“Um Himmels Willen” – Diskriminierung im kirchlichen Arbeitsrecht stoppen!

Auch heutzutage genießen die katholische und die evangelische Kirche in unserer Gesellschaft immer noch Sonderrechte. Hierfür darf jedoch in einem weltanschaulich und religiös neutralen Staat kein Raum mehr sein. Ein prominentes Beispiel für eine solche herausstehende Rolle der größten Glaubensgemeinschaften Deutschlands ist das kirchliche Arbeitsrecht, das für Glaubensgemeinschaften und deren zugeordnete religiöse Vereine gilt. Dieses benachteiligt jedoch Beschäftigte dieser Institutionen und ist im liberalen Sinne nicht tragbar. Die Kirchen, sowie ihre angeschlossenen Organisationen, wie z.B. die Caritas oder die Diakonie gelten in Deutschland als zweitgrößter Arbeitgeber mit über 2 Millionen Beschäftigten. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirche darf allerdings kein Freibrief für nicht-verfassungsgemäßes Handeln sein.

Kirchliche Arbeitgeber stellen bei gleicher Eignung bevorzugt Arbeitnehmer ein, die der Konfession der Arbeitgeber entsprechen (katholisch/ evangelisch). Dies birgt jedoch Möglichkeiten der Diskriminierung gegen Bewerber, die nicht der eigenen Konfession entsprechen. Dies würden bei keinem anderen Arbeitgeber geduldet. Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen, dass die Konfession von Bewerbern im Bewerbungs- und Einstellungsprozess kein Grund für eine Einstellungszu- bzw. absage sein darf.

Die Frage, ob kirchenrechtlich Beschäftigte in ihrem (außerdienstlichen) Verhalten mit den Grundsätzen der Kirchen übereinstimmen, darf erst recht in der heutigen Zeit kein Maßstab für die Einleitung und Durchführung sich gegen den Beschäftigten richtende arbeitsrechtliche Maßnahmen (z.B. Abmahnung, Kündigung) sein. Auch müssen Einstellungsentscheidungen ohne Diskriminierung von Bewerbern durch kirchliche Glaubensvorstellungen getroffen werden. Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen konkret, dass:

  • die sexuelle Orientierung und das nicht direkt mit der Arbeit in Zusammenhang stehende sexuelle Verhalten von (potentiellen) Mitarbeitern
  • außerdienstliche Meinungsäußerungen (z.B. die Befürwortung von Schwangerschaftsabbrüchen) durch (potentielle) Mitarbeiter
  • private Lebensentscheidungen (potentieller) Mitarbeiter (z.B. Heirat, Scheidung, Wiederheirat)
  • die Zugehörigkeit bzw. der Aus- oder Eintritt in eine Glaubensgemeinschaft

nicht als Grund für die Einleitung bzw. Durchführung arbeitsrechtlicher Maßnahmen gegen (potentiell) unter den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts Beschäftigten geltend gemacht werden dürfen.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen erkennen an, dass für bestimmte Verwendungsbereiche innerhalb der Kirche (z.B. bei Mitarbeitern mit pastoralen oder katechetischen Aufgaben) bezüglich der o.g. Punkte Ausnahmen getroffen werden dürfen. Bei allen anderen Mitarbeitern, die unter den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechtes beschäftigt sind, sind diesbezügliche Ausnahmen jedoch in der Regel nicht zulässig und müssen im Einzelfall besonders begründet werden.

Auch für die Einstellung bzw. Weiterbeschäftigung innerhalb der kirchenarbeitsrechtlichen Organisation zwingend als notwendig dargestellten Selbstverpflichtungen bezüglich besonderer Loyalitätspflichten des Beschäftigten ggü. der Kirche sind als unzulässig zu erklären. Aus ihnen dürfen sich keine arbeitsrechtlichen Ansprüche zum Nachteil des Beschäftigten ableiten. Desweitern setzen sich die Jungen Liberalen Niedersachsen dafür ein, dass die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) uneingeschränkt in allen kirchlichen Betrieben Geltung finden sollen.

Beschäftigte, die in kirchlichen Arbeitsverhältnissen stehen, haben kein Recht auf Arbeitskampfmaßnahmen, wie z.B. Streik, sondern sind auf ein Prozedere angewiesen, dass sich „der dritte Weg“ nennt. Dieser besteht aus von Arbeitnehmern und Arbeitgebern besetzte Gremien, die u.a. die Arbeitsbedingungen aushandeln. Jedoch besteht kein Grund dafür, dass die Kirche dahingehend privilegiert ist, dass ihre Angestellten kein Recht auf Streik haben. Demzufolge fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen, dass den unter den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts Beschäftigten das Streikrecht zuerkannt wird.

Neue (Arbeits-)Zeit für die IT-Branche

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern die Einführung eines liberalisierten Arbeitszeitgesetzes für die IT-Branche. Es bedarf neuer Schritte der Flexibilisierung um Niedersachsen sowohl als arbeitgeber- und arbeitnehmerfreundliches Land zu entwickeln, welches besonders für IT-Unternehmen attraktiv als internationaler Standort angesehen werden kann.

Die IT-Branche lebt von der Kreativität der zur Verfügung stehenden Mitarbeiter und Programmierer. Ein kreativer Beruf ist jedoch nicht immer leicht auszuüben, da nicht immer die nötige Inspiration vorhanden ist. Ziel ist es dabei nicht dem Arbeitnehmer eine Pflicht zur Sonntagsarbeit aufzupflichten, sondern viel mehr dem Arbeitnehmer ein rechtlich zulässiges Mittel in die Hand zu geben, um seine Zeit flexibel und individuell einzuteilen. Da die Kreativität nicht in Schranken gehalten werden soll, fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen:

– die Abschaffung einer Tageshöchstarbeitszeit von 10h

– die Abschaffung der Werkstagsregelung, jedoch mit Beibehaltung der 5 Tage Woche

– die Abschaffung der zwanghaften Sonderzulagen für Nachtschicht- und Wochenendarbeit für programmierende Tätigkeiten

– die Beibehaltung der Ruhezeitenregelung von 11 Stunden zwischen den Arbeitstagen

– die Beibehaltung der Ruhepausenregelung

– die Einführung einer Projektsarbeitszeit mit projektgebundener Überhöhung über die durchschnittlich 8 Stunden in 6 Monaten. Dabei soll bei Projektabschluss die Wahl bestehen, sich die Zeit in Freizeitausgleich oder als Einzahlung in ein Lebensarbeitzeitkonto vergüten zu lassen

im IT-Sektor.

Berufsfreiheit für alle in Deutschland lebenden Menschen!

Die Jungen Liberalen fordern, dass die in Artikel 12 I des Grundgesetzes verbriefte Freiheit der Berufswahl nicht nur „allen Deutschen“ eingeräumt wird, sondern auch allen in Deutschland lebenden Personen.

In Art. 12, I GG wird „allen Deutschen“ das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen, eingeräumt. Die Freiheit ist ein integraler Bestandteil des Menschenbildes unserer Republik, genau so wie die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz. Auch die Wahl und Ausübung des Berufs ist eine Freiheit, die jedem Menschen zusteht. Somit soll auch in unserem Grundgesetz die Freiheit der Berufswahl und –ausübung in Artikel 12 I GG niedergeschrieben werden.

Zudem ist es in Zeiten des zunehmend wachsenden Fachkräftemangels wichtig, dass dem Arbeitsmarkt nicht noch weitere Grenzen auferlegt werden, indem Personengruppen in ihrer Berufsfreiheit eingeschränkt werden.

Freie Arztwahl für Schwangere

Das grundsätzliche Recht der freien Arztwahl wird zurzeit durch die Regelung beeinträchtigt, dass die Betreuungspauschale für Schwangere (Gebührenordnungsposition (GOP) 01770 EBM) nur von einem Arzt pro Quartal abgerechnet werden kann. Dies erschwert einer Schwangeren den Arztwechsel erheblich und ist mit dem Grundsatz der freien Arztwahl unvereinbar. Insofern soll diese Regelung dahingehend geändert werden, dass bei einem Arztwechsel auch der neue betreuende Arzt oder eine eventuelle Vertretung die Pauschale abrechnen können.

Den Arbeitnehmer vor der SPD beschützen.

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 03.02.1995, zuletzt auf Initiative der SPD ergänzt um den Artikel I vom 21.02.2017, ist umgehend auf den Stand vor dem 21.02.2017 rückabzuwickeln. Dies soll geschehen, bis eine funktionierende Regelung zur Überlassungsdauer und dem Prinzip des equal pay gefunden wurde.

Liberale Leitlinien einer neuen Arbeitswelt

Die Digitalisierung verändert die Welt. Vernetzung und Industrie 4.0 und die immer weiter voranschreitende Globalisierung sind nur einige Aspekte. Die Gesellschaft wandelt sich immer mehr zu einer Wissensgesellschaft. Für viele Arbeitnehmer wird die Work-Life Balance zunehmend wichtiger. Für uns gilt: Innovation ist Fortschritt, wenn sie dem Einzelnen dient.

Einer liberalen Arbeitswelt sollten aus der Sicht der Jungen Liberalen daher Selbstständigkeit, Teilhabe, Flexibilität und Freiheit zu Grunde liegen. Nutzen wir die Chancen die sich bieten und packen wir die Herausforderungen an.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern:

  • Freiheit und Selbstbestimmung sind die Grundpfeiler in einer modernen Arbeitswelt. Schaffen wir die gesetzlichen Grundlagen für eine digitale Arbeitswelt. Dafür sind unter anderem das Betriebsverfassungsgesetz anzupassen und das Datenschutzrecht anzupassen.
  • Schaffen wir mehr Möglichkeiten einer flexiblen Arbeitsgestaltung. Dafür fordern wir eine grundlegende Reform des Arbeitszeitgesetzes, den Ausbau von Langzeitkonten und eine Anpassung der Arbeitsplatzvorschriften. Arbeitsformen wie Coworking oder Homeoffice müssen besser anerkannt werden.
  • Der Netzausbau ist weiter voranzutreiben. Gerade ländliche Regionen dürfen hier nicht abgehängt werden.
  • Schaffen wir ein Bildungssystem 2.0, in dem ausreichend Angebote der beruflichen Weiterbildung geschaffen werden und die selbst organisierte Fortbildung besser gefördert wird.
  • Entwickeln wir eine neue Gründerkultur. Führen wir Debatten rund um Selbstständigkeit und das Gründen chancenbezogen. Schaffen wir gleichzeitig gesellschaftliche Akzeptanz, wenn ein Gründer mal scheitert
  • Schaffen wir die Rahmenbedingungen für eine sinnvolle Gründungsförderung. Ermöglichen wir ein bürokratiefreies erstes Jahr für Start-Ups. Erleichtern wir die Möglichkeiten Wagniskapital einzuwerben. Stärken wir neue Finanzierungsformen wie das Crowdfunding. Führen wir bundesweit ein breit angelegtes Gründerstipendium ein und geben wir Studierenden die Möglichkeit eines Urlaubssemesters für die Unternehmensgründung.
  • Verbessern wir die Bedingungen für Selbstständige und freiberufliche Unternehmer. Auf freiwilliger Basis soll der Zugang zur Arbeitslosenversicherung ermöglicht werden. Der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung soll fairer werden.
  • Digitalisieren wir die Sozialversicherungssysteme. Der Zugang und die Förderung zur privaten Altersvorsorge soll verbessert werden. Hierbei ist insbesondere auf Transparenz und ein breites Anlageportfolio zu achten. Die Betriebliche Altersvorsorge soll gestärkt werden, dazu soll sie portabler werden. Eine Doppelverbeitragung soll es nicht mehr geben. Führen wir eine verpflichtende Basisaltersabsicherung mit Wahlmöglichkeiten für Selbständige ein.
  • Machen wir die digitale Revolution zum Aufstiegsversprechen. Bauen wir digitale Bürgerservices aus und bürokratische Hemmschwellen ab. Erleichtern wir eine berufliche Umorientierung oder einen beruflichen Neuanfang und vernetzen wir die verschiedenen sozialen Leistungsträger.

Eine Praktikumswelt für alle!

Jährlich werden in Deutschland eine Vielzahl von Praktika geleistet, häufig von jungen Menschen zu Beginn ihres Arbeitslebens oder während der Ausbildungszeit. Doch Praktikum ist nicht gleich Praktikum. Rechtlich wird zwischen Freiwilligen- und Pflichtpraktika unterschieden, obwohl die Arbeitsleistung in der Regel die gleiche ist. Während auf freiwillige Praktika gem. §§ 26, 10 BBiG grundsätzlich das Arbeitsrecht anzuwenden ist ergeben sich Rechte und Pflichten bei Pflichtpraktika aus dem geschlossenen Praktikumsvertrag und gegebenenfalls aus Schul- bzw. Studienordnung des jeweiligen Bundeslandes. Pflichtpraktikanten genießen keinen Schutz durch das Arbeitsrecht und haben insb. keinen Anspruch auf ein qualifiziertes Praktikumszeugnis.

Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen den Bundesgesetzgeber auf ein eigenständiges Praktikumsrecht für beide Praktikumsarten zu schaffen.

Anonyme Bewerbungen

Die Jungen Liberalen Niedersachsen setzen sich für die Aufnahme einer „kann Vorschrift“ über anonymisierte Bewerbungsverfahren, nach dem Vorbild der USA, im Corporate Governance Kodex ein. Dies dient der Diskriminierungsprävention. Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration hat im Jahr 2014 in einer repräsentativen Studie, mit dem Namen „Diskriminierung am Ausbildungsmarkt“ nachweisen können, dass bei gleicher Qualifikation, Bewerber mit ausländischem Namen, wesentlich weniger Erfolg bei der Ausbildungsplatzsuche haben, als Bewerber mit deutschem Namen. Aus der Aufnahme in den Corporate Governance Kodex versprechen wir uns, dass die Praxis der anonymisierten Bewerbung in der deutschen Unternehmenskultur anklang findet.

Für ein zukunftsfähiges, unbürokratisches Arbeitsrecht

Grundsätzliches

Das deutsche Arbeitsrecht besteht aus unzähligen Gesetzen. Die Regelungen finden sich in verschiedenen Gesetzeswerken wieder. Die Gesamtheit der arbeitsrechtlichen Regelungen ist selbst für geübte Juristen ein schwieriges Unterfangen. Daher sollte man zunächst ein Arbeitsgesetzbuch schaffen, das sämtliche arbeitsrechtlichen Regelungen umfasst. Das würde nicht nur einen leichteren Überblick, gerade für die Arbeitnehmer schaffen, die in der Regel nicht über die juristische Expertise verfügen sämtliche Regelungen zu überblicken. Die Regelungen sollen in der Neufassung einfach und effizient gehalten werden.

Im Zuge der Zusammenfassung sollen auch unnötige, bürokratische Regelungen beseitigt werden.  In der jetzigen Arbeitsstättenverordnung z.B. ist bis ins kleinste Detail geregelt, wie der Arbeitgeber die Arbeitsplätze seiner Angestellten einzurichten hat. So ist beispielsweise in Anlage 3.1 zur Arbeitsstättenverordnung geregelt, dass ein Arbeitsplatz so bemessen sein soll, dass sich der Arbeitgeber bei seiner Tätigkeit ungehindert bewegen kann. Dies stellt unserer Meinung nach eine Selbstverständlichkeit dar und bedarf daher keiner gesetzlichen Regelung. Im Wesentlichen muss den Arbeitgebern freistehen, wie sie ihren Betrieb einrichten. Dabei sind Absprachen mit den Mitarbeitern sehr wohl zu beachten. Wenn ein Arbeitnehmer nicht mit seinen Arbeitsbedingungen zufrieden ist, kann er sich zunächst an seinen Arbeitgeber wenden und muss im Zweifelsfall seinen Job wechseln. So kann auch ein Wettbewerb der Arbeitgeber um die Arbeitnehmer entstehen, da sich ein Arbeitnehmer oft den Arbeitgeber mit den besten Arbeitsbedingungen aussuchen wird.

Kündigungsschutz

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sehen des Weiteren das Problem, dass das deutsche Kündigungsschutzrecht zu unübersichtlich ist. Wir fordern daher eine Änderung des Kündigungsschutzrechts hin zum schweizerischen Modell. Hier gilt die Kündigungsfreiheit. Das heißt sowohl Arbeitgeber, als auch Arbeitnehmer können jederzeit das Arbeitsverhältnis kündigen. Besondere Gründe sind für eine ordentliche Kündigung nicht nötig, wobei die Kündigungsfristen an die Zugehörigkeit zum Betrieb geknüpft sind. Im Unterschied zum Schweizer Modell sind dabei die bisherigen in Deutschland gesetzlich geregelten Kündigungsfristen zwischen einem Monat nach Berufseinstieg und sieben Monaten nach zwanzig Dienstjahren beizubehalten.

AGG-widrige Kündigungen bleiben weiterhin unzulässig. Die Jungen Liberalen Niedersachsen bekennen sich zum AGG. Dies schützt das Recht auf Gleichbehandlung, welches für uns einen hohen Stellenwert einnimmt. Fristlose Kündigungen sollen in außergewöhnlichen Situationen jedoch trotzdem zulässig sein. Z.B. soll eine fristlose Kündigung bei Arbeitsverweigerung, Verbrechen oder Korruption möglich sein.

Arbeitszeitgesetz

Zurzeit ist es Realität, dass nahezu täglich gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen wird. Dies ist vor Allem in der Gastronomie, der Logistik und in der Baubranche der Fall. Die Jungen Liberalen Niedersachsen sehen das Problem hier nicht bei den Arbeitern oder den Arbeitgebern, sondern im Gesetz. Das Arbeitszeitgesetzt entspricht nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen. Gerade in den genannten Branchen gibt es oft gar keine andere Möglichkeit, als die Gesetzesverstöße einzugehen. So ist es z.B. unrealistisch mitten in einer Veranstaltung die Schicht zu wechseln, da die neuen Arbeitnehmer die Abläufe der Veranstaltung nicht kennen.

Daher fordern wir die Liberalisierung und somit Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes. Der § 3 des Arbeitszeitgesetzes ist dahingehend zu ändern, dass die wöchentliche Arbeitszeit 48 Stunden nicht überschreiten darf, wobei an einem Tag maximal zehn Stunden gearbeitet werden darf. Wenn es eine besondere betriebliche Situation rechtfertigt, kann in Ausnahmefällen die tägliche Arbeitszeit auf 14 Stunden angehoben werden. Die zusätzliche Arbeitszeit ist besonders zu vergüten oder in Freizeit auszugleichen. Die Regelung des § 5 Abs. 1 ArbZG (Ruhezeit von mindestens elf Stunden), sowie die Pausenregelungen des § 4 ArbZG, sollen beibehalten werden. Andere Regelungen des Arbeitszeitgesetzes sind gegebenenfalls anzupassen. Diese Regelungen sollten auch in ein neues Arbeitsgesetzbuch überführt werden.

Arbeiten 4.0

Wir nehmen zur Kenntnis, dass auch die Arbeitswelt immer stärker durch die voranschreitende Digitalisierung beeinflusst wird. Immer mehr Menschen nehmen sich ihre Arbeit mit nach Hause. Nicht nur, weil sie am Arbeitsplatz nicht alles bewältigen können, sondern weil sie im Home-Office konzentrierter arbeiten können. Auch das mobile Arbeiten breitet sich weiter aus. So genannte Coworking Spaces sprießen an immer neuen Orten aus dem Boden. Wir Junge Liberale stehen diesen neuen Entwicklungen nicht skeptisch gegenüber, sondern nehmen sie mit Optimismus zur Kenntnis. Sie haben das Potential, mehr Flexibilität und Freiheiten für die Arbeitnehmer ins Arbeitsleben zu bringen.

Wir wollen diesen Entwicklungen keine gesetzgeberischen und bürokratischen Hürden in den Weg stellen. So soll z.B. die Arbeitsstättenverordnung nicht für mobiles Arbeiten, Home-Offices oder Coworking Spaces gelten. Diese Formen der Arbeit zeichnen sich gerade durch ihre Flexibilität und Freiheit für den Nutzer aus, dass er selber entscheiden kann in welcher Umgebung er arbeitet.

Wir Jungen Liberalen sind zudem der Meinung, dass ein Arbeitnehmer in den Bereichen, in denen dies auf Grund der betrieblichen Bedingungen und der Art der Arbeit möglich ist, einen uneingeschränkten Anspruch auf freie Arbeitsplatzwahl haben sollte. Dabei streben wir keine nullprozentige Anwesenheitsquote an. Wir sehen jedoch das Problem, dass die deutsche Anwesenheitskultur gerade für berufstätige Eltern und besonders für nicht berufstätige Eltern ein großes Hindernis darstellt. Durch einen Rechtsanspruch auf freie Arbeitsplatzwahl nach niederländischem Vorbild, ließe sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steigern. Dabei muss der Arbeitgeber darlegen, warum das Arbeiten außerhalb des Betriebes nicht möglich ist.

Die Digitalisierung hat auch zur Herausbildung neuer Berufs- und Beschäftigungsbilder geführt. Tätigkeiten von Wissensarbeitern wie Webdesignern und Programmierern, aber auch viele andere selbstständige Tätigkeiten stellen die auf klassische Beschäftigungsverhältnisse ausgerichtete Arbeitsgesetzgebung auf die Probe. Alle diese Betätigungen aber nun als scheinselbstständig zu verbieten, würde ganze Branchen in Deutschland zerstören und die hochqualifizierten Arbeiter, die die Vorteile der Selbstständigkeit schätzen, in große Probleme bringen. Entsprechende Bestrebungen des Arbeitsministeriums lehnen die Jungen Liberalen Niedersachsen deswegen ab.