In einer Beziehung mit Europa

Junge Liberale Niedersachsen gefällt das.

Von verschiedenen Seiten sieht sich die Europäische Union in der aktuellen politischen Situation Angriffen ausgesetzt: Viele Menschen in Deutschland und anderen Ländern zweifeln die Bedeutung von Freihandel für den Wohlstand aller Europäer an. In der aktuellen Flüchtlingssituation sind die EU-Regeln zu Asyl und Migration überfordert und finden kaum noch Anwendung. In allen EU-Mitgliedsstaaten versuchen Politiker vom linken und rechten Rand, Brüssel für alle politischen Probleme verantwortlich zu machen. Und zum ersten Mal in ihrer Geschichte verlässt ein Mitgliedsstaat die Europäische Union.

In dieser schwierigen Situation möchten die Jungen Liberalen Niedersachsen sich zur Europäischen Union, dem Herzstück der europäischen Einigung, bekennen. Wir sind überzeugt, dass die europäische Einigung der Garant für zukünftigen Wohlstand und für Frieden auf dem Kontinent ist. Sie treibt die Verbreitung von Menschen- und Bürgerrechten in der ganzen Welt voran. Gleichwohl sehen wir die Notwendigkeit, durch kurz- und mittelfristige Maßnahmen die Legitimation, die Akzeptanz und den Mehrwert der Europäischen Union deutlich zu erhöhen.

EU-Politik auf Prioritäten fokussieren

Die Europäische Union muss stärker deutlich machen, wie sie Mehrwert für das Leben der EU-Bürgerinnen und -Bürger schafft. In ihren Gesetzesvorhaben muss dieser Mehrwert deutlich werden; wo aber eine europäische Lösung keinen Mehrwert bringt, ist nach dem Prinzip der Subsidiarität ein Themenfeld der Entscheidung der Mitgliedsstaaten zu überlassen. Die Jungen Liberalen Niedersachsen erkennen, dass die Europäische Union bei Freihandel, Mobilität, Sicherheit, Frieden und Menschenrechten einen Mehrwert schaffen kann, und fordert eine Fokussierung auf diese Prioritäten.

Es ist für die Jungen Liberalen Niedersachsen unverhandelbar, dass der freie Personenverkehr, der freie Warenverkehr, der freie Dienstleistungsverkehr und der freie Kapitalverkehr das Fundament der Europäischen Union sind. Diese vier Freiheiten sind die Grundlage für Freihandel, der eine Voraussetzung für zukünftigen Wohlstand in Europa ist, und die Mobilität der Bürger der EU. Initiativen, die auf dieser Grundlage Freihandel und Mobilität fördern, müssen priorisiert behandelt werden. Kommissionsvorlagen aber, die diesen Zielen durch unnötige Bürokratie im Wege stehen, sind entschieden durch das EU-Parlament zu stoppen.

Freihandel ist darüber hinaus nicht nur innerhalb der EU sinnvoll. Die Gestaltung von internationalem Freihandel ist im Gegenteil ein Kernanliegen der Europäischen Union. Die Jungen Liberalen Niedersachsen sprechen sich daher dafür aus, das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA zügig umzusetzen und die Verhandlungen über das europäisch-US-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP, unter Berücksichtigung berechtigter Kritik, weiterzuführen. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten müssen dabei stärker gegenüber der europäischen Öffentlichkeit kommunizieren, wie CETA und TTIP den Wohlstand in Europa fördern.

Auch soll die EU dem Vereinigten Königreich ein Freihandelsabkommen für die Zeit nach dem Austritt anbieten. Klar ist dabei, dass der uneingeschränkte Zugang zum EU-Binnenmarkt nur gegen die volle Einhaltung der vier Freiheiten gewährt werden kann. Sofern dies nicht im Interesse des Vereinigten Königreichs liegt, soll die EU zügig den Abschluss eines Freihandelsabkommens auf anderer Grundlage ermöglichen.

Offene Grenzen innerhalb Europas erfordern, dass die sicherheitspolitische Zusammenarbeit in der Europäischen Union funktioniert. Die aktuelle Situation an den europäischen Außengrenzen zeigt, dass die EU dringend ein neues, verbindliches Asylsystem als Teil einer neuen EU-Verfassung braucht. Genauso wichtig ist auch, dass es Aufgabe der Europäischen Union wird, die europäischen Außengrenzen zu schützen, und ein gemeinsamer europäischer Grenzschutz eingerichtet wird. Um grenzüberschreitende Kriminalität ohne die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu bekämpfen, muss die grenzüberschreitende Polizeikooperation (z.B. nach Vorbild des Deutsch-Tschechischen Polizeivertrags) ausgebaut und bestehende Kooperationen wie Europol konsequent unterstützt werden. Auch durch eine Vertiefung der Kooperation der nationalen Armeen, etwa durch gemeinsame Einsatzgruppen, kann der sicherheitspolitische Mehrwert der EU erhöht werden.

Menschen- und Bürgerrechte müssen erkennbar Leitlinien jeder innereuropäischen und außenpolitischen Entscheidung der Europäischen Union sein. Die gemeinsame Außenpolitik der EU muss konsequenter koordinierend für alle Mitgliedsstaaten sprechen und nationalen Handlungen nicht nur hinterherlaufen. Nur so kann die EU glaubhaft als Anwalt für Frieden und die Achtung von Menschenrechten auf der ganzen Welt wahrgenommen werden. Die Freiheitsrechte der EU-Bürger zu achten, muss Aufgabe eines modernen EU-Datenschutzrechts sein, das insbesondere auch die Vorratsdatenspeicherung ausschließt. Außerdem fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen, dass die Europäische Union der Menschenrechtskonvention des Europarats beitritt, um so ihren Bürgern zu ermöglichen, gegen Handlungen der EU auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu klagen. Ausnahmen von den gemeinsamen Werten können keinem Mitgliedsstaat gewährt werden. Wenn Mitgliedsstaaten Menschenrechte verletzen, dann muss die Europäische Union diese Handlungen konsequent sanktionieren.

EU zu mehr Transparenz weiterentwickeln

Nachdem der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union vollzogen ist, fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen einen neuen Anlauf für eine EU-Verfassung. Eine solche Verfassung soll nicht nur eine Insolvenzordnung für Mitgliedsstaaten und das neue verbindliche Asylsystem enthalten, sondern auch die Strukturen der EU-Entscheidungsfindung transparenter und glaubwürdiger gestalten. Es muss für alle Bürger der Europäischen Union nachvollziehbar sein, wie sie sowohl durch die Wahlen zum EU-Parlament, als auch, durch die nationalen Wahlen, über den Ministerrat die Handlungen der Europäischen Union beeinflussen können. Gleichzeitig muss das Prinzip der Subsidiarität gestärkt und die Grenzen der Kompetenzen der Europäischen Union explizit definiert werden.

Deswegen fordern die Jungen Liberalen Niedersachsen als Eckpunkte der neuen EU-Verfassung die Abschaffung des Europäischen Rates, eine politische Bestimmung der EU-Kommission und eine Stärkung des EU-Parlaments. Statt durch den Club der Staats- und Regierungschefs sollen die Leitlinien der europäischen Politik durch eine EU-Kommission gesetzt werden, die zu einer echten politischen Führung der EU umgestaltet wird. Zukünftig soll die Besetzung der EU-Kommission durch eine politische Mehrheit im EU-Parlament bestimmt werden. Die Regelung, dass jeder Mitgliedsstaat genau einen Kommissar der EU-Kommission benennt, wird abgeschafft.

Darüber hinaus wird das Europäische Parlament gegenüber dem Ministerrat gestärkt: Es erhält ein eigenes Initiativrecht und ein echtes Budgetrecht. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern, dass das System der Spitzenkandidaten der europäischen Parteien beibehalten wird und noch stärker als bisher als Grundlage für die Zusammensetzung der EU-Kommission herangezogen wird. Um den Zusammenhang zwischen EU-Parlamentsfraktionen und deutschen Parteien zu stärken, soll auf den Stimmzetteln zur Europawahl in Deutschland künftig die Zugehörigkeit einer Partei zu einer Europapartei gekennzeichnet werden.

Transparenz und Nachvollziehbarkeit der politischer Entscheidungen aller EU-Organe ist eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz der EU in der europäischen Bevölkerung. Die Jungen Liberalen Niedersachsen fordern deshalb, dass sich jedes EU-Organ Transparenz-Leitlinien gibt, die die Einbindung der Öffentlichkeit in ihre Arbeit regelt und Bedingungen für nicht-öffentliches Handelns definiert.