich die Betroffenen von ihrem sozialen Herkunftsmilieu. Auf der Suche nach einer neuen sozialen Heimat, haben die Aufsteigenden häufig Probleme ihre eigene Identität zu definieren. Berührungspunkte zu Familie und Freunden nehmen ab, während im neuen Umfeld Menschen fehlen, die die gemachten Erfahrungen teilen. Hier müssen gesellschaftliche Weichenstellung erfolgen. Wir wollen daher Patenschafts-Programme, wie arbeiterkind.de weiter unterstützen und neue Mentoring Angebote schaffen.

Bereits frühzeitig können durch kulturelle Bildung Soft-Skills und Anknüpfungspunkte geschaffen werden. Wir sehen gerade Musik- und Kunstverständnis als Weg, um Brücken auf- und Barrieren abzubauen.

Wir Junge Liberale sehen eine gute Bildungspolitik, eine bessere Eingliederung in den Arbeitsmarkt und eine Aufwertung von Einrichtungen in sozialen Brennpunkten als entscheidende Maßnahme zu echter Chancengerechtigkeit. Nur so befähigen wir jeden Einzelnen, seine eigenen Ziele zu erreichen

II. Bildungsaufstieg

Wir wollen, dass  Kinder alles werden können – außer dumm. Deswegen ist beste Bildung die wichtigste Grundvoraussetzung für einen idealen Start in das Leben. 

Schon in jüngsten Jahren können die Grundsteine für die Zukunft gelegt werden. Auch schon in der Kita werden immer mehr Bildungsaufgaben (frühkindliche Bildung) wahrgenommen. Damit jeder im gleichen Maße profitieren kann brauchen wir deshalb die beitragsfreie Kita. Die beitragsfreie Kita ist dabei Aufgabe des Landes. Das Land muss als Finanzie auftreten.

Verpflichtende jährliche Sprachstandserhebungen in allen Kindertagesstätten sollen ermöglichen, dass Fördermaßnahmen für alle Kinder mit sprachlichen Defiziten durchgeführt werden können. Spätestens ein Jahr vor der Einschulung müssen auch Kinder, die keinen Kindergarten besuchen, an einer Sprachstandserhebung teilnehmen und im Falle von Defiziten an einer verpflichtenden Sprachförderung teilnehmen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir das Programm “FIT in Deutsch” zur frühzeitigen Sprachförderung.

Wir vergessen dabei nicht, dass das Hauptziel des Kindergartens die Sozialisierung und das verbessern der Motorik durch spielen ist. Wir wollen die Kreativität fördern und Räume ermöglichen sich individuell zu entwickeln. Dabei ist uns wichtig, dass die bürokratischen Erhebungen nicht zu lasten der Qualität und dem Umfang der Betreuung geht.

Die Verpflegung in Kindertageseinrichtungen und in Schulen hat eine Vorbildfunktion beim Thema gesunder Ernährung, der zu oft nicht genügt wird. Wir fordern deshalb verbindliche Qualitätsstandards, die sich an den Vorschlägen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientieren.

Das Schulmittagessen soll dabei grundsätzlich für die Schüler kostenfrei sein. Die Mehraufwendungen sind vollständig durch das Land Niedersachsen zu tragen.

Das Schulstarterpaket wollen wir weiterentwickeln. Anstelle von zusätzlichen Geldleistungen sollen vermehrt Sachleistungen verteilt werden. Die Angebote der außerschulischen Lernförderung (Nachhilfe) sollen erweitert werden, sodass zukünftig nicht nur das “Erreichen der Lernziele” (idR die Versetzung), sondern auch die schulische Verbesserung ermöglicht wird. Den § 114 NSchG (Schülerbeförderung) wollen wir reformieren, sodass die notwendigen Beförderungskosten auf dem Schulweg grundsätzlich erstattungspflichtig sind, unabhängig von der Entfernung zur gewählten Schule. Ein ausreichendes ÖPNV Angebot ist zwingend bereitzustellen.

Die Unterrichtsqualität an allen niedersächsischen Schulen wollen wir verbessern. Schulgebäude müssen, wo notwendig, saniert und die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden. Zudem müssen mehr Lehrer eingestellt werden, um Unterrichtsausfall zu vermeiden, die Lehrerschaft zu entlasten und mittelfristig den Klassenteiler zu senken. Zuletzt unterstützen wir die landesweite Einführung von Schulgirokonten, über welche alle Zahlungen der Schulen abgewickelt werden sollen. Für Schulen soll das zugehörige Haushaltsjahr an das Schuljahr angepasst werden.

1. Grundschule

Die Grundschule ist das Fundament der deutschen Bildungslandschaft. Bereits hier gilt es, den Grundstein für eine erfolgreiche Bildungsbiographie zu legen.

Wir wollen, dass neben Grundlagen in der Allgemeinbildung, Mathe und Deutsch die Bildungsmotivation stärker in den Mittelpunkt rücken soll. Die Vermittlung von Soft Skills und die Stärkung des eigenen Selbstvertrauens sind die Basis für den späteren Bildungserfolg. Lehrer sollen nicht nur Fachexperten, sondern auch Bezugspersonen, Ansprechpartner und Motivationstrainer sein und gezielt Fördermöglichkeiten aufzeigen können.

Dazu fordern wir, dass mehr Schulsozialarbeiter an Grundschulen eingestellt werden. Außerdem sollten Grundschullehrer in ihrer Ausbildung oder in Fortbildungen besonders geschult werden, um Kinder aus sozial schwächerem Umfeld bestmöglich unterstützen zu können.

2. Weiterführende Schule

Der Übergang von der Grundschule auf eine weiterführende Schule ist die wohl selektivste Schwelle unseres Schulsystems. Untersuchungen belegen, dass Kinder aus einem sozial schwächerem Umfeld – trotz gleicher Leistung – deutlich seltener auf ein Gymnasium gehen.

Daher wollen wir, dass im 4. Schuljahrgang verpflichtende Beratungsgespräche zwischen Grundschullehrer, Erziehungsberechtigten und dem Schulkind im Sinne des § 59 Abs. 1 NSchG zur weiteren Schullaufbahn stattfinden. Hierbei sollen die Fähigkeiten und Interessen, das Arbeits- und Sozialverhalten und insbesondere die schulische Lernentwicklung des Kindes berücksichtigt werden.

Durch eine Orientierungsphase in der Klassenstufe 5, als Bindeglied zwischen der Grundschule und dem weiterführenden Angebot der Sekundarstufe I möchten wir den Schülern die Möglichkeit geben sich besser in ihrer weiterführenden Schule zurechtzufinden. Auch die Erziehungsberechtigten brauchen Zeit, sich mit der ihnen gegebenenfalls nicht vertrauten Lernumgebungen bekannt zu machen. Die Orientierungsphase soll der Überprüfung der Wahlentscheidung zur Schulform dienen. Zudem wollen wir einen flexibleren Schulwechsel zwischen den weiterführenden Schulformen ermöglichen, indem tatsächliche Zugänge eröffnet werden. Vor dem Hintergrund einer Internationalisierung des Arbeitsmarkt und um den Wechsel in einer späteren Klasse zu erleichtern fordern wir, dass ab der 6. Klasse das Erlernen einer zweiten Fremdsprache an allen Schulformen zum Pflichtfach wird.

Ferner ist es notwendig, die Digitalisierung als Absicherung vor Armut in die Mitte der Entwicklung zu stellen. Dringend erforderlich ist also eine Integration von digitalen und informationstechnischen Inhalten in die Lehrpläne. Algorithmik, Datenschutz, Big Data, künstliche Intelligenzen, Programmiersprachen und gesellschaftliche Risiken sind in die verschiedenen Unterrichtsfächer einzubinden. Ein Smartphone bedienen zu können, wird zukünftig keine ausreichende Grundlage mehr bilden. Es ist absehbar, dass zukünftige Arbeitsplätze nur unter Rücksichtnahme weitreichender IT-Grundkenntnisse noch zielführend und im internationalen Wettbewerb erfolgreich ausgeübt werden können.

Wir fordern ferner, dass insbesondere Oberschullehrer besonders sensibilisiert werden leistungsstarke Schüler zu unterstützen und zu ermutigen, es auf einer vermeintlich schwierigeren Schulform zu versuchen. Selbstzweifel von Schülern sollen hier direkt angesprochen werden und Perspektiven aufgezeigt werden. Auf Seiten der Lehrkräfte sollen Vorurteile gegenüber anderen Schulformen abgebaut werden, indem Praktika an den verschiedenen Schulformen Bestandteil der Lehramtsausbildung werden.

Das Erlernen sozialer und gesellschaftlicher Kompetenzen soll Schülern in Arbeitsgemeinschaften nach finnischem Vorbild ermöglicht werden. In solchen Kursen soll auch langfristiges Planen geübt werden. Mithilfe von Gastrednern aus Gesellschaft und Wirtschaft, die bspw. über ihren Bildungsaufstieg reden, kann die Motivation der Schüler durch Aufzeigen positive Vorbilder gestärkt werden.

Insbesondere wollen wir die Bildungschancen und das Leistungsniveau an Schulen in sozialen Brennpunkten verbessern und perspektivisch an das in Schulen außerhalb von sozialen Brennpunkten angleichen. Dazu müssen Brennpunktschulen anhand des gesamten sozialen Umfeldes definiert werden. Diesen Schulen soll vom Land jeweils ein eigenes Budget zur Verfügung gestellt werden, dessen Höhe über die Zahl der Schülerinnen und Schüler zu bestimmen ist. Damit können die betreffenden Schulen zusätzliches Personal, Material sowie externe Partner finanzieren. Voraussetzung für die Bereitstellung dieser zusätzlichen Mittel ist die Ausarbeitung eines eigenen Konzepts zur zusätzlichen Förderung der Schülerinnen und Schüler, um ihrem besonderen Förderbedarf gerecht zu werden und bestehende Leistungsunterschiede abzusenken. Die Landesregierung soll hierzu Leitlinien und Ziele definieren und eine umfassende Evaluation an den einzelnen Schulen über den Erfolg der ergriffenen Maßnahmen durchführen. Die jeweiligen Konzepte bedürfen der Genehmigung durch die Niedersächsische Landesschulbehörde. Die Landesschulbehörde überprüft regelmäßig den Förderbedarf dieser Schule – sich als notwendig erwiesene Maßnahmen werden weiterhin und dauerhaft finanziert, andere werden planbar zurückgebaut und an normale Zustände angepasst.

Durch Praktika wollen wir Schülern ermöglichen einen Einblick in das Berufsleben zu erhalten. Dadurch wollen wir insbesondere Handwerksberufe attraktiver machen und eine generelle Wertschätzung für Ausbildungsberufe schaffen. Des Weiteren wollen wir, dass an allen weiterführenden Schulen über alle Berufs- und Studienwege, beispielsweise über Universitätstage oder Jobmessen, und daran ansetzend über Finanzierungsmöglichkeiten informiert wird.

3. Universität

Der Zugang zur Universität darf aus Sicht der Jungen Liberalen nicht am Geldbeutel scheitern. Der Kostendruck und ein langes Studium ohne kurzfristig ein geregeltes Einkommen vorweisen zu können, sind nach wie vor Hemmnisse die junge Menschen aus nicht-akademischen Elternhäusern vom Studium abhält. Daher fordern wir, neben einem elternunabhängigen Bafög, eine Anschubfinanzierung für Studierende der ersten Generation in Form eines zinslosen Darlehens, das erst nach erfolgreichem Studium in Raten zurückgezahlt werden muss. Damit sollen die Kosten von Lernmaterialien, der Semesterbeitrag, die erste Miete und eine eventuell anfallende Kaution abgedeckt werden. Dieses System soll an die Bildungskredite angeknüpft werden. Finanzielle Lücken, wie sie durch eine zum Teile lange Bearbeitungsdauer von Bafög-Anträgen, Umzugskosten oder fällige Semesterbeiträge entstehen, können so ausgeglichen werden. Zudem besteht kein direktes finanzielles Risiko bei einem Scheitern im Studium.

Erwerbsarbeit neben dem Studium wollen wir erleichtern. Studierende, die einer Nebentätigkeit nachgehen, wollen wir entlasten, indem wir ihnen ermöglichen bis zu einem Einkommen in Höhe des Grundfreibetrags in der Familienversicherung zu verbleiben. Die Verdienstgrenze bei Minijobs soll dynamisch auf das 60-fache des Mindestlohns angehoben werden. Dazu muss die Anrechnungsgrenze des Bafögs (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 BAföG) signifikant erhöht werden.  Weiterhin sind Pflichtkurse im Studium weitestgehend abzuschaffen, um eine größtmögliche Flexibilität für die Studierenden  zu gewährleisten.

Studentische Initiativen, die in Projekten die Erstsemester-Studierenden betreuen und beratend zu Fragen rund um das Studium zur Seite stehen, wollen wir durch einen jährlichen Wettbewerb honorieren, bei dem die innovativsten Ansätze ausgezeichnet werden.

Außerdem wollen wir auf Stipendienprogramme – auch abseits der klassischen Elitenförderung – besser aufmerksam machen und hier für eine Erhöhung des Fördervolumens eintreten. Durch eine breit angelegte Begabtenförderung können mittelfristig das Bildungsverhalten und die Bildungsplanung positiv beeinflusst werden.

Zudem wollen wir die Möglichkeiten zur Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung über die berufliche Vorbildung erleichtern.

4. Berufsausbildung

Wir Junge Liberale stehen für eine moderne berufliche Bildung. Für uns ist dabei klar, dass ein Meister so viel Wert sein soll wie ein Master.

Wir verstehen die erfolgreiche Absolvierung einer Berufsausbildung als Chance in ein selbstbestimmtes Leben. Die Ausbildung muss daher so attraktiv sein, sodass sie auch als Einstieg zum Aufstieg angesehen wird.

Wir setzen uns dafür ein, dass Wohnheimplätze auch für Auszubildende in Gebieten mit niedrigem Leerstand geschaffen werden. Wir wollen ein Angebot für ein freiwilliges Azubi-Semesterticket schaffen und ein Aus- und Weiterbildungs-Bafög einführen. Zudem soll die Ausbildung, da wo es möglich ist modularisiert werden, um auch Teilqualifizierungen zu ermöglichen. Dabei sollen Prüfungsleistungen von Studienabbrechern angerechnet werden können. Die duale Berufsausbildung wollen wir stärken. Daher fordern wir, dass Berufsschulen bestmöglich ausgestattet werden und mehr Fachpraxisunterricht stattfindet. Ausbildungsbegleitende Hilfeleistungen sollen von qualifiziertem Fachpersonal durchgeführt werden. Über bestehende Fördermaßnahmen soll besser informiert werden und finanzielle Hilfen sollen leichter zugänglich werden. Das Begabtenförderungswerk berufliche Bildung wollen wir besser ausstatten.

Zudem wollen wir die Möglichkeit schaffen einen qualifizierten Berufsabschluss über Berufserfahrung zu erlangen, wenn eine angemessene Zeit in einem Betrieb gearbeitet wurde ohne vorher eine formelle Berufsausbildung abgeschlossen zu haben.

III. Beruflicher Aufstieg

Als Liberale glauben wir, dass jeder Mensch Chancen verdient, sein Leben zu gestalten. Die derzeitigen Unterstützungsangebote für Arbeitssuchende und Arbeitslose sind allerdings unzureichend. Das System aus Sozialhilfe und Arbeitslosengeld wollen wir durch unsere Vision vom liberale Bürgergeld ersetzen. Auf dem Weg dahin wollen wir allerdings noch kurz- und mittelfristig Anpassungen am jetzigen System vornehmen.

1. Beratung und Qualifizierung

Wir wollen jedem im bestehenden System der Arbeitsagenturen, seinen Fähigkeiten nach eine passgenaue Beratung, Förderung und Qualifizierung ermöglichen.

In einem ersten Schritt sollen durch Eignungs- und Interessentest auf freiwilliger Basis die Qualifikationen, unabhängig von Schulzeugnissen, ermittelt werden. Die Ergebnisse stehen dann während der Beratungsgespräche zu einer individuellen Förderung als Orientierungshilfe zur Verfügung.

Zudem wollen wir, dass eine psychologische Beratung angeboten wird, um tieferliegende Probleme zu identifizieren und erforderliche Unterstützung anbieten zu können.

Weiterbildungsmaßnahmen, die im Endeffekt nur zur Beschönigung von Statistiken dienen lehnen wir ab. Wenn eine Fördermaßnahme durchgeführt wird, muss diese auf die Situation des Arbeitssuchenden passen. Es darf nicht bloß der Anspruch sein einen beliebigen Arbeitsplatz zu verschaffen, sondern das bestmögliche Angebot zu vermitteln. Auch nach der erfolgreichen Vermittlung soll eine weitere Unterstützung, wenn gewünscht, erfolgen. Wir wollen zusätzlich, dass auch Arbeitnehmer, die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis sind, auf die Angebote der Arbeitsagentur zurückgreifen können. Das ausgeprägte Netzwerk der Agenturen soll hier zur Unterstützung bei der Suche nach einem besseren Job oder einem geeigneten Weiterbildungsangebot genutzt werden können, denn wir sehen in der berufliche Weiterbildung eine elementare Chance, um Karriereperspektiven zu eröffnen.

Das Problem Analphabetismus

In Deutschland gelten ca. 7,5 Millionen Menschen als funktionale Analphabeten. Diese Hürde an der gesellschaftlichen Teilhabe wollen wir bekämpfen.  Die Jungen Liberalen setzen sich für niedrigschwellige, kostenlose Lernangebote für Analphabeten ein und unterstützen die sogenannte “Dekade für Alphabetisierung”.

2. Motivation und Umfeld

Die beste Beratung kann nur funktionieren, wenn der Betroffene eine intrinsische Motivation zum Vorankommen hat. Eine hohe Motivation muss dann auf eine realistische Perspektive treffen. Gute Beratung zeigt deshalb auf, wie mit machbaren Maßnahmen in einem überschaubaren Zeitplan ein Aufstieg, in Form einer größeren Wohnung, eines geregelten Einkommens oder eines Urlaubs, erreicht werden kann. Konkurrenzsituationen mit Nachbarn, die nur durch Sozialleistungen einen ähnlichen Lebensstand haben wie der Erwerbstätige, müssen unbedingt vermieden werden.

Negative psychosoziale Folgen der Arbeitslosigkeit treten dann nicht ein, wenn Menschen davon ausgehen (können), dass sie bald wieder eine Arbeitsstelle finden werden. Deshalb sollte der Anreiz, dies durch Maßnahmen des “Förderns und Forderns” zu realisieren, aufrecht erhalten bleiben. Daher wollen wir das derzeitige Sanktionssystem, welches mangelnde Kooperation mit der Arbeitsagentur bestraft, beibehalten.

3. Bekämpfung von Erwerbsarmut

Der Wahlspruch “Leistung muss sich wieder lohnen” mag veraltet sein, ist in der Sache jedoch nach wie vor richtig. Wir Junge Liberale sind der festen Auffassung, dass derjenige der arbeitet am Ende mehr haben muss als jemand der von staatlichen Sozialleistungen lebt. Das heißt allerdings auch, dass wir einen überbordenden Niedriglohnsektor, der über ein “Sprungbrett in den Arbeitsmarkt”-Verhältnis hinausgeht, ablehnen. Wir wollen nicht, dass Menschen dauerhaft zu “Aufstockern” werden, die trotz Erwerbstätigkeit von staatlichen Sozialleistungen leben müssen.

Das wirksamste Mittel gegen Erwerbsarmut sind starke Gewerkschaften. Daher fordern wir die Abschaffung des Tarifeinheitsgesetzes, damit sich jeder Arbeitnehmer weiterhin seine Gewerkschaft aussuchen kann. Der Wettbewerb zwischen verschiedenen Gewerkschaften stärkt eine unabhängige Arbeitnehmervertretung. Aber auch Gewerkschaften müssen sich hier dem Wandel der Arbeitswelt anpassen und neue Modelle finden, wie sie mit der Entwicklung am Arbeitsmarkt umgehen. Keine Weiterentwicklung und das Beharren auf starren und veralteten Regelungen die an der Arbeitsrealität vorbei gehen, lehnen wir jedoch ab.  

Erwerbsarmut und Arbeitslosigkeit mindern sich durch starre Arbeitsmarktregeln nicht. Nach dem Vorbild Dänemarks fordern wir Flexicurity. Deshalb setzen wir auf einen flexiblen Arbeitsmarkt, frei von einem staatlich verordneten Mindestlohn. Stattdessen wollen wir den Grundfreibetrag auf mindestens 12.000 Euro im Jahr anheben. Den Kündigungsschutz wollen wir auf die Kündigungsfristen im BGB und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beschränken. Gleichzeitig bestehen wir aber auf eine faire Grundsicherung in Form des Liberalen Bürgergelds, zählen auf starke und selbstbewusste Gewerkschaften und setzen auf Qualifikation und Weiterbildung, um den beruflichen Aufstieg zu beflügeln.

Die Vermögensbildung muss auch für Geringverdiener einfacher werden. Dazu wollen wir die Einkommensgrenzen des § 13 VermBG anheben und den staatlichen Zuschuss in der Arbeitnehmersparzulage erhöhen. Gerade Kleinanleger sollen ermutigt werden, anstatt der Geldanlage auf dem Sparbuch, nach einer Beratung, auch an den Börsen zu investieren. Damit wollen wir eine neue Aktienkultur in Deutschland schaffen.

IV. Leben im Problemviertel

Das Aufwachsen und Leben in einem Problemviertel führt zu einer Vielzahl von weiteren Problemen. Eine räumliche Konzentration einkommensschwacher Haushalte führt häufig zu

Stigmatisierung des gesamten Wohnviertels und seiner Bewohner. Jugendliche eignen sich durch soziale Lernprozesse Verhaltensmuster an, die ihre Bildungschancen negativ beeinträchtigen, da positive Rollenvorbilder fehlen. Diskriminierungen bei Behörden oder potenziellen Arbeitgebern aufgrund der “falschen” Adresse sind denkbar. Hier wollen wir durch Quartiersarbeit, Baumaßnahmen und gezielte Kriminalitätsbekämpfung diese Viertel nachhaltig aufwerten.

1. Quartiersarbeit

Als eine Maßnahme gegen soziale Abschottung von Problemvierteln sehen wir eine kommunale Quartiersarbeit und -entwicklung. Quartiersarbeit hat zum Ziel das gesellschaftliche Leben im Quartier so zu gestalten, dass alle Menschen dort selbstbestimmt leben können. Wir fordern, dass in Kooperation mit den Bewohnern des Quartiers, mit Sozialarbeitern und der jeweiligen Stadtverwaltung unter größtmöglicher Transparenz lokale Probleme kleinteilig vor Ort gelöst werden.

So kann ein Gefühl von Empowerment und Mitbestimmung entstehen, welches die Bewohner motiviert auch weitere Aktionen selbstbestimmt durchzuführen. Ferner werden Beziehungen und soziale Netzwerke geschaffen, die den Zusammenhalt innerhalb eines Quartiers stärken.

In der Quartiersarbeit streben wir Kooperationen mit freien Trägern an.

2. Kriminalitätsbekämpfung

In sozialen Brennpunkten ist häufig auch eine gesteigerte Kriminalität zu beobachten. Hier wollen wir neben einer ausreichenden Polizeipräsenz vor allem an zwei Punkten ansetzen.

a. Prävention

In der Kriminalitätsprävention wollen wir uns nicht auf klassische Konzepte der Kriminalprävention durch Wertevermittlung, Sensibilisierung  und Verhinderung von Tatgelegenheiten beschränken.

Vielmehr sollen Ursachen, die sekundär zu Kriminalität führen, frühzeitig angegangen werden. Als Ursachen sehen wir hier zum einen Überschuldung und Alkohol- bzw. Drogenmissbrauch.

Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen, dass:

  • Schuldnerberatungsangebote leichter zugänglich werden. Zwar gibt es in der freien Wohlfahrtspflege oder in kommunalen Beratungsstellen bereits entsprechende kostenlose Angebote. Diese frühzeitig aufzusuchen ist für die betroffenen allerdings häufig mit einer Hemmschwelle verbunden. Daher wollen wir den Ausbau von anonymisierten Onlineberatungen, die von zertifizierten Beratern mit grundlegenden sozialarbeiterischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Kompetenzen durchgeführt wird. Auch in der ´Offline´-Beratung sollen Zugangsbarrieren durch bessere regionale Erreichbarkeit, flexible Beratungstermine, angepasste Sprache und eine grundlegend positive Marketingstruktur abgebaut werden. Eine erfolgreiche Überschuldungsprävention rechnet sich schlussendlich nicht nur für die Betroffenen, wenn bereits vor der Festigung einer finanziellen Schieflage beratend eingegriffen werden konnte.
  • Alkohol- und Drogenmissbrauch frühzeitig problematisiert wird. Der übermäßige Konsum von Alkohol steigert nachweislich die Risikobereitschaft, ungefähr jede vierte Gewalttat wird unter Alkoholeinfluss begangen. Hinzu kommt Beschaffungskriminalität. Gerade Jugendliche, die hier früh negativ polizeilich auffallen verbauen sich dadurch ihre Zukunftschancen. Daneben stehen nicht unerhebliche gesundheitliche Risiken, die zu Verelendung der Drogenabhängigen führen. Deshalb wollen wir eine niedrigschwellige Drogenhilfe als offene Kontakt- und Anlaufstelle und Ausstiegsberatung. Dazu wollen wir die rechtlichen Grundlagen für Drugchecking schaffen, sowie einen drogenpolitischen Opportunitätsgrundsatz im Betäubungsmittelgesetz verankern.

b. Resozialisierung

Wenn eine Person straffällig geworden ist, muss das Augenmerk des Justizvollzugs auf der Resozialisierung der Täter liegen. Hierbei begrüßen wir die Maßnahmen im offenen Jugendvollzug. Besonders Jugendliche im Vollzug sollen aktiv beraten werden und die Möglichkeiten bekommen einen Schulabschluss oder eine Berufsausbildung zu machen bzw. anzufangen. Auf die Möglichkeiten des freiwilligen Verbleib im Jugendstrafvollzug zur Beendigung einer Aus- bzw. Weiterbildung (§§ 125, 126 NJVollzG) soll hingewiesen werden.

Die Arbeit des ambulanten Justizsozialdienstes und der Freien Straffälligenhilfe soll fortgeführt werden. Das Übergangsmanagement wollen wir stärken. Der Übergang aus der Haft zurück in die Freiheit ist ein neuralgischer Punkt im Resozialisierungsprozess. Daher fordern wir, dass ganzheitliche und durchgängig angelegte Hilfeprozesse den Betroffenen unterstützen und über ein umfängliches Netzwerkmanagement Kontakte zu Arbeitgebern oder Bildungseinrichtungen hergestellt werden können.

3. Wohnraum und Umwelt

Wir sehen sowohl öffentliche Bauträger, wie auch private Investoren in der Pflicht ihre Gebäude instand zu halten, um die Lebensqualität nicht durch vernachlässigte Bausubstanz zu beeinträchtigen. Der Aufwertung von Wohnvierteln und damit verbundene Mietsteigerungen lehnen wir nicht grundsätzlich ab. Hierbei ist jedoch auf Sozialverträglichkeit zu achten. Gerade bei einkommensschwachen Haushalten müssen soziale Härten durch eine ausgewogene Wohngeldregelung aufgefangen werden.

Zusätzlich fordern wir die Verstetigung der Mittel des Städtebauförderprogramm “Soziale Stadt” zur Stabilisierung und Aufwertung sozial benachteiligter Ortsteile. Wir unterstützen das Bundesprogramm “Mehrgenerationenhaus” zur Schaffung von Orten zum generationenübergreifenden Miteinander und Engagement. Hierbei sehen wir eine enge Kooperation mit den Kommunen als zwingend an. 

Sozialer Wohnungsbau mindert allenfalls die Symptome, er stellt aber keine langfristige Lösung für die Wohnungsnot in niedersächsischen Großstädten dar. Wir wollen stattdessen privaten Wohnungsbau anregen, indem wir zielgerichtet die Baukosten senken. Dazu wollen wir auf Bundes- und Landesebene einen Normenkontrollrat einrichten, der alle bestehenden und kommenden Gesetze, die das Bauen betreffen, einer Kosten-Nutzen Analyse unterzieht. Gesetze, die mehr Kosten als Nutzen verursachen, wollen wir abschaffen. Die Ausweisung von Bauland sowie die Umwandlung von landwirtschaftlichen Nutzflächen in Bauland, muss vereinfacht und in deutlich größerem Maßstab als bisher möglich werden. Hierzu wollen wir den Städten und Landkreisen eine größere Autonomie in der Rechtssetzung zugestehen, denn die Bürgerinnen und Bürger vor Ort wissen am besten, wie mit dem Land vor ihrer Haustür verfahren werden soll.

Neubauprojekte sollen dabei alle Preissegmente ansprechen. Eine Erhöhung des Freibetrages bei der Grunderwerbsteuer für die erste selbst genutzte Immobilie soll die Bildung von Wohneigentum erleichtern und damit den Mietmarkt entlasten.

Verbindliche Quoten für private Investoren sollten 25 % für geförderten Wohnraum nicht überschreiten, um auch langfristig eine gute Durchmischung von Wohnvierteln zu erreichen. Bei bestehenden Wohnobjekten in sozialer Bindung fordern wir eine effektive Überprüfung der Fehlbelegungsquote. Eine Mietpreisbremse, sowie Zweckentfremdungsverbote lehnen wir als ineffektive Instrumente ab.

Weiterhin fordern wir, dass sozial benachteiligte Quartiere bestmöglich an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden werden. So wollen wir Mobilitätsbarrieren für die Bewohner abbauen und gesellschaftliche Teilhabe und Integration ermöglichen.

Zudem sollen ausreichende Naherholungsflächen geschaffen werden, denn gerade Problemviertel sollen nicht zu Betonwüsten verkommen.

Für uns steht fest: Chancen für einen Sozialen Aufstieg zu schaffen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Also: Haben wir den Mut zur Veränderung!

Zeit für Beruf und Familie

A. Präambel

Mit der Veränderung von Familienentwürfen gewinnt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf immer mehr an Bedeutung: Häufig wollen oder müssen beide Elternteile arbeiten gehen. Dabei ist es mitunter schwierig, die beruflichen Karrieren und das familiäre Leben unter einen Hut zu bekommen; dies gilt im Besonderen für Alleinerziehende. Jede Familie muss für sich ganz individuell den bestmöglichen Weg finden, die Politik kann und sollte keine allgemeingültige Musterlösung vorschreiben. Aufgabe der Politik ist es vielmehr, den Eltern die notwendigen Werkzeuge in die Hand zu geben, um für sich und für ihre Kinder die besten Lösungen zu zimmern. Dabei kommt es darauf an, möglichst viele Gestaltungsfreiräume zu schaffen und Gestaltungseinschränkungen zu minimieren.

B. Unerfüllte Kinderwünsche verwirklichen

Zur Familiengründung gehört der Nachwuchs, doch nicht jeder hat darauf die gleichen Chancen. Wir wollen dabei unterstützen, unerfüllte Kinderwünsche zu verwirklichen. Für diejenigen Kinderwünsche, die aus medizinischen Gründen unerfüllt sind, wollen wir – unter später genannten Voraussetzungen – Samen- und Eizellspende sowie Tragemutterschaft legalisieren. Die Tragemutterschaft soll nur bei gegebener medizinischer Indikation, die von zwei unabhängigen GynäkologInnen festgestellt wurde, möglich sein. Dabei müssen Tragemütter unentgeltlich handeln, die Unionsbürgerschaft innehaben und dürfen nicht vermittelt werden. Für eine Legalisierung der Samen- und Eizellspende muss gewährleistet sein, dass das Kind keinerlei rechtlichen Ansprüche – wie etwa Unterhaltsansprüche – gegen den oder die SpenderIn hat.

Die sogenannte Kinderwunschbehandlung soll in Zukunft auch Menschen, die ohne medizinische Indikation keine Kinder bekommen, ermöglicht werden. Dabei soll die Behandlung bis zu einer nach der Meinung des behandelnden Arztes notwendigen Anzahl an Versuchen aus den Mitteln der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt werden.

Wir wollen darüber hinaus das sogenannte “Social Freezing” ermöglichen, bei dem Zellen über einen langen Zeitraum bei niedrigsten Temperaturen konserviert werden und somit ihre Eigenschaften erhalten. Dabei wird es Frauen und Männern ermöglicht ihre Eizellen bzw. ihr Sperma auf unbestimmte Zeit einzufrieren um dann zu einem späteren Zeitpunkt – ohne die Risiken des Alters – Kinder zu bekommen. Wir schaffen damit die Chance, auch im höheren Alter Kinderwünsche zu verwirklichen, was z. B. Paaren zu Gute käme, die sich erst in späteren Lebensjahren kennengelernt haben.

Wir wollen allen Paare ihre Kinderwünsche erfüllen. Das gilt auch für die Paare, denen diese Möglichkeit bis jetzt aus politischen Gründen verwehrt bleiben. Das Adoptionsrecht soll in Zukunft allen staatlich anerkannten Verantwortungsgemeinschaften, aber auch Alleinerziehenden zustehen. Jeder soll die gleichen Rechte und Pflichten in der Adoption bekommen.

C. Kinder bilden und nicht nur betreuen

Wir sehen die Betreuung unserer Kinder nicht nur als eine reine Unterbringungsmöglichkeit während der Arbeitszeit der Eltern; wir sehen sie vielmehr als Chance zur Förderung der Entwicklung und des Lernens in einer kindgerechten Umgebung unter der Anleitung und der Obhut von Fachpersonal, das unsere Kinder nicht nur betreut, sondern auch bildet. Insbesondere im jungen Alter lernen Kinder schnell und können grundlegende Kenntnisse mit auf ihre Reise durch das Bildungssystem nehmen. Uns ist deshalb wichtig, dass alle Eltern ab Geburt des Kindes sowohl den Rechtsanspruch auf, als auch einen tatsächlichen Platz in einer passenden Betreuungseinrichtung erhalten. Dabei soll den Eltern die größtmögliche Wahlfreiheit geboten werden, um das richtige Betreuungsangebot für ihr Kind zu finden. Es gibt eine Vielzahl von Betreuungskonzepten und Trägern, die wir begrüßen und daher erhalten und fördern wollen. Nur wenn ein vielfältiges Angebot vorhanden ist, kann für jedes Kind der beste individuelle Platz gewährleistet werden. Bürokratische Hürden, die die Schaffung privater Betreuungseinrichtungen erschweren, müssen daher abgebaut werden. So wollen wir zum Beispiel durch entsprechende Ausschreibungen in den Kommunen den Ausbau von Kinderbetreuung in privater Trägerschaft vorantreiben. Andererseits müssen fachliche Kompetenzen der ErzieherInnen gewährleistet sein und ggf. weiter ausgebaut werden; nur so wird erreicht, dass unsere Kinder nicht nur betreut, sondern auch gebildet werden.

Die Nachfrage für gut ausgebildete ErzieherInnen ist groß, deswegen müssen berufliche Perspektiven attraktiv gestaltet sein. Dazu gehören ansprechende Gehaltsperspektiven ebenso wie Weiterbildungsmöglichkeiten und insbesondere eine wirklichkeitsnahe Altersvorsorge. Denn potenzielle Auszubildende erwarten eine Antwort auf die Frage, inwiefern es realistisch ist, im gehobenen Alter diesem Beruf weiter nachzugehen.

Bei der elterlichen Entscheidung über die Ausgestaltung der Art des Jobs und der Arbeitszeiten, spielen die Kosten für die Kinderbetreuung bzw. -bildung eine große Rolle. Daher fordern wir konkret folgendes Finanzierungsmodell:

Die Kosten für einen Betreuungsplatz sind grundsätzlich vollständig von der Kommune zu tragen; das gilt sowohl für öffentliche als auch für private Betreuungseinrichtungen. Der Betreuungsplatz wird allerdings von der Kommune nur maximal in der Höhe von 120% des kommunalen Durchschnittsbeitrags gezahlt. Die Finanzierung der Betreuungsleistung muss unabhängig von der Art der Betreuungseinrichtung sein, solange die fachliche Kompetenz der betreuenden Person gewährleistet ist. Das schließt auch Tagesmütter bzw. -väter mit ein. Sie leisten einen wichtigen Beitrag innerhalb unserer Betreuungslandschaft; das gilt insbesondere für Überbrückungszeiten bis zum nächstmöglichen Aufnahmezeitpunkt an den Betreuungseinrichtungen. Die Kommune ist dabei von Bund und Land zu unterstützen.

Arbeitsweisen und damit Arbeitszeitmodelle können sehr unterschiedlich sein. Es kann im Job zum Beispiel arbeitsintensive Hochphasen geben oder auch entspannte Nebensaisons. Deswegen müssen Betreuungsangebote flexibel sein. Wir setzen uns daher für ein vielfältiges Angebot an Betreuungszeiträumen ein, innerhalb einer Bandbreite von Kurzzeitbetreuung bis hin zu einer 24-Stunden-Betreuung. Dafür ist der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz dahingehend zu ändern, dass er nicht nur für die Betreuung in einer Vormittagsgruppe gerichtet ist (vgl. § 24 Abs. 1 S. 2 NKiTaG). Weiterhin wollen wir darauf hinarbeiten, dass langfristig in allen Kommunen, zumindest aber in den großen Städten, ein 24-Stunden-KiTa-Angebot eingerichtet wird.

Auch nach der Einschulung kann eine Betreuung gebraucht werden. Wir fordern daher den zügigen Ausbau von freiwilligen Ganztagsschulen. Dabei hat nach unserem Konzept der autonomen Schule, jeder Schulträger ein Ganztagsangebot an den Schulen oder in geeigneter Erreichbarkeit vorzuhalten. Dies soll ausdrücklich auch in Zusammenarbeit mit den ortsansässigen Vereinen und Gruppen möglich sein. Auch die außerschulische Ganztagsbetreuung erfüllt dabei einen pädagogischen Anspruch und unterliegt der Aufsicht der für die Schulen zuständigen Schulverwaltungen und Ministerien. Die Richtlinien zur Einbindung von Vereinen u. Ä. sollen dabei in einer Weise gestaltet werden, dass es den Vereinen auch tatsächlich möglich ist, diese Angebote in einer angemessenen Weise bereitzustellen.

D. Gerechte Chancen für die familiäre Haushaltskasse schaffen

Es gibt viele Menschen in Deutschland, die sich gegen Kinder entscheiden. Auch die Anzahl der Kinder pro Frau liegt laut statistischem Bundesamt mit 1,47 unter dem europäischen Durchschnitt. Die Gründe für den Verzicht sind vielschichtig und mit Erfindung der Pille in den 60ziger Jahren kam endlich ein wichtiger Meilenstein zur freien Entscheidung und Kontrolle hinzu. Die Möglichkeit dieser Entscheidung aus freien Stücken heraus ist großartig. Furchtbar ist es allerdings, wenn sich Menschen unfreiwillig gegen Kinder entscheiden müssen. Bis zur Volljährigkeit kostet ein Kind knapp 130.000 Euro. Leider gibt es Menschen, die sich von diesen Kosten abschrecken lassen. Insbesondere vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und der rückläufigen Einwohnerzahl, ist es bedauerlich, dass in unserem wirtschaftsstarken Land die Entscheidung über die Familiengestaltung immer noch vom Portemonnaie der Familie abhängig sein kann.

Kindergeld und Kinderfreibetrag sind sinnvolle Instrumente zur finanziellen Förderung. Das maximale Förderungsalter von volljährigen Kindern in Ausbildung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs halten wir für angemessen. Die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Elternzeit nach der Geburt des Kindes ist wichtig und richtig. Für die Entscheidung über die Dauer der Elternzeit darf ein Verlust von Einkünften allenfalls eine untergeordnete Rolle spielen. Eltern, die insbesondere die ersten Lebensmonate des Kindes intensiv begleiten wollen, dürfen nicht durch finanzielle Abhängigkeit davon abgehalten werden. Deshalb wollen wir das Angebot des Elterngeldes folgendermaßen verbessern:

Die Höhe des Elterngeldes soll sich nicht am Netto- sondern am Bruttoeinkommen orientieren. Denn sonst werden unverheiratete Paare schlechter gestellt als verheiratete. Letztere profitieren nämlich erheblich von einer Steuerklassenoptimierung. Der Elterngeldanspruch soll im Gegenzug angehoben werden auf 70 Prozent des Bruttoeinkommens.

Das Elterngeld Plus muss flexibler werden: Wir fordern eine freie Aufteilungsmöglichkeit der monatlichen Zahlungen im Rahmen des maximalen Förderzeitrahmens von 24 Monaten. Der Partnerschaftsbonus soll auch dann möglich sein, wenn beide Elternteile zu unterschiedlichen Zeiten für vier Monate in Teilzeit arbeiten. Ebenso sollen Teilzeitarbeitsmöglichkeiten im Rahmen des Partnerschaftsbonus auf 15 bis 30 Wochenstunden ausgeweitet werden.

Das Ehegattensplitting soll reformiert werden. Es wird zukünftig von einem Familiensplitting nach dem französischen Modell ersetzt. Das Einkommen der Eltern wird weiterhin gemeinsam besteuert. Jedoch fließt nun die Anzahl der Kinder in die Berechnung mit ein, wobei die Eltern einen Faktor von eins erhalten und die Kinder einen Faktor von 0,5 erhalten. Das Jahreseinkommen wird dann entsprechend geteilt und nur dieser Betrag besteuert. Das Familiensplitting greift ab dem ersten Kind.

Die Jungen Liberalen fordern Alleinerziehende durch die Anhebung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende (§ 24b EStG). Zudem wollen wir für Alleinerziehende die steuerliche Ermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen von derzeit 20% auf 30% zu erhöhen.

E. Arbeitgeber zur Förderung des Nachwuchses ermuntern

Arbeitgeber profitieren von einer ausgewogenen Vereinbarkeit von Familie und Beruf für ihre Arbeitnehmer, wenn diese dadurch ihren Alltag leichter und besser bestreiten können. Für Arbeitnehmer reichen jedoch Lippenbekenntnisse ihrer Arbeitgeber für eine echte Chance auf eine Vereinbarkeit nicht aus; sie brauchen vielmehr rechtlich verbindliche Ansprüche, die ihnen Planungssicherheit geben. Dazu zählt unter anderem das Recht auf eine mindestens gleichwertige Stelle bei Rückkehr aus der Elternzeit, was sowohl für das Gehalt als auch für die Tätigkeitsbeschreibung gilt. Zudem fordern wir das Recht auf Reduzierung der Arbeitszeit bei Rückkehr aus der Elternzeit für beide Elternteile, unabhängig von der gewünschten Höhe der Reduzierung und der Art der Stelle. Auch fordern wir das grundsätzliche Recht auf Telearbeit für alle Arbeitnehmer. Von diesen Rechten darf nur abgewichen werden, wenn wichtige betriebliche Gründe dagegen vorgebracht werden.

Wir wollen Unternehmen dabei unterstützen Betriebskindergärten einzurichten, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch besser zu verzahnen.

Für die JuLis ist man nie zu jung!

Der Landesverband Niedersachsen setzt sich mittels eines Satzungsänderungsantrages bei einem der kommenden Bundeskongresse der JuLis dafür ein, dass das Mindestalter für die Mitgliedschaft bei den Jungen Liberalen auf sieben Jahre abgesenkt wird.

Leben. Lernen. Forschen.

I. Leben

Die Jungen Liberalen setzen sich dafür ein, dass alle Studenten an niedersächsischen Hochschulen gut und preiswert leben können. Wir setzen uns besonders dafür ein, dass jeder Mensch, unabhängig von sozialer Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern studieren kann. Hierfür sind günstige Wohnungen und ein großes Angebot an Mensen mit preiswerten Gerichten erforderlich.

A. Studentenwerke

Die Studentenwerke leisten einen großen Beitrag für das Leben von Studenten in Niedersachsen. Es ist daher wichtig, dass sie bei ihrer Arbeit keine Hindernisse in den Weg gelegt bekommen. Eine Frauenquote in Verwaltungsgremien stellt ein solches Hindernis dar und ist daher abzulehnen.

Wir setzen uns für eine robuste Grundfinanzierung der Studentenwerke aus staatlichen Mitteln ein. Wir setzen uns für eine stärkere staatliche Finanzierung der Studentenwerke ein. Nur so kann Chancengerechtigkeit gewährleistet werden. Es ist nicht gerecht, dass alle Studenten mit ihren Beiträgen die günstigen Mieten der Studentenwohnheime mitfinanzieren, egal ob sie das Angebot nutzen. Deshalb muss es ein Austrittsrecht für Studenten geben. Nur wer das System nutzt, soll es auch mitfinanzieren.

Ein effizienter Einsatz der staatlichen Mitteln, sodass diese den Studenten zu Gute kommen und nicht in Verwaltungen versickern, ist sicherzustellen. So müssen nicht alle Aufgaben zwangsweise vom Studentenwerk erfüllt werden. Wir möchten, dass die Studentenwerke hauptsächlich eine koordinierende Funktion übernehmen. Sie sollen in Zukunft die einzelnen Angebote ausschreiben und für die Verteilung der staatlichen Finanzierung verantwortlich sein. Gerade beim Bau von Wohnheimen und dem Betrieb von Mensen ist dieses System geeignet. Es muss eine effektive Kontrolle der Arbeit der Studentenwerke durch die Studenten gegeben sein. Die derzeitige paritätische Besetzung von Gremien der Studentenwerke ist dabei beizubehalten.

B. Unterstützung durch die Hochschule

Das Studium ist heute nicht mehr nur Abiturienten vorbehalten, es gibt immer mehr Möglichkeiten für beruflich qualifizierte auch zu studieren. Dies stellt neue Anforderungen an die Hochschulen. Wenn die Studenten mitten im Leben stehen, muss die Hochschule sie dabei unterstützen.

Als staatliche Einrichtung muss sie, auch für ihre Mitarbeiter, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorangehen. In guter Erreichbarkeit von Hochschulstandorten müssen ausreichend Kindertagesstätten vorgehalten werden, um studierenden Eltern und Mitarbeitern mit Kund eine hochschulnahe Kinderbetreuung zu ermöglichen. Gegebenenfalls sollen diese Kindertagesstätten durch die Hochschulen oder die Studentenwerke betrieben werden. Dabei sind die Betreuungszeiten flexibel zu gestalten, um den besonderen zeitlichen Anforderungen eines Studiums bzw. einer wissenschaftlichen Karriere gerecht zu werden.

Das Studium muss allen Menschen offen stehen, ein Beratungsangebot der Hochschule für Menschen die mit körperlichen, finanziellen oder geistigen Problemen zu kämpfen haben ist dafür sehr wichtig. Gerade bei Fragen der Finanzierung des Studiums ist es Aufgabe der Hochschulen und Studentenwerke, Möglichkeiten aufzuzeigen und Hilfestellung zu bieten. Auch für die Vermittlung an weiterführende Hilfeangebote können Hochschulen und Studentenwerke zuständig sein.

C. Studentische Selbstverwaltung

Da die verfasste Studentenschaft über die Beiträge aller Studenten finanziert wird, muss Hauptaufgabe der studentischen Gremien sein, Services für die Studenten zu bieten. Es ist nicht Aufgabe des gewählten Parlaments und des AStAs die Studenten in irgendeiner Weise ideologisch zu schulen und dafür deren Geld zu verschwenden. Sämtliche Veranstaltungen und Angebote der studentischen Selbstverwaltung müssen weltanschaulich neutral sein und dürfen keine allgemeinpolitischen Aussagen unterstützen oder ablehnen.

Deshalb sollen die Gelder der Studentenschaft in Zukunft stärker an die verschiedenen Hochschulgruppen gegeben werden. Diese können dann passende Angebote für die Studenten schaffen.

Wichtig ist uns allerdings, dass Studenten, die all dies nicht in Anspruch nehmen wollen, aus der verfassten Studentenschaft austreten können. Wir setzen uns dafür ein, dass künftig die Studentenvertreter aller niedersächsischer Hochschulen mit den Verkehrsunternehmen ein niedersächsisches Semesterticket verhandeln. Dadurch, dass nicht mehr jede Studentenschaft einzeln ein Semesterticket verhandeln muss, können deutlich bessere Konditionen bei gleichzeitig größerem Geltungsbereich erzielt werden. Außerdem müssen Studenten dann nicht mehr zur Teilnahme am Semesterticket gezwungen werden, vielmehr kann jeder selbst entscheiden, ob er sich am Semesterticket beteiligen möchte.

Langfristig fordern die Jungen Liberalen eine deutliche Reduzierung im bestehenden System der verfassten Studentenschaft. Die studentischen Organe, wie Studentenparlament, AStA, Fachschaftsrat und Fachschaftsparlament, sind aufzulösen. Wie bisher werden studentische Vertreter in den Kollegialorganen von Hochschulen, Fakultäten und Fachbereichen von den jeweiligen Studierenden gewählt. Studentische Vertreter in weiteren Gremien wie Studienkommissionen oder Gremien der Studentenwerke werden durch diese gewählten Studentenvertreter bestimmt. Zur gesellschaftlichen, kulturellen und studienbegleitenden Selbstorganisation des Studentenlebens unterstützen die Jungen Liberalen die Gründung von allgemeinen Studierendenverbänden nach dem Vorbild der Schweiz, deren Mitgliedschaft den Studierenden frei steht, die studentischen Initiativen und deren Finanzierung koordinieren und neben den gewählten studentischen Vertretern Ansprechpartner der Hochschule in Studienfragen sind.

Die Studentenschaft muss das Recht haben ihre Anliegen an universitären Gremien heranzutragen, wenn ein Quorum von 15% erreicht wird müssen sich die Gremien hochschulöffentlich mit dem Thema auseinandersetzen.

So wichtig die Studentenschaft für die Hochschule auch ist, ein Vetorecht bei Personalentscheidungen darf den Studenten nicht gewährt werden. In den Gremien in denen über Forschung entschieden wird, müssen auch Forscher eine Entscheidungsmehrheit haben. In Gremien die über die Lehrinhalte und die Lehre allgemein entscheiden müssen Lehrende und Studenten zu gleichen Teilen beteiligt werden.

D. BAföG

Gerade für Studenten mit geringen finanziellen Möglichkeiten ist das BAföG die einzige Chance zu studieren. Wir setzen uns dafür ein, dass das BAföG unabhängig vom elterlichen Einkommen oder Vermögen ausgezahlt wird. Die Rückzahlungsobergrenze von 10000€ bleibt bestehen. Das BAföG soll dann eine Mischung aus Darlehen und Sozialleistung sein. Die BAföG-Regeln müssen gelockert werden. BAföG-Zahlungen sollen nicht direkt nach dem Ende der Regelstudienzeit eingestellt werden, stattdessen sollen Studenten die Möglichkeit haben, ein oder zwei Semester länger als die Regelstudienzeit mit BAföG-Förderung zu studieren.

E. Stipendien

Besonders für hochbegabte und besonders Engagierte ist ein Stipendium eine Möglichkeit das Studium zu finanzieren. Hierfür bieten politische und auch andere Stiftungen einen wichtigen Beitrag.

Auch das Deutschlandstipendium kann ein vernünftiger Beitrag sein. Forderungen nach seiner Abschaffung lehnen die Jungen Liberalen ab. Wir sehen jedoch dringenden Veränderungsbedarf. Die Auswahlverfahren müssen transparenter und die Verwaltungs- und Werbekosten niedriger gestaltet werden.

II. Lernen

Die Lehre ist neben der Forschung die wichtigste Aufgabe der Hochschule. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass es in Niedersachsen die beste Hochschulbildung gibt.

A. Bologna-Prozess

Die Jungen Liberalen stehen hinter den Zielen des Bologna-Prozess, sehen bei der Umsetzung aber noch großen Handlungsbedarf. Insbesondere die Verschulung vieler Studiengänge muss zurückgefahren werden. Den Studienkommissionen sind mehr Freiheiten bei der Gestaltung von Studienangeboten zu geben. Um den Notendruck zu reduzieren und so eine intensivere Beschäftigung mit Studienthemen zu ermöglichen, sind Regelungen zur Streichung von Noten oder unbenotete Module einzuführen. Um mehr Spielraum zur Bildung nach eigenem Interesse zu ermöglichen, sind weniger Module verpflichtend zu belegen und zumindest in vielen Bereichen verschiedene alternative Veranstaltungen zur Auswahl zu stellen. Strikte Regelstudienzeiten sind abzuschaffen, stattdessen soll Studenten ermöglicht werden, Veranstaltungen nach eingenem Ermessen auf drei oder vier Jahre Bachelor verteilt zu belegen. Bereiche für Schlüsselkompetenzen und Studium Generale sind nicht durch die Pflicht zum Besuch fachspezifischer Veranstaltungen zu blockieren, sondern sollen einen tiefen Einblick in verschiedene Disziplinen ermöglichen.

Die Anerkennung von Studienleistungen ausländischer Hochschulen oder bei einem Hochschulwechsel innerhalb Deutschlands muss weiter verbessert werden. Insbesondere sind objektive Regelungen zur Anerkennung und Notenumrechnung zu erarbeiten und auch anzuwenden.

Die Jungen Liberalen unterstützen einen weiteren Ausbau des Erasmus-Programms und des Auslands BAföG, und sprechen sich für die Beibehaltung des Stipendiencharakters dieser Maßnahmen aus.

Anwesenheitspflichten in Vorlesungen lehnen wir entschieden ab. Es kann aber in allen Disziplinen Veranstaltungsarten geben, die eine Anwesenheit von Studenten zwingend voraussetzen. Es ist daher ein klares Kriterium zu entwickeln, dass Vorlesungen und Seminare unterscheidet und so unterbinden kann, dass Vorlesungen zur Durchsetzung einer Anwesenheitspflicht als Seminare deklariert werden. Das Angebot und die Nachfrage nach Master-Studienplätzen ist in den verschiedenen Disziplinen sehr unterschiedlich. Insbesondere müssen auch Unternehmen der Wirtschaft noch weiter Erfahrungen sammeln zur Eignung von Bachelor-Absolventen für das Berufsleben. Wir wollen, dass Bachelor-Absolventen gut informiert die Entscheidung treffen können, direkt in den Beruf einzusteigen oder ein weiterführendes Master-Studium aufzunehmen. Dazu sollen die Hochschulen rechtzeitig vor Abschluss informieren.

Die Jungen Liberalen unterstützen es, dass Studenten sich in Master-Studiengängen auf bestimmte Fachgebiete spezialisieren können, und sehen deswegen kein grundsätzliches Problem in der zunehmenden Zahl spezialisierter Master-Programme. Solange ein Master-Studiengang wissenschaftlichen Anforderungen genügt und Gelegenheit zum Kontakt mit benachbarten Fachgebieten, etwa im Bereich der Schlüsselkompetenzen oder des Studium Generale, gibt, kann er unterstützt werden. Wir fordern daher die Abschaffung solcher Zugangsbeschränkungen durch die Hintertür, konkret dürfen sich Beschränkungen nur noch an den Studiengängen im allgemeinen, an der erforderlichen Gesamt-Creditzahl und der Abschlussnote orientieren. Ausgleichsmöglichkeiten wie etwa Elternzeit, Zivil- bzw. Wehrdienst oder Berufszeit bleiben bestehen.

Nach dem Erreichen des Bachelors stellt sich für viele die Frage nach einem Masterstudiengang. Viele Hochschulen konstruieren die Zugangsvoraussetzungen für Master-Studiengänge um die Inhalte ihrer eigenen Bachelor-Studiengänge herum, um den Zugang für externe Bewerber zu erschweren. So werden beispielsweise bestimmte Creditzahlen in ausgewählten Fachgebieten gefordert, die speziell nur im eigenen Curriculum erreicht werden. Wir fordern daher, dass die Absolventen, die an ihrer Hochschule bleiben wollen, ein Vortrittsrecht gegenüber Bewerbern anderer Hochschulen haben. Ein Mittel wäre eine Quotierung der Plätze, bei der 25% der Masterplätze für Absolventen der jeweiligen Hochschule reserviert sind.

B. Finanzierung der Lehre

Im Moment werden noch durchschnittlich 90% der Hochschule allein vom Staat finanziert. Der Löwenanteil von 80% wird dabei von den Ländern und lediglich 10% vom Bund getragen. Seit Jahren stagnieren die staatlichen Investitionen, während die Drittmittel sich mehr als verdoppelt haben. Die vom Bologna-Prozess am meisten betroffene Lehre erhält, aber im Gegensatz zur Forschung kaum Drittmittel. In manchen Studiengängen können Drittmittel einen Beitrag zur Finanzierung leisten. Der Staat muss die Lehre weiterhin finanzieren, aber wo Drittmittel zur Verfügung stehen müssen diese auch genutzt werden.

Die ersatzlose Streichung der Studiengebühren sehen wir kritisch. Zwar lehnen Junge Liberale Studiengebühren während des Studiums ab. Wir stehen stattdessen dafür, dass alle Hochschulen eine der folgenden Möglichkeiten nutzen:

* Im Sinne einer “Graduate Tax” muss ein Absolvent, nachdem er den Abschluss erreicht hat und einen Arbeitsplatz gefunden hat, dann einen Teil seines Einkommens an die Fakultät zahlen. So wird niemand während des Studiums belastet, aber die Fakultäten müssen nicht auf wertvolle Mittel verzichten, die bspw. länger Öffnungszeiten der Bibliotheken ermöglichen, auch die Studentenwerke sollen davon profitieren. Die Höhe der Abgabe ist von der jeweiligen Fakultät festzulegen.
* Im Sinne nachgelagerter Studiengebühren sollen Studenten dann belastet werden, wenn sie ihr Studium abgeschlossen haben, im Berufsleben angekommen sind und ein festes Einkommen haben. Die Höhe der Studiengebühren ist pro Semester durch die Fakultäten festzulegen, eine gesetzliche Höchstgrenze ist einzuführen. Die ratierliche Zahlweise der Studiengebühren wird individuell von den Hochschulen festgelegt. Die Hochschulen werden verpflichtet, jedem Studieninteressierten geplante Veränderungen der Höhe der Gebühren für die Regelstudienzeit vor der Immatrikulation transparent darzustellen.

C. Verbesserung der Lehre

Die beste Hochschulbildung der Welt kann nur gelingen, wenn die Lehre an niedersächsischen Hochschulen ständig verbessert wird. Nur durch einen ständigen Prozess des Feedbacks und des Austausches zwischen Studenten und Lehrende kann eine gute Lehre gewährleistet werden. Die Bedingungen bei Vorlesungen müssen verbessert werden, es braucht ausreichende Kapazitäten um die immer weiter steigend Zahl an Studenten zu verkraften. Dies schließt nicht nur eine Modernisierung der bestehenden Gebäude, sondern auch den Neubau von Gebäuden ein. ProfessorInnen und andere DozentInnen müssen berufsbegleitend regelmäßig didaktisch geschult werden. Solche Schulungen sind besonders wirksam, wenn sie ergänzt werden durch gegenseitige Vorlesungsbesuche von DozentInnen mit Feedback, der Besprechung von Vorlesungsaufzeichnungen in der Schulung und der regelmäßige Austausch über Lehrererfahrungen unter DozentInnen. Außerdem fordern wir, dass grundsätzlich alle Lehrveranstaltungen durch die Teilnehmer evaluiert werden. Zusätzlich sollen Vorlesungen durch unabhängige Fachdidaktiker unangekündigt besucht werden, um den Lehrenden so weiteres Feedback für ihre Vorlesungsgestaltung zu geben. Wir halten die Freiheit der Lehre für richtig. Es kann aber vorkommen, dass Lehrende den inhaltlichen und didaktischen Anforderungen der Lehre nicht gerecht werden. Wir setzen uns daher dafür ein, dass Hochschulen ihre Studierende vermehrt auf die Möglichkeit hinweisen, sich im Falle einer schlechten Lehre an das zuständige Hochschulpersonal zu wenden. In einem solchen Fall kann das Hochschulpersonal eine Evaluation der Lehrveranstaltung (z.B. durch eine Online-Befragung) durchführen. Bestätigen die Ergebnisse der Evaluation Probleme des Lehrbetriebs, kann eine hochschuleigene Ombudsperson eingesetzt werden, die eine Konfliktlösung durch sukzessive Eskalationsstufen erarbeitet.

D. Zugangsvoraussetzungen

Die Jungen Liberalen setzen sich für transparente und faire Zugangsvoraussetzungen zum Studium ein. Es soll weiterhin Sache der Hochschule sein, wen sie zu welchen Bedingungen aufnimmt. Ein besonders geeignetes Mittel ist dafür ein studienspezifischer Aufnahmetest, der unabhängig von Noten die Eignung eines jeden Bewerbers prüft. 20% der Studienplätze müssen aber generell nach der Abiturnote vergeben werden. Es muss auch beruflich qualifizierten der Weg zum Hochschulstudium geöffnet werden, über diese Möglichkeiten müssen die Hochschulen stärker informieren. Es kann nur von Vorteil sein, wenn beruflich qualifizierte nach ihrem Abschluss ein ergänzendes Studium aufnehmen.

E. Fachhochschulen und private Hochschulen

Die Fachhochschulen ergänzen das System der eher grundlagenorientierten Hochschulen durch eine eher anwendungsorientierte Lehre und Forschung. Durch den Bologna-Prozess verschwimmen allmählich die Grenzen zwischen klassischen Hochschulen und Fachhochschulen. Nichtsdestotrotz sprechen wir uns für den Erhalt der Fachholschulen aus, die auch weiterhin führend sind beim Angebot von Studiengängen mit hohem Praxisbezug und der Vernetzung mit regionalen Unternehmen der Wirtschaft. Dass forschungsstarke Fachhochschulen zunehmend mit Hochschulen um die besten Studenten konkurrieren, kann für beide Seiten nur belebend sein.

Private Hochschulen sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der niedersächsischen Bildungslandschaft. Sie müssen die gleichen Anforderungen an Lehre und Forschung erfüllen um gleichwertige Abschlüsse zu gewährleisten. Sie müssen aber in der Ausgestaltung der Studiengänge und Lehrveranstaltungen freier sein, als staatliche Hochschulen. Der Wissenschaftsrat muss über die Vergleichbarkeit von Lehrinhalten und der damit verbundenen Verleihung von Abschlüssen entscheiden.

F. Digitalisierung der Lehre

Die rasante Entwicklung der digitalen Medien bietet Hochschulen immer neue Möglichkeiten zur Gestaltung der Lehre. Dabei bietet die Digitalisierung von Lehrveranstaltung nicht nur mehr Flexibilität für Studenten und erleichtert so gerade den Hochschulzugang für Menschen mit Einschränkungen, sondern hat auch das Potential, unaufwändig Weiterbildung auf Hochschulniveau für Menschen außerhalb der Hochschule und in der ganzen Welt zu ermöglichen.
Wir wollen deswegen die Möglichkeiten der Digitalisierung stärker in der Lehre nutzen. Die Videoaufzeichnung von Vorlesungen soll ausgeweitet und mehr rein digitale und interaktive Lehrveranstaltungen wie Webseminare angeboten werden. Nach dem Vorbild der Virtuellen Hochschulen Bayern soll eine gemeinsame Einrichtung aller niedersächsischen Hochschulen gegründet werden, die den Austausch des technischen KnowHows und der Erfahrungen mit digitaler Lehre koordiniert und die Möglichkeit schafft, dass alle niedersächsischen Studenten digitale Lehrveranstaltungen aller niedersächsischer Hochschulen belegen und sich, insbesondere im Schlüsselkompetenz- und Studium-Generale-Bereichen, anrechnen lassen können. Langfristig ist anzustreben, auf diese Weise die digitale Lehre aller deutschen Hochschulen zu vernetzen. Weiterhin soll stärker die Möglichkeit genutzt werden, bereits vorhandene digitale Lehrangebote kostenfrei der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Dadurch können Hochschulen einen großen Beitrag zum berufsbegleitenden und lebenslangen Lernen außerhalb strukturierter Bildungsprogramme leisten.

G. Sprache

Das Lernen und Denken der meisten Menschen in Deutschland vollzieht sich auf Deutsch. Viele Menschen können nur in ihrer Muttersprache ihre vollen intellektuellen Fähigkeiten ausschöpfen. Gleichzeitig befindet sich Deutschland in einem Prozess der zunehmenden Internationalisierung und gerade in der Wissenschaft ist die Fähigkeit zum Austausch über Forschungsinhalte in englischer Sprache von grundlegender Bedeutung.

Nichtsdestotrotz sprechen wir uns dafür aus, dass Bachelor- und Master-Studiengänge an deutschen Hochschulen grundsätzlich auf Deutsch angeboten werden. So ermöglichen wir Menschen aus Deutschland die bestmögliche Hochschulbildung. Den Hochschulen steht es weiterhin frei, besondere Studienangebote auch in anderen Sprachen anzubieten.

III. Forschen

Forschung ist Fortschritt, deshalb setzen sich die Jungen Liberalen für eine freie Forschung an niedersächsischen Universitäten ein.

A. Forschungsfinanzierung

Um die Freiheit der Forscher zu gewährleisten, brauchen Hochschulen eine solide staatliche Grundfinanzierung, damit wissenschaftliche Erkenntnisse frei von jedem Einfluss externer Geldgeber gewonnen werden können. Dies gilt gleichermaßen für grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung. Die zusätzliche Nutzung von Drittmitteln ist sinnvoll, darf aber die Wissenschaftler nicht vom Forschen abhalten. Insbesondere bei staatlichen Drittmittelprojekten, also etwa Projektförderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder die Europäische Union, ist zu evaluieren, ob die Verfahren zur Auswahl und Begleitung wissenschaftlicher Projekte nicht zu bürokratisch und aufwänidg gestaltet sind.

B.Forschungsfreiheit

Für den Erfolg von Forschung ist die Forschungsfreiheit unerlässlich. Deshalb setzen sich die Jungen Liberalen gegen eine Zivilklausel und gegen jegliche andere Einschränkung der Forschungsfreiheit ein. Eine reine Informationspflicht über die Beteiligung der Bundeswehr oder von Rüstungskonzernen bleibt davon ausgeschlossen.

Wir wenden uns gegen staatliche Eingriffe bei der Forschung, sei es Stammzellenforschung oder Gentechnik. Es ist nicht die Pflicht des Staates den Hochschulen vorzuschreiben, was sie erforschen dürfen und was aus politischen Gründen unerwünscht sein könnte.

C. Promotion

Die Promotion bescheinigt die Fähigkeit zu selbstständigem, wissenschaftlichem Arbeiten. Dabei ist besonders das selbstständige Arbeiten zu betonen, Plagiate und schlechte wissenschaftliche Arbeit dürfen in niedersächsischen Hochschulen keinen Platz haben. Wir wollen, dass die besten Absolventen eines jeden Studienfachs die Möglichkeit haben, mit einer Promotion eine wissenschaftliche Karriere beginnen. Die Hochschulen sollten Informationsveranstaltungen zu Promotionsmöglichkeiten durchführen und auch die Zugangsvoraussetzungen zur Promotion selber festlegen. Wir möchten es auch forschungsstarken Fachbereichen von Fachhochschulen ermöglichen ein selbstständiges Promotionsrecht zu erhalten. Es muss Aufgabe der Universität sein festzulegen welche speziellen Voraussetzungen sie an Promotionswillige stellt. Zwischen Promovierendem und Betreuer muss eine Vereinbarung über Rechte und Pflichten, aller Partner, während der Promotionszeit geschlossen werden. Diese ist durch den Promotionsausschuss zu legitimieren.

Promovierende, die als akademische Mitarbeiter oder im Rahmen der strukturierten Promotion in Forschung, Verwaltung und/oder Lehre arbeiten, ist vertraglich und faktisch genügend Freiraum zu gewähren, um in einem angemessenen Zeitraum von in der Regel 3 bis 4 Jahren die Promotion abschließen zu können. Lehrverpflichtungen erfolgen in einem Umfang, der Vor- und Nachbereitung angemessen berücksichtigt. Arbeitsverträge von Promovierenden sollen nicht unter drei Jahren befristet werden.

Die Betreuung soll, wenn möglich, von der Bewertung getrennt sein. Die Auswahl der externen Gutachter wird durch die Fachbereiche und Fakultäten individuell geregelt.

Der Doktorgrad ist kein Namenszusatz, er soll zukünftig nicht mehr in den Personalausweis aufgenommen werden.

Wir setzen uns für eine Reform der medizinischen Promotion ein. Spätestens seitdem die Europäische Union den deutschen Doktor der Medizin nicht mehr als gleichwertig mit einem wissenschaftlichen Doktorgrad anerkennt, ist die fehlende wissenschaftlichen Qualität in vielen medizinischen Promotionen offensichtlich. Eine Promotion der Medizin soll ausschließlich nach Abschluss des Medizinstudiums beginnen dürfen und muss wissenschaftlichen Standards, wie in allen anderen Disziplinen, genügen. Insbesondere muss daher strengerals bisher bei der Begutachtung von medizinischen Doktorarbeiten der wissenschaftliche Gehalt überprüft werden.

D. Karriere in der Wissenschaft

Eine Karriere in der Wissenschaft beginnt mit der Promotion und mündet nach vielen verschiedenen Positionen für einige wenige Wissenschaftler in einer Professur. Gleichsam könnte Forschung aber auch nicht funktionieren ohne die vielen Doktoranden und Post-Docs. Im internationalen Vergleich aber sind die Arbeitsbedingungen für Wissenschaftler, die noch keine Professur erreicht haben, oftmals prekär, sodass Deutschland viele gute Nachwuchswissenschaftler an das Ausland verliert. Wir wollen die wissenschaftliche Karriere attraktiver und familienfreundlicher gestalten. Befristungen in der Wissenschaft sind ein notwendiges Mittel beim Umgang mit den begrenzten Finanzmitteln. Nichtsdestotrotz muss die völlige Zügellosigkeit bei der Kettenbefristung von Wissenschaftlern eingeschränkt werden. So sollen Befristungen grundsätzlich nicht unterhalb der zu erwartenden Projektdauer, die sich entweder nach der Dauer der damit verbundenen Qualifizierungsmaßnahme oder gerade bei Drittmittelprojekten an der Gesamtdauer dieses Projekts richtet, ausgesprochen werden. Nicht-wissenschaftliche Mitarbeiter werden nicht mehr befristet beschäftigt. Die Begrenzung von befristeter Anstellung eines Wissenschaftlers an der selben Hochschule auf höchstens 12 Jahre is aufzuheben.

Die Möglichkeiten in der Wissenschaft voranzukommen, sind auszuweiten. Neben dem klassischen Weg der Habilitation sind Juniorprofessuren und Nachwuchsforschergruppen auszubauen. Diese ermöglichen Nachwuchswissenschaftlern schon früh, selbstständig zu arbeiten und zu forschen. Bei allen Modellen müssen Tenure-Tracks ermöglicht und so die Aussicht auf eine unbefristete Anstellung bei erfolgreicher Wissenschaftstätigkeit gegeben werden. Zusätzlich fordern wir die Einführung einer neuen Dozenten-Position, die unbefristet vergeben wird und im Vergleich zur Professur eine hohe Lehrverpflichtung und nur eine geringere Forschungstätigkeit vorsieht.

Die Exzellenzinitiative ist ein Erfolgsmodell der Förderung in Deutschland. Wir fordern daher, die Exzellenzinitiative um weitere Förderrunden zu ergänzen und ihre Konzeption nicht wesentlich zu ändern. Zusätzlich sprechen sich die Jungen Liberalen dafür aus, dieses erfolgreiche Instrument auch auf die Lehre anzuwenden, und fordern daher die Einrichtung einer separaten, unabhängigen Exzellenzinitiative für die Lehre.

ProfessorInnen und andere wissenschaftliche Mitarbeiter sollen nicht mehr verbeamten werden.

Einstieg zum Aufstieg – für eine moderne berufliche Bildung

Für Liberale zählt nicht, woher jemand kommt, sondern wohin er möchte. Der individuelle soziale Hintergrund darf bei der persönlichen Entwicklung und Ausbildung keine unüberwindbare Hürde darstellen. Der Staat schafft dann faire Chancen, wenn er die soziale Mobilität erhöht, also insbesondere Aufstiegschancen eröffnet und indem er die Durchlässigkeit nach oben verbessert. Wenn die Aufzüge zwischen verschiedenen sozialen Schichten in einer Gesellschaft funktionieren, werden Talent, Ehrgeiz und Anstrengung belohnt. Neben einem erfolgreichen Schulabschluss und der Möglichkeit ein Studium aufzunehmen, ist die Absolvierung einer Berufsausbildung der Garant für eine selbstbestimmte Zukunft – aber sie muss auch wieder der Einstieg für den Aufzug zum Aufstieg sein.

Die deutsche Berufsausbildung genießt in der Welt einen exzellenten Ruf, während sie in Deutschland vor großen Herausforderungen steht. Sowohl die duale Ausbildung als auch die vollzeitschulische Ausbildung mit ihren jeweiligen Verknüpfungen von theoretischen und praktischen Elementen haben sich dabei bewährt. Das deutsche Ausbildungssystem verbindet den Bildungs- und Arbeitsmarkt, verringert die Jugendarbeitslosigkeit, ermöglicht die Ausbildung qualifizierter, junger Fachkräfte und sorgt für die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft.

Gleichzeitig sinkt jedoch die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ebenso wie die Zahl der Ausbildungsstellen und der Ausbildungsbetriebe, während die Zahl der nicht besetzen Ausbildungsplätze steigt. Junge Liberale wollen deshalb Hürden für junge Menschen vor, in und nach der Berufsausbildung abbauen, die Ausbildung wieder – unabhängig vom Schulabschluss – attraktiver machen und damit den Einstieg zum Aufstieg ermöglichen.

Dafür setzen wir uns ein:

Einstieg erleichtern.

  • Wir wollen Gebühren für vollzeitschulische Berufsausbildungen, zum Beispiel im Erziehungswesen, abschaffen und die privaten Schulen als Kompensation mit ausreichend Finanzmitteln ausstatten. Wir wollen weiterhin eine enge Kooperation zwischen Betrieb und Berufsschule gewährleisten. Wir wollen eine ausbildungsplatznahe Beschulung, damit auch Ausbildungsplätze in kleineren Betrieben erhalten werden können und die Fahrtwege für die Auszubildenden keine unüberwindbare Hürde darstellen.
  • Wir wollen, dass hohe Fahrt- und Unterbringungskosten ab einer bestimmten Grenze nicht länger allein von den Auszubildenden getragen werden. Wir wollen einen Ausbau von Wohnheimplätzen – sowohl für Auszubildende, als auch Studenten in Gebieten mit niedrigem Leerstand, um keinen Jugendlichen durch die zumal schwierige Suche nach einer Unterbringung von der Annahme einer Ausbildungsstelle oder eines Studienplatzes abzuhalten. Hierzu böte sich unter anderem der Umbau von ehemaligen Kasernen und anderen stillgelegten Objekten zu Wohneinrichtungen an. Ferner wollen wir ein System für ein bezahlbares Nahverkehrsticket für Auszubildende schaffen.
  • Auszubildende, die aus finanziell schwierigen Verhältnissen kommen, brauchen eine gesicherte finanzielle Grundlage. Deshalb müssen das Schüler-BAföG und die Berufsausbildungsbeihilfe erhöht und zukünftig an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst werden.
  • Viele kleine und mittlere Unternehmen können heute die Anforderungen der Ausbildungsordnungen nicht komplett erfüllen. Hierbei wollen wir auch das Zusammenwirken kleinerer Betriebe mit dem Ziel der Ausbildungskooperation fördern – insbesondere im ländlichen Raum. Die Organisation der Berufsausbildung in Form eines Baukastensystems soll es ermöglichen, dass auch kleinere Unternehmen Berufsausbildung anbieten können.
  • Der Übergang von Schule und Beruf muss verbessert werden. Wir wollen, dass die Schule junge Menschen auch verstärkt auf die Herausforderungen des Lebens und des Arbeitsmarktes vorbereitet. Hierzu sollten Jugendliche so früh wie möglich an praxisorientiertem Unterricht in der Schule und an Praktika in Betrieben teilnehmen. Diese Programme sollen fester Bestandteil des Lehrauftrages jeder Schulform sein, um die Berufswahl zu erleichtern. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns nicht dazu führt, dass Jugendliche auf eine Berufsausbildung verzichten, um stattdessen einer Vollzeitbeschäftigung ohne Berufsausbildung nachzugehen.

Jugendliche mitnehmen.

  • Wir wollen das Prinzip „kein Abschluss ohne Anschluss“ verwirklichen. Hierzu ist es erforderlich, möglichst alle Jugendliche zu einem Schulabschluss und zu einer Ausbildungsreife zu führen – in gemeinsamer Arbeit mit dem Elternhaus, dem schulischen Umfeld und der Sozialarbeit. Jugendliche mit Haupt- und mittlerem Schulabschluss schaffen zudem immer seltener nahtlos der Sprung von der Schule in die Ausbildung. Wir wollen insbesondere für diese jungen Menschen Lebenschancen und Perspektiven schaffen – mit lokalen Netzwerken aus Schulen, Eltern, Wirtschaft, Industrie- und Handelskammer, Kommunen und Vereinen, da insbesondere auch persönliche Netzwerke eine Plattform zur Ausbildungsvermittlung bieten – und die Ausbildungseignung der Jugendlichen verbessern können.
  • Wir wollen Jugendliche und Betriebe bei der Berufsausbildung unterstützen und eine Modularisierung der Ausbildung in bestimmten Ausbildungsberufen anstreben, die auch für leistungsschwächere Jugendliche eine Teilqualifizierung auf Basis der vorhandenen und verstärkt zu fördernden Ressourcen bietet. So wäre es zum Beispiel möglich, die Ausbildung mit weiterführenden Modulen zu einem späteren Zeitpunkt, nach einer längeren Phase der Berufstätigkeit, fortzusetzen. Wir wollen ferner innerbetriebliche Hilfs- und Unterstützungsangebote, auch mit sozialpädagogischen Hintergrund, sowie Modelle der assistierten Ausbildung ausbauen, um vorzeitigen Ausbildungsabbrüchen entgegenzutreten.
  • Die Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen mit schwierigem sozialen Umfeld und von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist weiterhin unterdurchschnittlich. Wir wollen die Ausbildungsbeteiligung insgesamt, aber insbesondere für diese Gruppe erhöhen. Hierzu ist es wichtig, lokale Netzwerke aus Arbeitsagenturen, Geschäftsführern mit Migrationshintergrund, Integrationslotsen, Ausbildungsberatern, Industrie- und Handelskammer, Vereinen sowie Kommunen zu initiieren.
  • Wir begrüßen die umfassenden Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten, die die berufsbildenden Schulen bieten. Hier werden Schulabschlüsse auf allen Qualifikationsebenen erworben bzw. nachgeholt und die fachgebundene oder allgemeine Hochschulreife mit besonderem Qualifikationsprofil erlangt. In den berufsbildenden Schulen werden Fachkräfte für verschiedene Wirtschaftsbereiche und nicht zuletzt für Pflege und Erziehung auch in Vollzeit ausgebildet. Vielfach gelingt es, Schülerinnen und Schülern, die das allgemein bildende Schulwesen ohne Abschluss verlassen haben, durch intensive Betreuung und Praxisbezug zu neuem Erfolg und Selbstvertrauen zu verhelfen. Eine einheitliche Festlegung der Wochenstunden des berufsbezogenen Unterrichtes lehnen wir für das Berufsschulwesen ab.

Für eine moderne berufliche Bildung.

  • Wir wollen ein attraktives Ausbildungssystem – auch für leistungsstärkere Schüler und Abiturienten. Hierzu braucht es attraktive Arbeitsbedingungen, flexible und familienfreundliche Arbeitszeiten, geldwerte Vorteile, Ausbildungsverbünde mit mehreren Unternehmen, eine angemessene Vergütung und verlässliche Aufstiegschancen. Diese Ausbildungsbedingungen sollten nicht nur von privaten Unternehmen, sondern auch vom Staat garantiert werden. Eine Verbeamtung sollte nur noch bei der Wahrnehmung hoheitlicher Tätigkeiten (Steuer, Justiz, Polizei usw.) erfolgen. Zudem muss die Durchlässigkeit in der Beamtenlaufbahn (insbesondere zwischen gehobenem und höheren Dienst) und bei den Entgeltgruppen des öffentlichen Dienstes erhöht werden.
  • Die einheitliche gesetzgeberische Festlegung für eine Mindestausbildungsdauer lehnen wir ab. Ob zwei, drei, vier oder fünf Jahre – die Ausbildungsdauer muss von den Ausbildungsinhalten sowie den Anforderungen der Unternehmen in den unterschiedlichen Branchen abhängen. Zudem wollen wir keine weitere Akademisierung von Ausbildungsberufen. In vielen Bereichen, wie zum Beispiel in Gesundheits- und Pflegeberufen, ist es nicht erforderlich, neue Zugangsvoraussetzungen zu schaffen. Auch im Hinblick auf die anerkannten Ausbildungsberufe muss es eine Erweiterung für derzeit nicht anerkannte Ausbildungsberufe geben, sofern eine Ausbildung hier Sinn machen sollte. Durch die Deregulierung werden mehr Anreize für Betriebe geboten, sodass diese mehr Ausbildungsplätze anbieten können.
  • Wir wollen einen massiven Ausbau von Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen sowie einen Rechtsanspruch auf kostenlose Kinderbetreuung ab dem Ende des Mutterschutzes. Wir wollen eine Weiterentwicklung der Angebote von Kindertagesstätten und eine Stärkung von Betriebskindergärten, sodass eine größtmögliche Nähe zwischen Kind und Eltern geschaffen werden kann. Ein familienfreundliches Arbeitsumfeld ist sowohl für Auszubildende mit Kindern, als auch für junge Fachkräfte wichtig.
  • Wir wollen, dass noch mehr duale Studienplätze zur Verfügung gestellt werden – insbesondere über den technischen und wirtschaftlichen Bereich hinaus. Das duale Studium, also die Verknüpfung aus einem Studium und einer praktischen Ausbildung, ist ein großer Gewinn für die Betriebe – und eine gute Möglichkeit für einen qualifizierten Berufseinstieg. Hierbei ist es wichtig, die Ausbildungszeit nicht in einem zu kurzen zeitlichen Fenster zu veranschlagen und den dualen Studenten auch eine Perspektive auf einen Master-Abschluss zu ermöglichen.
  • Branchenfonds oder Ausbildungsumlagen lösen keine Probleme auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Vielmehr müssen freiwillige Ausbildungspakte mit Politik, Unternehmen, Verbänden und Gewerkschaften geschlossen werden. Damit werden die Unternehmen nicht aus der Ausbildungsverantwortung entlassen, aber erhalten gleichzeitig die notwendige unternehmerische Freiheit bei der betriebsinternen Personalstruktur.

Perspektiven zum Aufstieg.

  • Wir wollen berufliche Weiterbildungsmaßnahmen, die mit ihrem eigenständigen Profil eine gleichwertige, praxisorientierte Alternative zu einem Hochschulstudium bieten – und konkrete Karriereperspektiven eröffnen. Darüber hinaus muss Auszubildenden auch der parallele Erwerb einer Hochschulreife ermöglicht werden. Die Studienfinanzierung, die Weiterbildung und das Nachholen schulischer und beruflicher Abschlüsse sollen in einem Gesetz zusammengeführt werden – und damit den Einstieg in ein lebenslanges Lernen sichern.
  • Die Mittel für Stipendienprogramme müssen erhöht werden. Die Angebote müssen dabei nicht nur für Studium und Promotion, sondern auch für Weiterbildungen ausgeweitet werden. Das Begabtenförderungswerk berufliche Bildung soll daher besser ausgestattet und die Förderungsstrukturen für private Stiftungen attraktiver gemacht werden.
  • Wir wollen, dass Menschen, die eine dafür angemessene Zeit lang in einem Betrieb ohne Berufsausbildung gearbeitet haben, einen Ausbildungsabschluss in einem verkürzten, teilweise berufsbegleitenden Modell erlangen können. Es ist nicht einzusehen, warum Arbeitnehmer, die eine angemessene Zeit in ihrem Beruf gearbeitet haben und damit praktisch ihren Beruf ausüben, deutlich schlechter gestellt werden sollen.
  • Wir wollen eine deutlich verbesserte Anerkennung internationaler Universitäts- und Ausbildungsabschlüsse. Wir wollen die sogenannte „formale Teilanerkennung“, wonach beispielsweise ein Ingenieur aus einem Nicht-EU-Staat zumindest als Fachtechniker in der Europäischen Union arbeiten kann, als wichtigen Zwischenschritt für eine migrationsfreundlichere Politik. Hierbei sollte den Unternehmen, die Zuwanderer einstellen möchten, auch eine größere Entscheidungskompetenz gesetzgeberisch übertragen werden.
  • Wir wollen konkrete Perspektiven für Studienabbrecher. Hierzu zählt eine umfassende Anerkennung von Prüfungsleistungen für den Übergang in das Ausbildungssystem, Gründungsberatung, die Möglichkeit einen schnellen berufsqualifizierenden Abschluss zu erwerben und Varianten zum Umstieg in ein duales Studiensystem.
  • Wir wollen den Ausbildungsmarkt in Europa vernetzen. So müssen Programme, bei denen freie Ausbildungsplätze mit motivierten Jugendlichen aus europäischen Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit besetzt werden, ausgebaut werden. Wir brauchen gemeinsame europäische Standards und analog zum Bologna-Prozess einen flexiblen europäischen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, der die Mobilität in der Europäischen Union erhöht – und damit den Dialog von jungen Europäern stärkt.
  • Wir wollen eine Abschaffung des Arbeits- und Ausbildungsverbots für Asylbewerber. Geduldete Menschen brauchen genauso wie Asylbewerber und deren Kinder einen rechtssicheren Aufenthaltsstatus – damit sowohl für die Betriebe, als auch für die potenziellen Auszubildenden die Aufnahme und die Beendigung einer Berufsausbildung sichergestellt werden kann.

Schluss mit den Parolen. Für ein Steuersystem, das dem Bürger gerecht wird.

Liberale glauben daran, dass jedem Menschen das zusteht, was er selbst erwirtschaftet und dass jeder Mensch auch sein eigenes Geld am Besten für sich ausgeben kann. Der Staat hat im liberalen Verständnis die Aufgabe, die Freiheit jedes Bürgers zu schützen und muss sich daher über Steuern finanzieren. Steuern sind eine Notwendigkeit und sollten daher so niedrig wie nur möglich sein.

Viele Menschen empfinden das Steuersystem jedoch als ungerecht. Während der Staat den Bürgern in immer mehr Lebensbereichen in die Tasche greift, lassen entlastende Maßnahmen, beispielsweise zum Abbau der kalten Progression, auf sich warten. Alle Parteien haben in diesem Politikfeld viel Vertrauen verspielt. Hauptaugenmerk liberaler Steuer- und Finanzpolitik bleibt der Abbau der Staatsverschuldung sowie die Schaffung eines Steuersystems, das es dem Bürger, den Unternehmen und den Kommunen leicht macht. Die Steuereinnahmen sind so hoch wie nie zuvor. Politik muss endlich lernen, mit dem Geld auszukommen, was die Bürgerinnen und Bürger dem Staat zur Verfügung stellen.

I. Ein Steuersystem, das dem Bürger gerecht wird

Die Vorstellung, durch Steuerpolitik werde immer nur von oben nach unten verteilt, ist falsch. Die meisten Steuervergünstigungen werden umso mehr genutzt, je höher das Einkommen ist. Ziel liberaler Steuerpolitik ist also die Schaffung eines transparenten Steuersystems und die gerechte Steuerdifferenzierung – sowohl von oben nach unten als auch von unten nach oben. Steuersenkungen sind nur bei entsprechenden Spielräumen möglich und müssen allen gesellschaftlichen Schichten gleichermaßen dienen. Eine liberale Politik muss dafür sorgen, dass Ausgaben gesenkt und damit diese Spielräume geschaffen werden.

Steuererklärung

Die Abgabe einer Steuererklärung muss vollkommen papierlos möglich sein. Die Verfahren der Steuererhebung sind deutlich zu vereinfachen. Die Belege sollen deshalb zukünftig auch eingescannt digital versendet werden können. Das Finanzamt erhält die Möglichkeit, Bescheide rechtssicher digital zu versenden. Das ELSTER-Programm, mit dem Steuererklärungen offiziell versandt werden können, muss einer umfassenden Modernisierung unterzogen werden. Insbesondere muss es offene Schnittstellen für alle Betriebssysteme geben, auf die konkurrierende Programme zugreifen können. Zudem ist das Verfahren der Steuerveranlagung generell einer umfassenden Prüfung zur Entbürokratisierung zu unterziehen.

Linear-progressives Steuersystem

Die Jungen Liberalen Niedersachsen bekennen sich zum aktuellen, linear-progressiven Steuersystem. Die gegenwärtige Unterscheidung zwischen Steuersätzen von 15% (Körperschaftsteuer) und bis 42% sowie 45% (progressive Einkommensteuer) bleibt erhalten.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich ferner für den Reformvorschlag des Deutschen Steuerzahlerinstituts aus. Der Tarifvorschlag beinhaltet einen jährlich anzupassenden Grundfreibetrag von aktuell 8.354 Euro, einen Eingangssteuersatz von 14 Prozent sowie einen dann linear-progressiv ansteigenden Grenzsteuersatz, der im Grundtarif einen 42-prozentigen Spitzensteuersatz bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60.000 Euro erreicht. Ab einem zu versteuernden Einkommen von 250.731 Euro fällt ein Steuersatz von 45 % an. Zudem sollte bereits kurzfristig eine Anpassungsregelung geschaffen werden, damit die Eckwerte des Lohn- und Einkommensteuertarifs mit der nominalen Einkommensentwicklung Schritt halten.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen setzen sich mithin für die Abschaffung der größten Ungerechtigkeit im deutschen Steuersystem ein – die kalte Progression. Es kann nicht sein, dass nur der Staat von den Lohnerhöhungen profitiert – und das insbesondere im Bereich der kleinen und mittleren Einkommen. Die Steuerbelastung für Unternehmen darf das durchschnittliche Besteuerungsniveau der entwickelten Industrieländer nicht übersteigen, sonst ist die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gefährdet.

Das liberale Bürgergeld

Das liberale Bürgergeld fördert die Aufnahme eigener Arbeit und ermöglicht ein selbstbestimmtes Leben. Alle steuerfinanzierten Sozialleistungen werden im Bürgergeld zusammengefasst. Die Bündelung der Berechnung und Auszahlung in nur noch einem Amt bringt einen erheblichen Abbau von Bürokratie und mehr Transparenz mit sich. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wird gefördert, weil hinzuverdientes Einkommen großzügiger als im gegenwärtigen System angerechnet wird. Darüber hinaus wird erspartes Vermögen im Vergleich zu Hartz IV zu einem erheblich größeren Teil verschont. Mit dem liberalen Bürgergeld wird den Menschen geholfen, die Hilfe von der Gesellschaft benötigen. Es stärkt die Schwachen, berücksichtigt individuelle Lebensumstände und schafft den Menschen die Möglichkeit, soviel eigene Verantwortung wie möglich zu übernehmen. Es macht die Menschen nicht zu Bittstellern.

Vermögenssteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich gegen die Wiedereinführung der Vermögenssteuer aus. Vermögenssubstanzsteuern sind nach Ansicht der Jungen Liberalen ungerecht und führen zu einer Doppelbesteuerung. Vielmehr sollten sich Steuern auf Erträge beziehen. Eine gerechte Bewertung von Geldvermögen einerseits und Sachvermögen andererseits ist kaum möglich, in jedem Fall aber sehr aufwendig. Die Werte von Immobilien und besonders von Unternehmen sind schwer zu ermitteln. Vermögenssubstanzsteuern sind im Steuerwettbewerb besonders abschreckend und würden zu einer Abwanderung von Vermögenden und Kapital führen.

Gewerbe- und Grund(erwerb)steuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern den Ersatz der Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer und einen kommunalen Zuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer mit eigenem Hebesatz. Die Gewerbesteuer ist stark konjunkturabhängig und hat starke Aufkommensdisparitäten in den Kommunen; sie trägt zu keinerlei Planungssicherheit bei. Gleichzeitig bleibt der Steuerwettbewerb durch den durch die Kommune festgelegten Hebesatz erhalten.
Bis zur Abschaffung der Gewerbesteuer ist die Unterscheidung von Gewerbetreibenden und Freiberuflern abzuschaffen. Alle nicht-abhängig Beschäftigten sollen ab einem gewissen Jahresumsatz verpflichtet sein, eine Steuerbilanz aufzustellen. Die Grundsteuern A und die Grundsteuer B sollen in moderater Höhe erhalten bleiben. Der Grundbesitzer beteiligt sich damit unter anderem an dem stetigen infrastrukturellen Zugang zu den Grundstücken, den die Kommune sicherstellt.Die Grunderwerbsteuer verteuert den privaten Erwerb einer eigenen Immobilie immens. Die Hoheit über den Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer liegt bei den Bundesländern, was dazu führt, dass die Landesregierungen an dieser Schraube sehr schnell drehen, wenn sie mehr Einnahmen generieren wollen. Die Jungen Liberalen fordern die Landesregierung deshalb auf, auf jede Erhöhung dieses Steuersatzes zu verzichten und die Grunderwerbsteuer mittelfristig zu einer kommunalen Steuer zu machen.

II. Steuerflucht und Steuerhinterziehung

Die Diskussionen der jüngsten Vergangenheit haben immer wieder die Frage nach der Steuerehrlichkeit von natürlichen und juristischen Personen aufgeworfen. Steuerbetrug und Steuerhinterziehung sind Straftaten, die dem Gemeinwohl schaden. Auf diese Delikte gilt es also rechtsstaatliche Antworten zu finden. Aber es gilt ferner auch Steuerschlupflöcher zu schließen, sodass nicht mehr nur der Ehrliche zahlt und der Findige sich aus der Affäre ziehen kann.

Ausstattung der Steuerverwaltung

Die Finanzverwaltung soll durch die Vereinfachung der Steuergesetze nach und nach entschlackt werden. Neueinstellungen sollen vorrangig in den Bereichen Betriebsprüfung und Steuerfahndung erfolgen. Steuern, die ein sogenanntes “praktisches Vollzugsdefizit” aufweisen, sind gesetzgeberisch abzuschaffen.

Strafbefreiende Selbstanzeige

Die strafbefreiende Selbstanzeige soll für Personen, die Steuern hinterzogen haben, erhalten bleiben. Kernelement des deutschen Strafrechts ist neben der Bestrafung vor allem auch die Resozialisierung. Eine Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige würde die Aufklärung von Steuerstraftaten und die damit verbundenen Steuernach- und Strafzahlungen erheblich erschweren.

In diesem Zusammenhang betonen die Jungen Liberalen ferner die Wichtigkeit der Integrität der Steuerverwaltung und die Wahrung des Steuergeheimnisses.

Steuer-CDs:

Darüber hinaus dürfen Bund und Länder nach Auffassung der Jungen Liberalen in keinem Fall sogenannte “Steuersünder-CDs” aufkaufen. Ein Rechtsstaat darf niemals den Rechtsbruch in anderen Ländern fördern.

Steueroasen

Die Jungen Liberalen unterstützen die internationalen Bemühungen der OECD und der europäischen Union zur Bekämpfung von Steueroasen. Das beste Mittel um Steueroasen auszutrocknen ist eine Verbesserung der Transparenz und der Kommunikation zwischen den verschiedenen Ländern. Gleichzeitig müssen Anreize für Unternehmen im Inland geschaffen werden, um die Abwanderung in Steueroasen unrentabel zu machen. In Europa sollten keine Abkommen gegen Steuerflucht mehr von den Nationalstaaten bilateral getroffen werden.

Vielmehr sollte die europäische Union eine gemeinsame Linie zur Bekämpfung von Steueroasen in Europa durchsetzen. Die Kommission muss ferner mit dem Mandat ausgestattet werden, Abkommen mit nichteuropäischen Ländern im Namen aller Mitgliedsländer zu führen.

Um die Steuerflucht natürlicher Personen zu vermeiden, muss die Pflicht Steuern zu entrichten (nach amerikanischem Vorbild) an die Staatsbürgerschaft gebunden werden. Jeder deutsche Staatsbürger muss somit sein Einkommen nach deutschem Recht versteuern – egal wo er es erwirtschaftet. Die Gefahr der Doppelbesteuerung soll durch die Möglichkeit, die im Ausland gezahlten Steuern in voller Höhe von den zu Hause anfallenden Abgaben abzuziehen, vermieden werden. Bei Steuerpflichtigen mit doppelter Staatsbürgerschaft sollen Abkommen die Doppelbesteuerung vermeiden.

Gewinnverlagerung

Die Jungen Liberalen sehen die Praxis von Unternehmen kritisch, in einem Land mit hohen Steuern ihren Gewinn zu erwirtschaften und in einem Staat mit niedrigen Steuern den Hauptsitz zu haben, um dadurch einer Besteuerung zu entgehen.

Die Jungen Liberalen fordern hierbei eine gesamteuropäische Lösung und begrüßen die Bestrebungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie der EU-Kommission Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidung und Gewinnverlagerung durch multinationale Unternehmen durchzusetzen.

Besonders vielversprechend erscheint dabei nach Auffassung der Jungen Liberalen der Vorschlag des Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), wonach Quellensteuern auf Zinszahlungen und Lizenzgebühren erhoben werden, sodass die derzeitigen Strukturen zur Steuergestaltung angegriffen, aber Investitionsentscheidungen nicht verzerrt werden.

III. Erbschaft und Schenkung

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer besteuert den Vermögenszuwachs aufgrund eines Erbanfalls oder einer Schenkung. Auf der einen Seite steht hinter diesem Vermögenszuwachs beim Erben oder dem Beschenkten keine eigene Leistung, was eine Besteuerung grundsätzlich rechtfertigt. Auf der anderen Seite wurde das Vermögen beim Erblasser bzw. beim Schenkenden durch bereits versteuerte Einkommen angehäuft, so dass es hier zu einer erneuten Besteuerung kommt. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fodern daher die Weiterentwicklung der Erbschaft- und Schenkungsteuer und insbesondere der Erhebung dieser Steuer.

Die Erbschaft unter Ehegatten soll künftig nicht mehr steuerbar sein, weil Vermögen nicht an die nächste Generation weitergegeben wird. Ferner werden die Steuerbefreiungen reduziert. Kinder und testamentarisch benannte Personen können 400.000 Euro steuerfrei erben, alle anderen Erben 50.000 Euro. Die Erbschaftsteuer wird auf einen einheitlichen Steuersatz von 10 % festgesetzt und die Steuerklassen abgeschafft.

Die Erhebung der Steuer erfolgt künftig unter Berücksichtigung der aus dem zugefallenen Vermögen erzielten Erträge und Veräußerungserlöse.

Kann das zugefallene Vermögen wirtschaftlich genutzt werden und bringt es Erträge, so ist die Steuer über einen Zeitraum von 10 – 25 Jahren (je nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit) durch eine höhere Belastung auf diese Erträge zu zahlen. Kommt es vor Ablauf dieser Frist zu einer Veräußerung bzw. Verwertung des Vermögens, so sind die bis dahin bezahlten Beträge auf die dann fällige Steuer anzurechnen. Nach Ablauf der Frist, soweit dadurch die volle Steuer gezahlt worden ist, entfällt eine Besteuerung bei Veräußerung bzw. Verwertung.

Kann das zugefallene Vermögen nicht wirtschaftlich genutzt werden bzw. bringt es keine Erträge ein, bspw. ein wertvolles Gemälde oder ein verlustbringendes Unternehmen, fällt in diesem Zeitraum keine Steuer an. Bei einer Veräußerung bzw. Verwertung des Vermögens wird die Steuer jedoch zu diesem Zeitpunkt fällig, hierfür gilt keine zeitliche Frist.

IV. Sondersteuern und steuerliche Abzugsfähigkeit

Umsatzsteuer

Ständige Erweiterungen und Veränderungen an der Einzelnorm zur Mehrwertsteuerermäßigung haben zu einem undurchschaubaren Geflecht von ermäßigten Produkten geführt, deren Berechtigung dazu fraglich erscheint. So werden beispielsweise Schnittblumen und Bienen ermäßigt besteuert, Mineralwasser aber nicht. Tierarzneimittel sind mit 7% besteuert, Humanarznei mit 19%. Rollstühle werden niedrig besteuert, Ersatzteile hierfür voll.

Das eigentliche Ziel der Ermäßigung, die Last für lebensnotwendige Waren gering zu halten, ist mit den derzeitigen Regelungen verfehlt; die Verhältnismäßigkeit ist oft nicht gewahrt. Da
teilweise nur einzelne Produkte einer Gruppe ermäßigt besteuert werden, ist der faire Wettbewerb nicht gewährleistet.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern daher im Zuge der generellen Vereinfachung des Steuersystems, den Umsatzsteuersatz aufkommensneutral in einheitlicher Höhe festzusetzen und auf die bestehende Differenzierung zwischen regulärem und ermäßigtem Umsatzsteuersatz zu verzichten. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer soll nicht erfolgen.

Ehegattensplitting

== Familiensplitting ==
Das Ehegattensplitting ist zugunsten eines Familiensplittings nach französischem Vorbild abzuschaffen: Das Einkommen der Eltern wird – genau wie beim Ehegattensplitting – gemeinsam besteuert, aber auch die Anzahl der Kinder fließt in die Steuerberechnung mit ein. Die Eltern erhalten jeweils einen Faktor von eins, die Kinder jeweils einen Faktor von 0,5. Mit Hilfe dieses Familienquotienten wird das Jahreseinkommen entsprechend geteilt und nur dieser Betrag versteuert. Das Familiensplitting greift ab dem ersten Kind.

So wird durch das Familiensplitting die Erziehung von Kindern subventioniert, nicht aber die Alleinverdiener-Ehe.

Kirchensteuer

Die Erhebung von Beiträgen durch Bekenntnisgemeinschaften gehört nach Auffassung der Jungen Liberalen Niedersachsen zum Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften.
Allerdings ist die derzeitige Erhebung der Kirchensteuer auf Grund der damit verbundenen Offenlegungspflicht des Arbeitnehmers über seine Religionszugehörigkeit gegenüber dem Arbeitgeber unter anderem mit datenschutzrechtlichen Problemen verbunden. Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich daher dafür aus, dass die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen zukünftig von den Bekenntnisgemeinschaften selbst erfolgt. Die Erhebung von Beiträgen für Glaubensgemeinschaften vom Staat stellt keine hoheitliche Aufgabe dar, so dass die Kirchensteuer mit einer Grundgesetzänderung abgeschafft werden soll. Die Beiträge an Bekenntnisgemeinschaften werden damit mit Beitragszahlungen an Vereinen gleichgestellt.

Sozialversicherung und Steuern

Die Lohnzusatzkosten sollen nach Auffassung der Jungen Liberalen stetig unter 40% gehalten werden. Ein Anstieg der Lohnnebenkosten belastet Arbeitnehmer- und Arbeitgeber, verringert die Kaufkraft und schwächt die Stellung der deutschen Wirtschaft im internationalen Wettbewerb.

Solidaritätszuschlag

Wenn der Zweck für eine Steuer entfällt, darf selbige nicht aufrecht erhalten werden. Aus einer Sondersteuer darf keine Dauerbelastung werden. Deshalb setzen sich die Jungen Liberalen für die Abschaffung des Solidaritätszuschlages zum 01.01.2019 ein. Im Jahr 2019 endet der Solidarpakt II und damit auch die Sonderbelastungen für den Bundeshaushalt. Damit entfällt jede Rechtfertigung für eine Beibehaltung des Solidaritätszuschlages. Die Jungen Liberalen Niedersachsen lehnen zudem die Erhöhung anderer Steuern, insbesondere eine Erhöhung der Lohnkosten, als Ausgleich für den Wegfall des Solidaritätszuschlags ab.

Kapitalertragsteuer:

== I) Steuerabzug beim Zufluss (Kapitalertragsteuer) ==

Bei der Auszahlung von laufenden Kapitalerträgen (Zinsen, Dividenden etc.) durch ein Finanzinstitut sind/ist 25% Kapitalertragsteuer von den Erträgen einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Bei Erträgen bis zu 801 € im Jahr wird keine Steuer einbehalten (Sparerpauschbetrag). Zur Ermittlung der Steuerschuld sind alle Kapitalerträge, sowie Verluste, als Gesamtkonstrukt zu betrachten. Deshalb sollen auch Verluste aus Aktienverkäufen, mit Erträgen aus Zinsen oder Dividenden, verrechnet werden können.

Die Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen sollen generell erst am Ende des Jahres in der Einkommensteuer-Erklärung angegeben und versteuert werden. Zusätzliche Abgaben wie Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag sollen in diesem Zusammenhang entfallen.

== II) Besteuerung von Kapitalerträgen in der Einkommensteuer-Erklärung ==

Kapitalerträge sind in der Steuererklärung anzugeben und nach dem individuellen Steuersatz zu besteuern. Die einbehaltene Steuer wird dabei auf die zu zahlende Steuer angerechnet. Wenn Werbungskosten zu den Erträgen (z.B. Finanzierungszinsen) angefallen sind, können diese berücksichtigt werden; mindestens aber der Sparerpauschbetrag von 801 €.

== III) Spekulationsfrist ==

Die Veräußerung von Anteilen (Aktien etc.) ist nur steuerpflichtig, wenn diese innerhalb eines Jahres vor dem Verkauf angeschafft wurden (Spekulationsfrist).

Die Jungen Liberalen treten hierbei für eine europaweite Harmonisierung der Kapitalertragsteuer ein.

Börsenumsatzsteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich entschieden gegen die Wiedereinführung einer Börsenumsatzsteuer auf alle Umsätze im Wertpapierhandel aus. Sie stellt eine zusätzliche Belastung des Finanzstandortes Deutschland dar, erhöht die Transaktionskosten und erschwert in Zeiten niedriger Zinsen privaten Aktienbesitz.

Finanztransaktionssteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich gegen eine Finanztransaktionssteuer aus. Sie zieht private Kleinanleger zur Finanzierung von Kosten heran, für deren Entstehung sie keine Verantwortung tragen. Zudem schadet diese Steuer den Finanzplätzen in Europa gegenüber der internationalen Konkurrenz.

Zweitwohnungssteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich für die flächendeckende Abschaffung der Zweitwohnungssteuer in Deutschland aus. Für Kommunen, die die Zweitwohnungssteuer abschaffen, dürfen keine Nachteile im kommunalen Finanzausgleich entstehen.

Degressive Abschreibung

Die Degressive Abschreibung ist nach Auffassung der Jungen Liberalen Niedersachsen wieder einzuführen. Während die Mietpreisbremse die Probleme auf dem Immobilienmarkt verschärft, kann die degressive Abschreibung den vielerorts stagnierenden Wohnungsbau wieder beleben – und zwar sowohl für öffentliche, als auch für private Investitionen. Auch für andere Wirtschaftsbereiche sind positive Effekte zu erwarten, da das schneller freiwerdende Kapital eher wieder für Investitionen zur Verfügung steht.

Steuerrechtliche Bewertung von Bildungsausgaben

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, dass Aufwendungen für die Berufsausbildung generell steuerlich abzugsfähig sind. Die steuerliche Bemessungsgrundlage wird durch das objektive Nettoprinzip bestimmt (§ 2 Abs.2 EstG) und zeigt somit auf, dass nur die realisierte Erhöhung des Reinvermögens bzw. Geldvermögens der Besteuerung unterliegt.
Ausbildungskosten, besonders Kosten des Erststudiums dürfen nicht als Kosten der Lebensführung angesehen werden, sondern als vorweggenommene Werbungskosten und müssen deshalb abzugsfähig sein.

Entlastung für Alleinerziehende

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, alleinerziehende Mütter und Väter stärken zu entlasten. Zunächst muss dies vor allem durch eine Anhebung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) realisiert werden. In diesem Zusammenhang fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen die Regelung innerhalb des Ausbildungszeitraums der Kinder zu korrigieren, wonach eine volljährige Person, die mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung der oder des Steuerpflichtigen gemeldet ist, auch eine Wirtschaftsgemeinschaft mit dem oder der Steuerpflichtigen bildet und der bisherige Freibetrag dadurch wegfällt.

Erhöhung der Einkommensgrenzen für Schüler

Die Jungen Liberalen Niedersachsen setzen sich für eine Erhöhung der Einkommensgrenze für Schülerinnen und Schüler aus ALG II-Bedarfsgemeinschaften ein. § 1 Abs. 4 ALG II-V soll dahingehend ergänzt werden, dass die Berechnung nach § 11b Abs. 3 SGB II bei geringfügigen Beschäftigungen (z.B. 450 Euro-Job) nicht gilt. Aktuell ist es Schülerinnen und Schülern aus ALG II-Bedarfsgemeinschaften nach § 1 Abs. 4 ALG II-V erlaubt bis zu 1200 Euro aus Erwerbstätigkeiten zu verdienen, die in den Schulferien für höchstens vier Wochen je Kalenderjahr ausgeübt werden. In den restlichen 11 Monaten eines Kalenderjahres ist es Schülerinnen und Schülern aus ALG II-Bedarfsgemeinschaften nach § 11b Abs. 3 SGB II erlaubt 100 Euro monatlich plus 20 Prozent des darüber hinausgehenden Betrages abschlagsfrei zu behalten, da der restliche Betrag als Einkommen der Eltern angerechnet wird. Bei einem 450 Euro-Job wären dies 170 Euro monatlich abschlagsfrei, wobei die Schülerinnen und Schüler für 450 Euro gearbeitet hätten.
Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich daher in diesem Zusammenhang für eine Zuverdienstregelung aus, die sich analog zum BaFöG verhält.

Kulturförderabgabe

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich gegen die Einführung einer kommunalen “Kulturförderabgabe” auf Hotelübernachtungen aus.

Vergnügungsteuer, Tabaksteuer, Alkopopsteuergesetz und Schaumweinsteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich für die Abschaffung jeglicher Vergnügungsteuern, für eine Abschaffung der Tabaksteuer, der Schaumweinsteuer und für die Abschaffung des Alkopopsteuergesetzes aus. Ferner lehnen wir jede Besteuerung von E-Zigaretten und deren Zubehör über die Tabaksteuer ab.

Pferdesteuer und Hundesteuer

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich gegen die Einführung einer Pferdesteuer aus. Sie würde das Ehrenamt schwächen und steht im Widerspruch zur weitestgehenden Steuerbefreiung von Vereinen. Darüber hinaus sehen die Jungen Liberalen Lenkungssteuern besonders kritisch. Die Hundesteuer soll deshalb flächendeckend abgeschafft werden. Ferner lehnen wir bis zur Abschaffung eine unterschiedliche Besteuerung von “gefährlichen” (Kampfhunden) und nicht-gefährlichen Hunden ab.

EU-Steuern

Die Europäische Union ist ein Erfolgsmodell, welches Frieden und Wohlstand gemehrt und Spannungen und Vorbehalte zwischen den Völkern auf unserem Kontinent abgebaut hat. Dieses Erfolgsmodell darf nicht durch eine europäische Steuerkompetenz gefährdet werden. Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich deshalb gegen eine eigene Steuerbasis für die Europäische Union aus. Eine sogenannte “EU-Steuer” würde dem Subsidiaritätsprinzip zuwiderlaufen.