Panzerknacker hochgehen lassen

Im letzten Jahr wurden insgesamt 493 Geldautomatensprengungen verübt, was die höchste Anzahl in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland darstellt. Hierfür verantwortlich sind maßgeblich organisierte Verbrecherbanden aus den Niederlanden, die äußerst professionell vorgehen, sind dafür verantwortlich. Häufig rekrutieren bekannte Kriminelle junge Niederländer aus sogenannten Problemvierteln, indem sie ihnen schnelles Geld und Prestige versprechen. Diese werden dann im Umgang mit Sprengstoff geschult. Ihr Hauptziel ist Deutschland, und sie schlagen meistens nachts zu. Innerhalb weniger Minuten sprengen sie die Automaten und flüchten dann über die Autobahn in Richtung Niederlande. Hierbei werden ganze Filialen teils massiv beschädigt; in einzelnen Fällen bedrohen die anschließenden Brände gar die über den Banken gelegenen Wohnungen und bringen somit Leib und Leben unbescholtener schlafender Bürger in erhebliche Gefahr.

Maßgeblicher Grund, warum diese Banden ihre Straftaten vornehmlich in Deutschland begehen, sind die im Vergleich zu den Niederlanden deutlich weniger effektiven Sicherheitsmaßnahmen der deutschen Geldinstitute. In den letzten Jahren haben die Niederlande deutlich mehr in den Schutz vor Geldautomatensprengungen investiert. Dies hat zu einem kontinuierlichen Rückgang der Zahlen in Bezug auf diese Straftaten und zur Verlagerung solcher Bandenaktivitäten nach Deutschland geführt. Zwar sind wir Junge Liberale grundsätzlich von der Eigenverantwortung der Banken überzeugt; es ist zuvorderst im vitalen Eigeninteresse der Banken – als Eigentümer der Geldautomaten – alles Notwendige zu tun, um in einem ökonomisch vertretbaren Umfang das eigene Eigentum zu sichern. Gleichwohl sind hier weitergehende politische Maßnahmen angezeigt: Da die Banken nämlich in der Regel über umfassende Versicherungen verfügen, läuft ihre Kosten-Nutzen-Abwägung häufig auf das Zahlen einer höheren Versicherungspolice und das Hoffen auf ein „verschont werden“ hinaus; legt man den reinen materiellen Schaden nur (!) der Bank zu Grunde, lohnen sich die verstärkten Sicherheitsvorhaben für die Geldinstitute schlicht nicht. Diese bankinternen Kosten- Nutzen-Analysen lassen jedoch die drohenden Schäden an Eigentum, Leib und Leben Dritter ebenso außer Betracht, wie die gesteigerten Aufklärungs- und Verfolgungskosten der Allgemeinheit.

Um dieser Zunahme der Bedrohung von Eigentum, Leib und Leben unbeteiligter Bürger und den steigenden Kosten für die Allgemeinheit endlich effektiv zu begegnen, fordern wir eine Reihe von Maßnahmen, um die Geldautomaten deutscher Geldinstitute besser vor diesen Straftaten zu schützen:

  1. Erschwerte Gelegenheiten: Es sollte eine breitflächige Ausweitung von Installationen zur Gasneutralisation, Banknoteneinfärbung/- Verklebung und mechanischen Sicherungssystemen geben, um den Schutz zu verbessern.
  2. Erweiterung des § 308 StGB: Personen, die die Voraussetzung des § 308 StGB erfüllen, um unrechtmäßig Geld zu erlangen, sollten angemessen strenger bestraft werden. Daher ist die Einführung einer Qualifikation des § 308 StGB vorgeschlagen, die eine Erhöhung der Mindeststrafe vorsieht.

Liberalen Feminismus ernst nehmen: Ehegattensplitting abschaffen!

Die Jungen Liberalen sprechen sich gegen eine Fortführung des Ehegattensplittings, als Bevorteilung von Ehepartnern ggü. unverheirateten Paaren aus. Dieses Steuermodell verringert – nach Berechnungen u.a. der „Wirtschaftsweisen“ eindeutig nachweisbar – den Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbsarbeit von Zweitverdienenden sowie zu der Ausweitung ihrer Arbeitsstundenzahl, beides mit Auswirkungen auf die Renten- und Sozialleistungen der Zweitverdienenden. Laut Schätzungen des ifo Instituts könnte die Beschäftigung ohne Ehegattensplitting um bis zu 200.000 Vollzeitstellen steigen. Neben dem problematischen Beschäftigungseffekt konserviert das Ehegattensplitting auch das hiermit verbundene Gesellschaftsbild: Eine Ehe mit klassischer Arbeitsteilung im Sinne einer „Hausfrauen-Ehe“. Denn je größer der Unterschied im Einkommen ist, desto größer ist die potenzielle Steuerersparnis durch das Ehegattensplitting. Im Ergebnis steht das Ehegattensplitting einem Liberalen Feminismus diametral gegenüber.

Da die derzeitige jährliche Steuerersparnis für Familien und Paare durch das Ehegattensplitting rund 25 Milliarden Euro beträgt, bedarf es einer ausgewogenen Reform, um eine übermäßige Belastung zu vermeiden. Zum einen wäre ein plötzlicher Systemwechsel insbesondere für Ehepaare, die sich im Vertrauen auf die geltenden Regeln auf die klassische Arbeitsteilung eingerichtet haben und bei denen die Zweitverdiener nicht ohne weiteres Erwerbsarbeit aufnehmen können und wollen, existenziell. Die Jungen Liberalen fordern daher, aus Gründen des Vertrauensschutzes und des Bestandsschutzes der Ehen die alten Regeln für existierende Ehen für eine Übergangsphase fortbestehen zu lassen. Zum anderen soll ein Übergang entweder in ein Steuermodell des „Realsplittings“ (Individualbesteuerung mit der Möglichkeit zur Übertragung eines gewissen Betrags des Erstverdieners auf den Zweitverdiener) oder des „Ehezusatzfreibetrags“ (der mit wachsendem Einkommen des Zweitverdieners sinkt) erfolgen. Langfristig streben wir die Abschaffung der steuerlichen Ungleichbehandlung zusammenlebender kinderloser unverheirateter Paare und kinderloser Ehepaare an. Um die übrigen Belastungen zu minimieren, sollten die restlichen Mehreinnahmen verwendet werden, um etwa die Einkommensteuer oder andere Steuern zu senken, was zusätzliche Beschäftigungseffekte ermöglicht.

Zukunftsweisende Bildung: Adaptives Lernen auf Basis von KI in Niedersachsen

Die Bildungslandschaft in Niedersachsen steht durch die in den letzten Jahren immer weiter fortschreitenden digitalen Möglichkeiten sowie die rasche Entwicklung von künstlicher Intelligenz vor neuen Chancen, das Bildungsangebot zu verbessern. Diese Chancen müssen ergriffen werden, um den Schülern weltbeste Bildung zu ermöglichen. Daher fordern wir JuLis Niedersachsen unter anderem die Integration von adaptivem Lernen auf Basis von künstlicher Intelligenz im Unterricht, welches zudem die Lehrer entlastet und Chancengerechtigkeit sowie Inklusion fördert.

Unser Ziel ist es, ein Lernerlebnis zu schaffen, welches auf den individuellen Bedürfnissen, Lernstilen und Fähigkeiten einzelner Schüler zugeschnitten ist. Diese adaptiven Lernprogramme sind in der Lage, individuelle Lernprofile zu erstellen, um gezielt auf die Stärken und Schwächen jedes einzelnen Schülers eingehen zu können. Dies sorgt auch dafür, dass Aufgaben gestellt werden, die zu den individuellen Lernstilen und dem Lerntempo passen. Zudem wollen wir die Lehrer bei der wichtigen pädagogischen Arbeit unterstützen und die Schüler auf dem Weg zu eigenverantwortlichem und kritischem Denken begleiten. Dies wird durch individuelles Feedback zu den Lösungsvorgängen der Aufgaben gefördert, um Schwächen zu erkennen und Stärken zu fördern. An dieser Stelle kann der Lehrer individuelle Hilfe leisten. Die Lehrkräfte können sich so auf Aufgaben in den Bereichen individuelle Betreuung, kritisches Denken und soziale Interaktion konzentrieren. Zudem soll ein Baustein zur Selbstreflektion vorhanden sein, der die Selbsteinschätzung der Schüler zu verschiedenen Fähigkeiten beinhaltet. Die gestellten Aufgaben sollen sich an das jeweilige Curriculum des Fachs anpassen. Die Umsetzung dieses Vorschlags soll zunächst an Modellschulen geschehen, um herauszufinden, welche Vor- und Nachteile diese Lerntechnik in der jeweiligen Fachpraxis bietet. Falls das Fazit aus diesen Modellschulen positiv ausfällt, soll das Modell auf alle weiterführenden Schulen landesweit erweitert werden. Essenziell ist die Ausstattung von Schulen mit digitalen Endgeräten wie Tablets oder Laptops. An den Schulen müssen noch vor der Einführung flächendeckender KI-Lehrmethoden qualitative Fortbildungsangebote für die Lehrer in den Bereichen Digitalisierung und insbesondere im Themenfeld künstliche Intelligenz geschaffen werden, um die Lehrkräfte auf die nötigen Schritte zur Implementierung von adaptivem Lernen vorzubereiten. Festzuhalten bleibt hier, dass wir die Lehrer als notwendig für die digitalen Systeme erachten. Ferner ist klar, dass dieses Lernsetting nur mit deutlich reduzierten Klassengrößen möglich ist. Besonders im Bereich Bildung sollte ein besonderer Fokus auf Datenschutz und Ethik liegen, was die Auswahl von Unternehmen für die Schulen einschränkt. Es soll kontinuierlich unabhängig überprüft und bewertet werden, ob und wie die Ziele des adaptiven Lernsystems erreicht werden, um gegebenenfalls Anpassungen vornehmen zu können. Gerade auf den Einsatz von US-amerikanischen Cloud-Providern sollte aufgrund des Zugriffs durch den PATRIOT Act der Geheimdienste auf die dort gehosteten Daten verzichtet werden.

Wir JuLis Niedersachsen fordern:

  • Die Integration von adaptiven Lernmethoden an niedersächsischen Schulen
  • Einsatz privatwirtschaftlicher Ressourcen
  • Dass Niedersachsen dem Projekt “KI-Lernwolke” beitritt, welches bereits von acht anderen Bundesländern unterstützt wird. Zusätzlich sollen Mittel aus dem Etat für länderübergreifende Projekte bereitstellt werden, um die Implementierung der adaptiven Lernplattform zu fördern.
  • Eine stetige Kosten-Nutzen-Evaluation sollte vorgenommen werden

Wieder gut zu Recht kommen – Reform der juristischen Ausbildung

Das Studium der Rechtswissenschaften gilt als eines der schwierigsten in Deutschland. Neben der stetig wachsenden Stoffmenge bringt aber auch die besondere Prüfungsform im Gewand des Staatsexamens besondere Herausforderungen mit sich, die nicht nur den ohnehin schon hohen Schwierigkeitsgrad noch weiter erhöhen, sondern auch zu einer allgemeinen Unzufriedenheit und einem schlechten Mental-Health-Status der Studierenden führen.

Seit geraumer Zeit werden nun die verschiedensten Möglichkeiten diskutiert, wie man das Studium reformieren und somit nicht nur die Attraktivität des Studiums, sondern auch die Lebensqualität sowie den Zustand der psychischen Gesundheit unter den Studierenden fördern könnte. Doch wie auch die Mühlen der Justiz langsam mahlen, lassen sich die auf den Weg gebrachten Reformen bislang nur in Diskussionen wiederzukennen. Anzeichen für eine schnelle Umsetzung fehlen leider.

Dieser Zustand führt verständlicherweise bei vielen Studierenden zu Frustration und Unverständnis über die Untätigkeit bei der Umgestaltung und Vereinheitlichung des Studienganges zu Zwecken der Vergleichbarkeit. Eine neu durchgeführte Studie zeigt deutlich, dass ein Großteil der Studierenden viele der derzeit diskutierten Reformideen befürwortet und einige der Ideen auch bei einer Vielzahl der Dozierenden Anklang findet.

Um eine lang notwendige Reform endlich auf den Weg bringen zu können, fordern wir deshalb die zügige Umsetzung der folgenden Reformidee:

Einführung eines vollständig integrierten Bachelors

Das Studium endet mit dem ersten Staatsexamen. Dort müssen neben der Schwerpunktbereichsprüfung meist innerhalb von zwei Wochen je nach Bundesland bis zu acht fünfstündige Klausuren geschrieben werden. Die im Studium erbrachten Leistungen zählen dann nur als Voraussetzung, um zum Staatsexamen zugelassen zu werden. Bei einer Regelstudienzeit von zehn Semestern führt dies zu einer Drucksituation, bei der die Zukunft allein von diesen Klausuren abhängt und bei Nichtbestehen die letzten fünf Jahre keinen Abschluss zur Folge haben. Da das Jurastudium bereits jetzt mehr Aufwand und Arbeit erfordert als ein durchschnittlicher Bachelorstudiengang, fordern wir die Einführung eines vollständig integrierten Bachelors, der ohne Mehraufwand oder zusätzliche Lehrveranstaltungen erwerbbar sein muss. Voraussetzung für den Erwerb des Bachelors muss allerdings das Bestehen des universitären Teils des Examens sein, sodass die Studierenden gezeigt haben, dass sie wissenschaftliches Arbeiten beherrschen. Laut der vierten bundesweiten Absolvent:innenbefragung des Bundesverbandes rechtswissenschaftlicher Fachschaften begrüßen dies auch 83 % der Studierenden.

Einführung des E-Examens

In der Berufswelt, als auch bei Gericht ist es schon lange Alltag Schriftsätze, Korrespondenz oder Urteile mit dem Computer zu schreiben. Seit dem 1. Januar 2022 gilt für die Einreichung bei Gericht sogar eine Pflicht zu Nutzung des „beA“ (besonderes elektronisches Anwältepostfach). Auch im Studium ist die elektronische Anfertigung von Hausarbeiten in den meisten Fällen Pflicht und während Corona mussten viele Klausuren ebenfalls digital verfasst werden. Anhand der kaum noch vorhandenen Anwendungsfälle und damit einer kaum noch vorhandenen Bedeutung von handschriftlich angefertigten Arbeiten ist es längst überfällig, das Examen ebenfalls digital unter Aufsicht anfertigen zu können. Hierdurch würde man das Studium nicht nur realitätsnäher gestalten, sondern vielmehr auch bestehende Unterschiede im Schriftbild ausgleichen und somit ebenfalls den Aspekt der Chancengerechtigkeit stärken. Bekannte Problematiken wie Sehnenscheidenentzündungen nach dem Examen würde damit ebenfalls Einhalt geboten werden. Auch die Korrektur der Arbeiten würde damit wesentlich vereinfacht werden. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen sind die Einsparungen an Papier und damit verbunden die positiven Auswirkungen auf die Umwelt. Durch die Einführung des E-Examens darf es allerdings nicht dazu kommen, dass Prüfungsstandorte wegfallen.

Gegen eine Streichung der Ruhetage

Eine geplante Streichung der Ruhetage lehnen wir konsequent ab. Ruhetage bilden derzeit im ersten Examen einen freien Tag in der Woche, an dem keine Klausur geschrieben wird. Sie sind in der stressvollen Zeit des Studiums zwingend notwendig, damit die Studierenden neben den Klausuren auch Zeit für körperliche als auch psychische Entspannung haben. Nur so ist  zwischen den Klausuren Zeit zu finden, um wieder zur Ruhe zu kommen und erneut Kraft tanken zu können. Die in der Vergangenheit anzutreffenden Bestrebungen der Vereinheitlichung der Klausurtermine zwischen den einzelnen Bundesländern ist unter dem Aspekt der Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwar durchaus verständlich und auch von unserer Seite gewünscht. Sie darf allerdings nicht zu einer Mehrbelastung der Studierenden führen. Vielmehr wäre eine bundeseinheitliche Ausweitung bzw. Einführung von Ruhetagen wünschenswert. Einer Streichung von Ruhetagen aus finanziellen Gründen stellen wir uns klar entgegen.

Einführung der Unabhängigkeit der Zweitkorrektur und Streichung der Lösungsskizzen

Bei der Korrektur von Klausuren sollte immer nur die jeweilige Leistung im Mittelpunkt der Bewertung stehen. Zwar ist es unmöglich, die Leistung nicht im Kontext der vorherigen zu sehen. Allerdings sollte der sogenannte „Ankereffekt“ so wenig wie möglich eintreten. Der Ankereffekt ist ein Begriff aus der Kognitionspsychologie und beschreibt das Phänomen, bei dem Menschen bei bewusst getroffenen Wahlen von vorhandenen Umgebungsinformationen beeinflusst werden, ohne dass sie sich dessen bewusst sind. Eine Auswertung von 3.696 Examensklausuren des JPA Berlin/Brandenburg durch Prof. Dr. Roland Schimmel und Prof. Dr. Jörn Griebel zeigte allerdings deutlich, dass es in der Realität deutliche Anzeichen für den Ankereffekt gibt. Sie stellten fest, dass die Bewertung der Zweitkorrektur bei nur ca. 1 % aller Klausuren um nicht mehr als einen Punkt von der Erstkorrektur abgewichen ist. Wir fordern deshalb, dass die Zweitkorrektur ohne Kenntnisnahme von den Ergebnissen der ersten Korrektur durchgeführt werden muss sowohl beim Examen als auch bei Remonstrationen im Grundstudium . Nur so kann eine objektive und gerechte Bewertung garantiert werden. Auch würde so eine erhöhte Transparenz und Objektivität der Ergebnisse geschaffen und dadurch ebenfalls das Vertrauen in die Justizprüfungssysteme gestärkt werden. Um eine Beeinflussung der Korrektur gänzlich ausschließen zu können, sollen auch die Lösungsskizzen abgeschafft werden. Es sollen vereinfachte Lösungswege zur Verfügung gestellt werden, in dem die zu prüfenden Ansprüche aufgelistet werden.

Möglichst paritätische Besetzung der Prüfungskommission bei mündlichen Prüfungen

Studien haben gezeigt, dass Frauen bei mündlichen Prüfungen der juristischen Staatsexamina im Vergleich zu Männern benachteiligt sind. Insbesondere wenn ausschließlich männliche Prüfer in der Prüfungskommission sitzen, verstärkt sich dieser Geschlechterunterschied noch weiter. Um eine möglicherweise unbewusste Diskriminierung zu verhindern, fordern wir daher, dass die Prüfungskommissionen möglichst paritätisch zusammengesetzt sein sollen. Sobald auch nur eine Frau in der Kommission sitzt, verschwindet der Geschlechterunterschied bei den Prüfungsergebnissen. Eine paritätische Besetzung würde dazu beitragen, gleiche Chancen und faire Bedingungen für alle Prüflinge zu gewährleisten.

Eine Erweiterung des Prüfungsstoffes nur unter Streichung von Bestehenden

Die Menge an Wissen, die Studierende im ersten Examen abrufen können müssen, wächst stetig. Mittlerweile müssten Studierende allein im Zivilrecht rund 1.566 Probleme und die dazugehörigen Streitstände sowohl kennen als auch anwenden können. Diese Stoffmenge führt dazu, dass sich viele Studierende bei der Examensvorbereitung lediglich auf das Auswendiglernen fokussieren und dabei den viel wichtigeren Aspekt des Systemverständnisses meist außer Acht lassen. Ebenso erscheint die Menge des zu lernenden Stoffes als so unüberwindbar, dass hierdurch der Druck auf die Studierenden erneut erhöht wird, was sich schlecht auf die psychische Gesundheit auswirkt. Wir fordern deshalb eine Neuaufnahme von Lehrstoff nur unter Streichung von Altem. Künftig soll der Fokus vor allem darauf gelegt werden, dass das Systemverständnis abgefragt wird und nicht möglichst viele Streitstände auswendig gekonnt werden müssen.

Einführung eines Gnadenversuches

Die erste juristische Prüfung kann regulär nur zweimal abgelegt werden. Bei Vorlage von bestimmten Voraussetzungen ist weiterhin ein sogenannter Freiversuch möglich. Die Anmeldung ist für diese Klausuren verbindlich und kann nach Erhalt der Anmeldebescheinigung kaum wieder rückgängig gemacht werden, auch wenn besondere persönliche Umstände vorliegen. Im zweiten Staatsexamen ist es hingegen möglich einen weiteren sogenannten Gnadenversuch zu erhalten, wenn besondere Umstände das Ablegen der Prüfungen maßgeblich erschwert haben. Wir fordern diese Ausnahmeregelungen auch im ersten Staatsexamen anzuwenden. Besondere persönliche Umstände, wie beispielsweise der Verlust der eigenen Eltern oder die Pflege eines nahen Angehörigen darf nicht zu einem Nachteil der Studierenden führen.

Bundeseinheitliche Anzahl von Klausuren beibehalten – Keine neuen Klausuren einführen

Beim Examen hängt der psychische Druck insbesondere an der Anzahl der zu schreibenden Klausuren. Derzeit müssen in der ersten staatlichen Prüfung zumeist sechs Klausuren geschrieben werden. Nur in Berlin/Brandenburg müssen bislang insgesamt sieben Klausuren abgeleistet werden. Im Februar 2024 tritt die neue Justizausbildungsverordnung in Schleswig-Holstein in Kraft, wodurch dort ebenfalls eine weitere Klausur im Strafrecht eingeführt wird. Die Einführung von neuen Klausuren im ersten Staatsexamen sehen wir kritisch entgegen und fordern, dass die Anzahl der zu schreibenden Klausuren bei sechs beibehalten wird. Aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit der Leistung fordern wir weiterhin, dass die Anzahl der zu schreibenden Klausuren in Berlin/Brandenburg und Schleswig-Holstein wieder auf sechs reduziert wird. Zugleich wäre eine einheitliche Aufteilung dieser sechs Klausuren auf die verschiedenen Rechtsgebiete wünschenswert.

Einführung der Möglichkeit des Abschichtens

In Niedersachsen gibt es bislang noch die Möglichkeiten die Klausuren im ersten Examen nicht innerhalb eines Durchganges schreiben zu müssen, sondern diese auf zwei Durchgänge aufteilen zu können. Wir fordern diese Möglichkeit nicht nur unter bestimmten Umständen als zulässig zu betrachten, sondern den Studierenden durchgehend die Möglichkeit zu geben, die Klausuren an zwei verschiedenen Durchgängen schreiben zu können. So können Studierende frei wählen, ob Sie alle Klausuren schnell „hinter sich bringen“ wollen oder den Schwerpunkt bei der Vorbereitung auf zwei Durchgänge verteilen und sich so besser auf die dann abzuleistenden Gebiete konzentrieren zu können.

Universitäres Repetitorium ausbauen

Um sich auf das Staatsexamen vorbereiten zu können, ist es gängige Praxis, ein sogenanntes Repetitorium zu besuchen, indem einem der bislang gelehrte Stoff noch einmal in Gänze und auf Examensniveau vermittelt wird. Ein Großteil dieser Repetitorien wird privatwirtschaftlich organisiert, was durchschnittliche Preise von um die EUR 200,00 pro Monat zur Folge hat. Damit der Erfolg im Examen allerdings nicht von der finanziellen Situation der Studierenden abhängt, fordern wir den Ausbau der universitären Repetitorien, sodass auch Studierende hieran teilnehmen können, wenn sie sich ein privat geführtes nicht leisten können.

Regelmäßiges Monitoring des Reformbedarfs

Angesichts der stetigen Entwicklung gesellschaftlicher, technologischer und rechtlicher Herausforderungen und der sich gleichzeitigen, wenn auch nur schleppend voranschreitenden Reformbemühungen, ist es von zentraler Bedeutung, dass Inhalte des Studiums der Rechtswissenschaften fortlaufend auf seine Aktualität und Relevanz überprüft werden. Daher fordern wir die Einführung eines regelmäßigen Monitorings des Reformbedarfs. So würde ermöglicht, potenzielle Lücken im Lehrplan zeitnah zu erkennen und anzupassen und so den Studierenden eine fundierte Ausbildung zu gewährleisten, die den Anforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft gerecht wird. Dabei sollen Studierendenvertretungen und die jeweiligen (Studien-)Dekane aktiv eingebunden werden, um ein breites Meinungsbild einzufangen und zielgerichtete Reformen zu initiieren.

Denkbar wäre, das zuständige Ministerium (Niedersächsisches Justizministerium) zu verpflichten, in einem regelmäßigen Turnus von zwei Jahren, einen Bericht über die Reformbedürftigkeit der juristischen Ausbildung unter Einbeziehung von Stellungnahmen der Studierendenvertretungen der juristischen Fakultäten oder deren Dachverbänden sowie der Dekane und Studiendekane zu verfassen. Dieser Bericht ist anschließend dem Landtag zu präsentieren und zu veröffentlichen.

Gegen die Streichung der Arbeitsgemeinschaften

Seit geraumer Zeit werden an einigen deutschen Universitäten die Arbeitsgemeinschaften nach Abschluss der Zwischenprüfungen abgeschafft. Die Arbeitsgemeinschaften sind neben den Vorlesungen ein elementarerer Bestandteil des Lernprozesses während des Studiums. Ihre Streichung erschwert den ohnehin sehr umfangreichen Lernstoff nur noch weiter. Deshalb setzen wir uns für die Beibehaltung der Arbeitsgemeinschaften an den niedersächsischen Universitäten ein. Die Finanzierung der AGs soll daher eine besonders hohe Priorität genießen.

Sicherheit im 21. Jahrhundert: Neue Strukturen für unsere Nachrichtendienste

Im Zeitalter sich stetig wandelnder sicherheitspolitischer Herausforderungen steht unser Land vor der unerlässlichen Aufgabe, die Effektivität und Leistungsfähigkeit unserer Nachrichtendienste zu optimieren. Die rasante Entwicklung der Technologie, die Ausbreitung von Cyberbedrohungen und die globalen Sicherheitsrisiken erfordern eine innovative Herangehensweise, um unsere nationale Sicherheit zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen wegweisende Strukturreformen der Nachrichtendienste. Diese Reformen zielen nicht nur auf eine erhöhte Effizienz und Koordination ab, sondern setzen auch auf umfassende Transparenz und den Schutz der Bürgerrechte. In einer Zeit, in der die Sicherheit unseres Landes und die Wahrung der individuellen Freiheiten von größter Bedeutung sind, sind diese Reformen von entscheidender Bedeutung, um unsere Nachrichtendienste fit für die Herausforderungen der Zukunft zu machen.

Grundlegende Strukturreformen der Nachrichtendienste zur Stärkung der nationalen Sicherheit und Effizienz

Die Herausforderungen und Bedrohungen im Bereich der nationalen Sicherheit erfordern eine optimale Nutzung von Ressourcen, klare Zuständigkeiten und eine nahtlose Koordination. Die Beseitigung von Doppelstrukturen bei den Nachrichtendiensten und ihren Kontrollen ist entscheidend, um diesen Zielen näher zu kommen.

Durch die Konsolidierung von Arbeitsprozessen, die Schaffung klarer Verantwortlichkeiten und die Förderung eines engen Informationsaustauschs zwischen den Diensten kann die Effizienz gesteigert werden. Gleichzeitig kann die Zusammenführung von Kontrollinstanzen zu einer effektiveren Überwachung der Nachrichtendienste führen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Mechanismen stärken.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern die Durchführung von Strukturreformen der Nachrichtendienste, um ihre Leistungsfähigkeit, Zusammenarbeit und Kontrolle zu stärken. Die Strukturreformen sollen wie folgt umgesetzt werden:

  • Wahrheitspflicht und Informationsaustausch: Die Nachrichtendienste müssen im Austausch mit den Kontrollinstanzen, der Wahrheitspflicht unterliegen, die Möglichkeit der Zurückhaltung von Informationen wird abgeschafft. Dies gilt jedoch nur für Informationen die im Zusammenhang mit seinen Aufsichtstätigkeiten stehen. Im Falle von Verstößen sind dienstliche oder strafrechtliche Konsequenzen vorgesehen. Diese Regelung sollte auch für Verletzungen der Pflicht zur Unterrichtung gelten. Informationen, die für eine gewissenhafte Ausführung ihrer Aufsichtsfunktion von Bedeutung sind, sollen dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) unaufgefordert zur Verfügung gestellt werden.
  • Stärkung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr): Das PKGr muss eine eigene Geschäftsstelle mit ausreichend Mitarbeitern erhalten, welche über ein ausreichendes technisches Know-How verfügen sollen und sich auch mit den Abgeordneten als Geheimnisträger austauschen dürfen, um diese bei ihrer Arbeit zu unterstützen.
  • Erweiterter Zugang: Das PKGr soll befugt sein, Zugang zu allen relevanten Unterlagen zu erhalten, einschließlich solcher, die als vertraulich oder geheim eingestuft sind. Das Verbot von Geheimnisverrat bleibt bestehen und wird auch gegenüber Abgeordneten durchgesetzt. Um solche Verstöße präventiv zu unterbinden, halten wir es für angemessen, Optionen wie besonders gesicherte Leseräume in Betracht zu ziehen. Diese Maßnahme trägt dazu bei, die notwendige Transparenz in der Überwachungsarbeit zu wahren und gleichzeitig die Vertraulichkeit sensibler Informationen zu schützen.
  • Transparenz: Der Unabhängige Kontrollrat soll das Recht auf uneingeschränkte Einsicht in alle relevanten Akten haben, einschließlich solcher, die als vertraulich oder geheim eingestuft sind und im Zusammenhang mit seiner Aufsichtstätigkeit stehen. Dieses Maß an Transparenz und Informationszugang ist entscheidend, um eine effektive und umfassende Kontrolle sicherzustellen und das Vertrauen in seine Überwachungsarbeit zu stärken.
  • Vorlage von Dienstvorschriften: Die Dienstvorschriften im Bereich der Nachrichtendienste sollen dem PKGr zur Genehmigung vorgelegt werden müssen, um eine präventive Kontrolle sicherzustellen.
  • Einrichtung eines Geheimdienstbeauftragten: Es soll der Posten eines Geheimdienstbeauftragten bzw. ständigen Sonderermittlers geschaffen werden, der sich hauptamtlich mit der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste befasst. Die Ausgestaltung dieses Amtes soll sich an dem des Wehrbeauftragten orientieren. Ihm sollen die Kapazitäten der Geschäftsstelle des PKGr zur Verfügung stehen.
  • Abschaffung der Kontrollfunktion des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI): Die Kontrollfunktion durch den BfDI soll abgeschafft werden. Der BfDI soll keine weitreichenden Auskunfts- und Zugangsrechte haben und die Kontrolle des BND zählt nicht zu seinen Aufgaben.
  • Auflösung der G10-Kommission: Die G10-Kommission soll aufgelöst werden. Ihre Aufgaben übernimmt stattdessen der Unabhängige Kontrollrat. Er entscheidet über die Rechtmäßigkeit angeordneter Maßnahmen im Rahmen der technischen Aufklärung.
  • Neugestaltung des Vertrauensgremiums: Das Vertrauensgremium soll aufgelöst werden. Seine Funktion übernimmt das Parlamentarische Kontrollgremium.
  • Einführung von “Examination Warrants“: Es sollen „Examination Warrants“ (VorabPrüfungen) für die Auswertung von Massendaten eingeführt werden. Vorgeschlagen wird die obligatorische Genehmigung der geplanten Datennutzung und Auswertungsmethoden für die Analyse von Massendaten, wobei hochrangige Richter:innen diese Datenanalyse-Anordnungen prüfen und vorab genehmigen müssen.
  • Befugnisse der Kontrollinstanzen: Die Kontrollinstanzen sollen bei unrechtmäßigen Maßnahmen bestimmte Formen der Datenverarbeitung untersagen können und disziplinarische Maßnahmen anordnen können. Zudem soll es – wie der Verteidigungsausschuss – mit eigenen Rechten eines Untersuchungsausschusses ausgestattet sein. Auf Beschluss von einem Viertel seiner Mitglieder sollen Geheimdienstmitarbeiter vorgeladen und befragt werden können.
  • Whistleblowerschutz: Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden erhalten die Möglichkeit, außerhalb des offiziellen Dienstwegs und anonym den Geheimdienstbeauftragten sowie das Parlamentarische Kontrollgremium zu kontaktieren, ohne Sorge um ihre berufliche Zukunft haben zu müssen. Die Verpflichtung, ihren Dienstvorgesetzten darüber zu informieren, wird für eine solche Situation abgeschafft.

Erweiterung der Handlungsbefugnisse des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) im Ausland

Der MAD spielt eine entscheidende Rolle bei der Wahrung der nationalen Sicherheit und der Abwehr von Bedrohungen. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, ist es von großer Bedeutung, dem MAD angemessene Handlungsmöglichkeiten zu gewähren. Gegenwärtig ist der MAD im Ausland auf die Unterstützung des BND gemäß § 14 Abs. 4 S. 2 MADG angewiesen. Dies begrenzt jedoch seine Effektivität im Bereich der Spionageabwehr im Ausland erheblich. Daher ist es notwendig, die Handlungsbefugnisse des MAD zu erweitern, um seine Fähigkeiten zu stärken.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern hiermit die Erweiterung der Handlungsbefugnisse des MAD im Ausland, um seine Effektivität bei der Spionageabwehr zu steigern. Konkret schlagen wir folgende Änderungen vor:

  • Ermächtigung zur Nutzung nachrichtendienstlicher Mittel: Der MAD soll befugt sein, auch außerhalb seiner Liegenschaften nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen, um potenzielle Sicherheitsbedrohungen frühzeitig zu erkennen und abzuwehren.
  • Erweiterung der Handlungsfreiheit im Ausland: Der MAD soll in der Lage sein, eigenständig und unabhängig von anderen Behörden im Ausland operative Maßnahmen zur Spionageabwehr durchzuführen.
  • Stärkere Zusammenarbeit mit anderen Nachrichtendiensten: Der MAD soll befähigt sein, in Kooperation mit anderen nationalen und internationalen Nachrichtendiensten gemeinsame Operationen zur Spionageabwehr durchzuführen.

Eingliederung von Teilen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) in das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)

Die Sicherheit und Stabilität unserer Nation erfordern eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Sicherheitsstrukturen. Um effektiv auf Bedrohungen im Bereich von Extremismusabwehr und Sicherheitsüberprüfungen für Bundeswehrangehörige zu reagieren, schlagen wir die Eingliederung von spezifischen Teilen des MAD in das BfV vor. Hiermit streben wir eine gestärkte Kooperation und Synergie in diesen kritischen Sicherheitsbereichen an.

Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern hiermit die Eingliederung ausgewählter Abteilungen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) in das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), um die Effektivität bei der Extremismusabwehr sowie der Durchführung von Sicherheitsüberprüfungen für Bundeswehrangehörige zu erhöhen. Die Eingliederung soll wie folgt umgesetzt werden:

  • Bereich Extremismusabwehr: Die Abteilungen des MAD, die sich mit der Erkennung und Bekämpfung von Extremismus beschäftigt, sollen in das BfV integriert werden. Dies gewährleistet eine enge Zusammenarbeit sowie den Austausch von Informationen und Fachwissen zwischen den beiden Behörden und verhindert unnötige Doppelstrukturen.
  • Durchführung von Sicherheitsüberprüfungen: Die Abteilungen des MAD, die für die Sicherheitsüberprüfungen von Bundeswehrangehörigen verantwortlich sind, sollen ebenfalls in das BfV eingegliedert werden. Dies ermöglicht eine effizientere und koordiniertere Durchführung dieser Überprüfungen.
  • Informationsaustausch und Transparenz: Das BfV verpflichtet sich dazu, das Verteidigungsministerium über alle im Zusammenhang mit den genannten Aufgaben stehenden Ermittlungen und Maßnahmen umfassend zu unterrichten. Dies gewährleistet eine transparente und kooperative Zusammenarbeit.

No seat allocation without representation – Reform der Sperrklausel

Seit 1949 besteht in Deutschland eine explizite Sperrklausel von 5% („5%-Hürde“) bei der Wahl zum Deutschen Bundestag, die inzwischen auch in allen 16 Bundesländern zu den Wahlen des jeweiligen Landesparlaments gilt. Diese Sperrklausel wurde seit ihrer Einführung damit begründet, einer „Zersplitterung“ des Parlamentes entgegenzuwirken. Während in der Weimarer Republik aufgrund einer fehlenden Hürde bis zu 17 Parteien im Reichstag vertreten waren, wurden in der Geschichte des Deutschen Bundestages zu keinem Zeitpunkt mehr als sieben Parteien (bei separater Zählung von CDU und CSU) ins Parlament gewählt. In dieser Hinsicht hat die 5%-Hürde also ihr Ziel erreicht. Gleichzeitig lässt sich durch verschiedene Entwicklungen des Parteiensystems in den letzten Jahren beobachten, dass die Zahl der dadurch nicht repräsentierten Wählerinnen und Wähler in der Tendenz steigt. In einigen Fällen führte die Sperrklausel zu besonders hohen Werten unberücksichtigter Zweitstimmen, etwa bei der Bundestagswahl 2013 (15,69%) oder bei der Landtagswahl im Saarland (22,3%). Im Sinne des Repräsentationsprinzips einer Demokratie kann ein solcher Befund kaum wünschenswert sein und zeigt, dass Handlungsbedarf bezüglich einer Reform der Sperrklausel besteht.

Es gilt, einen pragmatischen Ausgleich zwischen einer angemessenen Repräsentation einerseits und einer Sicherstellung stabiler parlamentarischer Prozesse und Mehrheiten andererseits zu schaffen. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern daher die Möglichkeit für Parteien zu Landtags- und Bundestagswahlen frei Listenverbindungen mit beliebig vielen anderen Parteien einzugehen.

Kommunale Wärmeplanung stärken – Neue Deutschland-Geschwindigkeit bei der Wärmewende!

Angesichts der, von der angedachten Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) vorausgesetzten, engen Verzahnung der kommunalen Wärmeplanung mit der gesetzlich geforderten individuellen Wärmewende brauchen die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen schnellstmögliche Gewissheit, ob und wann sie an ein kommunales Wärmenetz angeschlossen werden. In Anbetracht der drohenden ausführlichen Baumaßnahmen und des finanziellen Aufwands beim Umtausch des eigenen Heizsystems können und wollen die Bürgerinnen und Bürger nicht bis zur, im Niedersächsischen Klimagesetz gesetzlich festgeschriebenen, Frist Ende 2026 warten, ehe sie Gewissheit haben, ob und wenn ja, wann sie an ein kommunales Nah- oder Fernwärmenetz angeschlossen werden. Zwar treiben bereits jetzt einzelne niedersächsische Kommunen ihre Kommunale Wärmeplanung stark voran und bspw. Hannover wird voraussichtlich innerhalb des kommenden Jahres einen fertigen Plan beschließen können. Gerade kleinere Kommunen stehen jedoch noch oftmals am Anfang einer für sie nur mit viel Aufwand handhabbaren Aufgabe. Aus diesem Grund fordern die Jungen Liberalen die Niedersächsische Landesregierung sowie die Bundesregierung auf, die Kommunen mit Nachdruck bei der gesetzlich zwingenden Aufstellung der kommunalen Wärmepläne administrativ und wenn nötig auch personell sowie finanziell zu unterstützen. Die Jungen Liberalen fordern für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land einen Wärmeplanungs-Booster.

Gleichzeitig steht für die Jungen Liberalen fest, dass die Nah- und Fernwärme in den hierfür geeigneten Quartieren eine ideale Lösung für die Wärmewende darstellt, ist sie doch kosteneffizient und ermöglicht den zentralen Umstieg auf nicht-fossile Energieträger. Aus diesem Grund fordern die Jungen Liberalen, dass das Land Niedersachsen sowie der Bund die – insbesondere wirtschaftlich schwächeren – Kommunen vollumfänglich dabei unterstützen, möglichst zügig die entsprechenden, in der Kommunalen Wärmeplanung angestrebten, Wärmenetze aufzubauen. Für die schnellstmögliche Dekarbonisierung des Heizens im Wohnbereich muss das Ziel ein “Masterplan Ausbau Wärmenetze” sein. Hierbei sollte der Fokus auf die Nutzung der Abwärme z.B. der Industrie, Verbrennungsanlagen, o.Ä. gelegt werden.

Da die Wärmeversorgung hierbei oftmals von einem einzelnen kommunalen Versorger durchgeführt wird, ist es zwingend notwendig, dass keine wirtschaftlichen Monopole entstehen, bzw. diese bestmöglich überwacht werden, um einen Marktmissbrauch und intransparente Preise zu verhindern.

Mit der Kombination dieser Maßnahmen gelingt für die Bürgerinnen und Bürger die erforderliche, schnellstmögliche, effiziente, planbare und nicht zuletzt ökonomisch nicht überfordernde Wärmewende.

Mobilitätsoffensive für junge Menschen in Niedersachsen

Junge Menschen haben ein hohes Bedürfnis nach Mobilität. Sie wollen Bildungschancen ergreifen, berufliche Möglichkeiten nutzen, soziale Kontakte pflegen und ihre persönliche Entwicklung vorantreiben. Diese Mobilitätsbedürfnisse haben sie also nicht nur als Privatpersonen, sondern vor allem auch als Schülerinnen und Schüler, als Studierende, als Auszubildende und als Freiwilligendienstleistende – Kurz: diese Bedürfnisse haben sie als Trägerinnen und Träger der Gesellschaft von morgen.

Ernstgenommene Chancengerechtigkeit ist auch das Anerkennen von Mobilitätsbedürfnissen. Junge Menschen sollten unabhängig von ihrem sozioökonomischen und geographischen Standort, die Chancen wahrnehmen können, die sie zur optimalen individuellen Entfaltung ihrer Talente und Stärken benötigen. Attraktive und zugängliche Mobilitätsangebote sind Bedingung dafür.

Die Einführung des Deutschlandtickets stellt eine Zeitenwende für den ÖPNV in Deutschland dar. Es hat Zugangshürden für den klimafreundlichen ÖPNV gesenkt und den Weg für eine moderne, digitalisierte und vernetzte Mobilität geebnet. In Niedersachsen kann diese Geschichte mit einer Mobilitätsoffensive für junge Menschen fortgeschrieben werden. Wir Junge Liberale Niedersachsen fordern deshalb:

  • Nach dem Vorbild des Landkreises Vechta soll das Land Niedersachsen die Landkreise dabei unterstützen, das Deutschlandticket als reguläre Fahrkarte für alle Schüler einzuführen.
  • Das Land Niedersachsen soll eine vom Verkehrsverbund unabhängige vergünstigte Variante des Deutschlandtickets ermöglichen, die das bisherige landesweite Semesterticket ersetzt. Die Nutzung dieses Tickets muss für Studierende freiwillig sein.
  • Für Auszubildende und Freiwilligendienstleistende steht das Land Niedersachsen nach dem Scheitern eines landesweit gültigen Azubitickets in der Verantwortung, eine Vergünstigung des Deutschlandtickets für diese Personengruppen zu gewährleisten.

Schwester, ich will nicht mehr – Für ein menschenwürdiges Recht auf selbstbestimmtes Sterben

Nichts wiegt mehr als die persönliche Entscheidungsfreiheit und die Würde des Menschen. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 26. Februar 2020 wurde erstmals ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben von deutschen Gerichten anerkannt und der damalige § 217 StGB, der die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellte, für verfassungswidrig erklärt. Seitdem ist die Sterbehilfe in Deutschland weitestgehend ungeregelt. Lediglich die strafrechtlich verfolgte Tötung auf Verlangen in § 216 StGB lässt darauf schließen, dass die Selbstbestimmung im Hinblick auf das Leben immer noch eingeschränkt wird. Zwar versuchen selbst die höchsten deutschen Gerichte in ihren Entscheidungen mit „wertende Gesamtbetrachtungen“ dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben einen Entfaltungsraum zu gewähren, jedoch werden auch sie durch das geltende Recht darin limitiert.

Für uns Liberale bildet der freie Willen in allen Lebensbereichen die uneingeschränkte Garantie für ein würdevolles Leben und Sterben. Um die Sterbehilfe nicht gesetzlich ungeregelt zu lassen, fordern wir deshalb die Einführung einer gesetzlichen Grundlage, die das Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst, ausführlich regelt und somit keine Rechtsunsicherheiten in diesem Bereich offenlässt.

An die Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlage stellen wir die folgenden Anforderungen:

Der Kern der Grundlage muss das Recht auf selbstbestimmtes Sterben enthalten, das jedem Menschen grundsätzlich von Geburt an zusteht. Damit einhergehend muss jeder das Recht haben, selbst darüber zu entscheiden, was mit seinem Leben passiert und wann es beendet wird. Das Konstrukt der fehlenden “Dispositionsbefugnis” über das Leben, was im Strafrecht eine Einwilligung in die Fremdtötung verhindert, lehnen wir strikt ab. In diesem Rahmen muss auch der § 216 StGB reformiert werden, der als einzige Rechtsnorm die Wertung enthält, dass die Verfügungsberechtigung des Lebens nicht bei dem Individuum liegt. Bei Vorlage der Voraussetzungen des Gesetzes muss eine Straffreiheit garantiert werden. Ein vermeintlicher Schutz vor defizitären Suizidentscheidungen ist hierfür keine Rechtfertigung. Die strafrechtliche Einschränkung einer derart persönlichen Entscheidung, wann und wie man aus dem eigenen Leben scheiden will, kann nicht primär auf die Achtung des menschlichen, würdevollen Lebens abzielen und muss deshalb abgeschafft werden.

Darüber hinaus dürfen keine großen Hürden gesetzt werden, die es erschweren, an Medikamente zu gelangen, welche das Leben schmerzfrei und sicher beenden. Hierzu muss es Ärzten ohne strafrechtliche Risiken erlaubt sein, solche Medikamente verschreiben zu können. Es soll deshalb eine Regelung eingeführt werden, die die Verschreibung von Medikamenten zu Zwecken der Sterbehilfe als “begründet” im Sinne des § 13 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetz ansieht.  Der Arzt ist verpflichtet, den Suizidenten mündlich und in verständlicher Form über sämtliche für die Selbsttötung wesentlichen medizinischen Umstände aufzuklären. Dazu gehören der voraussichtliche Ablauf der Selbsttötung, die Hilfe hierzu sowie die Risiken der medizinischen Methode. Um eine unkontrollierte Weitergabe an Unberechtigte zu verhindern, darf der Arzt die Medikamente zu keinem Zeitpunkt an den Sterbewilligen ausgeben. Er hat vielmehr sicherzustellen, dass sie nur von ihm eingenommen werden, beispielsweise dadurch, dass er sie erst kurz vor der Einnahme an den Sterbewilligen übergibt und den Sterbewilligen beim Ableben begleitet. Eine Pflicht von Ärzten zur Verschreibung von Medikamenten zur Beendigung des Lebens kann es aber aus Gründen der Entscheidungs- und Gewissensfreiheit des Arztes nicht geben.

Eine entsprechende Pflicht zur Beratung vor der Verschreibung solcher Medikamente lehnen wir ab. Es sollen allerdings ausreichende Beratungsstellen geschaffen werden, an die man sich anonym wenden kann. Auf diese und die dortigen Beratungsangebote müssen die Ärzte jedoch vor der Verschreibung der Medikamente hinweisen.

Dort soll man sich über alle wesentlichen Aspekte bezüglich des Suizids informieren können, sei es über die Bedeutung und die Tragweite der Selbsttötung oder eines fehlgeschlagenen Suizidversuches für sich und sein näheres persönliches und familiäres Umfeld, über die Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten oder auch über Handlungsalternativen zum Suizid. Auch soll man sich dort über den eigenen gesundheitlichen Zustand, die im Falle einer Erkrankung in Betracht kommenden alternativen therapeutischen Maßnahmen und pflegerischen oder palliativmedizinischen Möglichkeiten informieren können. Die Beratung hinsichtlich jeder nach Sachlage erforderlichen medizinischen, sozialen oder juristischen Informationen ist ergebnisoffen zu führen und darf nicht bevormunden.

Gerade damit der Schutz vor defizitären Suizidentscheidungen allerdings auch nicht vernachlässigt wird, muss bei der Abgabe von Medikamenten weiterhin ein autonom und freiwillig gebildeter Wille vorliegen. Aus Gründen der Rechtssicherheit darf der verschreibende Arzt erst dann Sterbehilfe leisten, wenn ein psychologisches Attest vorliegt, aus dem ein frei gebildeter Wille hervorgeht, sowie erkennbar ist, dass der Sterbewillige nicht an einer akuten psychischen oder chronischen Störung leidet. Hierbei darf es keine Rolle spielen, ob die Entscheidung des Sterbewilligen in dem konkreten Fall für andere Personen als “unvernünftig” angesehen wird. Die sterbewillige Person muss nur generell in der Lage sein, “vernünftige” Entscheidungen zu treffen. Auch muss aus dem Attest hervorgehen, dass dem Sterbewilligen alle zur Entscheidung notwendigen Informationen vorliegen und der Entschluss ohne unzulässige Einflussnahme und ohne Druck entstanden ist. Um die Unabhängigkeit des Attests gewährleisten zu können, soll dieses von einem Psychologen ausgestellt werden, der von einem Richter auf zufällige Weise bestimmt worden ist. Hier dürfen zwischen dem Zeitpunkt des Antrags bei Gericht und dem Termin bei einem Psychologen nicht mehr als sieben Tage vergangen sein. Bei Vorliegen von besonderen Umständen wie starken Schmerzen ist der Sterbewillige bevorzugt zu berücksichtigen das Attest unverzüglich auszustellen. Die Kosten für das Attest sind von den Krankenkassen zu übernehmen. Die Gerichtskosten trägt die Staatskasse. Auch soll es möglich sein den Wunsch zur Sterbehilfe in bestimmten Fällen in einer Patientenverfügung zu äußern. In diesen Fällen muss zum Zeitpunkt der notariellen Beglaubigung der Patientenverfügung auch ein psychologisches Gutachten vorliegen.