Gestalten statt Verwalten

Die Jungen Liberalen Niedersachsen setzen sich für eine Arbeitsmarktpolitik ein, die jedem die Voraussetzungen dafür bietet, sich die materiellen Grundlagen für die Verwirklichung seines Lebensentwurfs zu erarbeiten. Dafür muss Arbeitsmarktpolitik ineffiziente durch ideologiefreie und international wettbewerbsfähige Strukturen ersetzen. Die Strukturreform des Arbeitsmarktes wurde durch die Maßnahmen der Agenda 2010 begonnen. Die Jungen Liberalen Niedersachsen loben ausdrücklich diese von der politischen Konkurrenz ausgehenden Reformmaßnahmen. Die Maßnahmen unter dem Motto „Fördern und Fordern“ waren zwar ein richtiger erster Schritt, haben jedoch keine grundlegende Systemreform erreicht. Immer noch ist das System ineffizient, derzeit werden mit einem jährlichen Aufwand von 45,6 Milliarden Euro 3.617.000 Arbeitssuchende verwaltet. Dem treten die Jungen Liberalen Niedersachsen mit einem ganzheitlichen gestaltenden Konzept entgegen.

A. Arbeitsmarktpolitik in einer modernen Arbeitswelt

Arbeitsmarktpolitik orientiert sich aber nicht nur am Individuum, sondern an der Gesamtwirtschaft. Nur durch Entlastung der Wirtschaft von unnötiger Bürokratie und überhöhten Steuern und Abgaben, lässt sich langfristig Wohlstand schaffen. Für einen gesamtwirtschaftlichen Wohlstand ist auch notwendig, dass die Wirtschaft auf gut qualifiziertes Personal zugreifen kann. Hierfür ist eine gute Bildungs- und Immigrationspolitik essenziell.

B. Arbeitsrecht

Der Fokus guter Arbeitsmarktpolitik liegt nach Ansicht der Jungen Liberalen Niedersachsen auf dem direkten, individuell vereinbarten, arbeitsvertraglichen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Politik der vergangenen Jahrzehnte war zu sehr auf neue öffentlich-rechtliche soziale Auffangmechanismen fixiert und hat dabei eine Reform des Arbeitsrechts aus den Augen verloren.

B.1 Flexibilität und Zukunftssicherheit

Grundlegender Baustein einer funktionierenden sozialen Marktwirtschaft sind möglichst ausgewogene Regeln, die alle Interessen gerecht einbeziehen sollten. Diese Regeln müssen einerseits vom Verständnis getragen sein, dass Wettbewerb und Flexibilität zu größtmöglichem Wohlstand führen, andererseits aber den Einzelfall nicht aus dem Auge verlieren. Daher ist es insbesondere im Bereich des Kündigungsschutzes stärker als bisher notwendig, durch mehr Flexibilität eine höhere dynamische Entfaltung zu erreichen.

B.1.a Allgemeiner Kündigungsschutz

Das Arbeitsverhältnis ist für die meisten Menschen mehr als nur ein Vertrag – es ist Lebensgrundlage und zu einem Teil auch Lebensinhalt. Eine einfache Anwendung der gleichen Regeln wie bei jedem anderen Vertrag entspräche nicht der sozialen Realität. Jeder Arbeitnehmer hat einen schützenswerten Anspruch darauf, dass die Bedeutung des Arbeitsverhältnisses für ihn und seine Familie bei der Frage, unter welchen Bedingungen dieses beendet werden darf, angemessen berücksichtigt wird. Daher ist es sinnvoll und im Sinne der sozialen Marktwirtschaft, dass mit dem Kündigungsschutzgesetz ein Sonderrecht für die Kündigung von Arbeitsverträgen besteht. Dieses ist jedoch in einer Zeit entstanden, in der eine stagnierende Wirtschaftsentwicklung nicht zu erwarten war.
Das Kündigungsschutzrecht ist nicht abzuschaffen, jedoch zu flexibilisieren. Es muss auf jene Bereiche reduziert werden, in denen eine Kündigung tatsächlich unzumutbar wäre. Statt einer reinen Glättung des sozialen Abstiegs ist die Vermittlung einer neuen Kultur der Chancen notwendig. So ist es gerade im Hinblick auf die Generationengerechtigkeit nicht hinnehmbar, dass bei der Sozialauswahl im Rahmen betriebsbedingter Kündigungen der Fokus des Gesetzes fast ausschließlich auf dem Alter der betroffenen Arbeitnehmer liegt. Sinnvoll ist es vielmehr, Unterhaltsverpflichtungen und die Dauer der Betriebszugehörigkeit zu den einzigen Faktoren der Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen zu machen.
Häufig wird auch von Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam ein Sozialplan aufgestellt, der auf die regionalen und betrieblichen Besonderheiten eingeht. Die Jungen Liberalen Niedersachsen begrüßen dieses passgenaue und kooperative Vorgehen vor Ort und fordern die Schaffung klarer und transparenter Regeln, um auch hier Rechts- und Planungssicherheit herzustellen.
Auch die Fristen bis zum Eingreifen des Kündigungsschutzgesetzes sind im Sinne von mehr Flexibilität anzupassen.
Der Kündigungsschutz belastet jedoch gerade kleine Betriebe. Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen eine Anhebung des Schwellenwerts auf 20 Mitarbeiter. Auf eine komplizierte und bürokratische Übergangsregelung, wie sie bei der letzten Anpassung vorgenommen wurde, soll hierbei im Sinne der Rechtssicherheit verzichtet werden.

B.1.b Sonderkündigungsschutz

Über den allgemeinen Kündigungsschutz hinaus bestehen auch gesonderte Kündigungsschutzregelungen für besonders schutzbedürftige Personengruppen – von schwangeren Frauen über schwerbehinderte Mitbürgerinnen und Mitbürger bis hin zu Betriebsratsmitgliedern und Trägern öffentlicher Wahlämter. Diese sollen nicht unbedingt primär das Bestandsinteresse am Arbeitsverhältnis schützen, sondern vielmehr Einschüchterungseffekte eindämmen, etwa vor der Übernahme von sozialem Engagement im Betrieb. Diese einzuschränken oder gar wieder abzuschaffen, lehnen die Jungen Liberalen Niedersachsen ab. Sie sind jedoch zu entbürokratisieren. Die bestehende Rechtslage etwa, dass Schwerbehinderte standschaftlerlich vom Integrationsamt vertreten werden, ist von einem bevormundenden Menschenbild geleitet, das die Jungen Liberalen ablehnen. Schwerbehinderte müssen vor Kündigung in besonderer Weise geschützt werden – warum dies aber ausgerechnet durch mehr Bevormundung durch den Staat geschehen soll, ist aus liberaler Sicht nicht zu erkennen.

B.1.c Teilzeitarbeit und Befristung

Auch die Regelungen zur Teilzeitarbeit/Leiharbeit und Befristung müssen kritisch auf den Prüfstand gestellt werden. So ist es gerade für junge Menschen in der medial umfangreich begleiteten, von der Politik aber bisher vernachlässigten „Generation Praktikum“ ein Einstellungshindernis, dass nach Ableistung eines Praktikums kein befristetes Arbeitsverhältnis eingegangen werden kann. Gerade dieser mit dem Vertrauenszuwachs zwischen den Vertragspartnern korrelierende gestufte Arbeitsverhältnisaufbau ist jedoch ein unverzichtbarer Brückenschlag, um junge Menschen in Beschäftigung zu bringen. Aus diesem Grund fordern die Jungen Liberalen befristete Anstellungen nach Praktika zu ermöglichen und hierfür das Anschlussverbot aufzuheben.
Um Kettenbefristungen zu verhindern, ist am Verbot der grundlosen Befristung grundsätzlich festzuhalten. Die bestehenden Regeln sind jedoch sehr starr. Die Jungen Liberalen Niedersachsen schlagen daher eine Erhöhung der Befristung ohne sachlichen Grund auf drei Jahre vor.

B.2 Mitbestimmung

Dem Gedanken der Kooperation von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gemäß bestehen derzeit viele Möglichkeiten der innerbetrieblichen Mitbestimmung. Dadurch wird eine Vertrauensbasis geschaffen, die im Grundsatz sinnvoll ist.
Dieses erwünschte Klima des Vertrauens kann allerdings nur entstehen, wenn die Arbeitnehmer auch Vertrauen in die Institution des Betriebsrats haben. Dies ist nicht der Fall, wenn – wie nach bisheriger Rechtslage möglich – eine Minderheit im Betrieb die Einrichtung eines Betriebsrates juristisch durchsetzt, obwohl dies mehrheitlich nicht erwünscht ist. Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen, dass ein Rechtsanspruch auf Einrichtung eines Betriebsrates nur noch dann bestehen soll, wenn dies mindestens die Hälfte der im Betrieb Beschäftigten wünscht.
Gerade wenn Entscheidungen zur Diskussion stehen, die in das Leben der Arbeitnehmer hineinreichen, zum Beispiel bei der Verwendung von Stamm- und Personaldaten, muss die betriebliche Mitbestimmung noch ausgebaut werden. Die Jungen Liberalen Niedersachsen bewerten die entgegenstehende aktuelle Entwicklung gerade im Hinblick auf das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises (sog. „ELENA“) kritisch und fordern Nachbesserungen dahingehend, dass vor der Weitergabe der Daten eine Mitwirkung des Betriebsrats stattzufinden hat.
Bei der Frage der betrieblichen Mitbestimmung darf allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass es der Arbeitgeber ist, der die unternehmerischen Entscheidungen zu treffen hat und den auch das Unternehmensrisiko bei Fehlentscheidungen allein trifft. Mitbestimmung heißt immer auch Bürokratie durch gesteigerten Aufwand und sollte daher auf die Kernbereiche reduziert werden. Daher ist die innerbetriebliche Mitbestimmung in jeden Bereichen abzubauen, die primär dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen sind. Dazu gehören insbesondere alle Bereiche der Personalplanung.
Demgegenüber ist die freiwillige Mitbestimmung als sanfteres Mittel zum gleichen Zweck zu fördern und auszubauen. Bereits jetzt setzten damit viele Unternehmen erfolgreich Akzente – etwa in den Bereichen Umweltschutz, bei Fragen sozialer Einrichtungen und der Firmenbeteiligung von Arbeitnehmern.

B.3 Die Rolle der Tarifpartner

Das Arbeitsverhältnis ist immer ein individuelles zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer. Dennoch werden oft auf übergeordneter Ebene (Tarif-)Verträge geschlossen, die direkte bindende Wirkung für die eigentlichen Arbeitsvertragsparteien haben. Dabei erkennen die Jungen Liberalen Niedersachsen die Rolle der Gewerkschaften als legitime Vertretung der Arbeitnehmer an.

B.3.a Tarifverträge

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich grundsätzlich im Rahmen der Vertragsfreiheit für Tarifverträge aus. Tarifautonomie darf aber nicht so verstanden werden, dass eine Abweichung vom Tarifvertrag nicht möglich ist. Daher fordern wir, dass Öffnungsklauseln in allen Bereichen möglich sein müssen; das bisherige „Günstigkeitsprinzip“ geht zu Lasten kleiner und mittelständischer Betriebe, die häufig schlicht nicht in der Lage sind, zu den gleichen Konditionen Mitarbeiter zu beschäftigen wie jene großen Betriebe, die in den Tarifverhandlungen dominieren.
Dieses Prinzip der Subsidiarität soll auch im Verhältnis der Tarifebenen zueinander Ausdruck finden. So gilt es, Haustarifverträge mit mehr Abweichungsrechten gegenüber Flächen- und Manteltarifverträgen auszustatten. Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von Tarifverträgen widersprechen diesen Grundgedanken und sind daher abzulehnen. §5 TVG ist aufzuheben.

B.3.b Mindestlöhne

Mindestlöhne bringen unter dem Strich nicht mehr Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt, sondern weniger. Empirische Studien belegen dies. Mindestlöhne weisen die Problematik auf, dass sie keine Marktpreise abbilden. Wird ein gesetzlicher Mindestlohn daher zu niedrig angesetzt, so hat er keine Auswirkungen. Wird er zu hoch angesetzt, vernichtet er bestehende reguläre Beschäftigung sowie Neueinstellungen. Zudem differenzieren flächendeckende Mindestlöhne weder nach Branchen, aktuellen Markentwicklungen oder Produktivitätsunterschieden. Löhne, die nicht durch entsprechende Produktivität gedeckt sind, schaden Betrieben und Volkswirtschaft und somit auch unserem Gemeinwesen.
Gerade Geringqualifizierte würde ein Mindestlohn hart treffen. Der Einstieg in den Arbeitsmarkt würde für Arbeitslose deutlich erschwert, weil der neue Kostendruck in der Abwägung der Arbeitgeber entscheidenden Einfluss auf die Entscheidung über zusätzliche Einstellungen haben kann.
Vergleiche mit anderen europäischen Staaten mit Mindestlohn hinken vielfach. Anderorts sind Sozialleistungen zum Teil steuerfinanziert oder andere Parameter tragen dazu bei, den Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten. So gibt es etwa europäische Nachbarländer mit Mindestlohn aber ohne Kündigungsschutz. Diese Beispiele zeigen, dass der Mindestlohn ein Faktor von vielen ist, der den Spagat zwischen sozialer Sicherheit und flexiblem Arbeitsmarkt mitbestimmt. Einzelne Faktoren ohne Blick auf die Gesamtsysteme zu vergleichen ist daher sinnlos. Die Jungen Liberalen sind gegen die Einführung von staatlichen Mindestlöhnen. Tarifvertragliche Mindestlöhne begrüßen wir jedoch. Die Jungen Liberalen stehen zur Tradition der Tarifautonomie und würdigen ihre Erfolge für das Wirtschaftssystem in Deutschland. Um vollkommen ungerechte Ergebnisse bei der Lohnfindung zu vermeiden, ist die Schranke der Sittenwidrigkeit ausreichend. Die Jungen Liberalen Niedersachsen begrüßen die Bestrebungen der schwarz-gelben Koalition, diese Lohnuntergrenzen gesetzlich zu verankern.

B.4 Bürokratie abbauen – Rechtssicherheit schaffen

Zurzeit bestehen viele arbeitsrechtliche Gesetze nebeneinander und bieten teils einen enormen Auslegungsspielraum, etwa bei Abmahnungen und Abfindungsregeln. Manche Bereiche sind auch gar nicht normiert, etwa das Streikrecht. Die sich daraus ergebende Rechtsunsicherheit führt zu einer Welle von Klagen, die primär Kosten und Bürokratie schaffen. Daher fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen die längst überfällige Zusammenfassung aller arbeitsrechtlichen Regeln in einem einheitlichen Arbeitsgesetzbuch (ArbGB). Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich für klare Regelungen aus, die den Streikenden untersagen streikunwillige Mitarbeiter an der regulären Aufnahme der Arbeit zu hindern. Viele arbeitsrechtliche Klagen werden unnötig eingebracht. Dies wird durch die bestehende Kostentragungsregelung befördert: In erster Instanz muss vor Arbeitsgerichten jede Partei ihre Kosten immer selbst tragen – egal, ob sie obsiegt oder unterliegt. Diese Regelung ist unsozial, da sie jene Arbeitnehmer belastet, die im Recht sind und dieses vor Gericht einfordern und jene befördert, die unnötig die Gerichte belasten. Daher sprechen sich die Jungen Liberalen Niedersachsen dafür aus, auch vor Arbeitsgerichten den Grundsatz der Kostentragung durch den Verfahrensverlierer anzuwenden. Die Prozesskostenhilfe ist ein ausreichendendes Mittel zur Abschwächung sozialer Hürden.

B.5 Junge Eltern auf dem Arbeitsmarkt

Die Jungen Liberalen Niedersachsen setzen seit jeher für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Diese kann jedoch nicht allein durch den Staat erreicht werden, da jener nur die Rahmenbedingungen schaffen kann. Vielmehr ist eine wachsende Akzeptanz für berufstätige Mütter und Väter innerhalb der Gesellschaft nötig. Berufstätige Eltern mit Kindern sind keine „Rabeneltern“, sondern Helden des Alltags. Die Jungen Liberalen begrüßen betriebliche Anstrengungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Betriebliche Unterstützung muss nicht der betriebseigene Kindergarten sein. Auch Kooperationen von unterschiedlichen Betrieben für Betreuungsangebote, Beratung, Betreuungsgutscheine oder Zuschüsse finden den Zuspruch der JuLis.
Weiterhin setzen sich die Jungen Liberalen für einen weiteren Ausbau an Krippen- und Kindergartenplätzen ein. Es darf nicht sein, dass Eltern der Weg zurück in den Arbeitsmarkt versperrt bleibt, weil keine Betreuungsangebote für ihre Kinder zur Verfügung stehen.

C. Umgang mit Arbeitslosigkeit

C.1 Arbeitsvermittlung

Arbeit ist die Lebensgrundlage für Menschen. Keine Arbeit zu haben, ist nicht nur eine enorme wirtschaftliche Einbuße, sondern auch mit einem großen sozialen Stigma belastet. Es ist eine Pflicht der Gemeinschaft, durch eine effiziente Vermittlung möglichst allen Erwerbsfähigen schnell einen ihrer Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz zu vermitteln. Im Gegensatz zu den meisten Ländern in Europa findet dies in Deutschland derzeit staatsmonopolistisch organisiert statt. Die Arbeitsvermittlung ist immer noch zu einem Großteil an festgefügten Verwaltungsvorschriften ausgerichtet und bietet den Arbeitsvermittlern kaum Spielraum, um eine echte Personalvermittlung zu betreiben. Deshalb muss sich die Ausbildung der Arbeitsvermittler an denen der Fachkräfte in einer privaten Personalvermittlung orientieren. Von der schlichten Umbenennung der ehemaligen Bundesanstalt für Arbeit in „Bundesagentur“ konnte demgegenüber keine Änderung der Vermittlungskultur erwartet werden – diese ist auch ausgeblieben.
Arbeitsvermittlung muss zielgenau und einzelfallorientiert organisiert werden. Eine große Bundesbehörde für alle ist für die Jungen Liberalen Niedersachsen nicht die Lösung. Wir begrüßen daher als einen ersten Schritt in die richtige Richtung die Bemühungen der schwarz-gelben Koalition, durch eine Verfassungsänderung das Modell der Arbeitsgemeinschaft von Kommunen und BA weiterhin Anwendung finden soll. Wir glauben aber auch, dass das Modell der Optionskommunen, bei dem die Kommunen alleine die Aufgaben übernehmen, sinnvoll sein kann. Die Wahlfreiheit welches Modell genommen wird, sollte bei der Kommune liegen. Auf lange Sicht jedoch bedarf das System einer grundlegenden Reformierung. Als Schlüssel zum Erfolg sehen die Jungen Liberalen Niedersachsen hierbei eine intelligente Mischung aus privater Arbeitsvermittlung, kommunaler Selbstverwaltung und bundesweiter Vernetzung an. Mit dem „Job-Aqtiv-Gesetz“ wurde ein erster Schritt zur Liberalisierung privater Arbeitsvermittlung gegangen. Dieser beruht aber nach wie vor zu einem großen Teil nur auf einer Zusammenarbeit zwischen Bundesagentur und privaten Vermittlern und weist viele bürokratische Hürden auf. Die Jungen Liberalen Niedersachsen setzen sich dafür ein, dass, wenn der Arbeitssuchende dies wünscht, die Arbeitsvermittlung komplett privat abgewickelt werden können muss, ohne dass dabei Einbußen etwa durch Sperrzeiten hingenommen werden müssen. Dies birgt gerade im Bereich der höher Qualifizierten enorme Einsparpotenziale für den Staat sowohl in finanzieller Hinsicht als auch mit Blick auf den Verwaltungsaufwand, da in diesen Fällen die Bezahlung der Arbeitsvermittlung durch den zukünftigen Arbeitgeber vorgenommen werden kann. In jenen Fällen, in denen der Arbeitssuchende die private Vermittlung vorzieht, obwohl der potenzielle Arbeitgeber nicht bereit ist, die Vermittlung zu bezahlen, übernimmt dies die Arbeitslosenversicherung. Um Missbrauch zu vermeiden, sind diejenigen Arbeitsvermittlungsagenturen, die eine Bezahlung durch die Versicherung beanspruchen, durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu zertifizieren und regelmäßig auf Effizienz zu überprüfen. Eine Bezahlung soll immer erfolgsorientiert erfolgen.
Diese private Form der Arbeitsvermittlung birgt nicht nur enorme Kosteneinsparungspotenziale für den Staat, sie wird auch durch die Wettbewerbselemente für eine bessere Betreuung der Arbeitssuchenden sorgen. Dies würde sich so erledigen, da die Arbeitssuchenden potenziell jene Vermittlungsagenturen wählen werden, die über das am besten qualifizierte Personal verfügen.
Neben dieser, vom Arbeitssuchenden wählbaren privat organisierten Arbeitsvermittlung soll weiterhin eine verschlankte staatliche Arbeitsvermittlung bestehen, da dies eine elementare Aufgabe der Gemeinschaft ist. Diese soll vor Ort in den Kommunen verankert sein, um eine größtmögliche Nähe an den spezifischen Problemen vor Ort zu gewährleisten. Eine bundesweite Vernetzung der Angebote soll mittels einer von der Bundesagentur für Arbeit verwalteten digitalen Datenbank gewährleistet werden.
Über die normale Arbeitsvermittlung hinaus gibt es zurzeit viele spezielle einzelne Förderprogramme. Gerade wenn diese auf regionale Besonderheiten eingehen, ist dies auch sinnvoll und richtig. Sie sind jedoch zurzeit undurchsichtig, zersplittert und häufig nur mangelhaft effizient, wie zum Beispiel das „Technikum“-Projekt des Bundesbildungsministeriums, in dem für einen einzigen vermittelten Praktikumsplatz 2,2 Millionen Euro Steuergelder ausgegeben wurden. Die heutigen speziellen Förderprogramme sind zu einem Arbeitsförderungsfond zusammen zu führen. Aus dem AFF können die kommunalen Arbeitsvermittlungsagenturen gegen Nachweis einer speziellen Fördermaßnahme Zuschüsse erhalten.

C.2 Zweiter und dritter Arbeitsmarkt

Ziel jeglicher liberaler Arbeitsmarktpolitik muss die Integration von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt sein. Allerdings besteht nicht immer die Möglichkeit, Menschen direkt dorthin zu vermitteln. Daher bietet der sogenannte zweite Arbeitsmarkt eine gute Möglichkeit, Arbeitssuchende wieder an die Struktur eines geregelten Arbeitsalltags zu integrieren. Gerade im Pflegebereich bieten sich gute Chancen, Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Allerdings müssen diese Stellen zusätzlich geschaffen werden und keine regulären Arbeitsplätze ersetzen. Gleichzeitig müssen diese Stellen zeitlich befristet werden und diese als Vorbereitung für den Eintritt in den ersten Arbeitsmarkt angesehen werden. Einem sogenannten dritten Arbeitsmarkt stehen die Jungen Liberalen allerdings kritisch gegenüber. Es darf nicht Aufgabe des Staates sein, Menschen dauerhaft vom ersten Arbeitsmarkt fernzuhalten. Viel wichtiger sei eine entsprechende Qualifizierung der betroffenen Menschen. Dies gilt vor allem für Langzeitarbeitslose oder Menschen ohne Schulabschluss.

C.3 Soziale Sicherung

Wir Jungen Liberale halten eine Kultur der Leistungsgerechtigkeit und sozialen Verantwortung für unabdingbar. Die Jungen Liberalen Niedersachseen setzen sich für die Umsetzung de Bürgergeldsystems ein.

C.3.a Arbeitslosenversicherung

Die bisherige Arbeitslosenversicherung nach dem SGB III soll in Zukunft stärker als bisher privat organisiert werden. In einem Steuer- und Transfersystem aus einem Guss nach Vorstellung der Jungen Liberalen („Bürgergeld“) ist kein Bedarf für darüber hinaus gehende öffentlich-rechtliche Versicherungsleistungen. Darüber hinaus steht es dem Einzelnen frei, sich privat zu versichern. Diese Leistungen sollten bei der Berechnung des Bürgergeldes unberücksichtigt bleiben.

C.3.b Bürgergeld

Die bisherigen Regelleistungen für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger sollen nach wie vor durch das liberale Bürgergeld ersetzt werden; dieses macht auch eine Debatte über „Aufstocker“ und Kombilöhne, wie sie teils geführt wird, hinfällig. Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht aus eigener Kraft heraus ihren Lebensunterhalt bestreiten können, werden durch entsprechende Berücksichtigung ihrer Situation im Bürgergeld unterstützt. Somit kann sich die Bundesagentur voll und ganz auf ihre Kernaufgaben konzentrieren und regionalspezifisch agieren statt zentralistisch Arbeitssuchende zu verwalten.

C.3.c Arbeitsanreize

Die durch das liberale Bürgergeldmodell vorgeschlagenen verbesserten Anreize zur Arbeitsbeschaffung sind ein Weg in die richtige Richtung. Jede zusätzliche Arbeitsleistung soll sich für den Betroffenen stetig mehr lohnen, solange er von staatlicher Unterstützung abhängig ist.

D. Ausbildung

Die Jungen Liberalen Niedersachsen sehen in der klassischen Berufsausbildung eine wichtige Funktion für das Erlernen von Wissen für das zukünftige (Berufs-)leben und sehen sich durch deren weltweite Anerkennung bestätigt.
Nichtsdestotrotz ist seit Jahren ein Rückgang der verfügbaren Ausbildungsplätze zu beobachten. So fehlen zehntausende Ausbildungsplätze. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Menschen, die ohne Ausbildung ins Berufsleben einsteigen, seit Anfang der Neunziger Jahre um ein dreifaches gestiegen. Ebenfalls ist zu beachten, dass bis zu 100000 Schulabgänger trotz Schulbesuch nicht die für die Aufnahme einer Ausbildung erforderliche Reife besitzen. Außerdem muss festgestellt werden, dass immer weniger Betriebe noch Auszubildende beschäftigen.
Dementsprechend sehen wir es als einen Schritt in die richtige Richtung an, dass die Landesregierung den Niedersächsischen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs für die Jahre 2010-2013 erweitert hat. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Zielsetzung, die Abgänge ohne Hauptschulabschluss auf 5% pro Jahrgang zu reduzieren. Des Weiteren sehen wir es als besonders wichtig und gut an, die Bildung an den allgemein bildenden Schulen den Ausbildungsberufen mehr anpassen zu wollen. Nur wer ausreichend schulisch vorgebildet wird, hat eine Chance auf dem Ausbildungsmarkt. Die Voraussetzung
guter Ausbildungspolitik bleibt für die Jungen Liberalen daher eine qualitativ hochwertige schulische Bildung.
Die Jungen Liberalen Niedersachsen begrüßen diese Anpassung an die Zeit, aber sehen gerade auch im Zuge der Globalisierung die Notwendigkeit grundlegendere Reformen auf diesem Gebiet durchzuführen. Entsprechend kritisch ist zu sehen, dass dieser Pakt Millionen von öffentlichen Mitteln kostet und diese letztlich Subventionen von Ausbildungsplätzen darstellen, was aber, wenn man nachhaltig reformieren will, kein Konzept auf Dauer darstellen sollte.
Entscheidend für die Frage der Ausbildungsplatzknappheit sind die bürokratischen Hürden für die Schaffung von Ausbildungsplätzen. Zurzeit müssen eigens Ausbilder abgestellt und häufig auch extra geschult werden, was gerade kleine und mittelständische Betriebe von der Schaffung neuer Ausbildungsplätze abschreckt. Die Jungen Liberalen Niedersachsen sind sich jedoch auch bewusst, dass Ausbildungsplätze nur dann Sinn machen, wenn die Qualität der Ausbildung sichergestellt ist. Sie fordern daher, dass an die Stelle des bisherigen „Ausbilder-Prinzips“ ein flexibilisiertes Zertifizierungssystem treten soll, in dem die Bundesagentur für Arbeit Betriebe für die Fähigkeit zur Ausbildung in einem kostengünstigen, beschleunigten und transparenten Verfahren zertifiziert.
Auch im Hinblick auf die anerkannten Ausbildungsberufe muss es eine Erweiterung für derzeit nicht anerkannte Ausbildungsberufe geben, sofern eine Ausbildung hier Sinn machen sollte. Durch die Deregulierung werden mehr Anreize für Betriebe geboten, so dass diese mehr Ausbildungsplätze anbieten können.
Gerade die Arbeitslosigkeit in der Gruppe der unter 25-jährigen stellt ein sehr großes Problem dar. Zur Bekämpfung dieser setzen die Jungen Liberalen Niedersachsen vor allem auf eine enge Verzahnung zwischen regionalen Unternehmen, Bildungseinrichtungen und staatlichen Institutionen. Gerade Jugendliche, die als schwer vermittelbar gelten, haben so eine reelle Chance, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Als Liberale setzen wir uns auch dafür ein, dass Menschen, die eine dafür angemessene Zeit lang in einem Betrieb ohne Berufsausbildung gearbeitet haben, die Möglichkeit zu einer Prüfung für den Erhalt eines Berufsabschlusses bekommen sollen. Es ist nicht zu ersehen, warum diese Menschen, die eine angemessene Zeit in ihrem Beruf gearbeitet haben und damit praktisch ihren Beruf ausüben, schlechter gestellt werden sollen.
Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich zudem mit Nachdruck gegen eine immer wieder diskutierte sogenannte Ausbildungsplatzabgabe aus. Dies wäre lediglich eine Bekämpfung der Symptome, ohne auf die Ursachen von Ausbildungsplatzengpässen einzugehen. Langfristig würde sie zudem zu einem Erhalt von Berufszweigen führen die möglicherweise ansonsten ohnehin veraltet wären; als Beispiel sei hier der Kohlebergbau erwähnt.
Nicht zu kurz darf zudem ein selbstständiges Erlernen sein. Gesamtgesellschaftlich setzen wir uns dafür ein, dass ein lebenslanges Lernen und eine eigenständige lebenslange Fortbildung letztlich auch im Berufsleben, ganz unabhängig vom Abschluss und den Zeugnissen zum Erfolg führen.