Wegweiser für eine liberale Gesellschaft


Präambel

Junge Liberale sind junge Menschen, die Politik und Zeitgeschehen mitgestalten wollen. Wir verstehen uns als Kraft des gesellschaftlichen und politischen Wandels in Niedersachsen, Deutschland und Europa.

Unser Menschenbild wird von Eigenverantwortung und Individualität geprägt.

Freiheit und Verantwortung bestimmen unser Lebensgefühl. Freiheit bedeutet für uns die weitestgehende Selbstbestimmung des Individuums in allen Lebensbereichen, die Verwirklichung und Wahrnehmung der Menschen- und Bürgerrechte. Die Freiheit des Einzelnen findet ihre Grenze am ebenso großen Anspruch anderer Menschen und zukünftiger Generationen auf Freiheit. Es reicht nicht aus, lediglich heute einer großen Zahl von Menschen die Verwirklichung ihrer Freiheit zu ermöglichen. Wir wollen allen Menschen jetzt und für die Zukunft ein Höchstmaß an Freiheit sichern.

Freiheit, wie wir sie verstehen, bedeutet stets auch Verantwortung. Dazu gehört zunächst, die Konsequenzen für das eigene Handeln zu bedenken und zu tragen. Darüber hinaus gehört zum Liberalismus stets die Verantwortung gegenüber den Mitmenschen und den kommenden Generationen. In diesem Sinne bekennen wir uns zu einem humanistischen Liberalismus, der ökologisch und sozial verpflichtet ist. In einer Welt, die davon geprägt ist, dass die etablierten Generationen derzeit in vielen Bereichen auf Kosten der nachfolgenden leben, fordern wir ein radikales Umdenken. Es müssen die längerfristigen Folgen des politischen Handelns berücksichtigt werden.

Zukünftige Gestaltungsmöglichkeiten dürfen nicht beschnitten werden, um kurzfristig Wohlstand und Privilegien zu sichern. Da es in einer sich verändernden Welt keine letzten Wahrheiten gibt, treten wir für politische Entscheidungen ein, die auch später noch die Gelegenheit bieten, das politische Handeln aufgrund neuer Erkenntnisse zu revidieren. Wir treten ein für eine offene Gesellschaft, die von produktivem Streit lebt. Wir wollen Konflikte nicht leugnen, sondern fair austragen. Liberalismus ist nach unserem Verständnis nicht nur ein politisches Konzept, sondern auch Lebensgefühl und Orientierung für Denken und Handeln im eigenen, täglichen Dasein. Wir wollen eine lebensbejahende, pluralistische Gesellschaft, die von Toleranz, Miteinander und der Achtung der Menschenwürde geprägt ist.

Das liberale Menschenbild: Der freie Bürger

Der Bürger steht im Zentrum liberalen Wirkens. Die maßgeblichen Wertvorstellungen eines liberalen Bürgers sind Freiheit, Verantwortung und Toleranz.

Liberale streben die größtmögliche individuelle Freiheit eines jeden Bürgers an, die aber in dem Punkt ihre Grenzen finden muss, in dem sie beginnt, die Freiheit anderer Bürger einzuschränken.

Verantwortung heißt, dass jeder Bürger die Konsequenzen seines Handelns für sich selbst und gegenüber seinen Mitmenschen, der Gesellschaft und kommenden Generationen trägt. Freiheit und Verantwortung sind zwei Seiten derselben Medaille.

Toleranz ist das Respektieren anderer Menschen und ihrer Lebensentwürfe, unabhängig von deren Geschlecht, ethnische Herkunft, Religion, oder sexueller Orientierung. Toleranz muss jedoch ihre Grenzen dort finden, wo Freiheiten anderer eingeschränkt werden, keine Verantwortung übernommen wird oder wo sie auf Intoleranz trifft. Aufklärung, Information und Begegnung sind geeignete Mittel, um Toleranz zu fördern.

Grundvoraussetzungen für liberales Handeln sind Eigeninitiative und Selbstständigkeit. Nur zukunftsfähige, flexible und dynamische Bürger, die sich für die Gesellschaft, den Staat und die Wirtschaft engagieren, garantieren die Bewältigung der Probleme von morgen.

Flexibilität und Eigeninitiative leben von pluralistischen Lebensentwürfen.

Anreize zur eigenständigen Zukunftsgestaltung werden nur geschaffen, wenn Chancengleichheit besteht. Daher verdient jeder die Chance zur Umsetzung und Verwirklichung seiner individuellen Ziele und Vorstellungen.

Das liberale Gesellschaftsbild: Die Bürgergesellschaft

Der Bürger ist die kleinste Einheit der Gesellschaft. Er verwirklicht sich in der Gesellschaft. Leben viele Menschen in einer pluralistischen Gesellschaft zusammen, so muss es Spielregeln dafür geben. Zu diesen Spielregeln gehören die Anerkennung der Würde jedes Einzelnen, Gewaltfreiheit, Gleichberechtigung, und Toleranz gegenüber anderen Lebensentwürfen und Pluralität. Diese Spielregeln bilden die Voraussetzung und Grundlage für das Zusammenleben in der Bürgergesellschaft. Eine aktive Teilhabe des Einzelnen an der Gesellschaft aufgrund dieser Regeln ist erwünscht und wird durch Wertevermittlung und lebenslanges Lernen ermöglicht. Bildung stellt einen Garant für die freiheitlich demokratische Grundordnung dar. Die Wertevermittlung erfolgt durch das Elternhaus, staatlichen Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen sowie die gesellschaftliche Involvierung des Bürgers.

Die Solidargemeinschaft

Einschnitte in die Freiwilligkeit und damit erzwungene Solidarität darf es nur insoweit geben, wie es notwendig ist, die Einhaltung der Spielregeln für alle zu gewährleisten. Der Gewährleistung der Generationengerechtigkeit kommt dabei eine besondere Rolle zu.

Eine weitgehend einseitige Definition des Begriffes Solidarität und die Anwendung in heutigen Sozialsystemen gehen zu Lasten der nachfolgenden Generationen. Solidarität in einer liberalen Bürgergesellschaft bedeutet nicht primär die Umverteilung von Reich zu Arm. Wir verstehen darunter vor allem ehrenamtliche Tätigkeiten und freiwilliges Engagement von Jung und Alt in der Gesellschaft. Hier sehen wir die Möglichkeit des weiteren Austausches sowie Verständnisses zwischen den Generationen und verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen, wodurch die Spielregeln der liberalen Gesellschaft weiter gefestigt werden. Soziales Engagement muss daher weiter gefördert werden, und zwar nicht nur monetär, sondern auch ideell durch gesellschaftliche Anerkennung.

Die Kirchen und andere Religionsgemeinschaften stellen innerhalb der liberalen Bürgergesellschaft Gruppen der Solidargemeinschaft dar, die nicht vom Staat zu privilegieren sind. Die liberale Gesellschaft tritt für eine konsequente Trennung von Staat und Kirche ein. Es gilt lediglich die Freiheit der Religion und vor Religion zu sichern.

Solidarität in der liberalen Bürgergesellschaft bedeutet aber auch, dass jeder die Möglichkeit haben sollte, selbstständig für sich und seine Zukunft vorzusorgen. Die Gesellschaft soll aber ihre schwächsten Mitglieder tragen.

Jeder sollte die Solidarität der Gesellschaft nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie wirklich benötigt wird, um die Balance der Solidarität nicht zu schwächen.

Die Verantwortungsgemeinschaften

Menschen wollen mit anderen Menschen Bindungen eingehen.

Lebensgemeinschaften, die auf Dauer angelegt sind, in der die Partner füreinander einstehen und Verantwortung füreinander übernehmen, sind elementarer Bestandteil einer funktionierenden Gesellschaft.

Lebensgemeinschaften, die sich rechtlich binden – also Ehen und eingetragene Lebenspartnerschaften, die der Ehe gleichgestellt sein müssen – werden darüber hinaus besonders geschützt. Sie genießen Vorteile beim Erben und Vererben sowie das Recht auf Adoption.

Die nachkommenden Generationen sind die Zukunft der Bürgergesellschaft.

Dort, wo Kinder sind und für sie gesorgt wird, ist Familie. Kindererziehung ist eine Investition in die Zukunft. Die Familie soll daher über die Ehe hinaus geschützt und gefördert werden. So soll es für Familien steuerliche Vorteile und finanzielle Unterstützung geben.

Migration

Die liberale Bürgergesellschaft versteht sich als pluralistische, vielfältige Gesellschaft, deren Ziel es ist, sowohl Menschen mit Migrationshintergrund als auch gesellschaftliche Randgruppen zu integrieren.

Dies ist grundsätzlich möglich und hat sich daran zu orientieren, in welchem Umfang die Bürgergesellschaft bereit und in der Lage ist, neue Teilhaber aufzunehmen. Wer Teil der Bürgergesellschaft werden will, muss die Spielregeln der Bürgergesellschaft anerkennen. Diese bilden dabei einen Rahmen, der den Konsens über das Zusammenleben widerspiegelt und regelt.

Aufgabe des Staates ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen die Bürger ihre individuellen Lebensplanungen ungehindert verwirklichen können, um so ein Klima zu schaffen, das die Bürger nicht zum Abwandern bewegt, sondern ihnen die Möglichkeit gibt, ihren individuelle gewählten Platz in der Gesellschaft einnehmen zu können.

Das liberale Staatsmodell: Der demokratische Rechtsstaat

Der Staat für den Bürger: Bürger gestalten den Staat

Die Jungen Liberalen bekennen sich zum föderalen, demokratischen Rechtsstaat, dessen Grundlage die liberale Bürgergesellschaft bildet. Der Staat ist kein Selbstzweck, sondern für jeden einzelnen Bürger da. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, ist es erforderlich, dass die Bürger ihre Interessen pluralistisch im Staat vertreten und durchsetzen können.

Die Bürger können ihre Interessen am besten durch ein frei gewähltes Parlament vertreten. Den gewählten Vertretern in den Parlamenten obliegen die Bündelung und der Ausgleich von Einzelinteressen der Bürger, wobei sie nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Um die Bürger an den politischen Entscheidungen beteiligen zu können, sind direktdemokratische Elemente auf

Landes- und kommunaler Ebene zu begrüßen.

Politische Entscheidungsfindungen müssen für den Bürger verständlich und nachvollziehbar sein. Die Möglichkeit jedes Einzelnen, sich in den politischen Prozess einzubringen, wird durch eine umfassende Allgemeinbildung gesichert und gestärkt. Der Bürger muss immer klar erkennen, welche Institution des Staates für welche Entscheidung verantwortlich ist. Das Subsidiaritätsprinzip sichert diese Transparenz, denn nur nach diesem Prinzip werden Maßnahmen dort verantwortet und umgesetzt, wo sie möglichst bürgernah und effizient sind: beim einzelnen Bürger, in den Familien, Verbänden, Kommunen, den Bundesländern, dem Bund, der Europäischen Union und anderen gesellschaftlichen oder staatlichen Institutionen. Eckpfeiler des Subsidiaritätsprinzips sind somit der Föderalismus und die kommunale Selbstverwaltung, wenn die Verflechtung der verschiedenen Ebenen auf ein notwendiges Minimum beschränkt bleibt. Einen wesentlichen Schritt bei der Entflechtung der verschiedenen Ebenen stellt das Konnexitätsprinzip dar. Es soll dem Bund und den Ländern nicht möglich sein, den ihnen untergeordneten Ebenen ohne Ausgleich Pflichtausgaben aufzuerlegen.

Staatliche Aufgaben

Das oberste Ziel staatlichen Handelns ist die Garantie der Freiheitsmöglichkeiten jedes Einzelnen in der Gegenwart und in der Zukunft.

Damit der Staat die Freiheitsmöglichkeiten jedes Einzelnen schützen kann, gewähren die Bürger dem Staat Eingriffe in ihre Freiheit. Der Staat darf jedoch nur dort eingreifen, wo die Sicherheit und die Freiheitsmöglichkeiten der Bürger nicht gewährleistet oder wo die Grundsätze der freien Demokratie verletzt werden. Staatliches Handeln muss immer an die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Effizienz und der Generationengerechtigkeit gebunden sein, um eine nachhaltige Entwicklung, Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit zu gewährleisten. Staatliche Zwangsdienste, wie den Wehr- und Ersatzdienst lehnen die Jungen Liberalen daher als unzulässigen Eingriff in die Freiheit des Bürgers ab.

Die Durchsetzung des Rechts muss konsequent und unverzüglich geschehen. Die Bürger müssen Vertrauen in den Rechtsstaat haben, damit sie sein Gewaltmonopol akzeptieren. Die Grundrechte des Grundgesetzes stellen dabei die Grenzen der staatlichen Einflussnahme und die Garantie der individuellen Freiheit dar. Diese Grenzen dürfen auch nicht in der sicherheitspolitisch schwierigen Situation mit ihren Gefahren des Terrorismus übertreten werden.

Die Gewährleistung der inneren Sicherheit ist ein Abwägungsprozess zwischen Freiheit und Sicherheit. Eine absolute Sicherheit gibt es jedoch nicht und deshalb ist einer Aushöhlung von Grundrechten entschieden entgegenzutreten.

In einer sich immer schneller wandelnden Welt erfordern neue und sich verändernde Probleme eine größere Anpassungsfähigkeit des Staates und seiner Institutionen als in der Vergangenheit. Eine Überregulierung in vielen Bereichen des staatlichen, wirtschaftlichen und privaten Lebens übersteigt zum einen die Erfordernisse und hemmt zum anderen die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft erheblich.

Eine stetig wachsende Verschuldung widerspricht der Generationengerechtigkeit, denn sie schränkt die Gestaltungsmöglichkeiten der zukünftigen Generationen drastisch ein. Um diese zu erhalten, ist sicher zu stellen, dass über komplette konjunkturelle Zyklen betrachtet keine Nettoneuverschuldung stattfindet. Wenn sich der Staat verschuldet, so ist er auch in der Pflicht, diese Schulden wieder abzubauen. Daher ist ein Umdenken erforderlich, das den Leistungen und Chancen von Zivilgesellschaft und Markt durch Dezentralisierung, Privatisierung und Deregulierung Rechnung trägt.

Staatliches Handeln muss sich einer Aufgabenkritik unterziehen und auf die Aufgaben beschränken, die durch die Zivilgesellschaft oder den Markt nicht in ausreichendem Maße wahrgenommen werden können.

Zur Erfüllung dieser Aufgaben beschäftigt der Staat Personal. Aus Gründen der Effizienz ist das zu teure Berufsbeamtentum nach Ansicht der Jungen Liberalen auf die Bereiche der Justiz, der Polizei und der Finanzverwaltung zu beschränken.

Jeder Bürger hat unabhängig von sozialer Herkunft oder finanzieller Lage das Recht auf Bildung, die seinen Fähigkeiten und dem individuellen Leistungsvermögen gerecht wird. Ziel der schulischen Bildung soll es sein, die Bürger zu freien, kritischen und selbstverantwortlich handelnden Staatsbürgern zu bilden. Das Bildungswesen darf nicht in althergebrachten Formen erstarren. Die Bildungseinrichtungen müssen ständig überprüft und gegebenenfalls reformiert werden, damit sie die erforderliche Dynamik entfalten, um auf die Anforderungen der Globalisierung, des demographischen und sozialen Wandels reagieren zu können. Auch wenn der Staat die Verantwortung für die Bildung trägt, sollen dennoch Privatinitiativen im Bildungsbereich gefördert werden.

Der Forschungsförderung in Deutschland muss dauerhaft eine erhöhte Priorität eingeräumt werden. Eine wirkliche Förderung bedarf einerseits struktureller Unterstützung und andererseits auch einer Lockerung der Grenzen für die Forschung in Deutschland. Generell sehen wir in dem Bereich der Forschung auch in umstrittenen Bereichen wie der Kernenergie und der Gentechnik mehr Chancen als Risiken. Die Freiheit der Forschung darf nur in besonderen Fällen und nicht wegen allgemeiner Fortschrittsverweigerung begrenzt werden.

Denn überzogene staatliche Restriktionen im Bereich der Forschung führen nicht nur zu einem Verpassen von Zukunftschancen, sondern auch zur Abwanderung von Eliten, was zur Hemmung der positiven Entwicklung in der Gesellschaft und zur Minderung des Wohlstands der Bürger führt.

Das liberale Wirtschaftssystem: Die neosoziale Marktwirtschaft

Wettbewerb und Wachstum als Grundvoraussetzung allen Wirtschaftens

Die Marktwirtschaft ist das liberale Wirtschaftssystem. Wir sehen darin die einzig mögliche Wirtschaftsform für einen freien und offenen Staat.

Wir bekennen uns zu der Notwendigkeit des Wirtschaftswachstums. Dieses ist zentraler Bestandteil einer funktionierenden Marktwirtschaft und seine Notwendigkeit darf nicht in Frage gestellt werden. Wachstum und Wandel sind keine Bedrohungen, sondern eine Chance für einen gesicherten Lebensstandard für alle Mitglieder unserer Gesellschaft.

Wir erkennen den Wettbewerb als eine notwendige Voraussetzung für das Funktionieren dieses Wirtschaftssystems an. Damit dieser Wettbewerb gewährleistet werden kann, müssen Rahmenbedingungen erfüllt werden. Diese zu garantieren ist die einzige Aufgabe des Staates im marktwirtschaftlichen Prozess. Zu den Rahmenbedingungen zählt die Garantie eines fairen Wettbewerbsrahmens mit dem Verbot von Kartellen und Preisabsprachen, einem verlässlichen Rechtssystem, aber auch der Informationsasymmetrien ausgleichende Anleger- und Verbraucherschutz mit seinen Transparenz schaffenden Wirkungen. Nur so kann der für die Marktwirtschaft notwendige Wettbewerb entstehen.

Nachhaltigkeit als ökonomisches und ökologisches Prinzip

Die Jungen Liberalen bekennen sich zu einer Marktwirtschaft, die ökologischen Prinzipien verpflichtet ist. Die Umwelt ist die Lebensgrundlage der nachfolgenden Generationen und muss daher so schonend wie möglich behandelt werden. Auch die Wirtschaft muss sich dem Problem der Nachhaltigkeit ihres Wirkens stellen.

Der Ausstoß von Schadstoffen ist mittels marktwirtschaftlicher Elemente zu minimieren. Der Abbau von nicht nachwachsenden Rohstoffen ist zugunsten der Nutzung von nachwachsenden Ressourcen zu reduzieren. Als Grundsatz muss gelten, wer die Umwelt stärker belastet, muss auch entsprechend höhere Kosten tragen.

Ebenso ist es von Bedeutung, dass innerhalb eines Marktes einheitliche Umweltstandards gelten. Andernfalls entstehen Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten derer, die hohe Umweltauflagen erfüllen. Deswegen ist mittelfristig innerhalb des Binnenmarktes der EU und langfristig auch weltweit auf einheitliche Standards zu drängen. Darüber hinausgehende Eingriffe des Staates in den Wirtschaftsprozess müssen untersagt werden.

Subventionsabbau fördert Strukturwandel

Ein Grundübel der Marktwirtschaft ist die über eine Anschubfinanzierung hinausgehende Subventionierung bestimmter Produkte, Unternehmen, Standorte und Regionen. Diese verzerrt nicht nur den Markt, sie verlangsamt auch den notwendigen Wandel von Strukturen. So verhindert z.B. die seit langem anhaltende Subventionierung der Steinkohle eine Umwandlung des Energiemarktes und erschwert alternativen Energieträgern den Markteintritt.

Das Streichen von Subventionen hat jedoch nicht das Ende der Förderung neuer Technologien und der Forschung zur Folge. Grundlagenforschung und die Unterstützung zukunftsrelevanter Wissenschaftszweige bleiben Aufgabe des Staates. Dabei sind jedoch Marktkriterien nicht außer Acht zu lassen.

Privat vor Staat

Der Staat soll auch nicht selbst wirtschaftlich tätig sein. Eine Aufgabe oder ein Produkt, das nicht vom Staat angeboten werden muss, darf nicht staatlich bereitgestellt werden. Hierbei sind auch tradierte Grundsätze der Daseinsfürsorge, mit denen solche Missstände oftmals begründet werden, kritisch zu hinterfragen. Da der Staat auf allen seinen Ebenen kein besserer Unternehmer ist als die Privatwirtschaft, sind staatliche Unternehmen konsequent zu privatisieren und sämtliche Beteiligungen nach Marktlage zu veräußern.

Sozialer Ausgleich ist Voraussetzung für wirtschaftliches Handeln

Marktwirtschaft beinhaltet das Recht auf Streben nach Erfolg. Sie beinhaltet aber auch das Recht auf Misserfolg, das Recht zu Scheitern. Sozialer Ausgleich ist dabei eine Voraussetzung für wirtschaftliches Handeln, weil die Angst vor existenzieller Not marktwirtschaftliches Handeln, welches das Risiko und die Möglichkeit des Scheiterns beinhaltet, verhindert. Hierbei ist die individuelle Absicherung einer kollektiven Absicherung vorzuziehen, da sie individuelle Lebensentscheidungen und Risiken besser abbilden kann.

Insoweit sind die sozialen Sicherungssysteme Schritt für Schritt von einer Versicherungspflicht auf eine Pflicht zur Versicherung und von einer Umlagefinanzierung zu einem System der Kapitaldeckung umzugestalten. Dennoch sehen auch die Jungen Liberalen, dass es außerhalb einer verpflichtenden privaten Absicherung auch eine öffentlich organisierte, steuerfinanzierte Absicherung geben muss, die gegen existenzielle Not absichert.

Der Staat erhebt Steuern, um mit diesen zum einen öffentliche Güter, wie z.B. die öffentliche Sicherheit, Schulen und eine Infrastruktur zu finanzieren, zum anderen um seine Bürger gegen existenzielle Not abzusichern. Ein soziales Sicherungssystem soll jedem Bürger ermöglichen, ein würdevolles Leben zu führen, auch wenn seine Teilnahme am Marktprozess ihm nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt oder er am Marktprozess überhaupt nicht teilnehmen konnte, bzw. kann.

Hierfür sprechen wir uns für das Konzept des Bürgergeldes aus. Jeder, der mehr als das Existenzminimum verdient, zahlt nach seiner Leistungsfähigkeit Steuern. Steht einem Bürger ein geringerer Betrag als der des Existenzminimums zur Verfügung, so erhält er einen staatlichen Zuschuss in Höhe der Differenz. Dabei muss der Anreiz bestehen bleiben, vorhandene Arbeit anzunehmen und das Netz der sozialen Sicherung nur im Notfall für einen möglichst geringen Zeitraum in Anspruch zu nehmen.

Sozial ist, was Arbeit schafft

Die Arbeitswelt hat sich mit der Zeit dramatisch verändert: Aus der Industriegesellschaft ist eine Dienstleistungsgesellschaft geworden, die sich zur Informations- und Wissensgesellschaft weiterentwickelt. Alte Berufsfelder in der Industrie sind weggefallen, neue Berufsfelder und Berufsbilder sind hinzugekommen. Statt einer Gebundenheit in abhängiger Beschäftigung entwickelt sich eine Gesellschaft von Selbstständigen und Teilhabern. Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland mehr Aktionäre als Gewerkschaftsmitglieder. Die Jungen Liberalen begrüßen diese Entwicklung nachdrücklich und sehen in ihr eine Verwirklichung von Zielen liberaler Politik.

Für den Arbeitsmarkt gelten innerhalb des Wirtschaftsprozesses aber auch besondere Regeln. Diese Tatsache lässt sich aus der besonderen Betroffenheit von Menschen im Produktionsprozess ableiten. Daher bedarf der Mensch auf dem Arbeitsmarkt eines besonderen Schutzes. Wir erkennen bestimmte Arbeitsschutzgesetze und den im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschriebenen Kündigungsschutz als notwendige Sicherungen an.

Der Arbeitsmarkt in der derzeitigen Form ist jedoch überreguliert. Besonders das Kündigungsschutzgesetz, Teile des Tarifrechts, das Betriebsverfassungsrecht, das Teilzeitgesetz, die gesetzlichen Regelungen über die Einschränkung von befristeten Arbeitsverhältnissen sowie die gesetzlichen Arbeitszeitregelungen erweisen sich in ihrer derzeit gültigen Form als immer stärkere Hemmnisse für positive Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und erfüllen daher ihren ursprünglichen Schutzzweck in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit nicht mehr. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern daher eine Abschaffung des Kündigungsschutzgesetzes. Jedwede betriebliche bzw. individuelle Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss künftig zulässig sein. Die Möglichkeit zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Flächentarifverträgen ist abzuschaffen. Ein gänzlich verändertes Betriebsverfassungsrecht, sollte die betriebliche Ebene stärken und den überbordenden Einfluss der Gewerkschaften zurückdrängen. Befristete Beschäftigungsverhältnisse sind unbeschränkt und unbeschränkbar zu ermöglichen. Die Arbeitszeitregelungen sind in Richtung auf höhere gesetzlich erlaubte Tages- und Wochenarbeitszeiten und einen Wegfall der Beschränkungen auf bestimmte Tage bzw. Tageszeiten zu modifizieren.

Ein liberales Europa: Der europäische Bundesstaat

Die Europäische Union ist in der Geschichte der Menschheit eine einmalige Errungenschaft. Der Frieden und Zusammenhalt, der durch die Europäische Union geschaffen wurde, ist ein Vorbild für die gesamte Welt.

Die Jungen Liberalen sehen den Europäischen Bundesstaat als langfristiges Ziel der Europäischen Union an, wobei zugleich die Realität der Nationalstaaten nicht verkannt werden soll. Um dieser Realität Rechnung zu tragen, muss ein Gleichgewicht zwischen dem Ministerrat als Vertretung der Nationalstaaten und dem Europäischen Parlament als Vertretung der europäischen Bevölkerung geschaffen werden. Ein stärkeres Europäisches Parlament schafft mehr Akzeptanz der Büger für die Europäische Union. In einem immer größer werdenden Europa muss es möglich sein, dass einige Staaten die Integration weiter vorantreiben und sich so als Motor für die europäische Einigung verstehen. Ein Nachziehen der übrigen Mitgliedsstaaten muss dabei über Fristen klar gesichert werden. Ein Beharren auf dem jetzigen Stand einer besseren Wirtschaftsgemeinschaft ist nicht akzeptabel. Für die nähere Zukunft ist vor allem die Integration der osteuropäischen Staaten die größte Aufgabe und Herausforderung für die Europäische Union.

Die Europäische Union muss demokratisiert werden. Dazu zählen insbesondere eine größere Bürgernähe und die klare Zuordnung von Kompetenzen und Zuständigkeiten zwischen Nationalstaat und Union. Eine weitere Übertragung von Kompetenzen des Nationalstaates auf die Kommission und das Parlament ist durchaus akzeptabel, muss aber mit einer weitergehenden Demokratisierung einhergehen. Der Schutz der universellen Menschenrechte muss umfassend sein.

Die Euro-Stabilitätskriterien sind einzuhalten, damit es nicht zu einer Abwertung des Euro kommt.

Je größer die Europäische Union wird, umso wichtiger wird es, ihre Grenzen zu definieren. Grenzenlos kann nur eine Wirtschafts-, aber keine Wertegemeinschaft sein. Weitere Mitglieder werden für die Zukunft auf keinen Fall ausgeschlossen, aber ihr Beitritt ist nur dann möglich, wenn sie die Kopenhagener Kriterien erfüllen, wenn es die innere Organisation der Europäischen Union zulässt und wenn sie einem Wertekatalog der Europäischen Union zustimmen, der nicht zuletzt durch eine europäische Identität bestimmt wird.

Liberale Außenpolitik: Die freie Welt

In einer Zeit der Globalisierung, des Abwehrkampfes gegen den internationalen Terrorismus und des zunehmenden Staatszerfalls sind die bisherigen Mechanismen des internationalen Konfliktmanagements überholt. Die Zukunft gehört regionalen Zusammenschlüssen nach dem Vorbild der Europäischen Union. Nur diese regionalen Zusammenschlüsse, geprägt durch politische, kulturelle und auch wirtschaftliche Gemeinsamkeiten ihrer Mitglieder, sind in der Lage, langfristig den Frieden und die Stabilität in der Welt zu sichern. Das Ziel liberaler Außenpolitik muss dabei die Förderung regionaler Zusammenschlüsse und die Herstellung von staatlichen Strukturen in staatenlosen Regionen der Welt sein. Die Europäische Union muss zum Erreichen dieser Ziele mit einer gemeinsamen Stimme sprechen.

Die Weltgemeinschaft soll den Staaten nicht ihre innere Organisation vorschreiben, sondern einen Ordnungsrahmen festlegen, innerhalb dessen sich jeder Staat frei entfalten kann.

Entwicklungshilfe muss Hilfe zur Selbsthilfe sein, die Rahmenbedingungen schafft, in denen sich eine Gesellschaft gemäß ihren eigenen Wünschen entwickeln kann. Ungeachtet dessen gehören zu diesen Rahmenbedingungen die universellen Menschenrechte, an deren Wahrung die Gewährung von Entwicklungshilfe gebunden sein muss. Auch sollen gezielt die Staaten gefördert werden, die ihre staatlichen Institutionen reformieren, um nachhaltige Entwicklungen zu ermöglichen.

Über die Fähigkeit und Kompetenz, diese Ordnungsrahmen festzulegen, verfügen ausschließlich die Vereinten Nationen, die auch weiterhin in ihren Bemühungen unterstützt werden müssen.

Nichtregierungsorganisationen sind ein bedeutender Bestandteil der internationalen Politik. Sie liefern unerlässliches Fachwissen und stellen ein wichtiges Element des Pluralismus dar. Allerdings sind sie in keiner Weise demokratisch legitimiert. Bei Beratungen sollen sie daher zwar mit einbezogen werden, allerdings müssen die Entscheidungen weiterhin von Staaten getroffen werden.

Der Einsatz von Militär ist die letzte – aber dennoch eine – Option in den internationalen Beziehungen. Universelle Menschenrechte machen nicht vor Landesgrenzen halt. Um diese durchzusetzen und um die Vereinten Nationen aktiv unterstützen zu können, muss die Europäische Verteidigungsgemeinschaft weiter ausgebaut und nach der europaweiten Abschaffung der Wehrpflicht eine europäische Berufsarmee geschaffen werden. Dieser Ausbau darf aber nicht auf Kosten der transatlantischen Partnerschaft gehen, sondern stellt eine Erweiterung und Bereicherung dar.